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Home > Computer >, 5. Jan. 2005
UMTS-Handy
Die 2-Megapixel-Kamera zum Telefonieren
Wie entwickelt sich UMTS im Jahr 2005? Auf diese Frage kann man mittlerweile eine klare Antwort geben: Seitdem die Suche nach einer ominösen "Killerapplikation" ohne Ergebnis endete, rücken nun attraktive Geräte in den Vordergrund, die mit vielen Leistungsmerkmalen überzeugen. Eines davon kann UMTS sein. Das V902 von Sharp ist ein typisches Beispiel für diese neue Gerätegeneration. Es ist das erste auf dem Markt erhältliche Mobiltelefon, das eine Digitalkamera mit zwei Millionen Pixel eingebaut hat. Damit gelingen ordentliche Bilder mit einer Maximalgröße von 1632 × 1224 Bildpunkten. Sie lassen sich durchaus auf Postkartengröße ausdrucken. Die Handy-Kamera hat erstmals einen Autofokus und nicht den sonst üblichen Fixfokus mit fester Einstellung von Schärfepunkt und Blende. Mit der Fotokamera und einer zweiten am oberen Rad des Displays kann man in den UMTS-Netzen sogar Videotelefonate führen, es gibt Serienaufnahmen und Belichtungsreihen und die Möglichkeit, kleine Videos im Mpeg4-Format aufzunehmen. Kurzum: Das Sharp V902 ist ein ordentliches, hochmodernes Foto-Handy im Wortsinn.
Es kommt aber noch besser. Irgend jemand unter den japanischen Entwicklern muß die Maxime ausgerufen haben, Siemens und Nokia mal richtig zu ärgern. So hat das Display mit einer Diagonale von sage und schreibe 6 Zentimeter eine atemraubende Qualität. 240 × 320 Pixel mit 260 000 Farben sind ein Knüller. Hält man ein Siemens-Oberklassegerät wie das S65 dagegen, treten einem die Tränen in die Augen. Dazwischen liegen mehrere Entwicklungsgenerationen. Und nun hauen die Leute von Sharp nicht nur bei den spektakulären Eigenschaften voll auf die Pauke. Sie müssen auch bei den Details piksen und triezen. Da gibt es zum Beispiel einen eingebauten Barcodescanner, der ohne infraroten Lesestrahl auskommt und die Kameraoptik nutzt. Zwar dürfte es kaum eine sinnvolle Anwendung dafür geben, indes funktioniert die Technik einwandfrei. Ebenso lassen sich einzeilige Texte mit der Kamera einfangen und scannen. Schon äußerlich ist das V902 ein Zwitter aus Telefon und Kamera. Die Linse und ein kleines monochromes Display finden sich an der Unterseite. Hält man das Gerät dann in Kameraposition, liegen die Tasten für Auslöser und Digitalzoom genau richtig oben rechts. Der Autofokus braucht wenige Sekunden, bis er sich auf das Motiv eingestellt hat. Die Fotos werden wahlweise im internen Speicher (26 Megabyte) oder auf eine Secure-Digital-Karte gesichert (32 Megabyte im Lieferumfang, während des Betriebs wechselbar). Vermißt wird eigentlich nur die Möglichkeit, Belichtungszeit und Blende manuell einzustellen. Außenaufnahmen gelangen in beachtlicher Qualität, innen im Haus wiesen die Bilder einen leichten Grauschleier auf. Daß die sonstige Ausstattung stimmt, ist bei einem Gerät für 1000 Euro (ohne Kartenvertrag) selbstverständlich. Infrarot und Bluetooth sind dabei, und ein E-Mail-Client ist vorhanden (allerdings nicht für Imap-Konten). Kontakte und Termine in Microsoft Outlook werden mit einer sehr schlichten Software auf das mobile Gerät übertragen und synchronisiert. Es fehlt allerdings eine Sprachwahl.
Das V902 ist leider nur bei Vodafone mit dem obligaten Vodafone-Life-Menü und dem sogenannten "Branding" erhältlich. Das bedeutet: alle Menüs entsprechen dem ferrariroten Vodafone-Standard, das Sharp kann sein Eigenleben nicht entfalten und keine Individualität zeigen. Zum Vodafone-Branding, das unter den vier Netzbetreibern als das aufdringlichste und ärgerlichste gilt, gehören auch unschöne Details: Man kann zwar eigene Klingeltöne auf die Speicherkarte packen. Es werden aber trotzdem nur solche Töne abgespielt, die man zuvor für teures Geld bei Vodafone Life online erworben hat. Diese Abzockerei gehört verboten. Daß eine kurze Keyboard-Tonsequenz in bescheidener Qualität mehrere Euro kostet, ist ohnehin ein Skandal. Ein kleiner Trost: Beim Abschluß eines Vodafone-Vertrags wird das V902 deutlich billiger. Für 350 Euro ist es eines der derzeit besten UMTS-Handys.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 04.01.2005, Nr. 2 / Seite T2
Michael Spehr
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