Beiträge von Printus

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    Original geschrieben von Educator
    Die alles entscheidende Frage lautet: wie vermittelt man dem Personaler, dass man das vom Unternehmen bezahlte Studium durchzieht und nicht die Ausbildung abbricht. Dies unter besonderer Berücksichtigung von vermutlich fix vorgegebenen Stundenplänen während des gesamten Studiums und ggf. Anwesenheitspflicht, also der vollständigen Abwesenheit zeitlicher Flexibilität.


    Schon mal nicht damit, dass man bereits beim Erstkontakt im Rahmen der Bewerbung seine Urlaubspläne zum Thema macht. Vor allem dann nicht wenn man dafür schon Entgegenkommen erwartet obwohl man noch nicht mal die Stelle hat und als neuer Azubi auch noch nichts zu bieten hat, wofür das Unternehmen Entgegenkommen zeigen müsste.
    Somit organisiert man sich seinen Urlaub und fährt, sofern es bisher keinen Termin in der Urlaubszeit gibt, aber man schwafelt darüber mit keinem Wort beim vielleicht zukünftigen AG und steht auf der Matte wenn man einen Termin für ein Vorstellungsgespräch ergattert hat.

    Es geht um ein duales Studium - insofern also keinen gefragten Spezialisten, dem das Unternehmen nachrennen müsste. Eher gibt es dutzende Bewerber für eine Stelle und dann gilt: wenn ich um die Stelle kämpfen und mich gegen andere Bewerber durchsetzen muss, strapaziere ich die Geduld der Personalers nicht mit meinen Urlaubsplänen. Es ist nämlich sehr wahrscheinlich, dass ihn sowas nicht interessiert und er interpretiert, dass ich Urlaub wichtiger finde als meine berufliche Zukunft.

    Ich meinte es so: überhaupt kein Wort darüber verlieren. Bewerben, in Urlaub fahren und sollte es dann überhaupt zu einem Terminkonflikt kommen wahlweise Urlaub abbrechen, kurz unterbrechen oder ohne Begründungen den Termin so legen wie es passt. Oder absagen wenn es eh nicht der Wunsch-Arbeitgeber ist und eine Anreise aus Alaska unverhältnismäßig wäre. Aber Erklärungen und - womöglich schlechte - Begründungen machen einen immer angreifbar wenn der Gegenüber eine andere Einstellung hat als man selbst. Dann stößt auch die plausibelste Ausrede auf Unverständnis. Daher: man redet sich nur ins Verderben wenn man Erklärungen abgibt, nicht, wenn man es unterlässt.

    Wer mit Verweis auf einen Urlaub ein Vorstellungsgespräch verschieben will dokumentiert einen Attitude/Haltungs-Fehler. Gerade bei einem Studienplatz geht es um die berufliche Zukunft eines Einsteigers, der nichts bieten kann aber viel bekommen möchte. Wenn derjenige wegen eines Urlaubs ein Unternehmen versetzt, versagt er im Hinblick auf Prioritätensetzung und die innere Einstellung - und disqualifiziert sich somit bestmöglich.


    Assessment Center werden gewöhnlich auf ein Datum terminiert und da erscheint man dann. Bestenfalls gibt es mehrere Termine und man wählt den für sich günstigeren. Auch hier gilt: wer die Wichtigkeit verstanden hat, ist bei einem vorgegebenen Zeitpunkt vor Ort.


    Ich will nicht den Moralapostel raushängen sondern nur ausdrücken: fahr' in Urlaub und hoffe, dass du keinen Termin in dieser Zeit bekommst. Wenn doch liegt es an dir zu überlegen, was du machst. Es gibt hier keine Patentlösung. Nur mach' eins niemals: das Unternehmen wissen lassen, dass du wegen Urlaubs einen Termin verlegen willst, bei dem es um deine berufliche Zukunft geht. Das würde man als unglaublichen Affront interpretieren und bei einem Unternehmen, dem du so kommst, brauchst du dich nie wieder bewerben...


    Ich hatte das Problem auch schon und mit etwas Glück kann man den Termin eines Vorstellungsgesprächs ein paar Tage schieben. Erwähne aber nie, dass es wegen eines Urlaubs ist. Schlag einen Alternativtermin vor bzw. bitte darum weil es an dem vorgeschlagenen Tag für dich leider nicht gut passt. Gehen die darauf ein: gut. Wenn nicht: einlenken und da sein wann es gewünscht wird.

