"Leiharbeit undercover" - Realität contra Theorie

  • Zitat

    Original geschrieben von ocb
    Die Leute stehen ja schon derart im Abseits. Die meisten Leiharbeiter haben nicht mehr, als in ALG2. Nur um der Arbeit willen zu arbeiten wäre ja höchst dämlich und demzufolge ist es ab einem gewissen Punkt schlicht egal, ob man gefeuert wird oder nicht. Ob nun Hartz ohne Arbeit oder Hartz mit Arbeit ist auf dem Kontoauszug egal.


    Zumal man sich über Autoabsatzkrise und dergleichen garnicht wundern muss, wenn man Leiharbeit befürwortet. Denn Leiharbeit ist gleiche Arbeit zum niedrigen Lohn. Es stellt ja niemand jemanden ein, weil man den schneller feuern kann, er aber ansonsten nix kann...


    Und es wirkt auch etwas putzig, dass du nur dann protestieren würdest, wenn man es dir erlaubt bzw. "das abgesichert ist". Da hat die Geschichte aber gezeigt, dass man erstmal protestieren muss, damit etwas geltendes Recht wird. Umgekehrt hat das noch nie funktioniert.


    Kann ich bestätigen, viele der WOB AG Leute beziehen ergänzende Leistungen vom Arbeitsamt/Arge.
    Und das obwohl Sie mind. 37,5 Stunden die Woche Arbeiten.


    Gruss Matchacom

    Wer mit halb gefülltem Tank die doppelte Strecke fahren will, ist ein Idiot. Wer mit halbem Etat doppelte Ergebnisse erzielen will, ist ein Finanzvorstand.

  • So kann man das nun auch nicht hindrehen. Natürlich ist das legitim wenn sich Leute gegen unverschämte Arbeitsbedingungen und Bezahlung wehren. Aber das sollten sie dann tunlichst so gestalten, dass sie relativ unangreifbar bleiben. Es spricht ja nichts gegen einen Streik - aber viel gegen einen wilden Streik, mit dem man sich in eine eher schlechte Situation bringt.


    Ich weiß auch nicht ob es Konsequenzen seitens des Arbeitslosenamtes hat, wenn man seinen Job aufgrund eines solchen rechtlichen Fehlverhaltens verliert...


    Zumindest im Zeugnis wird es sich niederschlagen - und warum sollte man sich da so unnötig dumme Kommentare einhandeln?


    Dass ein arbeitender Aufstocker dasselbe verdient wie ein nicht arbeitender Hartz-Empfänger mag auf dem Konto so sein. Im Selbstwertgefühl macht es aber für manche einen Unterschied ob sie "gebraucht" werden oder nutzlos zuhause sitzen. Und eine Menge Rennerei hat man auch am Hals, wenn man gekündigt wird.


    Also so ganz egal ist es nicht ob und wie man den Job verliert...

    Ich dachte immer es sei technisch unmöglich mit jemandem Sex zu haben, der Dörte heißt...

  • Ich arbeite als Produktionshelferin für eine der größeren Zeitarbeitsfirmen und gehöre zum festen Leiharbeiterstamm des Kundenbetriebs. Ich kann mich nicht beklagen. Es ist wenig Geld, jedoch bekommen die Festangestellten auch nicht viel mehr. Daß Zeitarbeiter dieselben Rechte, dieselbe Freundlichkeit und dieselbe lange Leine genießen wie die Festangestellten, ist in dem Betrieb selbstverständlich. Wir gehören dazu, sind voll integriert und identifizieren uns mit dem Betrieb. Solange ich dort arbeiten kann, habe ich nicht das Bedürfnis, aus der Zeitarbeit herauszukommen. Ich bin früher im Beruf nicht ansatzweise so gut behandelt worden wie heute. Den Kundenbetrieb würde ich am liebsten einpacken und mit nach Hause nehmen. Auch mit der Zeitarbeitsfirma hatte ich bisher keinen Ärger. Ich fürchte jedoch, ich bin ein Einzelfall. Von den Zeitarbeitern, die für Auftragsspitzen bei uns eingesetzt werden, habe ich schon oft gehört, wie übel die Behandlung in manchen Kundenbetrieben ist und wie rücksichtslos andere Zeitarbeitsfirmen agieren. Ich denke, Zeitarbeit hat viele Facetten und hängt auch stark vom Kundenbetrieb ab.

