Körperwelten - Obduktion auf offener Straße!

  • Zitat

    Original geschrieben von Nebelfelsen


    Eben das ist ja das Problem an fast allen Unis. Obduktionen ja, aber als praktische Übungen und selbst da dürfen befreundete Studenten anderer Fachrichtungen dem Medizinstudenten nicht zusehen (zumindest in Bochum). Kein Wunder, dass da Bedarf für solch medienwirsame Spektakel (künstlich) geschaffen wird.


    Also ich denke, das hat auch wirklich praktische Gründe: Wenn die Anatomiekurse nicht nur für die Medizinstudenten geöffnet werden würden, so könnten diese vor lauter Andrang nicht mehr sinnvoll und in der nötigen Intensität ausgebildet werden.
    Völlig anders sieht es ja nochmal beim Thema Rechtsmedizin aus: Bei uns dürfen diese Kurse nur wir Jurastudenten und Medizinstudenten belegen, was neben den obigen Gründen auch in erster Lienie deswegen ist, weil die Leichen staatsanwaltschaftlich beschlagnahmt sind und Gegenstand kriminalistischer Ermittlungen sind - das da Laien nix zu suchen haben ist ja wohl selbstverständlich und wird (zumindestens hier in Berlin) auch genauestens überprüft.

  • Ich war damals auf der Körperweltenausstellung in Köln.


    Ich fand sie sehr positiv und auch sehr gut gemacht.


    Zum Thema Kommerz:


    Ich habe so meine Zweifel ob das der grosse Reibach ist wenn man die Präparationskosten pro Ausstellungsstück bedenkt.


    Das mit der Obduktion ist so eine Sache:
    Die Leute werden wohl unterschiedliche Beweggründe haben: für den einen ist es der Thrill und die Sensationsgier für den anderen ist es ein wissenschaftliches Interesse.


    Ich weiss nicht ob ich es mir anschauen würde, aber es gibt ganz andere Sachen so dass ich wenn die Rahmenbedingungen stimmen (ab 18 jahre, Zustimmung aller Beteiligten incl des Toten und Angehörigen) und einer seriösen Aufmachung nichts dagegen einzuwenden habe.

  • Ja, chico, da magst Du recht haben: ein großer Teil meiner Abneigung richtet sich gegen die Person v. Hagens, wobei ich seine Leistung sowohl als Präparator, als auch als Entwickler des Plastinationsverfahrens in keinster Weise schmälern will. In Fachkreisen hatte er sich damit einen Namen gemacht und es wurde auch in den Medien über ihn berichtet.
    Ich missbillige es, dass er dieses für die meisten fremde, aber doch faszinierende Fachgebiet meiner Meinung nach primär zur Selbstdarstellung benutzt.


    Ich kann niggos Aussage, die von Nebelfelsen zitiert wurde, zu 100% unterschreiben. Bei einer öffentlichen angebotenen Sektion einer Anatomie-Leiche an einer Uni, stünde die Aufklärung und das wissenschaftliche Interesse im Vordergrund und es würde nicht ein einzelner seinen Berufsstand missbrauchen, um damit Kasse zu machen und seinen Bekanntheitsgrad zu steigern.
    Hier wäre eine Möglichkeit, dies beispielsweise alle drei Monate eintrittsfrei in einem Hörsaal an der Uni anzubieten, wobei ich die Sektion einer bereits fixierten (konservierten) Anatomie-Leiche nicht nur für angenehmer, sondern auch für anschaulicher halte, als die rechtsmedizinische oder pathologische Obduktion eines gerade erst Verstorbenen.


    Es ist natürlich nicht durchführbar, allen interessierten fachfremden Personen Zugang zu den Instituten während des normalen Arbeitsbetriebes zu gewähren, da das oft auch einfach ein Platzproblem oder eine Arbeitsbehinderung darstellt. In den Präpariersälen der anatomischen Institute ist einfach kein Platz für Besucher, da alleine sie Studenten oftmals schon dicht an dicht stehen. Als Pathologe oder Rechtsmediziner hätte ich übrigens auch keine besonders große Lust, während meiner Arbeit dauernd von gaffenden Besuchern gestört zu werden.
    Ich schätze, dass es auch auf legalem Wege die Möglichkeit gäbe, sich als Nicht-Mediziner einmal eine anatomische Sammlung oder auch eine bereits Präparierte Leiche anzuschauen. Wenn man mit einem befreundeten Mediziner einmal höflich bei einem der Professoren nachfragt, stünden die Chancen bei vielen meiner Meinung nach gar nicht so schlecht.
    Außerdem gibt es die Möglichkeit, die prinzipiell völlig öffentlichen Anatomie-Vorlesungen zu besuchen, in denen manches auch an der Leiche demonstriert wird.


    Gruß, Mooney :)

  • Zitat

    Original geschrieben von Mooney
    . Als Pathologe oder Rechtsmediziner hätte ich übrigens auch keine besonders große Lust, während meiner Arbeit dauernd von gaffenden Besuchern gestört zu werden.