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    Original geschrieben von Goyale
    Konkrete Frage:
    Wie müßte denn Amazon anders sein, damit es ein "fairer" Arbeitgeber wird?
    Soll Amazon den Pickern/Packern/Stowern 15€ die Stunde bezahlen?
    Machst Du die Fairness am Beitritt zu einem Tarifvertrag (egal welcher) fest?
    Soll verdi bei Amazon mehr Einfluss erhalten?


    Ein guter Arbeitgeber...
    - wertschätzt seine Mitarbeiter. Er begreift sie nicht als Kostenfaktor oder Humankapital, sondern als die entscheidenden Faktoren für den Unternehmenserfolg. Er bringt Mitarbeitern mit einfachen Aufgaben den gleichen Respekt entgegen wie leitenden Angestellten und sorgt für nachhaltige Zukunftsperspektiven (z. B. Arbeitsplatzsicherheit), er übernimmt soziale Verantwortung und strukturiert die Dinge so, dass eine ausgewogene Work-Life-Balance möglich wird. Er motiviert seine Mitarbeiter und bietet Interessierten Weiterbildungs- und Aufstiegsmöglichkeiten, er sorgt für eine gute Kommunikationkultur sowie transparente Entscheidungen. Vorgesetzte sind idealerweise Vorbilder, die sich für ein positives Betriebsklima in den unterstellten Bereichen verantwortlich fühlen und sachliche Kritik nicht als destruktiven Affront, sondern positive Beteiligung von Mitarbeitern begreifen - auch dann, wenn man der Kritik nicht zustimmt.
    Man einigt sich nach fairer Debatte auf Löhne, die weder den AG noch die AN in die Enge drängen und überprüft die Lohnhöhen in regelmäßigen Abständen.
    Selbstverständlich werden alle gesetzlichen Regelungen beachtet und gesellschaftliche Verantwortung übernommen.


    Die Frage, wieviel Gehalt bezahlt werden sollte, kann ich dir nicht mit einer Zahl beantworten. Aber ein faires Gleichgewicht zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberinteressen bedeutet, dass Firmen solide Bilanzen sicherstellen können, die Mitarbeiter aber einen ihrer Arbeit angemessenen Lohn bekommen, der in jedem Fall oberhalb von ALG I liegt und auch in der untersten Gehaltsgruppen ein auskömmliches Leben möglich macht.


    Es hängt nicht zwangsläufig an einem Tarifvertrag, aber das wäre dennoch meistens ein guter Orientierungspunkt.


    Über die Motivation von verdi kann ich nur spekulieren. Amazon wurde vermutlich ausgewählt weil das ein großer und bekannter Händler ist, bei dem man sich ein großes öffentliches Interesse zugunsten der Arbeitnehmer erhofft.

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    Original geschrieben von Goyale
    Der Preis der "Hohlbirnen" bildet sich am Markt, ganz ohne verdi.


    Korrekt, insofern stellt sich bei denen nicht die Frage nach dem Mindestlohn. Aber nach deinem Argument, dass die berufliche Vorbildung ein Maß für die Bezahlung sei, fallen mir Fußballer als Gegenbeispiel ein. Deren Marktwert wird nicht von ihrer Ausbildung in einem Lehrberuf bestimmt, sonst müssten die auch 8,50 EUR pro Stunde bekommen.


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    Original geschrieben von Goyale
    Blöd ist nur, dass die Amazon Logistik GmbH keinen einzigen Artikel verkauft, und demzufolge kein Händler sein kann.


    Wie ich schon in meinem letzten Posting schrieb: hier trickst Amazon um Löhne zu drücken und Steuern zu sparen. Ist dir vermutlich verwehrt weil dein Unternehmen dafür nicht groß genug ist - und weil du vermutlich auch eine soziale Verantwortung verspürst und deine Mitarbeiter z. B. durch ein faires internes Gehaltsgefüge bei Laune halten möchtest (musst).


