Island am Abgrund?

  • Zitat

    Original geschrieben von Hellwach
    Das ist richtig. Viele haben aber schon lange bemängelt, dass der Risikoaufschlag zu gering ist für das zusätzliche Risiko. Klar, es mag "Glück" sein, dass sie Recht hatten. Vielleicht auch ein wenig gesundes Bauchgefühl.


    Da sich Menschen nunmal nicht überall rundum informieren können braucht es den Staat. Der hat hier imho Versagt. Man hätte unter diesen Umständen niemals eine Lizenz geben dürfen.


    Na ja, die Entwicklung an den Finanzmärkten war in dieser Weise ja nun wirklich nicht vorherzusehen, und ich bin mir noch nicht mal sicher, ob vor drei, vier Tagen Kaupthing schon gefährdet war. Der Bank-Run auf die Konten in Großbritannien ist nach der Pressemitteilung wohl der entscheidende Grund zum Scheitern gewesen, und das nehme ich den Isländern sogar ab. Allerdings gab es gerade für den Bank-Run in UK nach den verheerenden Erfahrungen mit Icesave auch zumindest psychologisch einen guten Grund (obwohl Kaupthing UK durch den britischen und nicht den isländischen Einlagensicherungsfond abgedeckt war).

  • Zitat

    Original geschrieben von Hellwach
    Man kann vom Normalbürger kaum verlangen, dass er sich über alle Details selbst informiert. Von dem her sehe ich auch keine Schuld bei den Kunden, es sei denn man war sich des Risikos bewusst durch Fachpresse, Fachforen,.... Es ist völlig natürlich, dass Menschen auf Anreize (hohe Zinsen, niedrige Preise) reagieren.


    Natürlich kann man das nicht. Aber seit dem selbst die Tageschau für die börsen Bereichterstattung platz schaffte, waren wir doch alle Wirtschaftsexperten. Wie schön waren noch die Zeiten, als über den Zustand am Wohnungsmarkt und über den Butterberg berichtet wurde.


    Zitat

    Original geschrieben von Hellwach
    Das Problem ist vielleicht eher die Bankenaufsicht, die es erlaubt hat, dass eine Bank, die lediglich eine Mikro-Volkswirtschaft mit 310.000 Einwohnern hinter sich hat überhaupt mit einer eigenen Einlagensicherung aktiv werden durfte. Weshalb hat man nicht darauf bestanden, dass sich die isländischen Banken (Landsbanki in England und Kaupthing anderswo) sich einem europäischen System anschließen?


    Ich denke es wird zudem als größter Fehler in der Geschichte Islands eingehen, dass man sich nicht dem Euro angeschlossen hat. Vielleicht kommt ja auch Großbritannien demnächst wieder auf den Geschmack.


    Das Problem ist doch, das Island von dem Großteil der Anleger als Teil Europas angesehen wird. Wie die wahren Zusammenhänge sind, spielt da kaum eine Rolle. Wäre es nicht Island sondern Guinea gewesen, hätte das Spiel so nicht funktioniert.


    Zitat

    Original geschrieben von Hellwach
    Die Krise hat zudem bisher eines gezeigt: Es kann in Zukunft nur voran gehen, wenn man eine europäische Wirtschaftsregierung etabliert und die Steuer- und Finanzregeln einheitlich gestaltet. Sarkozy und Berlusconi - so demagogisch sie sich sonst auch geben - sowie Brown haben schon allen Grund, auf Merkel und insbesondere Steinbrück sauer zu sein.


    In solchen Zeiten braucht man einen Fels in der Brandung. Und der heißt ganz klar Europa.


    Merkel hätte sich schon längst an der Flickschusterei beteiligt. Nur arbeitet sie schon heute massiv daran, den Mietvertrag für das Bundeskanzleramt im nächsten Jahr zu verlängern. Wären wir wieder beim Normalbürger, nur diesmal nicht als Anleger sondern als Wähler

  • Zitat

    Original geschrieben von Hellwach


    Die Krise hat zudem bisher eines gezeigt: Es kann in Zukunft nur voran gehen, wenn man eine europäische Wirtschaftsregierung etabliert und die Steuer- und Finanzregeln einheitlich gestaltet. Sarkozy und Berlusconi - so demagogisch sie sich sonst auch geben - sowie Brown haben schon allen Grund, auf Merkel und insbesondere Steinbrück sauer zu sein.


    Da stimme ich Dir absolut zu. Demagogisch waren in diesem Fall allerdings vor allem die Deutschen. Es wäre ein sehr starkes Signal gewesen, wenn die vier großen EU-Länder nach dem Pariser Gipfel eine gemeinsame Aktion oder zumindest ein gemeinsames Vorgehen verkündet hätten.


    Aber ich habe ja schon an anderer Stelle geschrieben, dass ich das Krisenmanagement der Deutschen für nicht gerade überzeugend halte.

  • Hallo Hellwach,


    es ist schon richtig, daß man ein wenig Verbraucherschutz benötigt und daß hierfür der Staat verantwortlich ist. Generell finde ich jedoch, daß wir viel zu viel staatliche Regulierung haben. Das schützt zwar Konsumenten, bremst aber halt auch. Ich finde es etwas eigenartig, daß in Volkswirtschaften, in denen es weniger staatliche Regulierung existierte und die dadurch profitiert haben, im Fall von drohenden Insolvenzen auch der Staat aufkommt. Auch wenn die Gagrantiezusage von Frau Merkel nur den Sinn hatte, die Anleger zu beruhigen und ihr Geld nicht abzuheben, halte ich es für riskant als Kleinsparer so zu handeln. Hätte ich mich auf die extrem unpräzise Aussage von Frau Merkel verlassen, wäre ich mein Geld jetzt los. Gut, daß ich das nicht getan habe und mich - wie immer - nicht auf den Staat verlassen habe.


