Wahl in Schleswig Holstein, Wählerauftrag ?

  • o2neuling:


    Für mich ist der Gedanke, dass ausschliesslich Minderheiten repräsentierende Parteien wie der SSW fortschrittlich und erstrebenswert sein sollen, völlig absurd. Wer in einem Land lebt, soll sich in dieses integrieren und seine Vorstellungen, Ideale und Ideen in die dort bestehenden politischen und gesellschaftlichen Organe einbringen, ob das jetzt die Deutschen in Belgien sind oder die Dänen in Schleswig-Holstein betrifft. Sicher hat jede demokratisch geerdete Partei eine Existenzberechtigung, so auch der SSW und der verstaubten deutschen Politik kann ein Schuss skandinavisch orientierte Politik nur gut bekommen, aber dann bitte nicht als Minderheitenpartei, sondern als ausdrücklich deutsche Partei, die sich zwar gerne auf ihre skandinavischen Wurzeln berufen soll, sich aber dem Wettbewerb mit anderen deutschen Parteien stellen muss und nicht von Sonderregelungen profitieren sollte. Es kann nicht angehen, dass der SSW von solchen Regelungen profitiert und nun einer gescheiterten Ministerpräsidentin zum Machterhalt verhilft und dafür trotz eines derart geringfügigen Mandats der Bevölkerung (nämlich gerade mal 3,5%) in einem solch wichtigen Punkt, wie der zukünftigen Bildungspolitik in SH, den Ausschlag gibt.


    Dein Vergleich mit Minderheiten auf dem Balkan spottet im übrigen jeder Beschreibung oder willst du mir ernsthaft erzählen, dass die Dänen in SH diskriminiert oder verfolgt werden?


    Nun gut, der Sonderstatus des SSW existiert nun mal leider. Dennoch ist Heide Simonis ganz eindeutig, und ich frage mich ernsthaft, wie man dies bestreiten kann, abgewählt worden. Ein Minus von 5 Prozentpunkten sowie die Wahl der CDU zur stärksten Fraktion sprechen eine mehr als deutliche Sprache und sind eine Quittung für eine sehr schlechte Landespolitik und auch eine klare Absage an die Vorschläge der SPD in der Bildungspolitik, die sich ja teilweise mit denen des SSW decken.


    Die CDU hat als stärkste Fraktion im Kieler Landtag von den Wählern in SH das eindeutige Mandat erhalten, eine neue Regierung zu bilden, da die bestehende Regierung aus SPD und Grünen keine Mehrheit mehr erhalten hat. Dass die Regierungskoalition sich nun auf einen Toleranz-Kuhhandel mit dem SSW einlässt, ist politisch indiskutabel und gelinde gesagt ,eine Schweinerei und eine Mißachtung der vom Wähler eindeutig kommunizierten Willenserklärung, die da lautet: HEIDE WEG!, um sich auf den plakativen HEIDE!-Wahlkampf zu beziehen.


    Entweder man geht 1.) eine richtige Koalition mit allen gegenseitigen Rechten und Pflichten ein und schafft es, eine stabile und zuverlässige Regierung zu bilden oder 2.) man muss in den sauren Apfel beißen und als Juniorpartner der CDU in eine große Koalition gehen oder 3.) es gibt Neuwahlen. Übrigens ist die 2. Variante diejenige, die sich die Schleswig-Holsteiner sich mit großer Mehrheit wünschen. Eine Minderheitsregierung aus SPD und Grünen, abhängig von einer 3%-Partei dürfte wohl kaum jemand im Hinterkopf gehabt haben, als er am Sonntag sein Kreuz gemacht hat.


    Aber es ist ja klar, dass der SPD mittlerweile alles zum Machterhalt recht ist, denn wäre SH gefallen und NRW auch, dann wäre die Bundesregierung in der Gesetzgebung weitesgehend entmachtet gewesen, da die CDU-regierten Länder dann die 2/3-Mehrheit im Bundesrat erreicht hätten.

    23.05.2009, 17:18 Uhr...VfB Stuttgart nach 3:1 in München Deutscher Meister 2009, Diego beendet in seinem letzten Spiel für Werder Wolfsburger Titelträume...

