Frage an die Feuerwehrler unter euch

  • Heute ist mir zum wiederholten Male die rabiate Fahrweise von Mitgliedern einer FFW aufgefallen, die wohl zu einem Einsatz, zur Übung oder zum Bierholen unterwegs waren. Die nutzen ihre Privatautos, klemmen ein einem Taxischild ähnliches, beleuchtetes "Feuerwehr im Einsatz"aufs Dach (weder Blaulicht noch Martinshorn vorhanden) und meinen wohl, für sie gelte die StVO nicht mehr.



    Ich fuhr mit etwa 30-40m Abstand zum Vordermann in einer Kolonne, Straße außerorts, gerade Geschwindigkeitstrichter von 70 auf 50, weil Kreisverkehr naht. Durchgezogene Linie, und generell Überholverbot auf der Strecke. Wir, die Kolonne fuhren wohl alle etwa 80 nach Tacho. Es war dunkel und schneeregnete.


    Erst fuhr er ein paar hundert Meter so dich hinter mir, dass ich seine Scheinwerfer nicht mehr sehen konnte. Dann, 100m vor dem Kreisverkehr zieht er ohne Blinker raus, an mir vorbei. Aufgrund des Abbremsens der Kolone zur Einfahrt in den Kreisverkehr hatte ich vielleicht noch 15-20m Abstand zum Vordermann. Der neben mir hatte nun ein Problem, da ich ihm den Gefallen einer Gewaltbremsung, damit er einfädeln kann, nicht tat, und der Kreisverkehr anfing.


    Das löst man als "Feuerwehr-im-Einsatz"-Privatfahrzeug dann indem man einfach mal im Uhrzeigersinn in den Kreisverkehr einfährt.


    Mir ist nicht bekannt, dass diese tolle Schild irgendwelche Sonderrechte gewährt noch von Rücksichtspflichten entbindet. Für andere VT ist ja schon gar nicht erkennbar, dass es sich um eine "eilige Fahrt" handelt.


    Ich dachte zuerst an ein Taxi hinter mir, das Schild war auch gelblich beleuchtet.


    Letztens habe ich so einen sogar entgegen einer Einbahnstraße fahren sehen.



    Mich würde daher interessieren, was der Kommandant oder Ausbilder bei einer FFW eigentlich den Leuten aufgibt, wenn er solche Schilder weiterreicht.


    Dass man damit vielleicht mal im Haltverbot stehen bleiben kann oder ungünstig
    parkt ok, aber was rechtfertigt so eine Fahrweise? Ist doch blöd, wer so mit seinem Privatfahrzeug fährt. Kommt es zum Crash, zahlt eine evtl. vorhandene Vollkasko ggf. nicht, er macht begeht eine Ordnungswidrigkeit oder ggf. sogar eine Verkehrsstraftat.

    Er war Jurist - und auch sonst von mäßigem Verstand. | PN zu Rechtsthemen werden nicht beantwortet.

  • Hi,


    also diese Schilder gibt es zu kaufen. Die bekommen die nicht von der Feuerwehr gestellt, es haben auch nicht alle so eins im Auto. Und was die Fahrweise angeht - auch die Leute die zum Einsatz müssen haben sich an Verkehrsregeln zu halten - Fertig. Ich hab Feuerwehrleute im Bekanntenkreis und mit denen darüber auch schon geredet - man ist ja neugierig :)


    Also Sonderrechte haben die keine. Wobei die Polizei in meinem Heimatort wohl auch mal das eine oder andere Auge zudrückt wenn es "nur" um Geschwindigkeitsübertretungen geht. Solange diese im Rahmen bleiben. Aber grundsätzlich gelten die normalen Verkehrsregeln.


    Das die aber oft genug heizen wie Schwein ist mir auch schon aufgefallen. Es gibt wohl sowas wie interne Wettrennen wer denn zuerst bei der Feuerwehr ist und auf dem Fahrzeug sitzt.


    bastian

  • Es gibt genug Leute, die sich dermaßen daran aufgeilen, bei der FFW zu sein, daß ihnen scheinbar alles andere egal ist, Hauptsache, sie können ihren 'Status' in dem Moment zur Schau stellen.


    Meine Freundin ist beim Rettungsdienst und die haben ja bekanntermaßen im Einsatz Sonder- und Wegerechte und trotzdem beklagt sie sich immer wieder über die Fahrweise der oft jüngeren männlichen Kollegen, die meinen, es sei nötig mit dem E-Klasse-Notarztwagen mit 210 über Bundesstraßen zu heizen oder mit dem RTW mit 90 innerorts Kreuzungen zu überfahren. Wenn es bei einem Patient um Sekunden geht, stirbt er eh bzw. ist es immer zu spät, wenn es nicht um Sekunden geht, muß man auch nicht seine Versicherung und die körperliche Unversehrtheit der anderen Verkehrsteilnehmer aufs Spiel setzen. Ist zwar jetzt nochmal eine andere Baustelle, aber darüber kann ich auch immer nur den Kopf schütteln.