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    Original geschrieben von Goyale
    Abgesehen davon geht es bei dem Streit nicht um diese Frage, sondern darum: Amazon möchte überhaupt nicht mit den "Hohlköpfen" von verdi reden, sondern ignoriert sie einfach komplett. Das kann ich nachvollziehen: Leute, die dazu aufrufen, fremde Firmen vorsätzlich zu schädigen, kann niemand als Verhandlungspartner ansehen.


    Wir erleben in den letzten Tarifstreitigkeiten, sei es bei Piloten oder Erziehern und auch bei Amazon, dass teilweise über Jahre (!) hinweg keine Bewegung der Arbeitgeber stattfindet. Die Zeiten, in denen beide Seiten an einer zügigen Einvernehmlichkeit interessiert waren, scheinen vorbei zu sein. Da bleibt irgendwann nur noch, mit härteren Bandagen zu kämpfen weil inzwischen offenbar nur noch eine massiv eskalierende Holzhammer-Methode Gehör findet.


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    Original geschrieben von Goyale
    Wenn ich Packer bei Amazon wäre, würde ich mich dort nicht häuslich einrichten, sondern alles tun, damit ich dort so schnell wie es geht wieder wegkomme. Der Job hat 0 langfristige Perspektive, ist auf Dauer körperlich anstrengend, und fördert den Geist nicht.


    Glaube ich dir, aber du hast einen anderen intellektuellen Bewegungsspielraum und du agierst auf einer anderen Motivationsebene. Es gibt Leute, die geringere Kapazitäten haben als du, die können nicht mit einer vergleichbaren Leistungsbereitschaft ranklotzen wie du.


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    Original geschrieben von Goyale
    Eine weitere Schicht von Bonzen mit bis zu xxx.xxx € im Jahr zu alimentieren (das 10-fache oder 50-fache vom Gehalt des Amazon-Packers, unglaublich), würde jedenfalls mir nicht im Traum einfallen.


    Das macht ja auch keiner freiwillig, aber wer keine andere Chance hat ist froh über eine Stelle bei Amazon. Alles wäre gut wenn man dort ohne Trickserei, sondern mit Fairness mit Mitarbeitern umginge und nicht über Jahre hinweg hartnäckig jeden Cent spart nur um eine kleine Oberschicht noch reicher zu machen auf Kosten derer, die eigentlich nur ordentlich über die Runden kommen wollen ohne andauernd unter Kosten- und Arbeitsplatzverlust-Druck zu stehen.

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    Original geschrieben von murmelchen
    Das ist nicht so klar.
    Die Ware wird verkauft von Amazon EU S.a.r.L. (der Onlinehändler)
    Kommisioniert und verschickt wird die Ware von der Amazon Logistik GmbH (der logistiker welchen Verdi als Händler sieht) welche eine Tochtergesellschaft von Amazon EU S.a.r.L ist.


    Das ist absurdes Getrickse um sich aus der Affaire zu ziehen. Grundsätzlich ist Amazon ein Händler. Einer, der naturgemäß ein Lager mit Kommissionierung, Versand usw. vorhalten muss weil ansonsten gar keine Handelstätigkeit möglich wäre (jaja, Streckengeschäfte etc., aber das funktioniert wohl kaum bei Kleinstsendungen im privater-Endkunde-Geschäft).
    Wenn in einem solchen Unternehmen Bereiche outgesourced oder als Subunternehmen aufgestellt werden dient es nur dem Zweck, über a) Steuersparmodelle oder b) Lohndumping Kosten zu sparen.


    Amazon gehört auch zu den Firmen, die hier kaum Steuern zahlen obwohl sie eine der mit Abstand größten Händler Deutschlands ist... Wo ist denn da die Grenze zum Unmoralischen?


    Es scheinen ja Manche/Viele anders zu sehen, aber ich habe ein Problem mit dem Egoismus, dass Leute, damit ich ein paar Cent spare, zum geringstmöglichen Lohn ackern sollen. Wenn da Menschen eine ordentlich bezahlte, zukunftssichere Anstellung haben können ist mir das die paar Cent pro Bestellung wert, denn ich selber weiß nach turbulenten, unsicheren Jahren um die Annehmlichkeit eines narrensicheren, fair bezahlten Arbeitsplatzes und gönne das auch jedem anderen.


