Ein wenig zum Tungsten E gab´s hier schon zu lesen, ich denke aber, dass ein kleiner Test nicht schaden kann.
Der Tungsten E markiert derzeit das untere Ende von Palm´s Tungsten-Reihe. Er ist quasi die Fortsetzung des m515 mit anderen Mitteln. Dennoch erinnert einiges an den 515. Der Tungsten E hat weder das riesige Display des T3 noch den Schiebemechanismus der "grossen" Tungsten-Modelle, er hat weder Bluetooth noch WLAN, passt in keine Docking-Station und hat keine Kamera. Ein schlechtes Gerät also? Keinesfalls, denn der E hat trotzdem eine Menge zu bieten: ein hervoragendes Farbdisplay mit 320x320 Pixeln, ein extrem stabiles und wertiges Gehäuse (im Metall-Look), 32MB RAM, einen flotten TI OMAP Prozessor mit 126MHz, Infrarot und SD/MMC-Slot, Kopfhöreranschluss, Lautsprecher und nicht zuletzt ein umfangreiches Software-Paket. Dazu kommt der akzeptable Preis, der sicher schnell unter 200,-€ fallen dürfte. Also zu den Details:
Verpackung:
Das ist ja das erste, womit man nach dem Kauf zu tun hat. Und beim Kauf ja auch. Bei letzterem weiss die Verpackung noch zu gefallen, denn sie ist handlich und transparent, so das man das schöne Gerät in voller Pracht sehen kann. Man hat das Dingen also nach hause getragen und kann es kaum erwarten, den Palm auszuprobieren. Aber da geht der Ärger auch schon los: die Verpackung geht nicht auf! Unklar, was sich der "Designer" dabei gedacht hat. Vielleicht ist irgendein Trick dabei, aber letzlich greift man doch zu Messer oder Schere, um den Tungsten zu befreien. Dem Gerät passiert dabei freilich nichts, aber die Verpackung ist hin. Was tun, wenn der Palm defekt ist oder aus einem anderen Grund umgetauscht werden soll? Zum Glück setzt sich der dabei gewonnene schlechte Eindruck nicht fort.
Verarbeitung, Tasten, Anschlüsse:
Während dem ersten Laden (der Palm kommt mit komplett leerem Akku) hat man Gelegenheit, das Gerät etwas genauer zu untersuchen. Und es ist schon beeindruckend. Ein makellos verarbeitetes Gehäuse, das wirklich wie Metall aussieht, obwohl es scheinbar keins ist, glänzend, elegant und doch nicht aufdringlich oder gar protzig. Einfach nur schön. Der Tungsten wirkt unglaublich stabil und wertig. Die 4 Funktionstasten sind schlicht, ragen nicht aus dem Gehäuse heraus und bieten dennoch einen vorzüglichen Druckpunkt. Die Navigationstaste ist als "eckiger Ring" um den zentralen Auswahl-Button angeordnet, ähnlich wie man es von den anderen Tungsten-Geräten kennt. Sie lässt sich treffsicher bedienen, nur bei der "nach unten"-Bewegung ist etwas mehr Kraft nötig und der Druckpunkt nicht klar fühlbar. Das passt nicht ins sonst so perfekte Bild, war aber leider bei allen Geräten, die ich in der Hand hatte so. Die Oberseite ist aus einem dunklen, glänzenden Kunststoff gefertigt. Dort finden sich Power-Knopf, Kopfhörer-Buchse und der SD/MMC-Schacht. Aber wo ist die IR-Schnittstelle? Nichts zu sehen. Ein Blick ins Handbuch hilft: oben, zwischen Kopfhörer-Buchse und Kartenschacht. Unsichtbar hinter der Kunststoffabdeckung. Wenn man´s weiss, ist das ok. Rechts steckt wie gewohnt der Stylus, ganz aus Metall mit einer Plastik-Spitze und einem abschraubbarem Kopf, um die Reset-Taste zu bedienen. Er rastet mit einem feinen Klick in seiner Aufnahme ein, sitzt fest und sicher und lässt sich einfach entnehmen. Links im Gehäuse ist eine Aufnahme-Schiene für eine Kunstleder-Abdeckung für das Display, ähnlich wie bei den m-Modellen. An der Unterseite gibt´s für manchen vielleicht eine Enttäuschung: kein gewohnter Konnektor, sondern nur zwei kleine Buchsen. Eine für das Ladegerät und ein USB-Anschluss. Der E kommt ohne Cradle. Zum PC-Anschluss dient lediglich ein USB-Kabel, das Ladegerät wird separat angesteckt. ich finde diese Lösung durchaus ok, da ein Sync-Kabel viel handlicher ist als das klobige Cradle, gerade auf Reisen macht sich das bemerkbar. Zudem kann man den Palm jetzt auch laden, ohne ihn in ein Cradle einzusetzen. Diese Lösung ist auf alle Fälle handlicher und drückt sicher auch den Preis etwas.