  • Das ist ein bekanntes Problem, und kenne ich auch noch aus meiner Zivizeit, dass bei manchen das Blaulicht ein und das Gehirn ausgeschaltet wird.
    Dies bestätigt sich leider auch immer wieder. :rolleyes:


    Trialer

    Rentenretter

  • Zitat

    Original geschrieben von Trialer

    Dies bestätigt sich leider auch immer wieder. :rolleyes:



    Naja, in dem Fall steht ja gar nicht dabei, wer Schuld war.


    Im allgemeinen darf man Feuerwehrleute und die Freiwilligen im besonderen auch wirklich nicht vorverurteilen, die leisten wirklich einiges, werden nicht bezahlt und opfern ihre Freizeit.
    Natürlich gibt es ab und zu dann einige, die zu den Einsätzen rasen und vergessen, was sie gelernt haben.
    Soweit ich weiß, darf man auf einer Fahrt zum Einsatz tatsächlich einige Vorschriften ausser Acht lassen, Sonderrechte sind nicht ans Fahrzeug sondern an den Fahrzeugführer gebunden (also gehen auch Zivilfahrzeuge).
    Damit sind Situationen gemeint wie: nachts über die komplett leere, gut einsehbare Kreuzung langsam bei rot drüberfahren.
    Oder statt 70 auf der Stadtautobahn (bei optimalen Strassenverhältnissen) halt mal 100 fahren.
    Oder die Abkürzung durch den "nur für Anlieger" zugelassenen Bereich nehmen.
    Riskante Manöver sind ausdrücklich ausgeschlossen! Der Fahrer darf sich keinesfalls selbst gefährden und schon gar nicht andere Verkehrsteilnehmer!
    Aber manche denken vielleicht sie sind Rennfahrer. Dass sie dabei ein extrem hohes Risiko (auch finanziell) eingehen und womöglich gerade dabei sind, den nächsten Einsatz (aus dem Auto rausschneiden...) vorbereiten vergessen sie dann dabei.


    Vielleicht hilft es, wenn du mal mit irgendeinem Verantwortlichen bei der Feuerwehr sprichst.

  • Also um das mal etwas zu versachlichen...


    Polizisten, Feuerwehrmänner etc. haben im Einsatzfall personenbezogene (!) Sonderrechte. Das bedeutet daß es keine Rolle spielt in welchem Auto sie sitzen, sondern eine Alarmierung rechtfertigt das Übertreten der STVO.
    Insofern braucht es nicht mal ein Feuerwehr-Schild auf dem Dach, es dürfte auch ohne jede Kennzeichnung mit Sonderrechten gefahren, also Regeln der STVO übertreten werden, werden wenn es nötig ist.


    Allerdings sind diese Sonderrechte zu unterscheiden von den Wegerechten, die man mit Blaulicht und Martinshorn wahrnimmt - dann müssen andere Verkehrsteilnehmer nämlich unverzüglich freie Bahn schaffen. Diese Wegerechte kann man ohne Sondersignale (egal ob das Blaulicht + Horn nicht eingeschaltet ist oder man im Privatauto fährt) verständlicherweise nicht wahrnehmen. Heißt also: wer mit einem Feuerwehr-Schild auf dem Dach herumfährt kann nicht erwarten daß andere ihm Platz machen bzw. dazu ist dann niemand verpflichtet.


    Eine andere Frage ist natürlich ob es Sinn macht trotzdem freie Bahn zu schaffen. Man sollte schon davon ausgehen daß jemand, der zügig unterwegs ist und sich als Feuerwehrmann kennzeichnet, im Zweifel tatsächlich zu einem Einsatz unterwegs ist, und wenn man selber Verletzter wäre oder jemand, den man liebt, würde man es sicher auch gut finden wenn es schnell geht und die Feuerwehr nicht von Prinzipienreitern aufgehalten wird, die, weil sie keinen Platz machen MÜSSEN, es auch nicht tun.


