Die FAZ meldet:
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07. März 2005 T-Mobile beginnt eine Tarifoffensive für Sprache und Datendienste. Auf der Cebit in Hannover will der Vorstandsvorsitzende Rene Obermann in dieser Woche neue Tarifmodelle vorstellen, um die Handynutzung anzukurbeln. "Wir werden deutliche Akzente setzen", sagte Obermann dieser Zeitung. "Auch mobile Sprachtelefonie birgt in Deutschland noch Wachstumspotential. Das wollen wir über unsere Preisangebote erschließen."
Österreichische T-Mobile-Kunden telefonieren im Durchschnitt dreimal so lange, Amerikaner mit rund 700 Minuten im Monat sogar zehnmal so lange wie deutsche Nutzer. Neue Pauschaltarife sollen deren Hemmschwelle verringern und dem "Teuerimage" des Mobilfunks entgegenwirken. Die gleiche Strategie verfolgt der T-Mobile-Chef für mobile Datendienste. Den Pauschalen für mobiles Surfen und den E-Mail-Abruf sollen weitere "kundenfreundliche" Angebote folgen. "Die Preise fallen, und T-Mobile ist ganz vorn dabei", sagte Obermann.
Obermann sieht T-Mobile als Vorreiter
Der Bonner Konzern hat mit seiner Strategie einen nach Ansicht von Marktbeobachtern riskanten Weg eingeschlagen. Angesichts der hohen Marktsättigung mit Handys baut T-Mobile die Geräte-Subventionen ab und steckt das eingesparte Geld in die neuen Tarife, um die Umsätze je Kunde in die Höhe zu treiben. Zunächst einmal ist jedoch das Neugeschäft, vor allem mit Prepaid-Handys, drastisch eingebrochen. Im vierten Quartal 2004 haben sogar die beiden kleinsten deutschen Mobilfunkunternehmen E-Plus und O2 mehr Neukunden gewonnen als der (Noch-)Marktführer. Der Abstand zum Branchenzweiten, der britischen Vodafone, ist auf wenige hunderttausend Kunden geschrumpft.
Obermann ficht das nicht an: "Was zählt, ist nicht die Zahl verkaufter Sim-Karten und subventionierter Endgeräte, sondern werthaltiger Umsatz." Obermann sieht T-Mobile als Vorreiter und rechnet damit, daß die Branche über kurz oder lang nachzieht: "Wenn wir damit nicht anfangen, bewegt sich in diesem Markt überhaupt nichts."
Schwierige Gespräche über Stellenabbau
Die Streichung der Handy-Subventionen ist Teil eines breiter angelegten Sparprogramms. Es soll die Kosten bis 2006 um eine Milliarde Euro im Jahr drücken, um Spielraum für Investitionen und künftiges Wachstum zu schaffen. Der Personalbereich soll dazu Einsparungen von 150 Millionen Euro beitragen, was im Konzern bis zu 2200 Stellen kosten könnte, davon 1200 in Deutschland.
In Großbritannien und in Österreich hat sich T-Mobile mit den Arbeitnehmervertretern bereits verständigt. Dort sollen insgesamt 750 Stellen abgebaut werden. Schwieriger gestalten sich die Gespräche in Deutschland. Während der am Sonntag laufenden Verhandlungen mit der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi zeigte sich Obermann optimistisch, daß es gelingen werde, betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden. "Wenn wir zum Beispiel in puncto Arbeitszeiten und Gehaltsstruktur vorankommen, müßte dies möglich sein." Ziel sei es, ohne Entlassungen effizienter zu werden. Voraussetzung dafür seien jedoch Zugeständnisse der Gewerkschaften und Belegschaftsvertreter. "Wir brauchen mehr Präsenz der Mitarbeiter am Arbeitsplatz, eine deutlich höhere Bereitschaft zu Wochenendarbeit, Drei-Schichten-Betrieb und ein flexibleres Gehaltsgefüge, etwa bei den Einstiegsgehältern", beschrieb Obermann seine Erwartungen.
