Testbericht: Motorola T720

  • So, habe jetzt ein paar Bilder fertig. Die Fullsize-Pictures gibts in diesem Pfad.


    Die Fangemeinde rund um den amerikanischen Mobile-Hersteller Motorola zeichnet sich vor allem durch zwei Merkmale aus: Sie ist klein, und sie ist eingeschworen. Nur selten lassen die Motorola-Jünger etwas auf ihre Babies kommen, und egal, ob es nun v-dots oder Timeports sind - cool sind sie alle.


    Der Motorola-Jünger an sich ist normalerweise älteren Semesters (20+), kann mit Geräten anderer Hersteller oft nicht viel anfangen und empfindet das Verlangen nach intuitiver Menüführung als Ketzerei (wozu gibts QuickAccess?!). Neuheiten ihres Meisters werden meist kritischer beäugt, als dies die Fans der meisten anderen Marken tun, und selbst wenn die anfängliche Kritik an einem neuen Produkt groß sein mag, so findet es der wahre Jünger letztlich doch immer irgendwann cool.


    Stellt sich also die Frage, wie schnell die Fans angesichts der zurückliegenden Geräte dieses doch reichlich neue und überarbeitete T720 aufnehmen werden. Nun denn...


    Design/Verarbeitung



    Man möge es mir nachsehen. Aber ich gebe dem Gerät in diesem Punkt eingentlich nur aus einem einzigen Grund nicht meine persönliche Bestnote: Ich hätte es wirklich schön gefunden, wenn das Teil aus Metall gewesen wäre. Die Form erinnert dermaßen an das v.60, daß es sich einfach absolut angeboten hätte, auch hier wieder das schöne und wertige Material des v.60 zu verwenden. Leider ist es eben doch "nur" Kunststoff geworden. Das soll der Qualität keinen Abbruch tun. Wie HMan in seinem Test schon sagte, ist das Gerät hervorragend verarbeitet, lediglich die etwas eindrückbare Akkuabdeckung trübt das Bild ein wenig. Dem kann durch Zwischenlegen eines Stücks Papier oder übrigens auch einer zweiten SIM-Karte aber leicht abgeholfen werden. Der Deckel kann im geöffneten Zustand noch ca. 3mm nach hinten gedrückt werden, was allerdings auch beabsichtigt ist, denn oben am Deckel ist ein kleiner Gummimupf, der quasi als Dämpfer beim Aufklappen wirkt. Ein leichtes seitliches Spiel der Klappe ist ebenfalls vorhanden, aber längst nicht so schlimm wie bei den v-dots, eher vergleichbar mit den Samsungs.
    Trotzdem - Metall wäre schon schöner gewesen. So bleibt das v.60 für meinen Geschmack nach wie vor das wertigste Motorola.



    Tastatur



    Die Tastatur ist mit der der v-dots vergleichbar. Die Tasten sind hart (nicht gummiert) und haben einen deutlich fühl- und hörbaren Druckpunkt. Viel-SMSler werden möglicherweise den Tastenhub als etwas zu groß empfinden. Die Tastaturbeleuchtung ist weiß und erinnert an Panasonic: Es leuchten nicht die Buchstaben, sondern die gesamte Taste. Das gilt auch für die oberen Menütasten und das Cursorpad. Für eine gute Ablesbarkeit im Dunkeln ist diese Lösung nach wie vor optimal.



