München/Madrid (dpa) - Nur rund ein halbes Jahr nach dem Start
droht dem Mobilfunk-Neuling und UMTS-Lizenznehmer Quam das Aus. Nach
den hohen Verlusten sollen keine neuen Kunden mehr geworben werden,
beschlossen die Gesellschafter, Telefónica Móviles aus Spanien und
Sonera aus Finnland. Die 200 000 bestehenden Kunden können zunächst
wie gewohnt weitertelefonieren. Alle 15 Quam-Geschäfte in deutschen
Metropolen werden aber geschlossen und der Verkauf von Handys
gestoppt, sagte ein Quam-Sprecher am Donnerstag in München.
In den Geschäften und der Zentrale in München fällt nach
Informationen aus Branchenkreisen mindestens die Hälfte der rund 900
Arbeitsplätze weg. Das Unternehmen werde den Betrieb für die
derzeitigen Kunden mit einer Kernmannschaft bis zum Start des neuen
Mobilfunkstandards UMTS aufrechterhalten. Nach Einschätzung von
Branchenkennern ist der Verkaufsstopp aber der Anfang vom Ende. Quam-
Chef Ernst Folgmann war bereits vor rund zwei Wochen zurückgetreten.
Bei Telefónica Móviles hieß es, von dem Konsortium werde wohl nur
ein kleines Büro übrig bleiben. Wenn die UMTS-Technologie so weit
entwickelt sei, dass sie kommerziell genutzt werden könne, werde
entschieden, ob Quam neu belebt werden solle. An eine Rückgabe der
UMTS-Lizenz werde nicht gedacht.
Quam ist die Marke des spanisch-finnischen Konsortiums Group3G,
das sich im August 2000 neben D1, D2 Vodafone, E-Plus, Viag Interkom
(heute O2) und MobilCom für jeweils mehr als acht Milliarden Euro
eine UMTS-Lizenz ersteigert hatte. Quam nutzt das GSM-Handynetz von
E-Plus und wollte sich damit einen Kundenstamm für das UMTS-Zeitalter
sichern.
Branchenkenner waren bereits seit längerem davon ausgegangen, dass
nicht alle sechs UMTS-Lizenznehmer auf Dauer überleben werden. Jeder
muss mit Milliardeninvestitionen sein eigenes Netz aufbauen, die
Lizenzbedingunen untersagen eine enge Kooperation untereinander. die
Gewinnaussichten mit UMTS werden unterdessen immer ungewisser. Wenn
ein Unternehmen beim UMTS-Aufbau scheitert, bekommt es das Geld für
die Lizenz nicht zurück.
Telefónica und Sonera schrieben im abgelaufenen Quartal jeweils
rund vier Milliarden Euro an UMTS-Investitionen ab, was jeweils der
Hälfte der kosten für die deutsche Lizenz entspricht. Das Engagement
in Deutschland war für Telefónica der Kern der Europa-Strategie, die
nun vor dem Scheitern steht. Außer in Deutschland will der spanische
Telekom-Riese auch die Mobilfunk- Aktivitäten der Tochter Telefónica
Móviles in Österreich, Italien und der Schweiz vorerst einfrieren.
Wegen des harten Wettbewerbs auf dem deutschen Mobilfunkmarkt
hatten Branchenkenner Quam von Anfang an keine großen Chancen
eingeräumt. Da die meisten relevanten Kunden in Deutschland schon ein
Handy haben, setzte Quam vor allem auf Wechsler. In den vergangenen
Monaten wurden die Quam-Verträge von Zwischenhändlern zum Teil zum
Nulltarif angeboten.
Sonera machte nach der Abschreibung einen Quartalsverlust von 2,93
Milliarden Euro nach einem Gewinn von 513 Millionen Euro im Vorjahr.
Telefónica hatte am Mittwoch für das erste Halbjahr 2002 Verluste von
fast 5,6 Milliarden Euro bekanntgegeben. Die Börse reagierte auf die
Entscheidung mit einem Aufschlag für die Aktien der Quam-
Gesellschafter. Das Sonera-Papier legte bis zum Nachmittag um rund
zehn Prozent auf 3,85 Euro zu. Die Aktie von Telefónica Móviles stieg
um 4,8 Prozent auf 6,95 Euro.