Die Tunnels hier in Tirol wirken auch irgendwie magnetisch auf Vollidioten:
In erster Linie sind die Röhren als Umfahrung von Ortschaften gedacht, die jahrzehntelang vom immer stärker zunehmenden Verkehr gestört wurden. Es sind in aller Regel moderne und sehr sichere, zweispurige Tunnels an Landstraßen, die zu 99% eine Geschwindigkeitsbeschränkung von immerhin 80km/h haben. Das ist im Vergleich zum mühseligen Vorankommen in den gebeutelten Ortschaften ein echter Fortschritt und eine Wohltat.
Wären da nicht die Urlauber.
Heut noch erlebt, wie ich hinter einem Kfz aus den östlichen Bundesländern die Krise bekommen habe! Die - auch die übrigen Urlauber aus sämtlichen Ländern - fahren auf der Bundesstraße sowieso grundsätzlich 10% langsamer als erlaubt, Phase 1 des Nervenkriegs. Warum das so ist, keine Ahnung?
Vielleicht lassen die ihr Gehirn auch zu Hause, das spart Gewicht und schont die Frisur!
Aber fakt ist, dass wirklich alle Touristen deutlich zu langsam unterwegs sind. Dann erreicht man besagte Tunnels, die wahrhaftig eine Panik auszulösen scheinen, und erlebt Phase 2. Die Reaktion eines jeden Auswärtigen ist die, dass entweder sukzessive oder plötzlich vom Gas gegangen wird, sobald die Tafel 80km/h in Sichtweite ist. Übrigens inzwischen fast überall mit LEDs realisiert, also verdammt hell und deutlich und zweifellos erkennbar, auch mit -12 Dioptrin, Wanderstock und Hut. Im weiteren Verlauf bedeutet dies, dass die ersten 300m des Tunnels zunächst mit 40-45 Stundenkilometern erkundet werden. Wenn dann die chique Sonnenbrille hochgeklappt, die Umluft eingestellt, das Licht eingeschaltet und sicherheitshalber Hitradio Ö3 natürlich mit Verkehrsfunkkennung für Katastrophenfälle eingestellt ist, wird beschleunigt. Natürlich nicht so, dass man es direkt wahrnimmt, schließlich will man ja die Umwelt schonen und der liebe ADAC empfiehlt ja, immer rechtzeitig hochzuschalten und nicht zuviel Gas zu geben.
Hat man nach circa 800 Metern die 70km/h-Grenze geknackt, freut man sich wieder auf das Tageslicht, denn die meisten Umgehungstunnels sind zwischen 1000 und 1500 Meter lang. Leider bedeutet dieser Umstand jedoch auch, dass man alle Vorkehrungen wieder rückgängig machen muss, also Umluft aus, Sonnenbrille griffbereit, das Radio wieder leise, schnell noch von Mutti ein Mentos in die Fresse geschoben kriegen und erleichtert aufatmen, dass man wieder oberirdisch fährt. Außerdem ist es wichtig, die entgegenkommenden Verkehrsteilnehmer zu maßregeln, wenn die ihr Abblendlicht noch nicht eingeschaltet haben.
Für die Einheimischen beginnt hier aber Phase 3 der Realsatire:
Da die Autos dank des Tunnels ja Ortschaften umfahren, befinden sich in den meisten Fällen auch Kreuzungen in der Nähe der Tunnelportale. Selbstverständlich mit Wegweisern zu den Ortschaften und allerlei anderen Informationen bestückt, die die rollenden Touristen überfordern. Das waghalsige Wechselspiel treibt hier seine Blüten: Der Mann weiß nicht, wo er hin muss und Mutti aufm Beifahrersitz hält die Karte wieder falsch herum. Natürlich sind solche Moment der Unsicherheit Anlass, die Geschwindigkeit zu reduzieren und während des Rollens noch einmal die 1:1.000.000-Österreich-Karte aus 80cm zu studieren um zu sehen, ob man da hätte links abbiegen müssen, weil die Mutti das ja nicht kann.
Spätestens hier empfindet der geneigte Einheimische das Bedürfnis, das Schengener Abkommen wieder inkraft zu setzen und grundsätzlich alles, was auswärtig ist und nen doofen Gesichtsausdruck präsentiert, abzuweisen. Silberne Opel Astras mit Hut werden generell stillgelegt. Auch Wohnwagen wären Gründe für ein Einreiseverbot. Das widerum verursacht dann 2 Tage nach Ferienbeginn ein Verkehrschaos bei Aachen, Venlo und sonstwo an der Käsegrenze...