Wie langes Studium in Bewerbung darstellen?

  • Ich habe den Eindruck daß Du in die Tatsache, daß man eine Bewerbung von Dir haben will, nun unheimlich viel hineininterpretierst, was vielleicht gar nicht gegeben ist.


    Vielleicht will die Inhaberin nur einen Datensatz für eine Personalakte haben? Außerdem hat Dir Dein Kontaktmann doch schon signalisiert daß Du erstens gute Chancen auf den Job hast und zweitens er auch selber relativ lange studiert hat. Wenn der seinen Posten in dem Laden bekommen hat - warum solltest Du ihn jetzt nicht bekommen?


    Ich würde einfach nur einen sachlichen Lebenslauf erstellen, mit ehrlichen Daten. Schreibe auf keinen Fall irgendwelche Entschuldigungen dazu! Erstens ist das völlig überflüssig, zweitens nicht gefragt und drittens auch nicht relevant. Noch dazu geht es hier um keinen unbefristeten Arbeitsvertrag, sondern nur ein PJ...


    In erster Linie (sieh mich mal als potentielle Chefin weil ich ja auch nicht viel weiß von Deinem Leben) frage ich mich, ob aus Deiner Bewerbung überhaupt hervorspringt, daß Du über der Regelstudienzeit liegst. Sollte das nicht der Fall sein, dann stoß die Dame auf keinen Fall mit der Nase drauf indem Du die Sache von Dir aus thematisierst.


    Rede über Dein Studium als wäre es ganz normal verlaufen (ist es ja auch). Antworte niemals mehr auf eine Frage als überhaupt gefragt wurde. Gib keine Antworten, die die Dame nicht erfragt hat. Lies keine spekulativen Zwischentöne aus einer Frage raus, das nennt man wohl offenbar "second guessing" und führt schnell zu einem Fettnäpfchen.


    Wenn sie also fragt "Herr NiceIce, sagen Sie mir doch mal, was haben Sie denn überhaupt die ganze Zeit so gemacht?" heißt das nur, was Du die Zeit gemacht hast und nicht daß Du zuwenig, zuviel, die falschen Sachen, doofe Sachen gemacht hast, es heißt nicht daß sie zweifelt, selbst wenn bei einem schwierigen Interview evt die Stimme streng und zackig ist, dann ist es nur die pure Frage "Was haben Sie gemacht."


    Und da brauchst Du überhaupt nicht defensiv zu plaudern, daß Du Probleme hattest, die Freundin, schwierige Prüfungen, sondern Du hast eben 19 Semester studiert. Warum? Weil Du eben diese Zeit gebraucht hast, Dich dabei wohl gefühlt hast einen Gang zurückzuschalten, viel davon profitiert hast, es abwechslungsreich und nützlich war etc etc, Du hast ja Deine Gründe, warum Du es gemacht hast.


    Wenn sie dann tatsächlich darauf herumhackt, dann sag halt die Wahrheit, daß Du eben in der Phase Zeit für Dich gebraucht hast, wenn es die Frage erlaubt, erzähl ihr zB daß Du so flexibler warst, weil Du nebenher noch interessante Erfahrungen gemacht hast, auch wenn es Zeit gekostet hat, sch...egal, so hast Du Dein Leben sinnvoll ordnen und gleichzeitig die Fühler weiter ausstrecken können.


    Immer positiv beschreiben, was Du dabei rausgezogen hast. So bekommt man
    jede Lücke weg im Lebenslauf. Selbst wenn Du 5 Jahre obdachlos und Alki warst - Du hast etwas gelernt dabei, hast an Persönlichkeit und Erfahrungen gewonnen, die Dich menschlich reifer gemacht haben. Das ist gut nachvollziehbar, ehrlich und macht Dich nicht zu einem Übermenschen. Im Gegenteil - es zeugt von Stärke wenn Du ehrlich dazu stehst daß Du eben zeitweilig nicht im Autobahntempo mitgerannt bist. Außerdem bewirbst Du Dich ja nicht um einen Managerposten, sondern nur um ein PJ.