    Meine Erfahrung ist die, daß man ein staatliches Gefüge für ein ordnetliches Zusammenleben braucht, daß der Staat sich sonst aber lieber aus möglichst vielen Dingen raushalten sollte und es der Wirtschaft überlassen sollte, wie sich Märkte entwickeln. Mobilfunk ist ein gutes Beispiel. Was bin ich froh, daß die Bindung an die Post als alleinigen Anbieter der Vergangenheit angehört. Ja: Die Qualität der Netze ist schlechter geworden, aber wie haben wenigstens eine Auswahl und können uns für eine Qualitätsstufe entscheiden.


    Viele Grüße, garnixan

    Weltweit werden 40% aller mobilen Telefongespräche über Ericsson Netze geführt. 100% aller Telefongespräche im Hause garnixan werden über ein Ericsson Endgerät geführt.

  • Mobilfunk (aus Sicht des Kunden) braucht den Staat extrem, da sehr hohe Anfangsinvestitionen zu tätigen sind, die den Markteintritt von Konkurrenten extrem erschweren und mit größerer zeitlicher Verzögerung zu anderen Anbietern immer unmöglicher machen (Stichwort "steigende Skalenerträge", d.h. Kostenvorteile durch Unternehmensgröße). Nicht umsonst wird hier massiv staatlich reguliert (z.B. Terminierungszuschlag für die Newcomer E-Plus und O2).


    Also völlig falsches Beispiel.

    »Wer Sicherheit der Freiheit vorzieht, ist zu Recht ein Sklave« (Aristoteles)

  • Zitat

    Original geschrieben von Robert Beloe
    Natürlich gab es eine grundsätzliche Fehlentwicklung an den Finanzmärkten. Aber klar ist auch, dass die Entscheidung, Lehman pleite gehen zu lassen, einen Tabu-Bruch darstellte, einen extremen Vertrauensverlust in die Liquidität der Banken zur Folge hatte und daher eine klare Fehlentscheidung war. Hank Paulson würde heute garantiert anders handeln.

    Ich finde es eigentlich richtig das Lehman Brothers in die Pleite geschickt worden ist, denn man soll keinem Unternehmen, auch wenn es eine Bank ist absolute Narrenfreiheit gewähren.


    Aber ich denke in Island sollten die Ausländischen Banken, vorallem die Zentralbanken mal das System und die isländische Krone stützen indem sie isländische Kronen aufkaufen.


    Generell finde ich sollte man zwar die Systeme stützen, aber keine einzelnen Banken. Wers verbockt hat solls auch ausbaden.

  • Zitat

    Original geschrieben von Martyn
    Ich finde es eigentlich richtig das Lehman Brothers in die Pleite geschickt worden ist, denn man soll keinem Unternehmen, auch wenn es eine Bank ist absolute Narrenfreiheit gewähren.


    Aber ich denke in Island sollten die Ausländischen Banken, vorallem die Zentralbanken mal das System und die isländische Krone stützen indem sie isländische Kronen aufkaufen.


    Generell finde ich sollte man zwar die Systeme stützen, aber keine einzelnen Banken. Wers verbockt hat solls auch ausbaden.


    Da stimme ich dir zu.
    Fiducia hat übrigens das Onlinebanking abgestellt.

  • Zitat

    Original geschrieben von Martyn
    Generell finde ich sollte man zwar die Systeme stützen, aber keine einzelnen Banken. Wers verbockt hat solls auch ausbaden.


    Das Problem ist nur, daß es nicht "die" Systeme gibt sondern nur ein großes, unseren kleinen Planeten. Wer weltweit handelt sollte sich auch weltweit verständigen. Von daher halte ich solche Rumdokterei für nicht besonders aussichtsreich.

  • Die Situation in Island ist derzeit aber schon von den anderen Märkten abgekoppelt. Wenn jetzt Fed, EZB, ... isländische Kronen kaufen würden, dann wäre der Kurs schon über 1/200 € zu halten, und damit wäre die isländische Wirtschaft schon stabilisiert, und die Versorgung mit Importen gewährleistet.

  • Zitat

    Original geschrieben von Martyn
    Ich finde es eigentlich richtig das Lehman Brothers in die Pleite geschickt worden ist, denn man soll keinem Unternehmen, auch wenn es eine Bank ist absolute Narrenfreiheit gewähren.


    Das ist generell natürlich richtig, nur im konkreten Fall war die Wirkung der unterlassenen Hilfeleistung fatal und hat nicht nur Lehman geschadet, sondern letztlich der gesamten Bankenbranche und den Volkswirtschaften der westlichen Staaten. Eine Pleite hatte niemand für möglich gehalten, nach der Pleite von Lehman wurde aber so gut wie alles für möglich gehalten. Das Vertrauen war dahin. Deshalb wäre es richtig gewesen, Lehman Brothers zu retten.


    Die Verlierer der Pleite waren eben nicht nur die hochbezahlten Manager, sondern auch ganz normale Leute.

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