"In unserer Jugend schuften wir wie Sklaven, um etwas zu erreichen, wovon wir im Alter sorgenlos leben könnten; und wenn wir alt sind, sehen wir, dass es zu spät ist, so zu leben."
Alexander Pope
Vielerorts ist inzwischen von "Work-Life-Balance" zu lesen und so manche Firma bietet ihren Mitarbeitern dazu Seminare an. Das Wort ist schon der größte Quatsch - suggeriert es doch ganz explizit, dass es auf der einen Seite Work, also Arbeit gibt, auf der anderen Seite Life, also Leben.
Andererseits... wenn ich in viele Firmen im Kapitalismus 2009 reingucke, sind die dortigen Arbeitsverhältnisse in der Tat das Gegenteil von Leben
Passend dazu findet Gallup alle paar Jahre neu heraus, dass ca. 2/3 aller Beschäftigten irgendwo zwischen demotiviert und aktiv demotiviert sind. Für wen die Arbeit nichts mehr mit dem Leben zu tun hat, auch weil die Strukturen vom obersten Management absurd gestaltet werden, der wartet eben 5 Tage die Woche, auf dass sein Leben nach Feierabend und am Wochenende endlich stattfindet...
Dann kann ich einerseits zwar die Schwierigkeiten mit Teilzeitkräften verstehen - es ist mehr Koordination nötig und als Ansprechpartner stehen sie nicht zu "normalen" Arbeitszeiten zur Verfügung. Nur wenn ich hier dann das Beispiel lese, dass keine "Vertretung" da ist, ist es ja wohl eher so, dass da eine halbe Stelle eingespart wird, oder wo ist die andere Halbzeitkraft, die in enger Absprache die anderen 50% auffüllt?
Und wenn Teilzeitkräfte in der Firma zu schlechtem Betriebsklima führen, wäre eh über ein Stellenwechsel zu einem attraktiveren Arbeitgeber nachzudenken. Die Firmen, wo die Leistungsbeurteilung nach den Stunden auf der Stechuhr gehen werden zwar nicht aussterben, aber im "war for talents" in den nächsten Jahren eben nicht mehr die besten Mitarbeiter abbekommen, sondern nur noch die, die sich diesen Quatsch gefallen lassen.
Überhaupt werden sich viele Firmen in Zukunft einiges einfallen lassen dürfen, wie sie für Arbeitnehmer attraktiv werden. Insbesondere, wenn die geburtsstarken Jahre in die Rente gehen und der Nachwuchs nicht mehr in Massen nachkommt. Schon heute gibt es ja die ersten Engpässe. Entsprechend werden sie sich auch von alten Vorstellungen verabschieden dürfen, zumal die jüngeren Leute andere Wertvorstellungen mitbringen, die jeden Personalchef "der alten Schule" zur Weisglut treiben :p Da wird eine andere Organisation von Arbeit nötig sein, wo auch Männer in der Kinderpause verschwinden oder allgemein viele erstmal einsteigen, dann reduzieren, dann wieder Stunden aufstocken, ggf. nochmal reduzieren oder mal 6-12 Monate komplett aussteigen und wieder aufstocken bzw. einsteigen. Die alten Karrierepfade haben damit entsprechend auch ausgedient.
Die ersten Firmen haben das auch schon kapiert und sind gerade dabei, ihren Laden umzustellen, weil sie verstanden haben, dass sie nur so die qualifizierten Leute bekommen, die sie haben wollen. Leider sind es noch zu wenige, denn in Deutschland wird auch in Vorstandsetagen noch zu viel so gedacht wie hier von wenigen im Thread zu lesen. Auf lange Sicht werden sie die Mitarbeiter bekommen, die sie verdienen. Zumal heute von der 40-Stundenwoche eh ein großer Prozentsatz in sinnfreien Meetings oder aufwändigen Reportings (um zu beweisen, wer "Schuld" ist, dass was nicht "on time" fertig wurde) draufgeht, die Null Komma Null zur Produktivität beitragen. Die Firmen die es schaffen, zumindest ein wenig lösungsorientierter zu denken und zu arbeiten statt wie in Deutschland vielerorts üblich problemorientiert, können ihre Mitarbeiter auch paar Stunden früher nach Hause schicken.
Glücklich, wer mit den Verhältnissen zu brechen versteht, ehe sie ihn gebrochen haben.
Franz Liszt