Der gute alte Reinhard Mey(Komponist und Sänger von:"Über den Wolken...",mehr Lieder von Ihm weiß ich auch nicht
) hat sich prächtig bei der Gemeinde Kampen (Insel Sylt) über die ach so bösen Nachbarn ausgekotzt.
Hier der Brief von ihm im Original:
"Irgendein Depp mäht immer"
Brief eines entnervten Liedermachers an die Gemeinde Kampen
"Seit einer Woche ein sonniger Gartentag nach dem anderen — welch ein Geschenk! Seit einer Woche suchen wir Erholung in unsrem Ferienparadies — vergeblich! In dieser Zeit waren jeden Tag um uns herum die Gartennazis (Wortschöpfung des Kabarettisten Georg Ringswandl für fanatische Rasenstutzer, Heckenspießer und Halmausrotter) mit schwerem Gerät und unter Höllenlärm-Entwicklung damit beschäftigt, auf handtuchgroßen Grundstücken, kleinen, unschuldigen Grashalmen den Garaus zu machen: Montag links von uns, Dienstag hinter uns, Mittwoch schräg links über die Straße, Donnerstag gegenüber, Freitag rechts über die Straße, Sonnabend (doch nicht etwa Schwarzarbeit?) rechts neben uns und heute fangen sie links von uns wieder von vorne an. Gleichzeitig stoßen sie zu, mit einem 4-Takt-Rasenmäher, einem 2-Takt-Kantentrimmer und einem 2-Takt-Laubpuster, alle an der oberen Drehzahlgrenze und mit Sicherheit jenseits aller zulässigen Lärmnormen. Und nicht genug damit, die Ohren zu betäuben, verpesten sie die gute, reine Seeluft und schädigen die Atemwege von der Nase über die Bronchien bis in die zartesten Lungenbläschen mit dickem, blauen Dunst und Benzingestank.
Wir suchen je nach Ort der Lärm- und Gestankquelle auf der Nord-, Süd-, West- oder Ostseite unseres Hauses Zuflucht, aber der Pegel ist zu hoch, der Mief zu dick, auch in Lee sind Radau und Qualm noch allgegenwärtig. Ist das das Flair des gepriesen Kurortes? Ist das die Dorfidylle, die heilsame Ruhe des berühmten Seebades? Die Urlaubsqualität sinkt durch diese ständigen Lärmattacken auf das Niveau einer mittleren Baustelle. Und offensichtlich gibt es hier keine Möglichkeit dagegen vorzugehen, — anders als auf Mallorca: Wenn da neben meinem Urlaubsquartier eine ständige Lärmquelle ist, krieg ich vom Reiseveranstalter mein Geld zurück, — eigentlich müssten wir unsere Kurtaxe wegen massiv gestörten Urlaubsgenusses zurückbekommen.
Es gibt nur einen Ausweg aus dieser unerträglichen Situation und ein Mittel gegen diese völlig unnötige Umweltbelastung: Ein strenges Gartenmaschinenregelement bzw. -verbot in den Sommermonaten. Es steht keine Katastrophe ins Haus, wenn im Juli und August nicht gemäht wird. Ich selbst habe unserem Garten eine Schonzeit im Sommer verordnet und er ist wunderschön, mit blühenden Blumen und Gräsern und Insekten und Vögelchen, die in dieser Oase Zuflucht finden. Ich lade die Verantwortlichen ein, sich vor Ort durch Augenschein davon zu überzeugen, dass es ästhetisch und biologisch keine zwingende Notwendigkeit gibt, das Gras im Sommer am Wachsen zu hindern.
Aber wenn es dennoch sein soll und damit die Gartenpflege-Betriebe keine Einbußen haben, finden Sie einen 4-wöchigen Turnus — so wie es mit der Leerung der Mülltonnen ja auch funktioniert — mit dem Sie das Mähen in einem Inselort auf einen Tag im Monat begrenzen, dann mähen alle zum gleichen Termin, dann ist zwar auch immer ein Urlaubstag versaut, aber wenigsten nur einer!
"Irgendein Depp bohrt irgendwo immer" hab ich mal gedichtet, "Irgendein Depp mäht irgendwo immer" singe ich trotzig-traurig auf meiner Terrasse in das Dröhnen der nachbarlichen Motorsense. Eigentlich hatte ich hier auf der Bank hinterm Haus eine Verabredung mit meiner Inspiration, aber bei dem Radau möchte sie mir doch lieber an anderer Stelle begegnen. Und so beschleicht mich unwillkürlich der Gedanke, meine Zelte hier abzubrechen und ihr an einen ruhigeren, menschenfreundlicheren Ort zu folgen. Kann es sein, dass Kampen, das sich so gern als Künstlerdorf darstellt, keins mehr ist, weil hier die Musen von Rasenmähern und Garten- und Baumaschinen vertrieben werden?
Ich appelliere an die Fürsorgepflicht der Gemeinde für diesen wunderbaren Flecken Erde. Finden Sie im ureigensten Interesse des Dorfes und Ihrer Gäste eine Regelung, die diesen ständigen Lärmterror stoppt. Überwachen Sie strengstens die Einhaltung der schon bestehen Lärmschutzbestimmungen und erweitern Sie diese um Mäh-Schonzeiten in der Urlaubszeit und beenden Sie diesen Rasenmäherkrieg, schaffen Sie endlich Gartenfrieden zu unser aller Wohl.
REINARD MEY
Kampen
