DIY: Depressionen

  • Du bist echt armselig... Mir ging es nicht ums Fachlich korrekt oder nicht. Mir ging es darum dass grade du der es Studiert hat, von psychischen Störungen sprichst und genau weisst dass der Threadersteller das Liest.
    Zum Thema: Herr Nuhr.
    Ich Arbeite auf einer der wenigen Fachstation für Depressionen und bin mir sicher das ich dir zum Thema einiges erklären kann.

  • Zitat

    Original geschrieben von mapa812
    Du bist echt armselig... Mir ging es nicht ums Fachlich korrekt oder nicht. Mir ging es darum dass grade du der es Studiert hat, von psychischen Störungen sprichst und genau weisst dass der Threadersteller das Liest.


    Soweit ich mich erinnere ;), wollte der Threadersteller aber ausdrücklich auch Infos auf wissenschaftlicher Ebene.

    Mit Grüßen ...

  • Oh Mann, von "Störungen" wird erst einmal deswegen gesprochen, weil "Krankheit" diskreminierend ist und es "Depression" als "Krankheit" gar nicht gibt. Es ist ein Störungsmodell, wobei eine bestimmte Sammlung von Symptomen bei einem Menschen als "depressive Störung" bezeichnet wird, weil sich Fachleute darauf geeinigt haben. Dass sich die Leute als "krank" empfinden und letztlich zusätzlich vom Gesundheitssystem zusätzlich "krank" gemacht werden, sollte auch klar sein. Auch und gerade Leuten, die "an der Front" arbeiten! :rolleyes:


    Aber um wieder mal BOT zu kommen: ich halte es immer für äußerst problematisch, wenn die Betroffenen einen "Sinn" haben wollen oder wissen wollen, wie "es entstanden" ist. Auch wenn Onkel Sigmund ja immer von der "kathartischen Wirkung" gesprochen hat, ist es doch wichtiger, zuerst zu lernen, mit den eigenen Problemen gut umgehen zu können und erst später nach den Ursachen zu forschen. Ich habe z.B. einen Patienten, der seine affektiven Schwierigkeiten darauf zurück führt, dass sein Vater nie über Gefühle gesprochen sondern dort immer hilflos reagiert und diese vor allem in der Familie unterdrückt hat. Nette Erklärung, aber ändert das was daran, dass der Patient Angst vor seinen Gefühlen hat?


    Es ist oft eine Illusion: je mehr ich wissenschaftlich weiß, desto eher kann ich es beherrschen.

  • Zitat

    Original geschrieben von mapa812
    Du bist echt armselig... Mir ging es nicht ums Fachlich korrekt oder nicht. Mir ging es darum dass grade du der es Studiert hat, von psychischen Störungen sprichst und genau weisst dass der Threadersteller das Liest.

    Danke! :D [small](Den Armen und Seeligen gehört schließlich das Himmelreich, oder wie war das?)[/small]
    Deinen vorigen Beitrag empfand ich jetzt nicht als allzu qualifiziert, entsprechend hab ich mir rausgenommen, auch ein wenig giftig zu reagieren. Sorry, wenn wir uns da missverstanden haben!
    Und wenn der Threadersteller fachliche Infos will, warum sollte ich dann davor zurückschrecken, diese hier im Rahmen meines Wissens zu posten? :confused: Schließlich wollte er Hinweise zu (wissenschaftlichem) Hintergrundwissen, keine (semi-)therapeutischen Ratschläge - die im Rahmen eines Forums imho eh keinen Sinn machen.

    Zitat

    Zum Thema: Herr Nuhr.
    Ich Arbeite auf einer der wenigen Fachstation für Depressionen und bin mir sicher das ich dir zum Thema einiges erklären kann.

    Phantastisch! Wo Du schon - auch im Vergleich zu mir - sozusagen "an der Front" arbeitest, hätte ich mir von Dir einen qualifizierten Beitrag gewünscht, statt diesen imho (!) flapsigen Kommentar :)

    Q: I've always tried to teach you two things. First, never let them see you bleed.
    Bond: And the second?
    Q: Always have an escape plan...

  • Zitat

    Original geschrieben von mapa812
    Du bist echt armselig...


    Halte Dich bitte mit Deiner Ausdrucksweise etwas zurück!