    Display
    Bei der Wahl des Displays hatte Motorola ein glückliches Händchen. Es kommt ein 4096-Farben-Display mit einer Auflösung von 120x160 Punkten zum Einsatz, wobei ich allerdings nicht sicher bin, ob es ein aktives oder passives ist. Qualitativ würde ich es, soweit ich das bisher beurteilen kann, etwas unterhalb der aktuellen Samsungs (T100, S100) einordnen. Die mitgelieferten Hintergrundbilder sehen z.T. sehr nett, z.T. aber auch etwas blass aus. Wenn ich mal ein eigenes Bild in das Gerät bekommen habe, dann kann man sicher noch etwas mehr zum Display sagen. Fakt ist jedenfalls, daß es kontrastarme 256-Farben-Displays ala T68 oder gar Fisio 820 weit hinter sich läßt. Wäre es, 7650-alike, reflektiv, dann wäre es perfekt, so jedoch leidet es (wie auch die genannten Samsungs) unter einer gewissen Ableseschwäche in heller Umgebung. Aber wie gesagt, zu solchen Aussagen kommt man eigentlich fast nur, wenn man einen Vergleich zum 7650 zieht. Im Vergleich zu allen anderen aktuellen Farbgeräten ist es deutlich besser bzw. gleichauf (mit Samsung).
    Das Außendisplay leuchtet weiß (ähnlich dem Nokia-blauweiß bei 8310 und Co.) und zeigt im geschlossenen Zustand die üblichen Daten (Datum, Zeit, Ladestand, Empfang usw.) an. Bei eingehenden Meldungen, verpassten Anrufen usw. wird dies entsprechend angezeigt, so wie man es vom v.60 her ja schon kennt. Im geöffneten Zustand zeigt das Gerät, wie HMan auch schon bedauerte, "T-Mobile" an... ;)


    Bedienung
    JEHOVA!, schreit der Motorola-Jünger, wenn wieder mal jemand über die ach so schröckliche Menüführung seines Lieblings lacht. Zwar bringt man den Lachenden relativ schnell zum Verstummen, wenn man ihm zeigt, wie man mittels QuickAccess so ziemlich jede relevante Aktion mit ein, zwei Klicks oder gar auf Zuruf erledigt. Trotzdem wünschen sich die meisten Moti-Fans schon seit Anbeginn der Zeit ein wenigstens etwas strukturiertes und intuitives Menüsystem, das diesen Namen auch verdient. Vergangene Motorolas verstanden es überaus geschickt, die durchaus vorhandene Fülle an Optionen und Einstellungen durch ein schier unbegreifliches Menüsystem zu verstecken. Aber jetzt... Ich kann den Nachhall des Aufschreis des T720-Menüdesigners regelrecht hören: HEUREKA muss er gerufen haben, als er sein Werk erstmals begutachtete. Denn mit dem T720 ist das erste Motorola erschienen, welches über ein Menüsystem verfügt, das diesen Namen auch verdient. Durch den linken und rechten Softkey sowie die frei belegbaren 4 Richtungen des Cursorpads stehen nicht weniger als 6 frei belegbare Funktionen zur Verfügung, die man direkt aus dem Standby aufrufen kann. Die mittlere Taste führt ins Menü. Ähnlich dem T68 ist die obere Menüebene in Form von großen Icons realisiert - 9 an der Zahl:


    - MediaCenter (da drin sind Bildbetracher und Toneditor)
    - Signale
    - Letzte Anrufe
    - Rechner
    - Einstellungen
    - Service (SAT (wenn vorhanden), Feste Nummern und Quick Dial)
    - Schnellzugriff
    - WAP
    - Mehr


    In "Mehr" gibt es:


    - Voice Notes
    - Chat
    - WAP-Profile
    - Tel.-Buch
    - Nachrichten
    - Kalender
    - Java Downloads


