Ein paar Fragen an die Bewerbungsprofis

  • Hallo,


    Nach gut 21 Jahren möchte ich meinen Marktwert mal abschätzen und ein wenig über den Tellerrand hinausschauen.
    Hintergrund ist hauptsächlich die (seit Jahren) schlechte wirtschaftliche Lage des Unternehmens und die internen Führungsqualitäten (MA werden alle gleich bewertet was die Leistungsbeurteilungen betrifft, scheint der Führungskraft am einfachsten zu sein) und aufgrund der Alterstruktur eher schlechten Chancen auf eine besser gestellte Stelle. Identifikation mit dem Unternehmen geht bei mir Richtung null.
    Aktuell fand die jährliche Leistungsbeurteilungen an und das natürlich zur allgemeinen Unzufriedenheit, außer bei den eh, ähm, "bequemeren" Mitarbeitern ;)


    Kurze Fakten:
    Seit 21 Jahren im Unternehmen (inkl. Ausbildung Industrieelektroniker).
    Fachkraft Instandhaltung mit S7-Techniker inkl. Profibus, WinCC etc. zudem Industriemeister Elektrotechnik seit 6 Monaten.
    Diverse interne Schulungen auf spezielle Maschinen, Bedienung von Hub/Hebebühnen etc.


    Ich möchte nun dieses Jahr Bewerbungsunterlagen erstellen und mich bewerben. Gleichzeitig möchte ich dies meinen Führungskräften auch klar machen und offen kommunizieren warum.
    Nach einem kurzen Gespräch mit meinem Meister, woraus ersichtlich geworden sein sollte, dass ich mit der Leistungsbeurteilung unzufrieden bin überlege ich ein qualifiziertes Arbeitszeugnis zu beantragen um dies zu verdeutlichen.
    Ich möchte damit niemanden unter Druck setzen oder gar erpressen aber meinen Unmut verdeutlichen.


    Meine Fragen:
    Fügt ein Bewerber überhaupt Arbeitszeugnisse bei? Oder nur auf Nachfrage?
    Ansonsten würde ich nämlich lieber Bewerbungen vorbereiten ohne Arbeitszeugnis und ggf. noch ein Gespräch mit einer weiteren Führungskraft suchen.

    Gruß
    Flatie

  • Wenn Zeugnisse vorhanden, für dir jeweilige Stelle relevant und für den Bewerber positiv sind, fügt man sie natürlich bei. Wenn nicht, dann nicht oder eben nur auf Nachfrage. Ich würde jedenfalls eine Bewerbung nicht davon abhängig machen, ob du ein Zeugnis hast, oder nicht. In der Regel zählen ja die Qualifikationen und der Eindruck in einem Bewerbungsgespräch. Bei dir kommt ja noch die lange Betriebszugehörigkeit hinzu, das spricht ja dafür, dass dein bisheriger Arbeitgeber nicht völlig unzufrieden ist mit dir.

  • Ein Zwischenzeugnis kannst du dir auf jeden Fall erstellen lassen. Ich würde aber meinem aktuellen Arbeitgeber auf keinen Fall erzählen, dass ich mich bewerbe. Das würde ich "heimlich" tun und sollte es mit einer anderen Stelle klappen, kann man immer noch mit dem aktuellen AG sprechen.

    "Wenn du sie nicht überzeugen kannst, verwirr sie!" - Garfield

  • Ich bedanke mich schon mal für die bisherigen Meinungen.
    Persönlich weiß ich auch nicht, ob eine offene Kommunikation über meinen ganzen Unmut und "Beschwerde gegen die aktuellen Leistungsbeurteilungen" (inklusive eine eventuelle Ausstellung eines Abreits- Zwischenzeugnisses) sinnvoll ist oder ich einfach die Zähne zusammenbeißen sollte und mich still und heimlich bewerben soll.

