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Original geschrieben von Martyn
Das denke ich jetzt ganz und garnicht. Müntefering hat imho durchaus noch eher links orientierte Wähler angesprochen. Zumindest deutlich mehr als Kurt Beck, Peer Steinbrück, Frank-Walter Steinmeier und Olaf Scholz.
Herrn Münteferings Hinwendung zur Agenda 2010 und sein Widerstreben, sich von der deutlich unternehmerfreundlichen Politik eines Gerhard Schröder abzuwenden, ließen jeglichen Versuch, ihn als links orientierten Vorzeige-Sozialdemokraten zu verkaufen, sehr unglaubwürdig aussehen. Abgesehen davon ist das auch ein biologisches und Persönlichkeits-Problem: Herrn Müntefering als 67jähriger, dem man sein Alter auch schon recht deutlich ansieht, als dynamische und charismatische Führungspersönlichkeit zu verkaufen, würde m. E. schon an Lächerlichkeit grenzen.
Das Problem der SPD ist eher, daß ihr z. Z. überhaupt keine Leute mit Charisma auf der Führungsebene zur Verfügung stehen, sondern nur mittelmäßige Parteifunktionäre, die zu Zeiten eines Willy Brandt oder eines Helmut Schmidt über den Rang eines Protokollanten bei Fraktionssitzungen nie hinausgekommen wären. Das sind alles emsige Leute, aber es sind Leute aus der zweiten Reihe, die sich i. d. R. nur als politische Vollstrecker und organisatorische Umsetzer von Vordenker-Ideen bewähren können. Eine eigene Vordenker-Rolle zu übernehmen liegt diesen Leuten einfach nicht, weder einem Herrn Scholz noch einem Herrn Beck. Das sind keine Visionäre, wie sie eine Partei, die sich ein großes Ideal wie "demokratischen Sozialismus" auf die Fahnen (und immer noch auch ins Parteiprogramm) geschrieben hat, einfach benötigt.
Die CDU hat es einfach schneller geschafft, "die Zeit nach und ohne Kohl" hinter sich zu lassen, als es die SPD schaffen wird, "die Zeit nach und ohne Schröder" hinter sich zu lassen. Denn schon zu Beginn der "Ära nach Kohl" war es doch abzusehen, daß es innerhalb der Union auf einen Spitzenkampf zwischen Frau Merkel und Herrn Stoiber hinauslaufen würde. Und Insider wußten schon längst bevor es amtlich geworden war, daß Frau Merkel diesen Kampf für sich entscheiden würde. Eine bürgerlich-konservative Partei hat es ideologisch übrigens deutlich leichter, ohne einen großen Visionär auszukommen, da sie sich i. d. R. eher der Bewahrung des Hergebrachten verpflichtet sieht als der großen Zukunftsvision...
Denn auch Frau Merkel ist natürlich keine große Visionärin, aber sie kommt in ihrer Rolle als bürgerlich-konservative Bewahrerin deutlich glaubwürdiger bei den Menschen an als ein Herr Beck als Vordenker von traditionellen SPD-Zukunftsträumen. 
In der SPD sehe ich auch niemanden, der solche bundespolitisch profillosen Provinzler wie Kurt Beck oder solch farblose Funktionäre wie Olaf Scholz ablösen könnte. Eine Frau Nahles ist jedenfalls nicht mehrheitsfähig, wenn die SPD sich nicht mehrheitlich dazu entscheiden würde, eine inhaltliche Annäherung an die PDS/Die Linke vorzunehmen. Und ob das in der Bevölkerung mehrheitsfähig wäre, darf bezweifelt werden. Denn wenn man die Wahl zwischen zwei Linksparteien hat, dann wählt man doch gleich "das Original", und nicht die Kopie, oder? Den Wandel des mit den Konservativen paktierenden Saulus zum demokratisch-sozialistischen Paulus würde der SPD mit ihrem derzeitigen Führungspersonal jedenfalls niemand abnehmen.
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Original geschrieben von Martyn
Wenn die SPD wirklich eher links orientierte Wähler ansprechen wollte, hätte sie das Ministeramt z.B. an Andrea Nahles vergeben müssen.
Ich sag mal: Andrea Nahles wäre in der PDS/Die Linke besser aufgehoben... 
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Nahles gab in einem Interview mit der WZ an, ein Bild des jungen Fidel Castro in ihrem Büro hängen zu haben.
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Nahles
Angeblich steht sie ihm aber ideologisch nicht nahe... Ja nee, iss klar, wie Atze Schröder sagen würde. Als Bundestagsabgeordnete(r) ein Bild von Castro an die Wand im Büro zu hängen, ist ein vollkommen unpolitischer Akt, natürlich... 
Jedenfalls wäre Andrea Nahles als Bundesministerin nur möglich mit der Zustimmung des großen Koalitionspartners. Irgendwie habe ich große Schwierigkeiten damit, mir Frau Merkel vorzustellen, wie sie Frau Nahles die Hand schüttelt und ihr die Ernennungsurkunde überreicht [EDIT: Das mit der Ernennungsurkunde macht der Bundespräsident.
] und sie im Kabinett mit einem freundlichen Lächeln begrüßt... 
Siemensanier: Rücktritt völlig ohne offizielle Begründung, wie soll das gehen? :confused: Herr Müntefering war nicht irgendein Arbeitnehmer auf 400 €-Basis, sondern Bundesminister und Vizekanzler. Da kann man nicht einfach ohne jede Angabe von Gründen und unter Verzicht auf eine Bundespressekonferenz aus dem Amt scheiden und mittels Gerüchteküche und sorgfältig lancierter Hinweise an ausgewählte Journalisten seinen Rücktritt begründen lassen.