    Das gleiche gilt für die Diskussion um Blaulicht um Martinshorn. Genau genommen kann man Wegerechtre nur in Anspruch nehmen wenn man beides zugleich eingeschaltet hat. Die "ganz schlauen Blitzmerker" fahren deswegen nicht beiseite wenn ein Fahrzeug kommt und nur Blaulicht eingeschaltet hat. Rechtlich ist das zwar nicht zu beanstanden und bewegt sich im legalen Rahmen - aber wenn man sich die Sinnfrage stellt kommt man schnell dahinter daß normalerweise niemand mit Blaulicht durch die Gegend fährt nur weil das lustig ist (dazu später mehr).


    Es gibt zahlreiche Gründe in verschiedenen Situationen nur mit Blaulicht zu fahren, dementsprechend schwachsinnig ist es wenn Prinzipienreiter dann keinen Platz machen und sich auf die theoretische Rechtslage berufen.


    Jetzt zu einem anderen Aspekt der Geschichte.


    Ich weiß aus 13 Jahren im Rettungsdienst und einigen tausend Einsätzen, oft auch zusammen mit der Polizei und diversen Dorf-Feuerwehren im Umkreis, daß das Fahren mit Blaulicht und Martinshorn natürlich einen gewissen Reiz hat. Es wird auch jeder zugeben müssen, daß es natürlich Spaß macht und jeder von den legendären Einsätzen schwärmt, in denen man "auf die (Auto)Bahn fährt und ein paar Kilometer Stau aufmischt".


    Dieser Faszination unterliegen insbesondere die "Feuerpatschen" vom Dorf, weil deren Alarmierungen im Gegensatz zum Rettungsdienst, wo je nach Wache zahlreiche Einsätze jeden Tag gefahren werden (auf meiner Wache: ca. 10 Einsätze pro 24-Std.-Schicht, in Großstädten locker 15-20), natürlich Seltensheitswert haben - wenn schon mal etwas passiert und man tatsächlich alarmiert wird "muß auch die Show stimmen".


    Andererseits spielen der Grad der Erfahrung, die Häufigkeit der Alarmierung und das Alarmierungsstichwort auch insofern eine Rolle als es entscheidend über den Streßpegel bestimmt, der auf der Anfahrt ausgelöst wird. Viele Leute reagieren sicher auch deswegen inadäquat weil ihre Nervosität geistige Kapazitäten blockiert und sie unangemessen unterwegs sind.


    Das erklärt das Verhalten mancher Leute. Rechtfertigen tut es das in keiner Weise. Ich bin immer jemand gewesen, der das Thema toternst (manchmal im wahrsten Sinne des Wortes) fand und überhaupt keinen Spaß versteht wenn Leute sich nicht benehmen. Daß das Image von rettungsdiensten, Feuerwehr oder Polizei beschädigt wird ist da noch das geringste Problem.


    Viel wichtiger ist daß Einsatzfahrten 8x gefährlicher sind als die normale Teilnahme am Straßenverkehr. Statistisch entsteht alle 12 Sekunden eine kritische Verkehrssituation und es dürfte niemanden geben, dem nicht der ein- oder andere Unfall auf Einssatzfahrten bekannt ist, des es knallt häufig, und manchmal mit tödlichem Ausgang.


    Daß das Risisko hoch ist weiß jeder, auch daß man es nicht ganz ausschalten kann. Für mich sind aber Wachleiter und Feuerwehr-Chefs gefordert gegen Idioten, die unverantwortlich unterwegs sind, knallhart und ohne jede Rücksicht durchzugreifen. Dem "Spaßfaktor" muß absolut konsequent entgegen gewirkt werden, denn wer sich davon hinreißen läßt weiß nicht was er da tut.


    Ich habe in 13 Jahren keinen einzigen Fall erlebt, bei dem tatsächlich - wie immer so gerne gesagt wird - mit Blaulicht Fritten eingekauft wurden, und ein Zivi, der damit aufgefallen war daß er mit Sondersignalen unterwegs war um eine Verspätung bei einem Krankentransport aufzuholen, ist für den rest seiner Karriere nie wieder ans Steuer gelassen worden. SO muß es laufen, und nicht anders. Das Geschrei ist, wie auch bei Diskorasern und anderen Deppen, immer erst dann groß wenn etwas passiert ist und den Leuten klar wird welche Kräfte und welche Gewalt da eigentlich wirkt wenn es knallt. Gerade Einsatzkräften sollte das besonders klar sein.