    Gruß
    Flatie

  • Zitat

    Original geschrieben von flatie
    Ich bedanke mich schon mal für die bisherigen Meinungen.
    Persönlich weiß ich auch nicht, ob eine offene Kommunikation über meinen ganzen Unmut und "Beschwerde gegen die aktuellen Leistungsbeurteilungen" (inklusive eine eventuelle Ausstellung eines Abreits- Zwischenzeugnisses) sinnvoll ist oder ich einfach die Zähne zusammenbeißen sollte und mich still und heimlich bewerben soll.


    Sich zu beschweren und ein Zwischenzeugnis zu verlangen ist das eine (und sicherlich auch legitim). Dann aber gleich raus zu posaunen, würde ich lassen. Klappt es nicht mit deinen Bewerbungen oder du willst du beim aktuellen AG bleiben (trotz erfolgreicher Bewerbung), war deine "Drohung" nur heiße Luft. Und das könnte irgendwann auf dich zurück kommen.


    Wenn sich der Arbeitsmarkt nicht allzu sehr verändert hat im Bereich S7, solltest du aber ganz passable Chancen haben.

    "Wenn du sie nicht überzeugen kannst, verwirr sie!" - Garfield

  • Zitat

    Original geschrieben von Snooker
    Ein Zwischenzeugnis kannst du dir auf jeden Fall erstellen lassen. Ich würde aber meinem aktuellen Arbeitgeber auf keinen Fall erzählen, dass ich mich bewerbe.


    Das gebe ich dir Recht, aber wer im Betrieb 1 und 1 zusammenzählen kann, wer weiss sofort, wozu man eine Zwischenzeugniss benötigt, ausser es sind gerade Gründen entstanden, die das anders begründen würden ( Abteilungswechsel, Vorgesetzenwechsel usw. ).


    Bei uns muss man eine Begründung angeben, wo ein Zwischenzeugniss benötigt wird.


    Aber ja, wenn vorhanden und für den neuen Job interessant, dann würde ich es mit der Bewerbung abgeben. Ich mache das derzeit auch so.



    Zitat

    Original geschrieben von flatie
    Ich bedanke mich schon mal für die bisherigen Meinungen.
    Persönlich weiß ich auch nicht, ob eine offene Kommunikation über meinen ganzen Unmut und "Beschwerde gegen die aktuellen Leistungsbeurteilungen" (inklusive eine eventuelle Ausstellung eines Abreits- Zwischenzeugnisses) sinnvoll ist oder ich einfach die Zähne zusammenbeißen sollte und mich still und heimlich bewerben soll.


    Mir stink es derzeit ebenfalls ziemlich gewaltig in der Firma und ich will da weg. Ich mache auch meinen Unmut da Luft, aber ich binde es keinen unter die Nase, das ich bereits Gespräche mit anderen Firmen führe.
    Das wird mein jetziger AG erst an dem Tag erfahren, wenn ich die Kündigung abgebe und das würde ich auch jedem anderen raten, das auch so zu machen.
    Da ich mich vor einigen Monaten aber fürs Abfindungsprogramm gemeldet habe und nicht gehen durfte, kann sich jeder auch denken, das ich meine Gründe dafür hatte und die sicherlich sich nicht geändert haben.

  • Zitat

    Original geschrieben von flatie Ich möchte nun dieses Jahr Bewerbungsunterlagen erstellen und mich bewerben. Gleichzeitig möchte ich dies meinen Führungskräften auch klar machen und offen kommunizieren warum.


    Bist Du wahnsinnig geworden :confused: ? Das geht NIEMANDEN im alten Betrieb etwas an!
    Niemand im jetzigen Betrieb darf erfahren, dass Du Dich aktiv bewirbst.
    Wenn das jemand mitbekommt, hast Du im alten Betrieb nie eine Chance auf Beförderung etc. ("der ist ja eh bald weg").


    Nach meiner Meinung ist Dein Zwischenzeugnis entbehrlich:
    Du hast ja ein nur 6 Monate altes Zeugnis vom Industriemeister. Das sagt auch manches aus.