    Wie bereits in der letzten Generation eingeführt, ist es möglich, diese Menüpunkte beliebig anzuordnen. D.h. man kann auch die Punkte in "Mehr" auf die obere Ebene legen. Alles, was hinter Menüpunkt 9 kommt, steht halt immer in "Mehr".
    Schön wäre es gewesen, wenn das Menüsystem noch ein wenig mehr von den Farbfähigkeiten profitieren würde. Stattdessen ist es im wesentlichen so wie beim T68: Eine noch halbwegs farbige obere Ebene mit Icons wird dann ab Ebene 2 durch eher triste Textmenüs abgelöst. Die Farbfähigkeiten erschöpfen sich, ebenfalls wie beim T68, auf die Auswahl einer von 7 Grundfarben. Damit wird das Ganze freilich nicht wirklich richtig bunt, sondern eher einfarbig bunt. Beim T68i hat man ja immerhin die Möglichkeit, mit selbst kreierten Themes richtig was draus zu machen. Beim T720 ist eine solche Möglichkeit wohl nicht vorgesehen.
    Die QuickAccess-Funktion ist zum Glück wieder vorhanden, so daß auch eingefleischte Motorola-Fans, die eigentlich gar kein intuitives Menü brauchen, nicht zu kurz kommen.
    Alles in allem ist das T720, was Usability angeht, für Motorola ein riesiger Schritt vorwärts. Dazu kann man die Jungs nur beglückwünschen.


    Features
    Im Folgenden will ich kurz auf IMHO erwähnenswerte Features eingehen.
    Das MediaCenter beherbergt wie gesagt den Picture Viewer, mit dem man die vordefinierten und selbst eingespielte Bilder ansehen kann. Direkt aus der Ansicht heraus kann man ein Bild als Hintergrund oder Screensaver auswählen. Als Dateiformat kommt offenbar ausschl. GIF zum Einsatz. Und: Wie von den Samsungs her bekannt, können animierte GIFs als Screensaver verwendet werden. Einige werden auch schon mitgeliefert. Wählt man ein animiertes GIF als normales Hintergrundbild aus, wird aber nur der erste Frame angezeigt; die Animation geht also wirklich nur beim Screensaver.
    Die Einstellmöglichkeiten hinsichtlich der Klingeltöne sind identisch mit v.6x usw.. Neu sind die polyphonen Klingeltöne, deren Qualität allerdings eher Mittelmaß ist. Vom Klang her mit dem 7650 vergleichbar (also eher dumpf), allerdings kein MIDI-Support, sondern ein proprietäres Format. Samsung klingt mit dem Yamaha-Chip deutlich besser. Zum Glück sind aber auch einige der klassischen Ruftöne vorhanden.
    Unter "Telefonstatus"->"Weitere Info" gibt das Gerät wieder detaillierte Infos zu SW- und Flexversion und einigen anderen Details. Interessant: Am Ende der Liste steht "MP3 bereit"->"Ja". Da war doch mal irgendwas mit einem Motorola-MP3-Player...
    Die Einstellung "Ladezeit" in "Kfz-Einstellungen" bewirkt, daß der Ladevorgang nach der eingestellten Stundenanzahl bei ausgeschalteter Zündung automatisch beendet wird. Weiß nicht, ob es das früher schon gab, erscheint mir aber recht sinnvoll.
    Mit Telefonbuch und Kalender habe ich mich bis jetzt noch nicht weiter beschäftigt, weil ich mir auf jeden Fall das Datenkit holen will. S. hierzu die Tests von HMan und d@niel.


    WAP
    Der WAP-Browser ist durchschnittlich schnell. Schneller als der von z.B. Samsung oder Ericsson allemal, aber durchaus auch langsamer als Siemens oder Nokia. Obwohl nur D1-Profile voreingestellt sind, gelang der Verbindungsaufbau sowohl mit D2 als auch O2 via CSD und GPRS sofort und reibungslos. Schade: Leider nur schwarz/weiß (bei D2 jedenfalls).


    Java
    Erfordert etwas mehr an Zeit, daher kann ich derzeit noch nichts weiter dazu sagen, außer daß, wie d@niel bereits sagte, die mitgelieferten Games wirklich sehr genial sind. Es wird interessant sein zu sehen, ob sich Java-Applikationen auch per PC und Datenkabel mittels Truesynch einspielen lassen oder ob es, ala Samsung S100, nur via WAP geht.


