NSA-Abhöraffäre / Asyl für Snowden in Deutschland?

  • Ich habe nie behauptet, dass in Russland alles im Lot wäre.


    Wenn wir allerdings Russland an Maßstäben messen, die wir bei anderen Verbündeten akzeptieren, die wir ausdrücklich als "Freunde" bezeichnen, bleibt nichts mehr übrig, was wir den Russen noch vorwerfen könnten. Mir geht es um diese relative Sichtweise, die de facto der internationalen Praxis entspricht.


    Persönlich würde ich mich in Russland ebenso sicher/unsicher fühlen, wie in den USA. Und die Behandlung der Causa Snowden in der Bundesrepublik (dem sogar profane Kriminelle vorgezogen werden) zeigt eindrucksvoll, dass das Thema Menschenrechte auch hier ausschließlich dazu dient, mit dem Finger auf Andere zu zeigen.


    Verletzt ein "guter Freund" die Menschenrechte, stimmt die Bundesregierung dem (zumindest durch konkludetes Handeln) noch deutlich erkennbar erkennbar zu. Wenn die Bundesregierung vor diesem Hintergrund Menschenrechtsverlezungen in Russland anzuprangert, wird in meinen Augen dadurch das Thema als solches entwertet. Das wäre ebenso, als würden die USA aktuell mangelnden Datenschutz im Internet monieren.


    Selbst Putin hat das inzwischen erkannt, und ist durchaus in der Lage, entsprechende Vorwürfe von Mutti zu wechseln, indem er ihr einfach nur den Spiegel vorhält ... oder was meint Ihr, warum die deutsche Kritik an russischen Verhältnissen immer leiser wird.


    Richtig:
    Weil dann auf Betreiben Russlands auch deutsche Vorgänge internationalen Diskussionen ausgesetzt wären, die man "unter Feunden" (also dem größten Teil des UN-Sicherheitsrats) geschickt unter den Teppich zu kehren versucht.

  • frank, du hast anscheinend immernoch nicht verstanden, dass das snowden-asyl in russland nichts mit menschenrechten zu tun hat.
    das ist in diesem fall vielleicht ein netter nebeneffekt, den putin in der sache snowden zusätzlich nutzt. ansonsten ist das thema menschenrechte in russland aber quasi nicht existent.


    den russen geht es bei snowden nur um seine informationen und nicht um die person snowden oder seine "menschenrechte".

  • Man kann auch eine USA-kritische Haltung im Fall Snowden haben, ohne Putin auf den Leim zu gehen und alles zu relativieren.

  • Putin geht es nicht um Snowdens Rechte - er selbst lässt ja exKGB-Plaudertaschen den Tee mit Polonium würzen. Snowden wird lediglich zu Propagandazwecken instrumentalisiert, solange er dazu taugt.


    Putin tut stets alles um die EU, die Nato oder sonstwie "Den Westen" zu schwächen oder zu spalten. Das ist alles mit geschlossenen Augen vorhersehbar, was er macht.


    Abgesehen halte ich dieses Affentheater um Asyl für Snowden in Deutschland Populismus für die billigen Plätze. Snowden wäre in D nicht sicher, hier wimmelt es ja noch von US-Militärs und leistunsgfähige Geheimdiensteinrichtungen gibt es auch.


    Snowden wird/wurde in Russland rund um die Uhr bewacht, und nicht nur zu seinem "Schutz", sondern um ihn irgendwie abzuschöpfen - und sei es nur, wenn mal er im Schlaf redet. Ich denke, diese virtuelle Schutzhaft dürfte ihm auf die Dauer nicht behagen können.

    LG: V30
    Samsung: Galaxy Tab S2 LTE, A5 (2017);
    Sony: Xperia X Compact;

  • Zitat

    Original geschrieben von saintsimon
    ... Snowden wird lediglich zu Propagandazwecken instrumentalisiert, solange er dazu taugt.
    ....


    Soweit es ihm hilft. :top:


    Zudem:
    Jeder "Geholfene" wird instrumentalisiert - auch bei uns. Instrumentalisieren wir, geht das in Ordnung, passiert das in Russland, wird dadurch sogar die Hilfeleistung schlecht?


    Oder wie darf ich das verstehen?



    Zitat

    Original geschrieben von saintsimon
    ...
    Putin tut stets alles um die EU, die Nato oder sonstwie "Den Westen" ... zu spalten. ...
    ...


    Nehmen wir die EU mal aus, wird es dafür auch höchste Zeit. Die Kumpanei mit einem zweifelhaften Regime aus Übersee nimmt langsam absurde Formen an.


    Erst werden wir belauscht, dann steckt und das jemand ... was aber keineswegs dazu führt, dass man dem Informanten dankbar ist. Nein, man ünterstützt noch das Regime aus Übersee, indem man den Informanten irgendwo auf der Welt versauern lässt.


    Durch die Vorgehensweise (nicht einmal wegen des konkreten Falles, sondern abstrakt gesehen) ist das Maß für mich mehr als nur voll. So kann das doch nicht weitergehen!