Auch die Abmessungen des Tungsten E erinnern etwas an den m515. Das Gehäuse ist etwa 115mm lang, 77mm breit und 12mm dick. Das Display weisst die übliche Diagonale von 75mm auf. Einen kleinen Kritik-Punkt gibt es aber doch: auf dem glänzenden metallischen Gehäuse sieht man Fingerabdrücke recht gut. man muss also öfter mal zum Putztuch greifen.
Display:
Nachdem der Palm nun geladen ist lässt er sich endlich einschalten. Die Freude, die sich beim Bestaunen des Gehäuses breit machte, setzt sich fort. Das Display erstrahlt hell und gestochen scharf. Beeindruckend, was mit 320x320 Pixeln alles geht. Der Kontrast ist hervorragend, das Display aus allen Blickwinkeln gut ablesbar und auch im hellen Licht immer noch gut erkennbar. Die Beleuchtungshelligkeit ist einstellbar und selbst in der niedrigsten Stufen in den meisten Fällen noch ausreichend. Die Farbdarstellung bei der Anzeige von Bildern ist natürlich und ausgewogen. Kurzum: ein wunderbares Display, dass dem der teureren Modelle schlimmstenfalls in der Grösse nachsteht. Leider gleitet der Stylus nicht mehr so schön auf dem Display, wie man das von den alten Monochrom-Geräten gewohnt war. Irgendwie fühlt sich das ein wenig gummiartig an. Mit der beliegenden(!) Schutzfolie schreibt es sich deutlich "glatter", aber leider ist es mir nicht gelungen, diese blasenfrei aufzubringen. Hier ist vermutlich etwas Übung nötig.
Palm OS 5.2.1 und Software
Palms neues OS ist kein Quantensprung zum "alten" OS 5, aber in vielen Details verbessert. Evolution statt Revolution. Vor allem die neuen Ansichten im Adressbuch und im Kalender sind sehr nützlich. Die Ausführung aller Standard-Applikationen geht rasend schnell, der 126MHz-Prozessor hat leichtes Spiel mit dem OS. Und endlich gibt es, was ich mir schon so lange gewünscht habe: eine Tastensperre serienmässig im OS. Das verhindert zuverlässig das ungewollte Einschalten des Palms durch Druck auf die Funktionstasten.
Der Tungsten E kommt mit einem umfangreichen Software-Paket, das fast alles beinhaltet, was man braucht. Es gibt ein gutes Mail-Programm (VersaMail), welches mehrere POP- oder IMAP-Accounts verwalten kann, einen Konfigurator zur Anbindung eines Handys, so dass man mit wenigen Klicks eine GPRS-Verbindung aufgebaut hat (leider keine Voreinstellung für "exotische" Handys und O2) , zudem einen Picture-Viewer und die üblichen Standard-Anwendungen. Mittels des Picture-Viewer lassen sich z.B. Bilder von Digicams direkt auf dem Palm betrachten. Karte aus der Kamera raus und in den Palm rein und los geht´s. Dank des brillanten Displays in erstaunlicher Qualität. Nur das Einlesen der (grossen) Bilder von der Karte ist etwas träge. Auf der CD befinden sich weiterhin DocumentsToGo, so das sich MS-Office Dokumente auf dem Palm betrachten und bearbeiten lassen, ebenso der Acrobat Reader für Palm OS, ein Java Runtime-Modul, der RealOne-Player sowie der Kinoma-Player. Mit letzterem lassen sich sogar Filmsequenzen auf dem Palm abspielen. Weniger gelungen finde ich das neue Graffiti. Einige Buchstaben müssen jetzt mit zwei Strichen geschrieben werden (z.B. K, T, I), was die Eingabe zwar näher an die echte Schreibweise bringt, aber auch unnötig umständlich macht. Wer das alte Graffiti gewohnt ist, wird mit der neuen Version vermutlich erstmal ein paar Probleme haben. Dem Neuling kommt es sicher entgegen, die Buchstaben fast so wie auf dem Papier zu schreiben. Ich hätte mir eine Umschaltmöglichkeit zwischen neuer und alter Eingabeweise gewünscht, da ich mit dem alten Graffiti deutlich schneller war.