    Darüber hinaus hast Du mit dem neuen Industriemeister eine Steilvorlage für Deine Bewerbungen: Du hast Dich weitergebildet, aber in akzeptabler Zeit im alten Betrieb keine Aussicht auf eine der neuen Bildungsstufe entsprechende Stelle. Weil Du voller Tatendrang bist, aber im derzeitigen Betrieb das nicht umsetzen kannst, willst Du weg.

  • Zitat

    Original geschrieben von flatie
    Nach gut 21 Jahren möchte ich meinen Marktwert mal abschätzen und ein wenig über den Tellerrand hinausschauen.


    Das ist löblich und immer gut.


    Zitat

    Original geschrieben von flatie
    Identifikation mit dem Unternehmen geht bei mir Richtung null.
    Aktuell fand die jährliche Leistungsbeurteilungen an und das natürlich zur allgemeinen Unzufriedenheit, außer bei den eh, ähm, "bequemeren" Mitarbeitern ;)


    Kann es aber auch sein, dass die lauwarmen Bewertungen Folge der allgemein mangelnden Motivation sind? Wobei ich nicht bestreite, dass es Unternehmen gibt, in denen mittelmäßige Einheitsbeurteilungen mit der Gießkanne ausgeschüttet werden.


    Zitat

    Original geschrieben von flatie
    Ich möchte nun dieses Jahr Bewerbungsunterlagen erstellen und mich bewerben. Gleichzeitig möchte ich dies meinen Führungskräften auch klar machen und offen kommunizieren warum.
    Nach einem kurzen Gespräch mit meinem Meister, woraus ersichtlich geworden sein sollte, dass ich mit der Leistungsbeurteilung unzufrieden bin überlege ich ein qualifiziertes Arbeitszeugnis zu beantragen um dies zu verdeutlichen.
    Ich möchte damit niemanden unter Druck setzen oder gar erpressen aber meinen Unmut verdeutlichen.


    Hier bist du auf dem ganz falschen Dampfer unterwegs, du gehst viel zu unbedarft an die Sache heran.


    Diskretion ist absolut Pflicht wenn man sich wegbewerben will. Teilst du deinen Vorgesetzten mit, dass du über einen Weggang nachdenkst, wird das nicht mehr nur als "etwas nachgelassene Motivation" bewertet, sondern als Bruch der Vertrauensbasis. Je nachdem wie die Führungsetage tickt könnten sie von sich aus "Maßnahmen ergreifen", also dich sofort von Aufgaben entbinden oder sogar kündigen. Ein Grund findet sich schnell, wenn man jemanden loswerden will. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Verhältnissen kann man ganz leicht irgendwen rausmobben und dadurch sehr viel Geld sparen. Nebenbei erhöhten Arbeitsdruck auf die Kollegen ausüben, die dann eben deine Arbeit mit übernehmen müssen, fertig. Der Unternehmer bedankt sich, du stehst dann auf der Straße...


    Unzufriedenheit mit der Beurteilung ist okay, das sollte man dann aber in geeigneter Form ansprechen und darum bitten, dass das nochmal überdacht wird. Wenn du in dem Gespräch noch Interesse und Identifikation mit dem Unternehmen anführst/zeigst anstatt die schlechte Bewertung durch Gemecker und deine offenbarte Demotivation in ihrer Richtigkeit zu bestätigen, hast du vielleicht eine gute Chance.


    Die richtige Einstellung ist NICHT "Ich bin unzufrieden und will ein besseres Zeugnis!!!" SONDERN "Ich arbeite gerne und gut für diesen Laden, bilde mich fort und meine, dass das mehr gewürdigt werden sollte."


    So wie du es vorhast könnte der Schuss ganz böse nach hinten losgehen.


    Zitat

    Original geschrieben von flatie
    Fügt ein Bewerber überhaupt Arbeitszeugnisse bei? Oder nur auf Nachfrage?