    Wer sind wir denn? Und das gegenüber einem Staat, der vollkommen pleite ist und inzwischen am Tropf von China und anderen hängt. Legen es Chinesen und Araber darauf an, geht in den USA doch das Licht aus!

  • Zitat

    Original geschrieben von frank_aus_wedau
    ...
    Jeder "Geholfene" wird instrumentalisiert - auch bei uns. Instrumentalisieren wir, geht das in Ordnung, passiert das in Russland, wird dadurch sogar die Hilfeleistung schlecht?


    Oder wie darf ich das verstehen?
    ...


    Ein zeimlich dürftiger Relativierungsversuch


    Bei uns ist es ein Asyl-Recht einigermaßen gemäß den Menschenrechten und Verfassung. Es gehört zu unserem Wertesystem. Es kommen auch meistens Leute hierher, die nicht instrumentalisiert werden, die keinen weiter interessieren. Es ist für sie nicht einfach, aber das Prozedere ist für alle gleich.


    Mir wäre auch nicht bekannt, daß den Asylsuchenden hier ein präsidialer Maulkorb verpasst werden kann, wie sie Putin in aller Öffentlichkeit verordnete. Snowden ist eine Trophäe und genießt einen Gnadenakt. Snowden könnte dies auch nicht sinnvoll gerichtlich überprüfen klassen, denn eine unabhängige Justiz existiert dort nicht.


    Auch wäre es mir neu, daß es in Deutchland hin und wieder zu populistischen Massenverhaftungen von Ausländern käme, wie in Moskau gelegentlich gegenüber Arbeitsmigranten aus benachbarten Armutsrepubliken praktiziert wird.

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  • Zitat

    Original geschrieben von saintsimon
    ..., denn eine unabhängige Justiz existiert dort nicht.
    ...


    Und das kannst Du beurteilen?


    Selbst die deutsche Justiz während des Hitler-Regimes war nach Auffassung von BGH und BVerfG vollkommen unabhängig, so dass in dieser Zeit gefällte Urteile grundsätzlich nicht zu beanstanden sind - auch die auf den Nürnberger Gesetzen beruhenden nicht. Und in der Tat ... Hitler hat die richterliche Unabhängigkeit, deren Grundzüge sich bis heute nicht wesentlich verändert haben, weitgehend respektiert.


    Wie Du siehst, ist die Unabhängigkeit der Justiz kein Garant für "gerechte" Urteile. Dass gerade die richterliche Unabhängigkeit Zustände wie im Faschismus zu verhindern geeignet ist, erweist sich daher als ein immer wieder gern unters Volk gestreutes Mächen - im Deutschen Reich war sogar das Gegenteil der Fall. Gerade wenn ein Richter Nazi war (wie die meisten Deutschen), musste dieses sein Gewissen bestimmendes Gedankengut sogar Teil seiner (nach Gesetz und Gewissen zu fällenden) Entscheidung werden ... zynisch, aber wahr. Nachzulesen in etlichen Urteilsbegründungen zum Thema.


    Die Urteile des Volksgerichtshofs bekam die Politik lediglich aus der Welt, indem man nachträglich dem VGH den Status als Gericht und den Entscheidenden ihren Status als Richter entzog. Von daher sind mit Urteil betitelte Dokumente des VGH gar keine Urteile (mehr). Ohne diesen Taschenspielertrick würden auch die Urteile des VHG noch heute als ordnungsgemäß ergangen weitergelten.


    Aus menschenverachtenden Urteilen auf eine nicht unabhängige Justiz zu schließen, ist also vollkommen verfehlt - das eine hat mit dem anderen wenig zu tun.

  • Zitat

    Original geschrieben von frank_aus_wedau
    Gerade wenn ein Richter Nazi war (wie die meisten Deutschen), musste dieses sein Gewissen bestimmendes Gedankengut sogar Teil seiner (nach Gesetz und Gewissen zu fällenden) Entscheidung werden ...


    Gem. Art. 97 GG sind Richter nur dem Gesetz unterworfen, von Gewissen steht da nichts.

  • Wenn es heißt "aus der Geschichte lernen" ist diese Zeit aber geradezu prädestiniert ... nämlich um zu lernen, wie man es nicht machen sollte. Diesen Teil der Geschichte zu tabuisieren, halte ich für einen großen Fehler, den inzwischen auch die ÖR-Medien erkannt haben.


    Diese Zeit ist nämlich immer noch nicht aufgearbeitet ... gerade Justiz und Auswärtiges Amt haben in dieser Hinsicht noch wirklich großen Nachholbedarf. Insbesondere das Wirken der Justiz in dieser Zeit mit den dazugehörigen Hintergründen ist etwas, über das gern geschwiegen wird.


    Wie die bundesdeutsche Justiz mit Mr. Snowden umgeht/umgehen würde, werden wir ohne deutliches Zeichen der Exekutive wohl eher nicht erfahren. Denn die hätte zunächst einmal über den Aufenthaltsstatus zu entscheiden - und insoweit ist den bisherigen Aussagen zu entnehmen, dass Herrn Snowden hier unerwünscht ist. Vor diesem Hintergrund wird er sich wohl kaum auf den (ungewissen) Weg machen.

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