  • Zitat

    Original geschrieben von Second.Fire
    Ich arbeite als Produktionshelferin für eine der größeren Zeitarbeitsfirmen und gehöre zum festen Leiharbeiterstamm eds Kundenbetriebs. Ich kann mich nicht beklagen. Es ist wenig Geld, jedoch bekommen die Festangestellten auch nicht viel mehr. Daß Zeitarbeiter dieselben Rechte, dieselbe Freundlichkeit und dieselbe lange Leine genießen wie die Festangestellten, ist in dem Betrieb selbstverständlich. Wir gehören dazu, sind voll integriert und identifizieren uns mit dem Betrieb. Solange ich dort arbeiten kann, habe ich nicht das Bedürfnis, aus der Zeitarbeit herauszukommen. Ich bin früher im Beruf nicht ansatzweise so gut behandelt worden wie heute. Den Kundenbetrieb würde ich am liebsten einpacken und mit nach Hause nehmen. Auch mit der Zeitarbeitsfirma hatte ich bisher keinen Ärger. Ich fürchte jedoch, ich bin ein Einzelfall. Von den Zeitarbeitern, die für Auftragsspitzen bei uns eingesetzt werden, habe ich schon oft gehört, wie übel die Behandlung in manchen Kundenbetrieben ist und wie rücksichtslos andere Zeitarbeitsfirmen agieren. Ich denke, Zeitarbeit hat viele Facetten und hängt auch stark vom Kundenbetrieb ab.


    Moin......


    Bei dir gibt es keine gravierenden Unterschiede bei der Entlohnung, das ist schon ein "Pluspunkt" nur wie wäre es, wenn dein Kollege neben dir 8-10€ mehr bekommt.
    Und 40% weniger Arbeitet als DU?
    Was wäre wenn Du immer der Erste bist der geht, wenn es darum geht in anderen Linien "Löcher" zu stopfen.
    Sprich Du bist der Erste der weggeschickt wird.
    Ergo Du hast überhaupt keine Chance dich deine "Gruppe" zu integrieren.


    Was wäre wenn du von 12 möglichen Arbeitsplätzen nur 2 lernen darfst und das zufällig die schwersten sind?
    Mit der Begründung man sei nicht Festangestellt sondern befristet, komischerweise wird man immer wieder verlängert und hört jedesmal Du bist nur befristet............


    Wie soll man da einen auf Corporate identity machen?


    Wie wäre es wenn du selbst nach einem halben Jahr an den selben Plätzen, dich von "Stammkräften" belehren lassen musst wie Du deine Arbeit zu machen hast.


    Selbst wenn es nur darum geht 9 Schrauben in einer bestimmten Reihenfolge anzuziehen.


    Alles schon sehr oft gesehen und gehört.


    Wie Du es treffend gesagt hast, du bist ein Einzelfall.


    Gruss Matchacom



    Ps.


    Das sowas wie einen "festen Leiharbeiterstamm" überhaupt gibt ist eine zumutung.
    Wie soll man das definieren.
    Du bist zwar jederzeit Kündbar/Abmeldbar nur da WIR dich besonders gern haben darfst Du bleiben.
    Und wehe du wirst mal Unfreundlich.etc...


    Eine Frage tut sich da auf, weshalb wird man dann nicht ins Stammpersonal integriert.


    Das Temporäre "Stammpersonal" muss Reichen oder wie muss man das verstehen?

    Wer mit halb gefülltem Tank die doppelte Strecke fahren will, ist ein Idiot. Wer mit halbem Etat doppelte Ergebnisse erzielen will, ist ein Finanzvorstand.

  • Es ist ja schon mal gut dass es bei ihr so gut läuft, auch wenn das eine Ausnahme sein dürfte.


    Dass sie nicht ins Stammpersonal integriert wird, liegt daran dass der Auftraggeber so einen flexibleren Mitarbeiterstamm hat: Leiharbeiter werden nicht krank und nicht schwanger, und sie tun was ihnen gesagt wird und geben keine Widerworte - weil man sie in solchen Fällen ruckzuck gegen jemand anderen austauschen kann. Man muss sich mit ihnen über nichts einigen und es gibt keine Mitarbeitervertretung, die Arbeitnehmerinteressen vertritt.