    Die angeblichen Makel in Deinem Leben siehst wohl nur Du selber, auf die Dame wirken diese Punkte ganz anders. Stoß die Zweifel von Dir, die kosten Dich nur viel Kapazität. Wenn Du 50 Semester getrödelt hättest, dann müßtest Du Dir Sorgen machen. Aber Du kannst viel positiv berichten, das wird ihr sehr gefallen. Aber dennoch ist es sehr wichtig, daß Du Dir über diese Punkte trotzdem Deine Gedanken machst, damit Du deine Selbstzweifel ablegen kannst. Wirklich kritische Fragen kommen erst wenn Du dich später ernsthaft um einen Job bemühst.


    Ich glaube auch, daß Du gut vorbereitet bist. Die will Dich ja nicht röntgen oder auseinandernehmen, die will ja gucken, ob Du da gut arbeiten kannst. Das kannst Du.

    Ich dachte immer es sei technisch unmöglich mit jemandem Sex zu haben, der Dörte heißt...

  • Zitat

    Original geschrieben von Cocho
      Charlie_D


    Wie viele Leute hast du schon eingestellt, wenn ich fragen darf?


    Eingestellt selbst nicht soooo viele, aber Bewerbungen sondiert, gesiebt und Inviews geführt habe ich selbst sicher mehrere hundert, wir haben pro Jahr mehrere Tausend Bewerbungen im Hause.
    Mein Unternehmen bietet u.A. das als Dienstleistung für unsere Kunden an.


    Grüße


    Charlie

    --
    Die 5 Sinne des Menschen:
    Unsinn, Irrsinn, Stumpfsinn, Blödsinn und mein persönlicher Liebling, der Wahnsinn.
    ---------------

  • Zitat

    Original geschrieben von Charlie_D
    ... wir haben pro Jahr mehrere Tausend Bewerbungen im Hause.


    Hmmm welche Unternehmen soll das sein? :confused:

  • Zitat

    Original geschrieben von Charlie_D
    Mein Unternehmen bietet u.A. das als Dienstleistung für unsere Kunden an.


    Grüße


    Charlie


    Demnach dürfte es ein Personalvermittler sein. ;)

    “Das Leben ist wie ein Fahrrad. Man muß sich vorwärts bewegen, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren.” Albert Einstein

  • Zitat

    Original geschrieben von Jochen
    Demnach dürfte es ein Personalvermittler sein. ;)


    Jain.


    Eher noch die Stufe vorher. Wir bieten anderen Unternehmen im Endeffekt an, ihr gesamtes Personalbüro auszulagern. Das geht über die schiere Personalvermittlung (die wir auch machen) ein gutes Stück hinaus, weil wir auch die gesammte Rekrutierung, Vertragsgestaltung, Personalplanung, Abrechnung, etc. machen.


    Das ist aber nur ein Zweig meiner Firma. Ursprünglich waren wir ein reines Software Entwicklungsunternehmen. Mittlerweile machen wir im IT- und Personalsektor quasi alles was es so gibt.


    Aber das ist jetzt mehr als OT...


    Charlie

    --
    Die 5 Sinne des Menschen:
    Unsinn, Irrsinn, Stumpfsinn, Blödsinn und mein persönlicher Liebling, der Wahnsinn.
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  • Zitat

    Original geschrieben von Printus


    Und da brauchst Du überhaupt nicht defensiv zu plaudern, daß Du Probleme hattest, die Freundin, schwierige Prüfungen, sondern Du hast eben 19 Semester studiert. Warum? Weil Du eben diese Zeit gebraucht hast, Dich dabei wohl gefühlt hast einen Gang zurückzuschalten, viel davon profitiert hast, es abwechslungsreich und nützlich war etc etc, Du hast ja Deine Gründe, warum Du es gemacht hast.


    Vielen Dank erstmal für die aufmunternden Worte, echt schön zu lesen.