    Du hast dich also zu absolut 0,0000 mit dem Thema beschäftigt, sonst würdest du nicht so eine Frage stellen! Die Arbeitszeugnisse, mein Freund, sind das A und O einer Bewerbung, weil die allein sagen überhaupt aus, wer du bist.


    Zitat

    Original geschrieben von flatie
    Ansonsten würde ich nämlich lieber Bewerbungen vorbereiten ohne Arbeitszeugnis und ggf. noch ein Gespräch mit einer weiteren Führungskraft suchen.


    Ohne gute Zeugnisse kannst du dir das Bewerben gleich sparen. Sparen kannst du auch hingerotzte Unterlagen und Anschreiben, die du in einer halben Stunde zurechtgebastelt hast.


    Erstelle einen den gültigen Regeln entsprechenden Geschäftsbrief als Anschreiben, schreibe einen tabellarischen Lebenslauf, absolutes Muss ist ein professionelles Foto. Beschaffe Kopien deiner Ausbildungs- und Arbeitszeugnisse, dann erst hast du überhaupt die formalen Dinge zusammen. Und dann muss noch ein guter Text im Anschreiben stehen. Der muss die Frage beantworten, warum du dich überhaupt bewirbst. "Unzufriedenheit mit dem aktuellen AG" ist dabei ein eher schlechter Grund.


    Es bewerben sich neben dir 200 andere Leute mit genau den gleichen Qualifikationen, oder viel Bessere mit Erfahrungen aus mehreren Unternehmen. Davon fliegen 185 Bewerbungen schon allein deswegen in den Müll weil irgendein i-Tüpfelchen nicht perfekt war oder der Text sterbenslangweilig mit "Hiermit bewerbe ich mich um...." begann.


    Wenn du nur den Hauch einer Chance haben willst, dass man dir auf die Bewerbungen überhaupt ANTWORTET, geschweige denn, dich zum Vorstellungsgespräch einlädt, du also zu den letzten 15 gehörst, muss die komplette Bewerbung makellos sein und du musst mehr bieten als fast alle anderen.


    20 Jahre in derselben Firma, keine weiteren Erfahrungen, keine Arbeitszeugnisse oder nur ein mittelmäßiges wie die Beurteilung - da lachen sich andere Bewerber kaputt über dich. Du hast so nicht den Hauch einer Chance, wenn du eine neue Stelle suchst.


    Das ist natürlich etwas drastisch und übertrieben dargestellt, aber du scheinst nicht so wirklich zu wissen, wie es ausschaut da draußen.


    Und genau deswegen würde ich dir auch dringend raten, deine Stelle, die du hast, wertzuschätzen und nicht mit negativem Gelaber zu gefährden. Wie hart der Wind anderswo weht wird dir erst klar, wenn du mal über den Tellerrand schaust und erlebst, wie es heute zugeht...


    Lesestoff für dich: Jova-nova.com

    Ich dachte immer es sei technisch unmöglich mit jemandem Sex zu haben, der Dörte heißt...

  • Hey Printus, wie viele Bewerbungen hast Du denn als Personalentscheider schon entgegen genommen und wie viele Vorstellungsgespräche mit Bewerbern geführt? Oder sind deine Zahlen etwa aus der Luft gegriffen?

  • Danke Printus.
    Wirklich sehr gute Tipps bzw. Gedankenansätze.
    Wenn ich nun aber ein Zwischenzeugnis bei meinem derzeitigen AG beantrage sollte diesem doch auch klar sein dass ich über den Tellerrand schauen möchte, oder?
    Daher meine Frage. Wenn ich mich "still und heimlich" bewerben möchte dann geht die doch nur ohne Arbeits- Zwischenzeugnis?!


    Eine großes Dankeschön an die unterschiedlichen Meinungen.


    Printus: sehe soeben deine verlinkte Seite. Danke.

    Gruß
    Flatie

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