    Was ich nicht verstehe ist, dass die Politik hier nicht eingreift und dem Treiben zuschaut. Da werden grundsätzliche Arbeitnehmerrechte völlig schamlos ausgehöhlt, und die Politik tut nichts außer sich dafür zu beweihräuchern zuletzt so niedrige Arbeitslosenzahlen geschafft zu haben.


    Manchmal frage ich mich ob die ihr eigenes Gerede glauben und gar nicht sehen in welchen Arbeitsverhältnissen die Menschen gelandet sind, oder ob die uns und sich selbst für dumm verkaufen wollen.


    Passt aber ins Bild, im aktuellen Konjunkturprogramm gibt es ja auch Zückerchen für Leute, die einen modernen Neuwagen kaufen - weil das ja auch ein Klientel ist, das auf Steuervergünstigungen angewiesen ist... :mad:


    Ich sage es immer wieder: bei der Bundestagswahl wird die Quittung kommen. Es wird so viele Nicht- und Linkswähler wie nie geben. Aber vielleicht muss es auch so sein weil anders bewegt sich nichts.

    Ich dachte immer es sei technisch unmöglich mit jemandem Sex zu haben, der Dörte heißt...

  • Zitat

    Original geschrieben von Matchacom
    Das sowas wie einen "festen Leiharbeiterstamm" überhaupt gibt ist eine zumutung.
    Wie soll man das definieren.
    Du bist zwar jederzeit Kündbar/Abmeldbar nur da WIR dich besonders gern haben darfst Du bleiben.
    Und wehe du wirst mal Unfreundlich.etc...


    Das ist wie auch Printus nochmal bestätigt hat eine absolute Sauerei. Hier wird einfach eine Lücke in der Gesetzgebung ausgenutzt. Über das Thema Zeitarbeit im Allgemeinen habe ich mich auch im Bekanntenkreis drüber unterhalten. Einer davon arbeitet bei einem großen deutschen Konzern, der weltweit operiert und laut seiner Aussage stellt eben diese Firma nur noch Zeitarbeiter ein. Es handelt sich in der Regel nicht um Einsätze zur Bewältigung von Auftragsspitzen, sondern schlicht und ergreifend um Dauereinsätze, viele sitzen dort seit Monaten / Jahren und sind nahezu fest in ihre Projekte integriert.


    Die Krönung, so meinte er auch, sei dass er im Prinzip diesselbe Arbeit macht wie einige andere aus der Stammbelegschaft. Er merkt kaum, dass er Zeitarbeiter ist, außer wenn er am Monatsende auf sein Konto den Gehaltseingang sieht.


    Es werden da auch selten Zeitarbeitskräfte übernommen, höchstens dann, wenn einer der Stammbelegschaft das Unternehmen verlässt, so wird entweder jemand neues eingestellt oder eine Zeitarbeiskraft wird übernommen, doch das ist wirklich selten


    Er erklärte mir auch, dass ihm sein Chef erzählt hat, dass der Umstieg auf fast auschließlich Zeitarbeitskräfte etwas mit dem Aktienkurs des Konzerns zu tun hat, je mehr Mitarbeiter ein Unternehmen hat, desto weniger wert ist die Aktie, da wohl jeder Mitarbeiter ein Risiko darstellt. Kann mir das jemand genau erklären? Werden die Leiharbeiter anders gebucht wie Festangestellte bzw ist der Leiharbeiter eine andere Kostenstelle, damit er anders gebucht werden kann? Böser Vergleich: Leiharbeiter = Inventar? Klingt hat, aber so klingt es für mich, weil wieso sollte ein Leiharbeiter kein Risiko für den Konzern darstellen, wenn zBsp erst der Ersatz der im Krankheitsfall oder Entlassung kommt eingearbeitet werden muss?


    Aber im Grunde ist er zu frieden, dass er Arbeit hat, auch wenn er von heute auf morgen vor der Tür sitzen kann. Probleme mit seiner Zeitarbeitsfirma hat er noch nie gehabt, dort wird er auch nicht als Arbeiter zweiter Klasse oder von oben herab schlecht behandelt

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  • Zitat

    Original geschrieben von Printus
    ...und geben keine Widerworte - weil man sie in solchen Fällen ruckzuck gegen jemand anderen austauschen kann. Man muss sich mit ihnen über nichts einigen...