    Nur bei dem obigen Zitat müßte echt lügen, denn ich habe mich in den letzten Jahren alles andere als wohl gefühlt. Meine jetzige Beziehung wäre um ein Haar auch an der Situation zerbrochen.

  • Zitat

    Original geschrieben von NiceIce
    Vielen Dank erstmal für die aufmunternden Worte, echt schön zu lesen.


    Nur bei dem obigen Zitat müßte echt lügen, denn ich habe mich in den letzten Jahren alles andere als wohl gefühlt. Meine jetzige Beziehung wäre um ein Haar auch an der Situation zerbrochen.


    Nun ja das mit dem lügen wurde hier ja bereits erörtert. Solange Du es vermeiden kannst solltest Du halt auf dem Thema nicht unnötig rumreiten.
    Das letzte was ein potentieller Arbeitgeber hören will ist, das der evtl. zukünftige Mitarbeiter nicht "funktioniert" sobald in seinem privaten Umfeld nicht alles glatt läuft.
    Selbst wenn Du Dich gerade in Scheidung befindest erwartet man von Dir das Du trotzdem Deine Arbeit ordentlich machst.


    Wenn Dein AG jetzt allerdings den Eindruck gewinnt, dass Du jedesmal 2-3 Wochen ausfällst wenn Du Streß mit Deiner Freundin hast (die Gründe dafür sind ihm dabei relativ Schnuppe) ist das alles andere als ein gutes Argument Dich einzustellen.


    CH

  • Zitat

    Original geschrieben von ChickenHawk
    Das letzte was ein potentieller Arbeitgeber hören will ist, das der evtl. zukünftige Mitarbeiter nicht "funktioniert" sobald in seinem privaten Umfeld nicht alles glatt läuft.
    Selbst wenn Du Dich gerade in Scheidung befindest erwartet man von Dir das Du trotzdem Deine Arbeit ordentlich machst.


    Und gerade das finde ich ehrlich gesagt zum Kotzen.
    Ein Mensch bleibt ein Mensch. Ob als Arbeitgeber oder als Partner, Verwandter oder als Tennispartner.
    Auch Personalentscheider sind keine Übermenschen. Sie werden auch eingestehen müssen, daß sie nicht jede Situation so einfach wegstecken und auf der Arbeit volle Leistung bringen können. Gerade, wenn die schwächere Leistung durch solche Situationen entsteht, sollte man dafür auch im Job als Arbeitgeber Verständnis haben.
    Ich finde gerade solch eine Einstellung von Arbeitgebern eine der negativsten Seiten unserer Leistungsgesellschaft.
    Es muß nicht immer gleich die Rede von Krankenschein sein. Von daher auch nicht zu kompletten Ausfällen. Aber mal mangelnde Energie ist die normalste Sache der Welt. Wir sind keine Roboter.
    Übrigens wäre es umgekehrt für einen Arbeitnehmer sicher ein Argument, wenn er weiß, daß der Arbeitgeber eine etwas menschlichere Einstellung hat.

    “Das Leben ist wie ein Fahrrad. Man muß sich vorwärts bewegen, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren.” Albert Einstein

  • Da gebe ich Dir vollkommen recht und ich wollte mit meinem Beitrag auch nicht ausdrücken, dass ich ein derartiges Verhalten gutheiße.


    Wollte NiceIce damit nur die traurige Realität etwas näher bringen.


    Ist halt leider so, dass auch Personaler teilweise einen Drahtseilakt vollführen müssen zwischen Menschlichkeit und Produktivitätsdenken.
    Wenn mal was privat nicht so rund läuft und der Mitarbeiter deswegen nicht 100% Leistung bringt sollte man ihn deswegen noch lange nicht rausschmeißen.


    Wenn sich allerdings abzeichnet, dass ein MA wegen wirklich jedem Mist (z.B. weil einer seiner Goldfische gestorben ist) keine vernüftige Arbeit abliefert muss man sich doch schon Gedanken machen ob diese Person dauerhaft weiter tragbar ist.


    CH

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