    Ich weiß auch daß man immer wieder mal schlechte Beispiele sieht, wo Leute absolut hirnlos durch die Gegend brettern. Es ist auch klar daß da Handlungsdbedarf besteht.
    Trotzdem ergreife ich aber auch Partei dafür im Zweifel davon auszugehen daß nicht allein zum Spaß mit Sonderrechten durch die gegend gefahren wird, sondern in den meisten Fällen tatsächlich eine ernste Sache dahinter steckt. Und wie gesagt, wenn man selber betroffen wäre würde man sich auch wünschen daß die Hilfe schnell kommt. Deswegen: keine Akzeptanz gegenüber hirnloser Raserei unter dem Deckmäntelchen irgendwelcher Einsätze, aber bitte auch keine generellen Unterstellungen, augenzwinkernd, daß da bestimmt wieder nur Fritten geholt würden... Etwas ernster ist die Sache nämlich meistens schon.


    Ach ja, in meiner aktiven Zeit habe ich im weiteren Umkreis meiner Wache 3 Verkehrsunfälle auf Einsatzfahrten mit tödlichem Ausgang erlebt und diverse Unfälle mit "nur" Sachschäden oder kleineren Personenschäden. Der letzte tödliche Unfall hier in der Region ist gerade mal ein labes Jahr her: klickklick .
    Gerade den letzten Link sollte man den Rasern um die Ohren hauen, bzw. die hätten sich die Unfallstelle und die Beerdigung ansehen sollen. Dann wären sie für alle Zeiten geheilt.

    Ich dachte immer es sei technisch unmöglich mit jemandem Sex zu haben, der Dörte heißt...

  • Zitat

    Original geschrieben von Printus
    Das bedeutet daß es keine Rolle spielt in welchem Auto sie sitzen, sondern eine Alarmierung rechtfertigt das Übertreten der STVO.


    Darüber gibt es unterschiedliche Auffassungen, bzw. das wird von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich gehandhabt. In einem Stadtstaat mit Berufsfeuerwehr wirst du u.U. argumentativ Probleme bekommen, zu belegen, daß du als Angehöriger der FFW auf dem Weg zum Gerätehaus hoheitliche Aufgaben wahrnimmst, die eine Inanspruchnahme von Sonderrechten rechtfertigen würden. ;)


    Klar ist jedoch, daß Sonderrechte bei Fahrten mit nicht gekennzeichneten Fahrzeugen engsten Maßstäben unterliegen (z.B. bei der FFW Art des Einsatzes o.ä.) und eine Gefährdung unbeteiligter Verkehrsteilnehmer nicht ansatzweise geduldet wird.

  • Printus:


    Schöne Schilderung.


    Mir ist schon bewußt, dass es wohl nur ein paar Ausreisser sind.


    Es gibt halt überall Knalltüten. Hier in Bayern geht es bei der FFW sogar oft soweit, dass dort selbst Feuer gelegt wird, und derjenige "Kamerad" stolz erster am Einsatzort ist.


    Kenne da jemanden aus der Grundschulzeit, der hat deswegen 300.000 DM Miesen...

    Er war Jurist - und auch sonst von mäßigem Verstand. | PN zu Rechtsthemen werden nicht beantwortet.

  • Re: Frage an die Feuerwehrler unter euch


    Zitat

    Original geschrieben von booner
    Heute ist mir zum wiederholten Male die rabiate Fahrweise von Mitgliedern einer FFW aufgefallen, die wohl zu einem Einsatz, zur Übung oder zum Bierholen unterwegs waren . Die nutzen ihre Privatautos, klemmen ein einem Taxischild ähnliches, beleuchtetes "Feuerwehr im Einsatz"aufs Dach (weder Blaulicht noch Martinshorn vorhanden) und meinen wohl, für sie gelte die StVO nicht mehr.

    ´


    Bist du dir da ganz sicher, dass zur Übung oder zum Bierholen rabiat gefahren wird?


    Fahren diese Leute "privat" auch so rabiat oder nur , wenn sie gerade für die FFW unterwegs sind?


    Ich bin der festen Überzeugung, dass diese schwarzen Schafe eigentlich nur bei Einsätzen ihre Rechte und Pflichten vergessen und verletzen.

  • Am besten finde ich ja die Aufkleber am Heck "Überholen sie ruhig, wir schneiden sie raus".


    Gerade bei den Dorf-Feuerwehren gibt es meiner Meinung nach sehr wenige, die das wirklich machen um andere zu helfen. Die meisten, und ich kenne da viele, sind geltungsbedürftige frühpubertierende, nie wirklich erwachsen gewordenen, proleten die mit ihrem Tiefergelegten Flitzer zum Feuerwehrhaus rasen um dann ganz cool den Lebensretter zu spielen. Sorry, aber das ist so dermaßen peinlich.


    Die "alte" Garde dagegen also die über 40 das sind wirklich Leute wo ich sagen würde, die machen das wirklich um anderen zu helfen. Da hängt kein Schild oder Aufkleber am Wagen und das Verhalten ist wirklich vorbildlich.

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