Wiedereinmal liege ich in meinem Bett, starre die endlos-weiße Decke an. Gähnende Leere im Raum und Einsamkeit in meinem Herzen. “Bobble” muß wieder einmal herhalten – muß mich trösten. Trösten wo es keinen Trost gibt, Freude spenden wo es keine Freude gibt. “Bobble” kann all das, manchmal – an verregneten Nachmittagen. Doch heute haben wir einen sternklaren Himmel und “Bobble” kann mir diesmal nicht helfen. Musik-fetzen ertönen irgendwo fern ab von jeder Wirklichkeit aus einem Fenster. Ich mag sie nicht hören – mag überhaupt nichts hören. Mag allein sein, mag unter Leuten allein sein – bin allein. Nur “Bobble” ist da, aus flauschig-weichen Plüsch, mit Knopfaugen und zwei viel zu kurzen Stoppelbeinchen. “Bobble” ist ein Schaf, aus einer Zeit in der die Welt noch in Ordnung war, ich noch lachen konnte.

Einsamkeit erfüllt mich, Wut auf Vergangenes, Wut über mich selbst – über zuviel Vertrauen in jene Menschen die mir einst wichtig waren um mich kurz darauf zu verraten, zu verkaufen und mich allein zu lassen.
Ein anderes Problem ist wohl die Zeit ... niemand hat sie, niemand mag sie haben ...
Wenn ich doch nur alles soviel hätte wie Zeit... Doch niemand mag meine Zeit haben oder sie mit mir teilen. Ausreden werden erfunden, Reden gehalten – doch Zeit, Zeit will niemand haben.
Dabei heißt es immer, Zeit sei Geld. Doch Geld habe ich nicht – eher im Gegenteil, viele Leute erwarten Geld von mir – Zeit brauche ich nicht mitbringen, Geld würde auch reichen.
Deshalb liebe ich Friedhöfe – dort kann man nach belieben Zeit mitbringen, niemand will Geld dafür haben das man Ruhe und Zeit genießt. Doch dieses ewige starren in den, mit krummen Holzdielen gepflasterten Himmel meines viel zu kargen Schlafzimmers mit dem viel zu großen Bett was außer “Bobble” und die alte, polnische Diddl-Maus niemand mit mir teilt.

Ich bin dick geworden, unförmig vielleicht – zu unbeweglich. Kein Hobby, nur arbeiten... und nun... nun hab ich nicht einmal mehr die Arbeit.
Leute die behaupten man solle immer gerade aus schauen, haben anscheinend noch nie die Sucht verspürt zurückzuschauen und sich die Dinge zurückgewünscht die einst viel besser waren.
Eigentlich ist alles besser als eine 3-Zimmer-Wohnung im Arbeiterghetto Wedding, ohne Möbel – Erdgeschoß, an der Treppe vorbei – dann links.
Alles ist besser als diese Klingel die so häufig repariert wurde, welche dann aber ohnehin keiner findet. Hier klopft man lieber laut an die Tür oder räuchert die Nachbarn mit Knoblauchgerüchen aus. Mit Knoblauch kann ich auch kochen ... überhaupt kann ich gut kochen. Nicht gesund – aber gut.
Bin sicher auch ein guter Zuhörer aber in letzter Zeit will niemand erzählen, nur von Arbeit und Streß vielleicht. Persönlichkeit gibt es in dieser Gesellschaft immer weniger. Ehrlichkeit ohnehin nicht.
Niemand sagt mir, daß er jetzt keine Lust auf telefonieren, sprechen, treffen hat – niemand hat die Courage. Niemand würde es wagen dich zu kritisieren so das du dich um Kopf und Kragen reden mußt.
Immer weniger Leute verstehen meine Einsamkeit, ich will sie nicht damit behelligen und immerhin würde ich ja so sehr viele Menschen kennen, daß Einsamkeit – bei mir - völlig unglaubwürdig sei.
Unglaubwürdig ist wohl auch mein Wunsch nach Verständnis, nach Zuneigung und die Sehnsucht nach jemanden der mit mir zusammen in die weiße, mit Holzdielen verkleidete Decke schaut.
Eigentlich ist ja auch alles nur halb so schlimm, nichts wird so heiß gegessen wie es gekocht wird.
Ich esse die Dinge auch wenn sie heiß sind und verbrenne mir regelmäßig die Zunge. “Bobble” will davon nichts wissen... “Bobble” ist überhaupt ziemlich schweigsam. “Bobble” kümmert auch die Einsamkeit nicht viel - “Bobble” ist nur aus plüsch aber “Bobble” läßt mich nicht einfach allein, fühlt sich nicht bedroht von mir oder geht mir aus dem Weg - “Bobble” hat keine Beine und so ist es zum zuhören verbannt.
Eigentlich fehlt mir nur noch eine dieser klassischen Hornbrillen – dann wäre ich das was die Gesellschaft einen “Nerd” schümpft. Eine schüchterne, zurückgezogen lebende Kreatur die so tolle Hobbies wie Filme und Filmmusik hat. Eine Person die stolz ist, wenn sie weit vor den anderen das neueste Computerspiel aus dem “Netz geladen” hat ...
Aber eigentlich gibt es ja Zeiten wo alles ganz anders in meinem Leben ist. Sogenanntes Ferienlager ... aber wie oft im Jahr gibt es Ferien und wie oft Einsamkeit?
Aber ich kann nicht nur einsam sein, ich kann auch bei allen erdenklichen Computerproblemem helfen. Als “Nerd” ist das Ehrensache. Als “Nerd” ist man heutzutage ein gefragter Mensch – technisch gesehen. Dieses “verruchte” Hobby mag natürlich sonst keiner. Computer-”Nerds” sind Igitt-Produkte dieser Gesellschaft, alle brauchen sie – keiner will sie. Also in etwas so wie damals die vitnamesichen Gastarbeiter ... Vitnamese bin ich aber eigentlich nicht.
Ich bin 24 und kann nicht sagen, daß ich gelebt habe.
Ich bin 24 und einsam.
Ich bin 24, liege auf meinem Bett, schaue die krummen, weißen Holzdielen der Decke meines Schlafzimmers an – habe “Bobble” im Arm, weine und träume von einer besseren Zeit – wann immer diese Zeit kommen mag.