TV-Tipp: Heute 14:00 Uhr Phoenix; ein seriöser Bericht über "Turbo-Rolf"

  • Nein, aber im Zweifel glaube ich zunächst eher der Meinung der Richter. Denn die meisten Fehlurteile im Strafrecht führen genau wegen dieser hohen Überzeugungshürde zu einem Freispruch... ;)

  • Wem man glaubt, ist doch gerade das Problem in diesem Fall, in dem wir sowieso alle nur Außenstehende sind.
    Ich möchte es auch gerne "glauben", daß er zurecht verurteilt wurde. Aber ich habe gewisse Zweifel.
    Das gehört auch zu diesem Fall.
    Ich glaube, es gab selten so einen Fall wie diesen oder gar noch nie im Zusammenhang mit Straßenverkehr.
    Ich will auch "glauben", daß die Richterin (war doch eine "sie"?) sich nicht von der Stimmung im Volk hat leiten lassen.
    Schade, daß ich den Bericht nicht sehen konnte. Hoffe, die Sendung wird wiederholt.


    Mich interessiert an dem Fall eigentlich weniger die einzelnen Schicksale, obwohl sie schlimm genug sind, auch das des Veruteilten.
    Mich interessiert mehr der Hintergrund in der Gesellschaft, insbesondere, wie Geschehnisse im Straßenverkehr, an dem wir fast alle teilnehmen, wahrgenommen und beurteilt werden. Das ist für mich der Kern dieser Geschichte. Das Thema "Raser" oder Verkehrsrowdies allgemein und das Thema "Opfer".

    “Das Leben ist wie ein Fahrrad. Man muß sich vorwärts bewegen, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren.” Albert Einstein

  • Hi,
    um im Strafrecht jemanden verurteilen zu können, darf der Richter bzw. die Richer "keine vernünftigen Zweifel" mehr daran haben, dass der vermeintliche Täter tatbestandlich, rechtswidrig und schuldhaft gehandelt hat.
    Nur dann darf er verurteilen. Ansonsten ist der Täter freizusprechen.
    Wenn man den Bericht gesehen hat, können da schon Zweifel aufkommen, auch wenn es immer gefährlich ist, Gerichtsverfahren zu beurteilen, wenn man keine Kenntnis der Verfahrensakten bzwl. der Haupfverhandlung hat.


    Gruß,
    Loyo

  • Eben, und wie oft geht ein Aufschrei durchs Land, wenn ein mutmaßlicher Kinderschänder mal wieder frei kommt, weil ein Richter eben z.B. nicht gänzlich von seiner Schuld überzeugt war. Unser Rechtssystem tendiert zum Glück eher zum Freispruch eines vermutlichen "Täters" als zu dessen überstürzter Verurteilung.


    Den Fall gibt es tagtäglich auf unseren Autobahnen. Vielleicht nicht so dramatisch, dass dabei eine Mutter mit Kind stirbt, aber ein Abfliegen von der Piste ist nicht wirklich selten, während einer von hinten schiebt. Wenn es kracht, ist es eindeutig. Wenn nicht, ist es ziemlich schwer, einen nur mittelbar Beteiligten juristisch dran zu bekommen, und dementsprechend selten. Hier treffen beide Aspekte zusammen und fertig ist der Medienschlager.


    Das Problem ist die Gesellschaft an sich. Es gibt nicht DEN "Turbo-Rolf", auf den alle mit dem Finger zeigen sollten. Wer regelmäßig auf der Autobahn fährt, hat dauernd derartige Fahrer um sich herum. Es ist Alltag, es ist nomal, mit der Ansicht "hier komme ich, alle anderen müssen weichen" sich von Auto zu Auto zu schieben. Es geht in den allermeisten Fällen gut, Anzeigen sind selten, und eine 250 EUR-Strafe juckt die Fahrer mit entsprechenden Fahrzeugen nicht wirklich. Hier hat einer offenbar die Arschkarte gezogen, und mit "seinem" Vordermann Pech gehabt. Solange die Hemmschwelle, mit dem Leben der um einen herumfahrenden zu spielen, so gering ist, wird uns alle Turbo-Rolf tagtäglich begleiten, und ab und zu erwischt es halt mal einen davon.


    Bußgelder ab 1.000 EUR für leichtes Drängeln und sofortiges 3-monatiges Fahrverbot, gestaffelt und nach oben offen bemessen am Verdienst sowie im Wiederholungsfall ein kompletter Führerscheinentzug würden das Problem vermutlich größtenteils lösen. Hierzulande ist man aber von Haus aus eher mild in der Bemessung der Strafen. Wo man in anderen Ländern seine Karre bereits stehen lassen darf, kommt man hier mit paar hundert Euro davon. DAS müßte sich ändern, dann bräuchte man auch keine Debatte, ob die Autobahnen bei einem generellen Tempolimit sicherer wären oder nicht. Man kann einen auch bei 130 km/h in den Tod drängeln.