  • Zitat

    Original geschrieben von Abakus
    Dann erkläre mir mal, wie Herr Milbrandt ins Amt gekommen ist... ;)


    Mit einer Mehrheit im zweiten Wahlgang, was peinlich genug war.

    23.05.2009, 17:18 Uhr...VfB Stuttgart nach 3:1 in München Deutscher Meister 2009, Diego beendet in seinem letzten Spiel für Werder Wolfsburger Titelträume...

  • Moin
    also, ich hab das hier ja alles angefangen.
    @o2 Neuling: Jau, so sehe ich das auch.
    Andi: Dahaben wir offensichtlich unterschiedliche Ideen zum Thema Wahlsieger und Wählerauftrag. Ich kann nachvollziehen was Du meinst, aber ich sehe es eher so: Wahlsieger ist der, (oder die), die aufgrund einer Mehrheit im Parlament die Regierung stellen können. Der hat auch den Wählerauftrag, den die Wähler, die die Parteien gewählt haben, sind in der Mehrheit im Parlament vertreten.
    D-Love: So wie es Dir Deine Argumentation völlig logisch erscheint, erscheint mir meine völlig logisch. Abgewählt ist man dann, wenn man keine Mehrhheit im Parlament mehr hat. Nicht, wenn sich die Prozentpunkte in einem Bereich verschieben, der eben kein Umkippen der Mehrheit im Parlament bewirkt.
    Wenn es kippt, ist man abgewählt. (nur um Deine Frage zu beantworten, die da lautete:

    Zitat

    Dennoch ist Heide Simonis ganz eindeutig, und ich frage mich ernsthaft, wie man dies bestreiten kann, abgewählt worden.

    )


    Das es unterschiedliche Interpretation von Wählerauftrag und Wahlsieger gibt, liegt in der NAtur der Sache und stört mich auch nicht. Ich hoffe, ich konnte meine Ideen, wie ich diese Begriffe sehe, rüberbringen :)
    Danke und Grüße
    Der Dingens


    PS
    Bisher sehr gutes Diskussionsniveau in diesem Thread ! Super :top:

  • Zitat

    Original geschrieben von Dingens
      Andi: Dahaben wir offensichtlich unterschiedliche Ideen zum Thema Wahlsieger und Wählerauftrag. Ich kann nachvollziehen was Du meinst, aber ich sehe es eher so: Wahlsieger ist der, (oder die), die aufgrund einer Mehrheit im Parlament die Regierung stellen können. Der hat auch den Wählerauftrag, den die Wähler, die die Parteien gewählt haben, sind in der Mehrheit im Parlament vertreten.


    Klar, ich verstehe was du meinst und so kann man das natürlich sehen.


    Ich denke eben aber, daß man bei einer Wahl ja zunächst nur eine Stimme (aufgeteilt in Erst- und Zweitstimme) abgeben kann und man ja eben keine Koaition oder ein Bündnis wählt. Betrachtet man also den Vorgang der Wahl erstmal völlig losgelöst von den danach beginnenden Prozessen der Mehrheitsfindung (und die können ja nun wirklich unterschiedlich ausgehen), so ist eben derjenige Wahlsieger, welcher diesen Vorgang der Wahl für sich entscheiden kann, wer die meisten Stimmen gewinnt.


    Und erst im zweiten Schritt, wenn man sich durch Koalitionen etc. eine Mehrheit beschafft, wird ja geklärt, ob die erzielten Mandate zur Regierungsbildung/Beteiligung ausreichen. Addiert man beide Schritte zu einem um zu einer Betrachtung und Beurteilung der Wahlergebnisse zu kommen, so ist derjenige Wahlsieger, der am Ende eine Mehrheit gefunden hat. Nur ist dann weder CDU noch SPD Wahlsieger, sondern eben eine Koalition und die aus ihr hervorgehende Regierung. :)

