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Original geschrieben von BernieP
Diese Diskussion hier zwischen den falkenhaften Hardlinern und den softigen Gutmenschen (nicht böse sein) über Todesstrafe für Saddam oder nicht steht doch nur stellvertretend für die allgemeine Diskussion Todesstrafe ja oder nein.
Nun, als softigen Gutmenschen lasse ich mich nicht bezeichnen - die Begründung findest Du genau hier. Vielleicht solltest Du Dir vor der Verschriftlichung Deiner Kommentare mal die Definitionen der von Dir verwendeten Begriffe aneignen. Anderen Leuten "lauwarm ans Bein zu pinkeln", indem man sie verunglimpft und dann scheinheilig zu sagen, sie sollten deswegen nicht böse sein, ist jedenfalls ein äußerst schlechter Diskussionsstil. 
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Original geschrieben von BernieP
Im allgemeinen lehne ich die Todesstrafe auch ab. Für mich ist der Grund der Ablehnung einzig und allein die Gefahr eines Justizirrtums, der im Falle einer Vollstreckung nicht rückgängig gemacht werden kann. Nur muss man einfach einmal objektiv erkennen, dass es im Fall Saddam nicht den geringsten Zweifel über Schuld oder Nichtschuld geben konnte.
Dann hast Du wohl die eigentlichen Gründe gegen die Todesstrafe nicht so recht verstanden. Die Ächtung der Todesstrafe basiert auf der ganz simplen Einsicht, daß es keinem Menschen zusteht, sich zum Herrn über Leben und Tod eines Mitmenschen aufzuschwingen. Sicherlich, es gibt Menschen, die dies trotzdem tun. Diese Leute bezeichnet man gemeinhin als Mörder und sperrt sie ein. Und genau das hätte man mit Saddam doch auch tun können. Wo wäre da das Problem gewesen?
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Original geschrieben von BernieP
Ich wundere mich seit Jahren, wie so ein Ereignis immer wieder diejenigen aufs Tablett bringt, die in solchen Fällen die USA anklagen. Da stehen die Argumente doch auch stellvertretend für einen rational nicht mehr zu erklärenden "Amerikahass". Wenn sinngemäß behauptet wird, dass Bush ein schlimmerer Diktator sei als Saddam, Kim Jong IL und der Turkmenbashi zusammengenommen, fehlt mir dafür jegliches Verständnis. Da wird von Seiten der USA-"Kritiker" mit hohem emotionalen Einsatz diskutiert unter Ausblendung jeglicher Fakten, Überlegungen und Logik. Vielleicht sogar unter Verdrehung der einen oder anderen Sachlage.
Habe ich hier oder in einem anderen Thread irgendwelche derartigen Vergleiche zwischen Herrn Bush und Saddam, Kim Jong Il oder sonst einem Diktator vorgenommen? Daß ich die Politik des Herrn Bush sehr kritisch sehe, weil ich nicht sehe, daß sie der Welt mehr Frieden bringt - genau das Gegenteil scheint der Fall zu sein, und inzwischen hat sogar Herr Bush selbst eingeräumt, daß die USA im Irak nicht siegen werden (komisch, vor drei Jahren klang das triumphierende "Mission accomplished" aus dem Mund desselben Präsidenten noch ganz anders) - hat nichts mit einem irrationalen Haß auf Amerika zu tun. Sprüche nachzuplappern wie "Amerika ist der direkte Weg von der Barbarei in die Dekadenz unter Umgehung der Kultur" überlasse ich anderen.
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Original geschrieben von BernieP
Abschließend eines noch zum Thema "Siegerjustiz": Bei einem Tribunal in Den Haag wäre mit absoluter Sicherheit kein anderes Urteil herausgekommen als die Höchststrafe. Die hätte zugegeben anders ausgesehen. Aber nur, weil in dem betreffenden Land die Höchststrafe die Todesstrafe ist, kann man nicht von "Schauprozess" sprechen. Im übrigen bezweifel ich, dass es von wem auch immer zum jetzigen Zeitpunkt eine seriöse Beurteilung darüber geben kann.
Jedes Gericht, bei dem das Urteil schon feststeht, bevor das Verfahren auch nur begonnen hat, ist für mich bloß noch ein Tribunal zur Veranstaltung eines Schauprozesses, weil es dann nur noch um die demonstrative Vollstreckung politischer Anweisungen geht. Wäre der Internationale Gerichtshof in Den Haag mit Herrn Milošević auch so verfahren, wäre der Prozess nach wenigen Tagen beendet gewesen, und hätte nicht viereinhalb Jahre gedauert (wobei er sicherlich noch länger gedauert hätte, wenn Herr Milošević nicht zwischenzeitlich verstorben wäre).
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Original geschrieben von BernieP
Edit: Auch von einer überstürzten Hinrichtung kann doch wohl wirklich nicht die Rede sein. Überlegt doch bitte einmal genauer, bevor solche Äußerungen die Runde machen. Man hat Saddam vor fast genau drei Jahren gefangen ("We got him"), der Prozess ist vor einem Jahr eröffnet worden, es gab eine Berufung, und jetzt wurde das Urteil nach vier Tagen einer 30-Tage Frist vollstreckt.
Ja, zwei Jahre lang hält man Saddam gefangen, ohne daß irgendwas geschieht. Dann dauert der Prozess ein Jahr und verhandelt wird dabei ein einziges von zahlreichen Massakern, für das er verantwortlich war (um dafür die Anklage vorzubereiten, brauchte man sicherlich keine zwei Jahre). Der Rest wird stillschweigend unter den Teppich gekehrt - warum eigentlich? Dann gibt's das ohnehin schon feststehende Urteil, ein Revisionsverfahren, das in Windeseile abgespult wird und (weisungsgemäß?) das Urteil bestätigt, und praktisch im Anschluß daran eine Hinrichtung.
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Original geschrieben von BernieP
Wo zum Teufel ist das eine überstürzte Handlung? Aber ich gebe zu, dass diese These perfekt in die Verschwörungstheorie von der bösen Achse Baghdad-Washington passt. Mehr möchte ich dazu nicht sagen.
Das ist, mit Verlaub gesagt, ein ziemlicher Blödsinn. Das US-Militär hatte Saddam von der Gefangennahme bis zur Hinrichtung nonstop in seiner Gewalt. Die Hinrichtung fand auf einer US-Militärbasis im Irak statt. Die von der irakischen Regierung abkommandierten Richter des Schauprozesses waren von amerikanischen Juristen ausgebildet und beraten worden. Die irakische Wirtschaft befindet sich einschließlich aller Ölquellen fest in der Hand amerikanischer Unternehmen und wird von amerikanischem Militär oder von durch die Amerikaner bezahlte Söldner bewacht. Mit einem Satz: Ohne ein Kopfnicken aus dem Weißen Haus, dem Pentagon oder den entsprechenden Konzernzentralen in den USA geht im Irak für die dortige Regierung gar nichts. Und da soll das mit der "Achse Bagdad-Washington" nur eine Verschwörungstheorie sein? :confused:
Viele Grüße und einen
Happy Day