    “Das Leben ist wie ein Fahrrad. Man muß sich vorwärts bewegen, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren.” Albert Einstein

  • Weil "Krankheit" diskriminierend ist benutzt du "psychische Störung"? Ist Imho völlig falsch.
    Krankheit passt einfach wesentlich besser unter die Käseglocke und fördert die eigene Akzeptanz.
    Bei diesem Thema gibt es keine 100% richtige Lösung. Sind alles bloß Erfahrungswerte und Empfehlungen.


    Popsi Cola
    Auch wenn es dir jetzt keine Hilfe ist. Depressionen gehen auch wieder weg. Leider kann dir keiner sagen wann. Kopf hoch

  • Zitat

    Original geschrieben von wrywindfall
    Aber um wieder mal BOT zu kommen: ich halte es immer für äußerst problematisch, wenn die Betroffenen einen "Sinn" haben wollen oder wissen wollen, wie "es entstanden" ist. Auch wenn Onkel Sigmund ja immer von der "kathartischen Wirkung" gesprochen hat, ist es doch wichtiger, zuerst zu lernen, mit den eigenen Problemen gut umgehen zu können und erst später nach den Ursachen zu forschen. Ich habe z.B. einen Patienten, der seine affektiven Schwierigkeiten darauf zurück führt, dass sein Vater nie über Gefühle gesprochen sondern dort immer hilflos reagiert und diese vor allem in der Familie unterdrückt hat. Nette Erklärung, aber ändert das was daran, dass der Patient Angst vor seinen Gefühlen hat?


    Es ist oft eine Illusion: je mehr ich wissenschaftlich weiß, desto eher kann ich es beherrschen.


    Na, so sehr von der Diskriminierung will man dann wohl doch nicht abrücken, immerhin hört sich "Betroffene" doch immer noch ein Stück weit exklusiver an, als ein schlichtes "Patienten"... ;) Wobei das noch durch diejenigen getoppt wird, die sich gerne als "Psychiatrieerfahrene" in die Diskussion um die Enttabuisierung der psychischen Erkrankungen spülen...


    Die "nette Erklärung" des Patienten ist aber durchaus wichtig. Ohne zu begreifen, daß man selbst das A immer für ein B gehalten hat, kann man seine Grammatik nicht ändern. Und wenn der Patient nun affektive Störungen hat, dann hat er die in der Regel erlernt bzw. hat die Störungen anderer damit kompensiert. Wenn der nun begreift, daß sein Rollenmodell besagtes A immer wie ein B verwendet hat, dann kann er es ersetzen, sofern er das möchte.



    Und mal salopp gefragt, wenn du ein gebrochenes Bein hast und zum Arzt gehst, was würdest du wohl sagen, wenn der dir lediglich anbietet, dir "beizubringen", wie du mit deinem Beinschmerzen umzugehen hast, anstelle den Bruch zu schienen? Du würdest wohl kaum viel Motivation haben, um dieses Behandlungskonzept durchzuziehen...ausserdem würdest du den Arzt berechtigterweise für einen Idioten halten. Den wie du mit deinen Beinschmerzen umgehen kannst, weißt du selbst (du bleibst im wahrsten Sinne stehen und läufts einfach nicht mehr) genauso gut (wenn auch deine Methode selbstbestimmt ist, die Arztmethode von äußeren Einflüssen diktiert wird)-was du möchtest, ist ein wieder funktionierendes Bein ohne Schmerz. Schlimmer noch, man wüsste garnicht, woher die Schmerzen kommen, wenn man die Ursache (den Bruch) nicht erforscht hätte.




    Ohne Erklärung ändert sich überhaupt garnix, im besten Fall verlagert sich die Problematik nur oder wird chronifiziert. Natürlich ist es mit einer Erklärung alleine auch nicht getan...

  • :confused:


    Leider sind psychische Störungen nur begrenzt mit Knochenbrüchen o.ä. zu vergleichen. Zwar geht auch die Wissenschaft mehr dazu über, erstmal den Kriterienkatalog aufzustellen und dann mit Versuchsgruppen die "ideale Behandlung" herauszutesten und in der ein und anderen Vorlesung kam es mir schon so vor, als wäre der Therapeut sowas wie ein Automechaniker. Motto: Diagnose: Depression - ah, da wähle ich Werkzeug ADPR, Reparatur, äähh, Intervention XY.