  • Moin
    jau, genauso sehe ich es..Wie gesagt, was ich nachvollziehen kann, ist wenn die CDU sich nach Deiner Definition zum Wahlsieger erklärt. Darus einen Wählerauftrag abzuleiten halte ich nach wie vor für komplett abstrus :), da sie keine Mehrheit (wohl aber die meisten Stimmen) haben.
    Grüße
    Der Dingens

  • Das könnte man aus dem Umkehrschluß aus der ersten Interpretation des Wahlsieges folgern. Wenn man den Wahlsieg - wie du - aber nur als einen solchen sieht, der aus den vorhandenen Mandaten eine Mehrheit geformt hat und damit die Regierung stellt, dann liegt dieser Umkehrschluß natürlich auch nicht nahe und ist, dieser anderen Interpretation zufolge, abstrus. Allerdings müsste man bei Verteidigung "deiner" Position eben auch, wie o2neuling, jeden interpretatorischen Ansatz eines Wahlergebnisses ablehnen.


    Für mich greft das eben zu kurz, weil es nicht nur die harten Wahldaten gibt, sondern hinter diesen stehen im Ursprung Erwartungen und Zielvorstellungen der Wähler. Und um diese heranzuziehen, bedarf es eben auch der Interpretation eines Wahlergebnisses und weiterer "weicher Daten" und dieses ließe eben den Schluß zu, daß ein bisheriges Bündnis, welches die bisherige Mehrheit nicht mehr erreichen konnte und massive Wählerabwanderungen zum direkten Konkurrenten (> 50.000) zu verbuchen hat, in der Intention durch den Wähler abgewählt werden sollte. Daß das nicht so ganz geklappt hat und Heide Simonis trotz vorheriger Dementis in Fragen einer tolerierten Minderheitsregierung wohl eine Mehrheit zusammenbekommt und diese nutzt, ist letzlich natürlich legal und damit legitim.


    Man sieht aber, es ist eben auch eine Philosophiefrage. ;)

  • Moin
    jau, aber mal gut drübergesprochen zu haben :)
    Interessant wäre jetzt die Frage:
    Wer interpretiert das alles ? Wer entscheidet was die Wähler eigentlich wollten ? Das können ja nicht die Parteien machen, denn die sind ja parteiisch (;)).
    Und ein oberes Schiedsgericht, was jetzt hergeht und sagt: Okay, die SPD hat 50.000 Stimmen verloren, deswegen dürfen die nicht mehr, gibts zum Glück ja auch nicht.
    Daher zählen meiner Ansicht nach nur harte Fakten, alles andere ist Kristallkugel lesen...;)
    Grüße
    Der Dingens

  • Das war auch das Ursprungsmißverständnis in meinen Postings für einige: für die Konsequenzen die sich aus der Wahl ergeben hat eine solche Interpretation keine Auswirkungen. Man kann natürlich von keiner auf Machterhalt ausgelegten Organisation/Partei etc. erwarten, sich bietende Mehrheiten nicht anzunehmen nur weil es Indizien dafür geben könnte, es entspräche einem nicht genauer artikulierten Wählerwillen daß sie nicht mehr antritt.


    Die Frage ist daher eher theoretischer Natur, aber das war sie ja eigentlich auch vom ersten Posting an. :)


    Und die (theoretische, ohne irgendeine Relevanz für die tatsächliche Regierungsbildung) Bewertung wird eben z.B. durch Politikforschung, Soziologie, Umfrageinstitute etc. "erledigt". Glaskugel-Lesen wäre es nur dann, wenn man daraus direkte Folgen ableiten wollte, denn dafür ist es dann doch nicht stichhaltig genug. ;)

  • Zitat

    Original geschrieben von D-Love
    Mit einer Mehrheit im zweiten Wahlgang, was peinlich genug war.


    Ja, aber auch da hat er keine absolute Mehrheit, keine Regierungsmehrheit gehabt. Er hatte einfach nur von allen Kandidaten (gab´s Gegenkandidaten?) die meisten Stimmen, genauso wenig/viele wie im ersten Wahlgang. Das würde dann auch für Herrn Carstensen zutreffen, wenn der SSW sich enthält und darum ging es im ersten Posting, wo ich das vorschlug... ;)

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