Sperrungen für Diesel PKW - Fahrverbote in den Städten. Stuttgart nur ein Anfang?

  • Auf WDR5 liefen heute einige interessante und wie ich fand ausgewogene Berichte zu diesem Thema.
    Auch wenn ich mir (obwohl ich selber Dieselfahrer bin) grundsätzlich Fahrverbote vorstellen kann und im Grundsatz Gesundheitsschutz vor Mobilität und Besitzstandswahrung gehen sollte, habe ich inzwischen so meine Probleme mit den Ergebnissen der vielzitierten epidemiologischen Studien um die Schädlichkeit der unterschiedlichen Konzentrationen von Stickoxiden zu beurteilen.


    Denn einerseits hat das sicher auch eine soziale Komponente.
    Oder ganz böse formuliert: Wer wohnt denn bitte in den Großstädten in aufgrund der Lage häufig billigen Mietskasernen an den Stellen wo mit höchstem Verkehrsaufkommen die größte Luftverschmutzung gemessen wird, und was für Rückschlüsse lässt das auf den allgemeinen Gesundheitszustand zu? Ich neige übrigens selber zu Lungenerkrankungen, das sollte also jetzt nicht den Eindruck erwecken dass die Leute selber Schuld seien, es geht mir nur um die Wissenschaftlichkeit der Erkenntnisse aus den Studien.


    Andererseits ist die viel wichtigere Frage ob nicht auch andere Schadstoffe für Erkrankungen zuständig sind.
    Stichwort: Ultrafeinstäube. Sicherlich auch zu großem Teil durch den Verkehr verursacht, aber für die richtige Bewertung sinnvoller Maßnahmen nicht ganz unwichtig.
    Im Moment existieren wohl weder Grenzwerte, noch sind Messungen im Feld praktikabel umgesetzt.
    Ich will sicher nicht mit dem Finger auf Ottomotoren mit Direkteinspritzer zeigen um von den bösen Dieselmotoren abzulenken, aber man sollte sich nicht wundern wenn man nach Abklingen der aktuellen Hysterie in zwei oder drei Jahren etwas schlauer geworden ist, und das als die Hauptbelastung für die Erkrankungen durch Luftverschmutzung ausmacht.


  • Der Witz ist ja auch, im ADAC Video wird ein Wirkungsgrad des Nachrüstsystems von ca. 50% im Stadtzyklus angegeben.
    Aber allemöglichen selbsternannten Experten springen auf das Nachrüstsystem an weil es so einfach aussieht.
    Dabei ist ein SCR System ein "kleines Chemiewerk" das komplex zu regeln ist und unter ungünstigen Umständen Ammoniak freisetzt ,es braucht mindestens 200°C Abgastemperatur damit Harnstoff eingespritzt werden kann (ab ca. 150°C erfolgt eine passive NOx Umwandlung mit eingespeichertem NH3) womit es ohne Heizstrategie in der Motorsteuerung bei langsamen Stadtverkehr komplett unwirksam wird.
    Da ist bei einem EU4 oder EU5 Diesel mit einer Anpassung der Abgasrückführstrategie mehr zu gewinnen bei Kosten für den Hersteller von ca. 50-100 Euro pro Fahrzeug sattt 1500 bis 3000Euro.
    Ganz zum Nulltarif für den Besitzer gibts das auch nicht, die Regenerationsintervalle des Partikelfilters werden deutlich verkürzt, das kostet Sprit, verkürzt je nach individuellem Fahrprofil das Ölwechselintervall und erhöht die Wahrschheinlichkeit eines Ausfalls vom AGR Ventil oder versottetem AGR Kühler.

  • Zitat

    Original geschrieben von NoIdea
    Da ist bei einem EU4 oder EU5 Diesel mit einer Anpassung der Abgasrückführstrategie mehr zu gewinnen bei Kosten für den Hersteller von ca. 50-100 Euro pro Fahrzeug sattt 1500 bis 3000Euro.

    Ich denke bei den Nachrüstideen geht es vorallem um Fahrzeuge mit Euro 5b oder 6b Norm und Abgasmanipulationen.


    Diese Fahrzeuge sind noch relativ jung, werden also noch etliche Jahre in Europa rumfahren, und die Kosten wären nicht ganz so wichtig, da sie ja die Hersteller tragen müssten.


    Aber an Fahrzeugen mit Euro 4 oder 5a Norm lohnt sich sowas eh nicht. Denn diese Fahrzeuge erfüllen ja ihre damals geltenden Normen einwandfrei, also kann man da die Hersteller nicht in die Pflicht nehmen.