MP3-Player
Der RealPlayer ermöglicht in Verbindung mit einer Speicherkarte die Wiedergabe von MP3-Files. Das ist nun sicher nichts sensationelles mehr, aber dennoch ein nettes Feature. Zumal die grafische Umsetzung des Players recht gelungen ist. Wirklich erstaunt war ich aber über die Klangqualität. Wärend MP3s aus dem integrierten Lautsprecher recht blechern klingen (am besten gehts noch, wenn der Palm auf einem Kissen liegt), klingt der Sound über einen guten Kopfhörer beeindruckend gut. Voller, klarer Klang ohne lästige Störgeräusche. Da macht es wirklich Freude, den Tungsten auch mal als MP3-Player zu nutzen. Mein alter (auch nicht billiger) MP3-Player kommt an den Klang nicht heran! Der RealPlayer kann zudem im Hintergrund werkeln, so dass man Musik hören kann, während man in anderen Anwendungen unterwegs ist. Das klappt erstaunlich gut. Zudem kann der Player nach einer einstellbaren Zeit das Display abschalten, was sicher dem Akku zugute kommt. Eine Hold-Taste wie beim Sony Clie wäre wünschenswert, denn der Tungsten reagiert leider auf jeden Tastendruck, solange der Player läuft, auch wenn das Display abgeschaltet ist.
Ausdauer:
Das Farbdisplay hat seinen Preis, Akkulaufzeiten wie man sie vom m500 her kennt, erreicht der Tungsten selbstverständlich nicht. Palm gibt bis zu 5 Stunden nonstop-Arbeitszeit an, was ganz ok scheint. Im normalen Betrieb hat man den Palm sicher selten 5 Stunden nonstop in Betrieb, daher dürfte man bei gemässigtem Einsatz über ein paar Tage kommen. Mein E ist noch zu neu, um hier praktische Erfahrungen wiedergeben zu können.
Connectivity:
Blauzahn fehlt, das mag für viele eine Killer-Kriterium sein. Schön wär´s schon gewesen, aber man kann nicht alles haben. Über die IR-Schnittstelle lassen sich ja immer noch mehr Handys anbinden, wenn auch leider eine Sichtverbindung zwischen den Geräten notwendig ist. Dank des Einrichtungs-Assistenten "PhoneLink" klappt das Einrichten einer Verbindung in kürzester Zeit. Der Verbindungsaufbau geht zügig vonstatten. Getestet habe ich VersaMail mit Vodafone und GPRS. Keine Probleme.
Fazit:
Ein würdiger Nachfolger der Arbeits-Maschinen der m5xx-Serie. Kompakt, stabil, superschnell und mit 32MB bestens gerüstet für Massen an Software. Erweiterbar über den SD/MMC-Slot, und handlich auf Reisen dank USB-Kabel. Zudem sieht das Ding einfach nur verdammt gut aus, nicht aufdringlich, sondern wertig und elegant. Einem T3 stiehlt er nicht die Show, aber das will er wohl auch nicht. Das Display ist eine Augenweide, der MP3-Player macht richtig Freude und die mitgelieferte Software tut ein übriges. Wartezeiten gibt´s dank der ausreichend schnellen CPU bei normalen Anwendungen nicht. Eine gelungene Kombination also. Die Kamera des Zire71 vermisst man sicher wenig, Der Preis ist fair (derzeit knapp über 200,-€) und wenn man den Tungsten E erstmal aus der Verpackung bekommen hat, wird man sicher eine Menge Freude an dem schicken Gerät haben. Ein paar Wünsche bleiben dennoch offen: Blauzahn und ein "altes" Graffiti. Letzteres würde ich mir sogar mehr wünschen. Dennoch ist der Tungsten E sicher eine gute Wahl für alle, die einen vernünftigen PDA suchen, der sowohl als Arbeitstier als auch als Unterhaltungs-Maschine dienen soll. Nicht perfekt, aber richtig gut!
Was vergessen? Kann schon sein
Fragen sind deshalb willkommen!
Bilder kann ich kaum vor Montag nachliefern, werde es aber versuchen.
d@niel