    Es geht nicht darum, wie schnell einer fährt, wenn es die Situation erlaubt, sondern wie drastisch man dagegen vorgeht, wenn er schneller fährt als es die augenblickliche Situtation gestattet. Mancher Kleinwagen-Dauerlinks- oder Mittelspurfahrer in gemächlichem Tempo stellt sicher im Regelfall ein höheres Gefährdungsrisiko für alle anderen dar, als einer, der es kann, und bei entsprechendem Verkehr auch mal Gas gibt. Aber das gibt einem nicht das Recht, einen, der es nicht blickt oder schlicht mal einen Fehler macht, abzudrängeln und damit nicht nur sein Leben zu riskieren. Die Strafe muss deutlich machen, dass derartiges Verhalten in der Gesellschaft nicht toleriert wird, und nicht das Gefühl geben, man habe nur eine Kleinigkeit verbockt - und zwar bevor man einen schweren Unfall verursacht! Die Dränglerkarriere ist lang, bis man endlich den Hauptgewinn zieht.


  • Habe mir die Sendung heute auch angeschaut und meiner Meinung nach ist der Fahrer zu Unrecht verurteilt worden. Es gab soviele Widersprüche, das es gar nicht zu Anklage kommen dürfte.

  • Der Punkt an diesem Fall ist eher, dass man es nicht eindeutig beweisen kann. Es gibt niemanden der hieb- und stichfest beweisen kann, dass der Fahrer zu dem Zeitpunkt dort war. Es könnte er gewesen sein, es könnte aber auch sein Chef gewesen sein.


    Im Zweifel für den Angeklagten. Und Zweifel gibt es hier genug. In zweiter Instanz wurde das Urteil ja gemildert, aber nicht aufgehoben. Mal abgesehen davon, dass sein Ruf auf jeden Fall ruiniert ist.


    Und das die Volkseele bei sowas hochkocht ist klar. Immerhin ist das eine Situation die die meisten kennen. Autobahn, Drängler, Lichthupe usw. Kennt jeder. Bei einem Mord oder Kinderschändung ist man distanzierter, weil kaum einer sowas selbst erlebt haben. An und für sich sollte da die Presse sich ihrer Verantwortung bewusst sein und da differenzierter rangehen. Aber das kann man von Bild und Co. nicht erwarten.


    bastian

  • Zitat

    Original geschrieben von bastian_S
    Im Zweifel für den Angeklagten. Und Zweifel gibt es hier genug.


    Maßgeblich ist, ob das Gericht Zweifel hat oder nicht und anscheinend hatten sowohl Amtsgericht als auch Landgericht diese Zweifel nicht und dafür werden sie Gründe gehabt haben - wie schon jemand sagte ist es immer außerordentlich schwierig, ohne Sachkenntnis und Akteneinsicht eine juristische Frage so definitiv zu beantworten, wie es hier manche tun. ;)


    Wir beziehen unser Wissen und unsere Meinung aus den Medien - sowohl damals als auch heute bezüglich der Reportage. Das Gericht hatte darüberhinaus sicher weitere Quellen, z.B. die widersprüchlichen Aussagen des Angeklagten usw.


    Daß die Beweisführung in einem reinen Indizienprozeß meistens sehr schwierig ist und ein Urteil, welches nur auf Indizien beruht nie ganz glücklich ist und auch in diesem Fall Fragen bleiben, ist leider tatsächlich so. Allerdings beruhen Urteile in Indizienprozessen auf einer Kette von Indizien (und nicht nur auf einer Zeugenaussage o.ä.), die aneinandergereiht vernünftige Zweifel nicht zulassen und für das Gericht war das eben offensichtlich der Fall.

  • ich habe vor einiger zeit einen bericht gesehen über den fall. ich denke es war dieser...


    was mich an der geschichte extrem zum zweifeln gebracht hat, bzw. meine zweifel verstärkt hat, waren die unterschiedlichen zeugenaussagen. ein zeuge, wenn ich mich recht erinnere, hat andere scheinwerfer herannahen sehen als turborolf hatte. auch nachdem der zeuge überholt wurde hat er eine auspuffanlage erkannt, die turborolf angeblich nicht hatte (doppelrohr eckig-oval)...


    da frage ich mich allerdings, was die polizei ermittelt, bzw. ermitteln möchte. das sind doch hinweise, denen man nachgehen sollte und muss...

  • @ brasax:


    der Zeuge der bei ~200 km/h die Scheinwerfer der E von denen der S Klasse unterscheiden konnte war nicht der Zeuge der sich so genau an die Auspuffanlage erinnern konnte.


    Im Endeffekt finde ich es auch extrem, um nicht zu sagen schon fast unglaubwürdig, dass manche Leute meinen sich an so kleine Details wie Bestandteile vom Kennzeichen, Auspuffanlage, genaue Uhrzeit usw. erinnern zu können wenn sie einen Wagen überholen der kein sehr auffälliges Fahrverhalten an den Tag gelegt hat.


    Ich erinnere mich z.B. noch nicht mal an die Farbe der Wagen neben die ich mich heute morgen gestellt habe.


    Wobei der Bericht auch als Gegenpol zu der Berichterstattung von Bild & Co. gedreht worden ist und eben auch wieder ziemlich einseitig in eine Richtung geht.

    Ohne Multitouch würde kein Windows laufen.


    Wie soll man sonst Strg+Alt+Enf drücken?

  • Dass sich jemand an solche Details erinnern kann, ist nicht per se unglaubwürdig - wenn man sich für Autos interessiert. Ich würde mir auch zutrauen, bestimmte Modelle oder sogar Motorisierungen auf der Basis bestimmter Details zu erkennen. Gilt aber sicher nicht für jeden...


    Gruss


    Luzy

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