    Hm, wir dürfen eigene Ideen und Wünsche äußern und werden ernstgenommen. Und wenn man mal was zu motzen hat, ist das auch okay. Ich kann mir gar meine Schichten aussuchen. Wir werden nicht gegängelt, sondern arbeiten eigenständig und genießen vollstes Vertrauen. Aber da auch oft fremde Zeitarbeiter für Auftragsspitzen kommen, ist mir klar, daß es woanders meistens ganz, ganz anders zugeht. Da ist man als Zeitarbeiter der letzte Dreck und wird behandelt, als hätte man kein Gehirn. Ich habe wirklich großes Glück gehabt. Allerdings habe ich meine Situation selbst gewählt. Ich wollte unbedingt in diesen Betrieb, egal wie. Der einzige Weg lautete Zeitarbeit. Ich habe meine Entscheidung noch keine Minute bereut.
    Die anderen Argumente sind korrekt. Bin ich krank oder habe Urlaub, muß der Kundenbetrieb mich nicht bezahlen. Und wenn mal nichts zu tun ist, muß meine Ausfallzeit nicht bezahlt werden. Dafür ist ja mein Arbeitgeber zuständig. Leihpersonal macht den Betrieb flexibler.
    Ich betrachte das Thema kritisch, da mir bewußt ist, daß ich eher die Ausnahme als die Regel bin. Ich sehe die Menschen, die zur Zeitarbeit gezwungen werden. Ich sehe hochqualifizierte Leute, die als Hilfsarbeiter losgehen müssen. Ich erfahre von entwürdigender Behandlung. Aber ich erlebe auch - vorwiegend junge - Leute, die gar nicht arbeiten wollen, sich nichts zeigen lassen wollen, sich nicht bemühen, blaumachen.

  • Zitat

    Original geschrieben von Miramal
    Er erklärte mir auch, dass ihm sein Chef erzählt hat, dass der Umstieg auf fast auschließlich Zeitarbeitskräfte etwas mit dem Aktienkurs des Konzerns zu tun hat, je mehr Mitarbeiter ein Unternehmen hat, desto weniger wert ist die Aktie, da wohl jeder Mitarbeiter ein Risiko darstellt. Kann mir das jemand genau erklären? Werden die Leiharbeiter anders gebucht wie Festangestellte bzw ist der Leiharbeiter eine andere Kostenstelle, damit er anders gebucht werden kann? Böser Vergleich: Leiharbeiter = Inventar?


    Genau das. Wenn du einen Mitarbeiter Michael Müller unbefristet einstellst, hast du das Risko dass er krank wird, dass er in seiner Motivation nachlässt, dass du Kündigungsfristen einhalten musst wenn du ihn los werden willst, dass du eine Abfindung zahlen musst, und Urlaub will er auch machen.
    Wenn du eine Mitarbeiterin Michaela Müller eingestellt hast kann sie auch noch schwanger werden, darf dann in bestimmten Bereichen nicht mehr eingesetzt werden und du musst ihren Arbeitsplatz während der Elternzeit reservieren.


    Kaufst du stattdessen einen namenlosen Leiharbeiter ein, hast du all diese Schwierigkeiten nicht. Die Leiharbeitsfirma liefert dir täglich einen Roboter, der die Arbeit erledigt. Wenn er es nicht gut macht, krank wird etc., liefert sie dir morgen einen neuen Roboter.


    Somit sind Leiharbeiter immer funktionierende Arbeitsmaschinen, völlig egal ob dahinter derselbe oder ein anderer Mensch steckt. Du kaufst nur eine Arbeitskraft, aber musst dich nicht mehr um die Bedürfnisse kümmern, die ein Mensch hat.


    So hast du keinen teuren menschlichen Mitarbeiter mehr, sondern nur noch Humankapital, das einen gewissen Preis hat - und der ist eben kleiner als der eines Menschen.


    Der Irrsinn und Denkfehler ist nur dass es eben doch ein Mensch bleibt, auch wenn man ihn nicht so behandelt und bezahlt.

    Ich dachte immer es sei technisch unmöglich mit jemandem Sex zu haben, der Dörte heißt...

  • Das Problem fängt damit an, daß sich ein andrer, (die Leiharbeitsfirma) einen Teil das Lohnes vom Arbeitnehmer klaut. Ich würde es verbieten, ende, basta.


    Die Finanzkriese zeigt doch deutlich, daß wir auf dem falschen Dampfer sind.


    Wenn die Schere in unserer Gesellschaft weiter so auseinander geht, gibt das einiges an Sprengstoff.

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