Hallo zusammen,
Eine hundertprozentig einheitliche Definition für MVNO (mobile virtual network operator) gibt es nicht.
Von der "reinen Lehre" her bezog sich MVNO eigentlich auf Anbieter, die leidglich den Zugang zu einem Funknetz von einem bestehenden Mobilfunkanbieter anmieten, alles andere aber selbst abwickeln (eigene Tarife, eigener Support, eigene Dienste, eigene Vorwahl, eigenes Backbone, eigene Interconnects, eigene Roamingabkommen).
Heutzutage werden aber verschiedene Geschäftsmodelle unter dem Oberbegriff MVNO zusammengefaßt, die selbst auch nicht immer ganz eindeutig voneinander abgegrenzt werden können und bei denen die Aufgabenteilung zwischen Host-MNO (also dem Vermieter des Funknetzes) und Gast-MNVO unterschiedlich ausfällt. Daher hier einfach mal ein grobe Anhaltspunkte für mögliche MVNO-Arten:
- Full MVNO: ähnlich wie oben definiert. Im Idealfall kommt lediglich das Funknetz von einem anderen Anbieter, alles andere wird mehr oder weniger selbst abgewickelt.
- Light MVNO / Enhanced Service Provider: der MVNO ist hier stärker vom MNO abhängig und erbringt weniger Leistungen selbst. Möglich wäre z.B., daß der MVNO hier keine eigene Vorwahl und keine eigenen Interconnects / Roamingabkommen hat, aber z.B. eigene Zusatzdienste / eine eigene SMS-Zentrale o.ä. betreibt.
- Service Provider: Eine Art Weiterverkauf von Produkten und Dienstleistungen des genutzten Mobilfunknetzbetreibers, allerdings eigener Support und eigenes Inkasso
- Branded Reseller: Mehr oder weniger nur die Nutzung einer eigenen Marke und eigenes Marketing / eigener Vertrieb. Alles andere (also auch Support) macht im Grunde der Mobilfunkbetreiber, dessen Dienste hier halt vom Reseller weiterverkauft / weitervermitelt werden..
Man kann also quasi sagen: "Full MVNO" am einen Ende der Skala bedeutet "(fast) alles was, ein klassicher MNO auch macht, außer einem eigenen Funknetz" und "Branded Reseller" am anderen Ende der Skala heißt "ein mehr oder weniger fertiges Produkt wird einfach unter eigener Marke verkauft oder sogar nur gegen Provision o.ä. vermittelt". Alle andere MVNO-Geschäftsmodelle liegen von der Aufgabenverteilung her irgendwo dazwischen.
Siehe hierzu z.B. auch folgende Links:
https://en.wikipedia.org/wiki/Mobile...twork_operator
http://www.yozzo.com/mvno-wiki/mvno-...ational-models
Für Deutschland sollte man aber die Begriffe "MVNO" und "Service-Provider" nochmals gesondert abgrenzen:
Mit dem Begriff "Service-Provider" ist hier maßgeblich das (ursprüngliche) Geschäftsmodell von Mobilcom und Co. verbunden, die schon nach dem Start von D1 und D2 die Tarife dieser Netze selbst weiterverkauften. Die Tarife waren dabei meist mehr oder weniger identisch zum Original-Tarif des Netzbetreibers und die Provider verdienten ihr Geld meines Wissens nach dem Prinzip "Retail-Preis minus Marge", also es wurden einfach fertige Tarife mit einem gewissen Rabatt eingekauft und die Service-Provider hatten kaum eigene Gestaltungsmöglichkeiten, aber auch kein eigenes Kostenrisiko.
Mit dem Begriff "MVNO" wird dagegen die Möglichkeit verbunden, Telefonminuten und Datenvolumen "roh" einzukaufen und hieraus eigene Tarife stricken zu können. Im Gegenzug dürfen die MVNOs aber meist nicht oder nur sehr eingeschränkt mit dem genutzten Mobilfunknetz werben - was dann zu Formulierungen wie "Beste D-Netz-Qualität" o.ä. führt.
Der Begriff "MVNO" dürfte in Deutschland daher auch deshalb einen gewissen Boom erlebt haben, weil sich die klassischen Provider wie Mobilcom/Debitel, Drillisch, etc. hiermit mehr von den Netzbetreibern lösen und eigenständiger am Markt auftreten konnten.
cu talk2chris