    Nochmal: aus meinem Bekanntenkreis weiß ich, daß großes Interesse gerade an rechtsmedizinischen Vorgängen und der Rechtsmedizin vorhanden ist. Gerade diese Kombination aus Neugier auf Unbekanntes (Leiche, Körperinneres) und Kriminalistik (Rechtsmedizin, ungeklärte oder gewaltsame Todesfälle) ist für die meisten verständlicherweise völliges Neuland und eben äußerst spannend. Nur eine Öffnung der rechtsmedizinischen Institute für Berufsfremde wird es niemals geben, denn wie gesagt, hier stehen dem nicht nur handwerkliche und ortstechnische Gegebenheiten entgegen, sondern eben die Tatsache, daß hier ermittelt wird und natürlich niemals ein Laie Einblicke in staatsanwaltschaftliche Ermittlungen erhalten wird, was ja auch wirklich auf der Hand liegt! ;)


    Was es aber hier in Berlin gibt, ist die "Lange Nacht der Wissenschaft", bei der sich auch das rechtsmedizinische Institut beteiligt und unter dem Andrang von Tausenden die Türen öffnet. Wer hört, was die Besucher so für Vorstellungen haben, was sie wohl erwartet (Eintritt ab 18 --> das muß ja wohl eine Schauobduktion sein) und wie sie dann enttäuscht reagieren, wenn sie "nur" den leeren Saal sehen, Blutalkoholkonzentrationstest machen, die Labore besichtigen etc., wie begehrlich sie auf die (leeren) Leichenschränke in den Wänden linsen, der kommt zur Überzeugung, daß mindestens 80% der Leute aus Sensationsgier kommen...


    Wie ich schon in meinen ersten Postings sagte, stört mich nicht so sehr die Tatsache, daß andere Leute einer Obduktion beiwohnen, sondern daß v.Hagens so einen pseudowissenschaftlichen Auftritt daraus macht und eigentlich nur an Selbstdarstellung interessiert ist. In Deutschland möchte kein seriöser Rechtsmediziner oder Anatom mehr mit v.Hagens in Verbindung gebracht werden und das hat ja wohl Gründe...

  • andi2511: Es werden ja aber in der Rechtsmedizin nicht nur gerichtlich angeordnete Obduktionen, sondern auch Feuerbestattungs-, Versicherungs- oder gar Privatsektionen durchgeführt. Mit diesen Sektionen hat die Staatsanwaltschaft nichts zu tun. :)


    Gruß, Mooney

  • Mooney: Du hast Recht, allerdings werden für die Kremation nur Leichenschauen durchgeführt (hier in Berlin) und keine Sektionen. Nur die zweite Leichenschau wird halt von einem Rechtsmediziner gemacht, ist aber keine Obduktion. Sollte auf diese Beschauung eine Obduktion erfolgen, so ist diese wieder gerichtlich angeordnet ;)


    Versicherungssektionen von der Berufsgenossenschaft oder einer Lebensversicherung sind wohl auch nicht geeignet, der Öffentlichkeit eine Obduktion zu zeigen, oder?


    Bliebe die Privatsektion, und damit wären wir ja wieder beim Thema ;)

  • Hab vorhin paar Bilder auf der Spiegel Seite gesehen,
    und kann mich nur wiederholen: Für mich wäre das echt nichts!

    Signatur ist so 2002.

  • Ich hab mir Bilder bei ntv.de angesehen, die Obduktion an sich wuerde mich auch interessieren - aber die Bilder von diesem 'Doktor' bestaetigen absolut, was schon gesagt wurde: Dass es nur um Pressegeilheit geht. Ich muss sagen, an sich halte ich oeffentliche Obduktionen (wenn auch nicht unbedingt per TV, sondern evtl. nur in z.B. Unis oder Museen, wo also die Hemmschwelle des Hinfahrens besteht) fuer eine gute (zumindest keine schlechte Idee) - aber diesen Doktor wuerde ich auch gerne mal sezieren..



    (;))

    Walking on water and developing software from a specification are easy if both are frozen.
    – Edward V Berard

  • Also, ich denke im Grunde kommt man gerade bei so einem Thema zu keinem wirklichen Schluss.
    Es muss halt jeder selber entscheiden, ob er sich "so etwas" ansehen würde.
    Ich bin allerdings der Ansicht, das man die Ausstellung nicht mit der öffentlichen sezierung vergleichen kann! Da ist doch noch ein ziemlich großer Unterschied!


    Interessant aber auch, in wie Fern, diese Austellung, und ersteinmal die Obduktion ethische Fragen, für viele Menschen aufwirft...


    Besonders Kirchenvertreter lehnen die Schau, in der plastinierte Körper und Körperteile zu sehen sind, als pietätlos ab. Der katholische Bischof Georg Sterzinsky sprach etwa von einem "würdelosen Tabubruch".


    Von Hagens,(der übrigens gebürtig aus Heidelberg kommt) wies die Vorwürfe abermals zurück und kündigte die Errichtung einer Gedenktafel in den Ausstellungsräumen an.


    Dem Direktor der katholischen Akademie, Ernst Pulsfort, ist dies zu wenig. Für ihn spielt Hagens "mit den Leichen, wie ein Kind mit Puppen". Am Mittwoch wird Pulsfort im Gedenken an die Toten, deren Körper Hagens ausstellt, in Berlin ein Requiem zelebrieren

  • Weder Kirche noch Medien sind ein Maßstab für die Normalität.
    Von dem her sollte man wirklich abwägen und seine eigene Meinung bilden.

    Signatur ist so 2002.

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