    Leider funktioniert die Psyche nicht ganz so einfach ;)


    Natürlich ist es erstmal wichtig, an der Realität und den Erklärungsmustern des Betroffenen oder Klienten (jeder Berufszweig hat eben sein eigenes Vokabular) "anzudocken". Denn jeder wird wahrscheinlich eine eigene Ursachenerklärung mitbringen. Und er wird gute Gründe haben, statt A immer B gemacht zu haben (um mal bei Deinem Beispiel zu bleiben). Allerdings ist es afaik und imho nicht damit getan, genau rauszufinden, warum hab ich jetzt B statt A getan, schau mir mal kurz an, wie A geht und laufe morgen in die Welt und mache mal A oder B, wie es mir beliebt.
    Der Kopf kann vieles sehr schnell verstehen, die Seele hat allerdings ihr komplett eigenes Timing und ihre eigenen "Heilungswege". Und die sind bei jedem nu mal anderst.


    Klar ist auch, dass nach Studien ca. 50% der Diagnostizierten nach einer bestimmten Zeit keine Therapie mehr brauchten/wollten und sozusagen von alleine gesundeten. Hab grad einen netten Essay gelesen, wie man ein schlechter Therapeut wird :D Denn eigentlich brauch ich ja nur da sitzen, ab und zu mal nicken oder "hm-mh" sagen und nach der herausgefundenen Zeitspanne der Studien sollte ich zumindest einen Heilungserfolg von 50% erzielen ;) Was dann in der Therapie doch wirkt (und die Sache im Optimalfall beschleunigt) sind v.a. die Therapeuten-Klienten-Beziehung, die Ressourcenaktivierung (und noch ein paar andere Dinge, die man bei Grawe nachlesen kann :D).


    Soweit erstmal....

    Q: I've always tried to teach you two things. First, never let them see you bleed.
    Bond: And the second?
    Q: Always have an escape plan...

  • Mensch Daniel, verrate doch nicht immer alles! :D


    pallmall: Aber mein Posting hast du schon genau gelesen, oder? Ich kann mich da gerne wiederholen: Zuerst ist es wichtig, zu lernen, mit den Problemen gut umzugehen und oft erst dann nach einer Erklärung zu suchen!


    Natürlich ist es wichtig, das Erklärungsmodell und die Welt des Betroffenen kennen zu lernen. Aber eben diese Welt und sein Erklärungsmodell hat ihn in Schwierigkeiten gebracht und irgendwann nicht mehr geholfen, so dass es nötig ist, die eigene Welt zu erweitern.


    Wenn ich annehem, an meinen Depressionen ist meine Erziehung schuld, was passiert dann in der Therapie? Soll der therapeut überzeugt werden, dass die Familie schuld ist? Geht davon die Depression weg? Ist nicht vielmehr das Problem, dass aufgrund der Depression ein Rückzug stattfindet und alles grau wird? Sollte der mensch nicht wieder in eine erweiterte, buntere Welt geführt werden? Und sollte nicht erst dann geschaut werden, was so komisch lief? Das hilft übrigens auch aus eigener Erfahrung vortrefflich. Die Menschen sind ja nicht "krank" und müssen durch eine spezielle Methode "geheilt" werden, sondern oftmals nur trainiert werden, dass sie mit ihren Schwierigkeiten besser fertig werden können, als Symptome zu entwickeln.


    Zum Thema "sekundärer Krankheitsgewinn" und den Vorteilen, die die Rolle als "Kranker" in unserer Gesellschaft bietet, habe ich damit noch nichts gesagt. Es bringt natürlich Vorteile, z.B. das Rauchen als "Sucht" und somit als "Krankheit" zu bezeichnen, denn es entbimdet mich einer Eigenverantwortung. Aber wäre es nicht besser, mit einer Verhaltensänderung vom Rauchen wegzukommen, wenn ich es denn will? Nur die Tabakindustrie zu verklagen (sehr amerikanisch, da sind ja immer die anderen schuld :rolleyes: ), hilft mir eher weniger...


    mapa812: Klar: Krankheit fördert Akzeptanz und aber auch Passivität. Andere definieren mein Problem und lösen es dann auch, ich selber habe dann nichts mehr damit zu tun. Eines Tages wird mir dann auch noch gesagt werden müssen, wann ich ein- und auszuatmen habe... Sind auch alles bloß Erfahrungswerte und Empfehlungen.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!