    Zubehör
    Erfreuliches gibt es von der Zubehörfront zu vermelden: Der Anschluß unten am Gerät entspricht dem v.6x/v.70/T280-Standard. Vorhandene Ladekabel sowie das ganze übrige nette Zubehör (Speaker Phone, Desk Stand usw.) passen. Auch der Headsetjack ist die übliche Klinkenbuchse. Das T720 unterstützt übrigens auch die Radio-FSE. Und eben offenbar auch den MP3-Player, so er irgendwann mal kommt. Der mitgelieferte Zubehörkatalog listet auch einige Ersatzoberschalen auf - während das rot und das hellblau nicht so mein Geschmack sind, könnte schwarz sehr edel aussehen. We will see...


    Connectivity
    In diesem Punkt sind die Motorolas leider immer etwas unterbestückt. Infrarot oder Bluetooth sucht man leider vergebens. Zur PC-Anbindung braucht man daher ein Datenkit. Dieses kostet ca. 60,- und ist sowohl in einer seriellen als auch einer USB-Version verfügbar. Es kommen dieselben Kits wie bei v.6x usw. zum Einsatz, also PCC8000 bzw. PCC8500. Ob man mit der mitgelieferten Truesynch-Software Java-Programme einspielen kann, wird sich wie gesagt noch zeigen müssen. Eventuell wird es ein Update geben, da die Datenkits ja schon länger auf dem Markt sind.
    Über den Beipackzettel, der auf das i-Upgrade hinweist, wurde ja schon was gesagt. Ich persönlich würde mir allerdings schwer überlegen, ob ich das machen würde, obwohl 75,- eigentlich ein Schnäppchen sind (und die Kamera sieht zudem extrem cremig aus). Denn man verliert durch das Update doch reichlich viel: EMail-Client, VoiceNotes, nur noch 5 statt 15 Sprachkommandos, nur noch 100 statt 500 Tel.-Buch-Einträge im Gerät, weniger Speicher für Java. Es wird interessant sein zu sehen, ob das richtige i-Gerät die neuen i-Features mitbringt, ohne auf diese Sachen zu verzichten.


    Sprachqualität/Empfang
    Zum Empfang kann ich momentan noch nicht viel sagen, auch später wahrsch. nicht, da das für mich kein so wichtiges Kriterium ist (bis auf ein paar Ausnahmen hatten bisher alle Geräte für mich ausreichenden Empfang). Die Sprachqualität ist motorola-typisch überragend - keinerlei GSM-Gezirpse, und mein Gegenüber fragte gerade mal wieder, ob ich nicht vom Festnetz aus anrufen würde.


    Fazit
    Hätte das T720 ein Metallgehäuse, dann wäre das Gerät für einen Geschmack das beste v-dot aller Zeiten - obwohl es ja gar keins ist. Trotzdem - die Verarbeitung ist trotz des Kunststoffgehäuses nahezu tadellos, das neue Menüsystem macht Spaß, das Farbdisplay ist topp - und nicht zuletzt ist der Preis mit 349,- ohne Vertrag (99,- mit) überraschend niedrig. Und das ist noch nicht mal ein Maik- oder fonmarkt-Preis, sondern einer aus dem T-Punkt. Laut Motorola-Pressemitteilung wollte man das Gerät eigentlich im oberen Preissegment ansiedeln - daraus ist scheinbar nix geworden.
    Einen wirklichen Massenmarkt wird sicher auch das T720 nicht erobern können, andererseits ist das Gerät eben wirklich sehr preisagressiv, und das Design ist IMHO etwas massentauglicher als das der v-dots. Sollte Ericsson sich tatsächlich aus dem Geschäft zurückziehen, dann wäre Motorola für meinen Geschmack der einzige verbleibende Hersteller, der nicht einfach nur Handys baut, sondern sich z.B. auch um die ganze Zubehörgeschichte einen echten Kopf macht. Wer außer Ericsson und Motorola produziert denn cooles, toll designtes und durchdachtes Zubehör...

    Ist das eine von den Kirchen, wo man so kleine Cracker kriegt? Ich habe Hunger!

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