    Bei Lokführern und Piloten gingen alle auf die Barrikaden und sogar die singende Pippi Langstrumpf Andrea Nahles sah sich genötigt, das Aufspalten in kleine Spartengewerkschaften in großen Unternehmen einschränken zu wollen. Bei Amazon sollen derartige Tricksereien nun okay sein damit das Unternehmen profitiert?

    Goyale,


    dein Denkfehler ist, dass es nicht primär um die Frage "12 oder 15 Euro" geht und auch nicht darum, was für einen Ungelernten angemessen ist. Wieso verdienen Hohlbirnen in der Bundesliga horrende Beträge? Die hätten, gemessen an der erforderlichen beruflichen Vorbildung, auch nur Mindestlohn verdient.


    Es geht um die Frage, welchem Tarifgebiet Amazon zuzurechnen ist - und Amazon ist ein (Online)Händler, kein Logistiker. Um diese eigentlich sonnenklare Feststellung drückt sich Amazon weil sie den Lohn vieler Mitarbeiter unter das, was die im korrekten Tarifvertrag bekommen müssten, drücken wollen. Die Diskussion ist nicht die, ob X oder Y für diese Arbeit angemessen sind. Sonst müssten Fußballclubs ihren ungelernten Kickern auch nur Mindestlohn zahlen weil sie keine Fähigkeiten vorweisen müssen außer rennen und Bälle treten.


    Missstände bei Hermes und anderswo gehören auch bekämpft, aber es ist Quatsch, Mängel in anderen Branchen als Argument zu benutzen, warum sich auch hier Leute mit zu geringem Lohn abspeisen lassen sollen.


    Auch das Argument, man schaufele sein eigenes Grab weil man Amazon zum Outsourcen nötige, ist unsinnig. Unternehmen suchen immer Wege zur Kostenreduktion und sie werden immer nur das Nötigste bezahlen und Mitarbeiter rauskicken, die entbehrlich sind. Zu glauben, irgendein abbaubarer Arbeitsplatz bliebe erhalten weil ein Mitarbeiter sich mit niedrigem Lohn zufrieden gibt, ist blauäugig. Wer so denkst hat nicht verstanden, wie ein Großunternehmen tickt. Ein Familienbetrieb arbeitet da anders und zieht ggf. jemanden mit durch, der objektiv nicht top ist, aber aus sozialen Gründen mitgeschleppt wird. Das klappt in Großkonzernen nicht so.


    Generell führt ein Sich-nicht-wehren niemals dazu, dass ein Unternehmen von sich aus eine teure Lösung zugunsten von Mitarbeitern trifft solange das keinen Vorteil für das Unternehmen bringt. Nur wer kämpft hat überhaupt eine Chance. Wer nichts tut wird dafür nicht belohnt, aber das scheinen viele hier zu glauben...

    Das ist alles richtig, aber Theorie. Ich war selber auch schon in der Situation, dass der neue AG dringend eine Stelle besetzen musste und nicht die Zeit hatte, meine Kündigungsfrist beim alten AG abzuwarten. Dieser Fall dürfte oft vorkommen und dann steht der Mitarbeiter immer vor dem gleichen zeitlichen Problem. Bei 2 weiteren Firmenwechseln hatte ich zwar kein Problem mit einer Kündigungsfrist weil der alte AG aufgrund von Stellenabbau froh war, wenn einer früher geht, aber auch da hatten es die neuen Arbeitgeber sehr eilig und bei normaler Kündigungsfrist wäre es kaum machbar gewesen.


    Bedenken muss man, dass jede Absprache mit dem neuen AG, bei alten zu tricksen, auch schlecht ankommen kann weil man dokumentiert, dass man zu unkorrektem Verhalten bereit ist - jetzt noch gegenüber dem alten AG, aber demnächst womöglich gegenüber dem neuen... Kein guter Eindruck zum Einstand.


    Insofern würde ich mich, wenn irgend möglich, korrekt verhalten und dem neuen AG in Aussicht stellen, dass ich mich um einen frühzeitigen Aufhebungsvertrag bemühen werde und dieses laut mündlicher Zusage des Chefs funktionieren wird, aber dass ich zunächst nur einen Eintrittstermin nach der Kündigungsfrist garantieren kann.


    In der Praxis ist ein AG-Wechsel mitunter eine heikle Gradwanderung weil die Ideallösung nicht funktioniert und man ein hohes Risiko eingehen muss.