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Der Elektronik-Konzern Motorola war über Jahrzehnte ein Erbhof der Galvins aus Illinois. Die Ära ist jetzt vorbei. Überraschend hat Firmenchef Christopher B. Galvin seinen Rücktritt erklärt.
Schaumburg - "Obwohl ich beträchtliche Ergebnisse erzielt habe, haben das Direktorium und ich nicht die gleichen Ansichten zum Tempo, zur Strategie zum Fortschritt der Firma in dieser Phase des Wiederaufschwungs", erklärte Galvin am Freitag. "Für mich ist es an der Zeit, den Stab an eine neue Führung zu übergeben."
Der 53-jährige Chef und Verwaltungsratsvorsitzende der US-Handy- und Chip-Hersteller war sechs Jahre an der Spitze des Unternehmens, das seit drei Generationen von Mitgliedern der Familie Galvin geleitet wurde. Unter seiner Führung hatte der einst weltgrößte Handy-Anbieter die Spitzenposition im globalen Handy-Markt an den finnischen Konkurrenten Nokia verloren, zeitweise Milliardenverluste verbucht und mehr als 60.000 Mitarbeiter entlassen.
Nokia verfügt inzwischen über einen weltweiten Marktanteil von rund 36 Prozent, während es Motorola nur noch auf knapp 15 Prozent bringt. Der Aktienkurs war während Galvins Amtszeit um 46 Prozent abgesackt. Motorola-Aktien notierten am Freitag nur noch mit 11,09 Dollar, doch stiegen sie nach der Bekanntgabe des geplanten Galvin- Rücktritts nachbörslich um sechs Prozent auf 11,70 Dollar.
Investoren und Analysten stellten angesichts des wirtschaftlichen Rückgangs im Telekommunikationsbereich Galvins Fähigkeit in Frage, den Konzern zu leiten und forderten in den vergangenen Jahren immer wieder seinen Rücktritt. Einige von ihnen warfen Galvin Vetternwirtschaft vor.
Für Marktbeobachter kam die Rücktrittsankündigung dennoch überraschend. "Ich war vom Zeitpunkt schockiert, aber es war unvermeidbar", sagte Jane Zweig von der Shosteck Group. "Damit ist die Familie aus Motorola raus und dem Unternehmen wird die Möglichkeit eröffnet, mit dem Geschäft fortzufahren und schwierige Geschäftsentscheidungen zu treffen." "Es macht das Unternehmen ein bisschen interessanter", sagte Brian Modoff von Deutsche Bank Securities. "Nun kommt es ganz darauf an, wen sie hineinbringen."
Dass es wieder ein Galvin wird ist höchst unwahrscheinlich. Die beiden Söhne des scheidenden Konzernchefs gehen noch zur Schule.
http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,266541,00.html
http://www.motorola.com/mediacenter/news