Bei Dual-Sim-Geräten kommt offenbar Bewegung in den deutschen Markt. Erst sah es so aus, als ob das schon durch das Angebot des E-Versandhauses Conrad der Fall sein würde, doch das stellt sich als Luftschloss (um nicht zu sagen Dauer-Verarsche) heraus. Das Angebot gibt es theoretisch seit März (siehe Bericht von Teltarif), und es wird immer ein 1-2 Monate später liegender Liefertermin angegeben. Offenbar hat aber noch niemand dieses Modell wirklich erhalten (siehe Teltarif-Forum).
Dabei ist völlig unklar, ob Conrad wirklich nicht liefern kann, oder ob hier vielleicht eine einstweilige Verfügung oder ein anderes Rechtsmittel dagegensteht. Laut XDial reklamiert ein Herr aus Hamburg Patentrechte für Geräte, die zwei Sende- und Empfangseinrichtungen vereinen. Komisch, was heututage alles patentiert wird. Demnächst meldet noch jemand ein Patent auf Heißluftballons mit Radio an und geht gegen mich vor, wenn ich mit Radio Ballon fahren will.
In dieser Situation ist es besonders interessant, dass ein deutscher Anbieter mit einem Dual-Sim-Handy auf den Markt kommen will. Es ist die erst ium Frühjar gegründete Münchner Firma Bellpepper mit seinem Twinbell, das im November auf den Markt kommen soll. Es unterscheidet sich auch insofern von der Vielzahl asiatischer Geräte, die dieses Marksegment derzeit offenbar allein besetzen, da es mit einer der beiden SIM-Karten UMTS anbietet.
Schon das Selbstverständnis der Firma ist erfrischend: "Die BellPepper Mobile AG vermarktet und vertreibt Mobiltelefone unabhängig von Providerinteressen und hat Ihren Sitz in Garching bei München. Durch den Interessensabgleich zwischen Providern und Mobiltelefon-Herstellern bei der Geräteentwicklung entstehen Marktnischen die von der BellPepper Mobile AG besetzt werden. Das aktuelle Projekt bezieht sich auf mobile Endgeräte die eine simultane aktive Nutzung zweier SIM-Karten (z.B. privat und ge_schäftlich oder verschiedener Provider) ermöglichen. Diese ermöglichen den Kunden einen praktischeren und kostengünstigeren Betrieb." (Quelle). Mehr zum Selbstverständnis und den Hintergründen, warum Bellpepper gerade Dual-Sim machen will, auch in dieser Pressemitteilung (PDF). Vor einer Woche sind die Entwickler mit ihrem konkreten Produkt an die Öffentlichkeit gegangen, siehe 2. Pressemitteilung.
Verschiede Medien haben das Gerät vorab vorgestellt, zum Beispiel CHIP und Connect, aber noch niemand hat das Gerät in der Hand gehabt und getestet (klar, weil es noch nicht da ist). Über die vorliegenden Informationen (siehe Vorstellung auf der Twinbell-Seite mit Bildern) kann man aber schon diskutieren.
Im benachbarten Megathread (wo das Thema allerdings untergegangen ist) wurde schon kritisiert, dass nur eine Karte UMTS kann. Mir würde das ausreichen, in der Regel ist die Zweitkarte ja nur für die erreichbarkeit oder für bestimmte Nutzungen (zB Roaming-Gebühren sparen). Im Ausnahmefall (als wenn nicht dauernd gewechselt werden muss), kann man ja Master- und Slave-Karte ja auch mal austauschen.
Kritisiert wurde auch, dass es mit 117 x 49 x 17 mm und 115 Gramm spürbar über den aktuellen Stand für Single-SIM-Geräte liegt und auch über dem Luftschloss von Conrad. Ich bin Ultraleichtgeräte nicht gewöhnt, und zu meinem Lieblingshandy (ME45) ist es nicht viel Unterschied. Wichtig für mich wäre ein mit aktuellen Single-SIM-Geräten vergleichbar guter Empfang auf beiden Karten, und nicht, wie nebenan für das V690 beschrieben, mit mangelhaftem Empfang für die Slave-SIM. Auf die Kamera könnte ich verzichten, aber das ist Geschmackssache, MP3 (mit 2-GB-Micro-SD, USB-Anschluss) könnte interssant sein, da kann ich den MP3-Spieler daheim lassen. Hier ist übrigens das Datenblatt (PDF).
Eine Hemmschwelle ist allerdings der Preis. Selbst mit Vorbestell-Rabatt sind es noch 400 Euro gegenüber 150 bis 200 für asiatische Modelle. Klar, man hat dann wohl ein ausgereifteres, produktpirat-unverdächtiges Modell mit deutscher Menüführung und Garantie, aber ob das im Wettbewerb anerkannt wird? Da bin ich eher skeptisch, obwohl ich dem Produkt erst einmal sehr aufgeschlossen gegenüberstehe. Ein weiteres Problem könnte sein, ob Bellpepper für den Vertreib genügend Vertragspartner findet, denn das Verkaufsmodell mit Subventionen ist immer noch so verbreitet, dass es sich keiner, der davon leben will und muss, mit den Providern verderben will. Und die werden das wahrscheinlich nicht so toll finden (bis jetzt haben sie ja die Entwicklung oder auch nur Einfuhr solcher Produkte schon erfolgreich ausgebremst).