Kinder verschicken sie, Abzocker auch: die Mobilfunk-SMS. Jetzt entdeckt die Polizei die Chance, nach Überfällen viele "Hilfssheriffs" per SMS auf Streife zu schicken - vielleicht demnächst auch in Rheinland-Pfalz. "Wir wartenden Erfolg des Pilot-Projekts ab", erklärt das Landeskriminalamt (LKA) in Mainz zum Testlauf zwischen Ostsee und Alpen.
Überfall auf eine Bank am Koblenzer Hauptbahnhof oder in der Mainzer Großen Bleiche: Der bewaffnete Räuber stopft das erpresste Geld in eine Tasche, rennt nach draußen, reißt sich die Maske vom Gesicht und flüchtet in einem schwarzen Wagen. Der Angestellte alarmiert die Polizei, beschreibt Täter und Fluchtauto. Sekunden später taucht die Suchmeldung auf Handy-Displays bei Polizeibeamten, Busfahrern, in Taxis, bei Politessen, Fahrschullehrern oder privaten Sicherheitsdiensten auf. Stunden später ist der Ganove gefasst. Illusion?
"Hilfssheriffs" angemailt
Ob die Fahndung der Zukunft in einem Zielgebiet so funktioniert, testen Polizeibeamten in Bochum, Neunkirchen/Saar, Karlsruhe, Traunstein, Potsdam, Hannover, Rendsburg sowie Bundeskriminalamt und Grenzschutz fünf Monate lang. Erstes Fazit: Auch ohne den ersten großen Coup sind die Leitstellen vom SMS-Fahnder fasziniert.
Mit 150 ausgesuchten SMS-Hilfssheriffs, die beruflich viel in Bochum, Herne oder Witten unterwegs sind, testet das Polizeipräsidium Bochum das Pilotprojekt, das mit einer zusätzlichen Software "ohne großen technischen Auf wand" läuft, meint Polizeisprecher Volker Schütte. Die SMS-Fahndung wird bei der Suche nach Fluchtautos oder - Vermissten eingesetzt, um
Nicht nur die Großstadt-Polizei gehört zu SMS-Piloten, sondern auch die Polizeidirektion Traunstein, deren eher ländlicher Einzugsbereich "größer als das Saarland und Bremen zusammen ist", so Polizeisprecher Fritz Braun. Die neue Technik wird zunächst als stiller Alarm unter Polizeikollegen getestet, damit auch Beamten ihre Augen aufhalten, die frei haben. "Erst in der nächsten Staffel» würden die Mails an Busfahrer oder Sicherheitsdienste gemailt. Bei Großeinsätzen hat es sich für die Polizei Karlsruhe bewährt, per SMS alle Kollegen über eine Fahndung zu informieren " abhörsicherer als per Funk».
Iinformieren, nicht verfolgen
In der schleswig-holsteinischen Urlaubsregion rund um Rendsburg ist SMS-Objekt-Betreuer Dietmar Benz von den Mail-Möglichkeiten fasziniert: "Wenn der Busfahrer an der nächsten Haltestelle die Mail liest, redet er mit den Fahrgästen natürlich darüber. Damit wächst der Kreis derer, die Wichtiges beobachten können oder gewarnt sind. `
Überall wird den freiwilligen "Hilfssheriffs" eingeschärft, keinen Ganoven selbst zu verfolgen, sondern der Polizei nur wichtige Hinweise auf Verdächtige zu geben. Rechtlich ist die SMS-Fahndung nicht umstritten, denn sie ist nur ein moderner Handzettel, der sich rasant verbreitet. Vorteil für die Polizei: Sie kann mögliche (und auf ihre Seriosität überprüfte) Zeugen in einem engen Zielgebiet schnell erreichen.
Das LKA Mainz wartet erste Erfahrungen dieser in Europa ziemlich einmaligen SMS-Fahndung ab, die das Bundeskriminalamt entwickelt hat, Bewährt sie sich, dürfte sie demnächst bundesweit anlaufen. Mit einem ersten Fazit rechnet man aber erst Mitte des Jahres.
Rhein-Lahn-Zeitung
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