    Gerade bei Euro 4 sprechen wir von den Baujahren 2002-2005, also z.B. VW Golf IV oder Opel Astra G der letzen Baujahre. Die werden so oder so nicht mehr allzulange in Europa rumfahren sondern gehen nach und nach entweder in den Afrika-Export oder gleich in die Verschrottung.

  • Laut Antwort auf eine Anfrage eines Grünen-Abgeordneten, scheint die Bundesregierung eine Gesetzesgrundlage für „streckenbezogene“ Fahrverbote zu schaffen, die noch dieses Jahr Gesetz werden könnte.
    Tagesschau
    Edit: hier noch die Quelle
    Rheinische Post


    Es ist aber weiter unklar ob das beispielsweise eine blaue Plakette wird. Das hatte ja bereits im letzten Jahr die Bundeskanzlerin abgelehnt, da man das nicht kontrollieren könne.
    SWR
    Aus dem gleichen Grund gabs ja auch keine roten, gelben und grünen Plaketten. :rolleyes:

  • Zitat

    Original geschrieben von Anja Terchova
    Ich denke bei den Nachrüstideen geht es vorallem um Fahrzeuge mit Euro 5b oder 6b Norm und Abgasmanipulationen.


    Diese Fahrzeuge sind noch relativ jung, werden also noch etliche Jahre in Europa rumfahren, und die Kosten wären nicht ganz so wichtig, da sie ja die Hersteller tragen müssten...


    Ich sag ja nicht dass die Hersteller nicht tun sollen, aber diese angeflickten SCR System sind nicht der Stein der Weisen.
    Mit Anpassung der AGR Strategie bekommt man ein EU5 Fahzeug gerade im realen Stadtverkehr um 60-80% sauberer, und das kostet den Hersteller weniger als 5% dessen was ein SCR Nachrüstsystem mit einem Wirkungsgrad von um die 50% bringt.
    Und dass das ja nur die Hersteller etwas kosten würde ist auch Quatsch, die müssen am Ende auch Geld verdienen und werden das im Rahmen des möglichen auf Neuwagen, Service und Ersatzteile umlegen.

  • Wenn es Fahrverbote fuer besonders belastete Hauptstrassen gibt werden viele Fahrer auf Wohnstrassen ausweichen was die Sache eher schlimmer als besser macht

  • Zitat

    Original geschrieben von Anja Terchova
    Wenn es Fahrverbote fuer besonders belastete Hauptstrassen gibt werden viele Fahrer auf Wohnstrassen ausweichen was die Sache eher schlimmer als besser macht


    Wenn da keine Messeinrichtungen sind ist für die Stadt alles OK ;)
    Bei mir in der Heimat wollen sie die Hauptstraße an der die Messtelle ist über Ampelschaltung regeln so dass nur noch eine begrenzte Anzahl Fahrzeuge einfahren kann und dann ohne Stau an der Messtelle vorbeikommt.
    Es gibt immerhin eine Schnellstraße und einige Seitenstraßen parallel, aber es verlängert die Fahrstrecke für viele so dass in Summe mehr Abgase entstehen werden, aber die ist weit genug weg von der Messtelle so dass die gemessene Werte besser werden während die Gesamtbelastung in der Stadt steigen wird.

  • Ich habe Hoffnung dass nicht alle Stadtplaner an Schwachsinnigkeit leiden und durch hundertmeterweise Sperrungen von Straßen die Messtechnik auszutricksen gedenken, nur damit im Gegenzug jeden Tag 10.000 Autos durchs angrenzende Wohngebiet müssen.
    Das würde im übrigen auch nicht funktionieren, weder von der Akzeptanz der Verkehrsteilnehmer oder der Anwohner noch vom Verkehrsfluss her.
    Im Endeffekt hätte man wieder zu hohe Messwerte und träfe sich mit der Deutschen Umwelthilfe vor Gericht. :p


    Generell wird das Prinzip Flickenteppich auch nicht funktionieren. Muss dann der Sanitärbetrieb Kabolte für ein Dutzend Städte in seinem Wirkbereich einzelne Ausnahmegenehmigungen einholen, damit sein Ford Transit dort fahren darf? Und kann der ALDI-Laster dann die Filiale in Gelsenkirchen beliefern, aber nicht mehr die in Essen?


    Hier ist die Bundesregierung gefragt, am Ende funktioniert nur sowas wie eine einheitliche blaue Plakette und ein erneutes stufenweises Ausweiten der bestehenden Umweltzonen.

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