Zitat
Original geschrieben von mungojerrie
Der Kunde bekommt dann sein billiges Handy, seine 3 cent und zahlt in Wahrheit ein Vielfaches. Da diese Kunden aber ihre Rechnung nicht lesen oder sie nicht verstehen, glauben sie weiterhin günstig zu telefonieren.
wieseo zahlen sie in Wahrheit ein Vielfaches? Kunden, die die sog. Signalpreise attraktiv finden, sind nicht unbedingt dumm, sondern diese Signalpreise entsprechen unter Umständen ihrem Telefonieverhalten...
Zur Strategie von o2: Mag sein, daß sie von der extremen Discount-Strategie von eplus etwas überrascht sind. Daß aber generell die Preise für Gesprächsminuten fallen werden ist ihnen auch klar. Offensichtlich wollen sie aber die derzeitige Unübersichtlichkeit auf dem Markt noch ausnutzen, bis auch der Mehrzahl der Kunden klar wird, daß Mobilfunk auch billiger geht. Wenn es ihnen gelingt, in dieser schwierigen Phase weiter zu wachsen, werden sie den entscheidenden Vorteil (insbesondere gegenüber eplus) haben, Kunden zu haben, die generell mehr ausgeben möchten für mobile Kommunikation. Bei diesen Kunden, die also wert auf die neusten Handys und die damit verbundenen Möglichkeiten (mobiles Internet, Infotainment, mms etc) legen, wird das leichter fallen, den Schwerpunkt des Umsatzes von Sprach- auf solche Dienste zu verlagern.
Soweit die Strategie, ob sie aufgeht wird sich zeigen, spätestens nach dem Weihnachtsgeschäft. Ich würde ihn den Rat geben auf höhere Grundgebühren und Mindestumsätze zu setzen, denn die Akzeptanz für hohe Minutenpreise wird unter dem Eindruck der Discounter vielleicht doch schneller schwinden als sie bisher annahmen. Sollte die Strategie aber auch nur ansatzweise aufgehen, wären sie für die Zukunft wesentlich stärker positioniert als eplus. Ein Umschwenken auf einen absoluten Preiskampf wäre notfalls immer noch möglich. Ein Umschwenken von Eplus zu einer Strategie, hohe Durchschnittsumsätze auch über Telefonie hinaus durchzusetzen, hingengen nahezu unmöglich.
Darüber hinaus hat o2 mit tchibo für das Segment der reinen Telefonierer eine Zweitmarke, die noch viel Spiel hat. Hier wird man vermutlich im Weihnachtsgeschäft mit Discountpreisen UND günstigen Handies auftrumpfen. Mit Airberlin.mobil wird man zusätzlich noch eine (vermutlich sim-only) Marke aufbauen, die vor allem als Zweitkarte attraktiv sein wird. Ähnlich wie bei tchibo setzt man hier - im Unterschied zu eplus - auf einen Vertriebskanal, der bereits etabliert ist.
Soweit die Strategie. Sie kann schiefgehen: wenn zuviele Kunden, die eben doch einfach nur telefonieren wollen, abspringen. Wenn die Umsätze der Power-User einbrechen durch die Nutzung von Zweit(Discount)-Karten. Dann könnte es in der Tat Probleme für o2 geben, weil die für den weiteren Netz- Serviceausbau nötige Umsatzrendite dann ausbleibt, ein Umschwenken auf eine massive Discountstrategie dann noch weniger profitabel wäre als jetzt für eplus und eine solche Strategie dann auch nicht mehr das Kundengewinnungspotential hätte wie jetzt. Dann wäre o2 schnell zum Übernahmekanditaten werden.
Umgekehrt kann auch die Strategie von eplus böse daneben gehen: Ziel ist ja offensichtlich, möglichst viele Kunden ins eigene Netz zu bringen und darauf zu hoffen, daß diese dann irgendwann auch lukrativ werden. Die Gefahr ist allerdings groß, daß der Aufwand der Etablierung von Zweit und Drittmarken in keinem Verhältnis zum damit erzielten Profit steht. Die massive Werbung, die für simyo gemacht wurde, widerspricht angesichts der Tatsache, daß es sich um Discount-Produkt für Wenig-Telefonierer (Bergheim) handeln soll, doch der Logik eines Discountprodukts, das ja nur durch den Preis und gerade nicht durch Werbung überzeugen soll.
Hier ist also viel unternehmerisches Risiko drin, so daß meines Erachtens, die derzeitige Strategie von eplus nichts anderes ist als Bergheims letzte Chance. Wenn er es schaft eplus als Netzbetreiber zu etablieren, mit vielen Kunden, die unter vielen Labels viel günstig telefonieren, ist die Strategie erfolgreich. Wenn aber die vielleicht anvisierten 15 Millionen Kunden im nächsten Jahr in keinem Verhältnis zum erzielen Profit und dem Aufwand für die Etablierung von Labels (von dem die Mehrzahl der Kunden übrigens nach einer gewissen Zeit auch genervt sein wird, nicht umsonst heißt es: Persil, da weiß, was man hat;)) steht, wird Bergmann Zeit abgelaufen sein, aber eplus dank der 15 Millionen Kunden vielleicht trotzdem ein attraktiver Übernahme Kanditat sein (so denkt sich das wahrscheinlich kpn).
Fakt ist sowohl o2 als auch eplus sind derzeit in einer schwierigen Situation. Beide haben die 10 Millionen noch nicht überschritten. Eplus versucht diese Schwelle nun mit Gewalt gewaltig überschreiten und setzt dabei auf eine extreme Segmentiertung des Marktes: für jedes Kundensegmet eine eigene Marke. o2 hingengen will langfristig mit weniger Kunden die Umsatzrendite der beiden großen anvisieren und baut auf eine starke eigene Marke (o2), die für bestimmte Kundensegmente durch wenige Zweitmarken ergänzt wird.
Beides kann schiefgehen. Beides kann funktionieren. Auch beides jeweils gleichzeitig...