Sparprogramm trotz glänzender Geschäftszahlen
Auseinander lagen die Positionen zunächst vor allem noch für die Beschäftigten der Call Center, auf die rund die Hälfte der deutschen Belegschaft von T-Mobile entfällt. Die Produktivität liege "in zweistelliger Größenordnung" unter den Vergleichswerten von Wettbewerbern, sagte Obermann. Daß die Verhandlungen zäher verlaufen als in den übrigen Landesgesellschaften, erklärte er damit, daß die Ergebnisse Vorbildcharakter für andere Sparten der Deutschen Telekom haben werden. Keinen Zweifel ließ er daran, daß T-Mobile trotz der glänzenden Geschäftszahlen von 2004 auf dem Sparprogramm beharren werde. "Mit unseren heutigen Kostenstrukturen können wir die Margen mittel- und langfristig nicht halten", sagte er.
Gut vorangekommen seien die Gespräche über die Auslagerung von weiteren rund 600 Stellen. Die Mitarbeiter sollen entweder in andere Konzernsparten oder zu externen Unternehmen wechseln. Verhandelt werde mit mehreren spezialisierten Diensteanbietern, die Content-Angebote für T-Mobile entwickeln wollen. Parallel dazu liefen aber auch Gespräche über Management-Buy-outs eigener Mitarbeiter, die diese Geschäftsfelder außerhalb des Konzerns unternehmerisch weiterführen wollten.
17 Prozent vom Umsatz mit Datendiensten
Brachliegendes Potential sieht Obermann im lukrativen Geschäftskundenbereich. Durch die enge Zusammenarbeit mit T-Systems, der Geschäftskundensparte der Deutschen Telekom, ist T-Mobile bei deutschen Konzernen und öffentlichen Einrichtungen mit einem Marktanteil von mehr als 50 Prozent sehr gut aufgestellt. Auch viele Handwerksbetriebe bevorzugen traditionell T-Mobile. Weitaus schwächer ist die Position dagegen unter anderen kleinen und mittleren Unternehmen und bei Freiberuflern. Hier will Obermann vor allem dem Rivalen Vodafone Kunden abjagen: "In diesem Segment müssen wir verkäuferisch besser werden; hier können wir die Marktanteile zu unseren Gunsten verschieben."
Das Umsatzwachstum in der Geschäftskundensparte kommt schon heute vor allem aus mobilen Datendiensten. Sie gelten in der Branche als der große Hoffnungsträger. Einen Anstieg des Umsatzanteils der Datendienste auf 25 Prozent bis 2008 hält Obermann in Europa für "machbar". Bisher liegt der Wert in den meisten Gesellschaften noch deutlich darunter. Bei T-Mobile sind es rund 17 Prozent. Von diesen entfallen allerdings 13 bis 14 Prozent auf den Versand von Kurznachrichten (SMS). Eines der Haupthindernisse sieht Obermann in dem eingeschränkten Angebot an Inhalten: "Statt geschlossener Portale mit begrenztem Inhalt müssen wir auf dem Handy die freie Internetwelt verfügbar machen, mit schneller Übertragungsrate zu attraktiven Preisen." Ziel ist das mobile Internet, "der zweite Schritt der mobilen Revolution", wie Obermann sagte.
Mobile Internettelefonie
Zusätzliche Impulse soll nicht zuletzt die W-Lan-Funktechnik (Wireless Local Area Network) bringen. T-Mobile verfügt auf der Welt über 11.500 Standorte, in deren Bereich Kunden mit W-Lan-fähigen Handys ihren Datenverkehr schneller und preiswerter als bei Nutzung des üblichen Mobilfunknetzes abwickeln können. Bis Jahresende soll sich ihre Zahl auf rund 20.000 beinahe verdoppeln.
Erste Wettbewerber arbeiten bereits daran, den Mobilfunk über W-Lan-Zugänge für die Internet-Telefonie zu öffnen. Obermann hält dies aus Kundensicht noch nicht für sehr attraktiv. Das Thema werde erst in zwei bis drei Jahren an Fahrt gewinnen, "und dann werden wir dabeisein". Es müsse sich aber noch zeigen, ob die mobile Internettelefonie die versprochene Qualität und Preisvorteile bieten könne.
Text: bü., F.A.Z., 07.03.2005, Nr. 55 / Seite 18