Rentenerhöhung 1. Juli 2012

  • Panikmache ist doch ganz offensichtlich nicht meine Absicht; am Ende meines Beitrags hatte ich sogar meine Hoffnung geäußert, dass der Krug, der den künftigen Rentnern aktuell aufgebuckelt wird, wenigstens zum Teil noch an uns vorüberzieht.


    Was ich aber anmahne:
    Andere nutzen eine künftige, nicht einmal in vollem Umfang absehbare Entwicklung, um bereits jetzt die Öffnung der im Rentenalter klaffenden Schere zwischen Gut- und Geringverdienern voranzutreiben ... im Wege vorauseilenden Gehorsams sozusagen. Bei gleicher Gelegenheit lässt man keinen Versuch aus, gerade Geringverdiener zum Sparen anzuhalten, die ihr Erspartes nach derezitigem Kenntnisstand komplett in den Wind schreiben können.


    Derartiges staatliches Handeln halte ich für unredlich und geeignet, sozialen Unfrieden zu erzeugen, wenn die Gelackmeierten diesen Bauerntrick (irgendwann einmal) durchschauen. Das empfinde ich als bedauerlich - nicht mehr und nicht weniger wollte ich zum Ausdruck bringen.


    jdf:
    Auch ich hatte nicht Dich gemeint ... sondern eher meine gefühlsduseligen Ausschweifungen. So sehr unterscheiden sich Männer und Frauen dann wohl doch nicht. ;)


    Gut's Nächtle von dieser Seite


    Frankie

  • Was mir hier in der Diskussion bisher etwas zu kurz kam, ist der Umstand, dass die Ansprüche aus den meisten der genannten Vorsorgearten am Ende doch wieder nur genau das wert sein werden, was die dann arbeitende Generation dafür aufbringen kann und will.
    Das sind virtuelle Ansprüche gegen eine zum Teil noch nicht geborene Generation, in aller Regel ohne einen tatsächlichen ex ante bestimmbaren Wert.


    Selbst im Fall einer zu vermietenden Immobilie bestimmt die Nachfrage und damit eben die Zahlungsfähigkeit potentieller Mieter oder Käufer in der Zukunft die erzielte Rendite und natürlich nicht der ursprüngliche Kaufpreis.


    Geht es dieser künftigen arbeitenden Generation gut, müssen wir uns wenig Sorgen machen, ziemlich unabhängig davon, wie individuell fürs Alter vorgesort wurde,


    Geht es dieser künftigen Generation hingegen schlecht, kommt es zu einer breiten Entwertung praktisch aller denkbaren Formen der Altersvorsorge. [Vielleicht mit Ausnahme eigener Kinder ;)]



    Das nennt man dann "asset meltdown", wenn ich richtig informiert bin.



    Vor diesem Hintergrund verstehe ich nicht so recht, warum es keinen breiteren gesellschaftlichen Konsens über die bestmögliche Ausbildung wirklich aller junger Menschen gibt.


    Wer bei der Bildungspolitik die Zugbrücken hochzieht entwertet seine eigene Altersvorsorge.

    “The ideas of economists and political philosophers, both when they are right and when they are wrong, are more powerful than is commonly understood. Indeed the world is ruled by little else. Practical men, who believe themselves to be quite exempt from any intellectual influence, are usually the slaves of some defunct economist.” (Keynes)

  • Endlich mal jemand, der das ähnlich sieht! Wir haben das auch ein paar Mal im Freundeskreis besprochen: wir wären alle bereit, deutlich mehr als 50% Steuern zu bezahlen, wenn das Geld in die Jugend und Bildung gesteckt werden würde. Wie ich hier an zahlreichen Threads bereits erwähnt habe, führt der Weg fur alle Industriestaaten mit alternder Bevölkerung nur über den Weg der Bildung...

  • Zitat

    Original geschrieben von <registered>
    ...
    Geht es dieser künftigen arbeitenden Generation gut, müssen wir uns wenig Sorgen machen, ziemlich unabhängig davon, wie individuell fürs Alter vorgesort wurde,


    Geht es dieser künftigen Generation hingegen schlecht, kommt es zu einer breiten Entwertung praktisch aller denkbaren Formen der Altersvorsorge. [Vielleicht mit Ausnahme eigener Kinder ;)]
    ...


    Das ist es auf den Punkt gebracht. Und hier erwarte ich, dass es künftigen Generationen doch etwas besser gehen wird, als aktuell prognostiziert. Die gegenwärtigen Prognosen halte ich in in weiten Teilen für politisch motiviert, um die drastischen Einschnitte im sozialen System rechtfertigen zu können.


    Allerdings hat die Zugrundelegung eines eher pessimistischen Ausgangswerts auch Vorteile. Die unterschiedlichen Ansätze kann man gut nachvollziehen, wenn man die US-amerikanische Sichtweise mit der deutschen vergleicht - gegensätzlicher könnten die Erwartungen an die Zukunft nicht sein. Vielleicht wäre ein Mittelweg das Wünschenswerte.



    Zitat

    Original geschrieben von autares
    Endlich mal jemand, der das ähnlich sieht! Wir haben das auch ein paar Mal im Freundeskreis besprochen: wir wären alle bereit, deutlich mehr als 50% Steuern zu bezahlen, wenn das Geld in die Jugend und Bildung gesteckt werden würde. Wie ich hier an zahlreichen Threads bereits erwähnt habe, führt der Weg fur alle Industriestaaten mit alternder Bevölkerung nur über den Weg der Bildung...


    Auch diese Sichtweise halte ich prinzipiell für richtig. In Deutschland gibt es zu viele Erwerbsfähige ohne Ausbildung oder gar Schulabschluss, die in einer technisierten Welt selbst für durchschnittliche Arbeiten nicht einsatzfähig sind.


    ALLERDINGS:
    Die Argumentation, dass diesem Problem durch eine Erhöhung der Akademikerquote zu begegnen ist, halte ich für völlig irre. Das Eine hat mit dem Anderen rein gar nichts zu tun. Der akademische Grad als Garant für einen Arbeitsplatz ist ohnehin ein absolute "Polit-Ente", die als Allheilmittel gepriesen wird, weil man mit diesem Argument gut begründen kann, warum sichtbare Erfolge in der Gegenwart ausbleiben - einStudium dauert halt.


    Der Ansatz muss doch sein, den wenig oder nicht Ausgebildeten eine Qualifikation zu verschaffen - etwa im Rahmen einer Ausbildung in Handwerksberufen, in denen schon jetzt viele Stellen mangels qualifizierter Bewerber unbesetzt bleiben. Das ewige Lied vom "fehlenden Hochqualifizierten" sehe ich nicht als geeignet, diese Stellen zu besetzen.


    Statt ewiger Diskussionen um Schulformen, die jedem einen möglichst hoher Abschluss aufdrängen sollen, müsste die politische Führung für tatsächlich vorhande Ausbildungsplätze sorgen. Das mindestens zehn Jahre lang anhaltende Gejammer der Wirtschaft, in Deutschland gebe es nicht genug Fachpersonal, ist dafür einglänzendendes Beispiel. Würden Betriebe ausbilden, gäbe es diese Fachkräfte.


    Die politische Absicht, diesen Mangel durch eine höhere Bildung ausgleichen zu wollen, kann ich nicht nachvollziehen. Ohne Ausbildung kann auch kein Akademiker ein Brot backen oder ein Kraftfahrzeug reparieren.


    Frank

  • Ich freue mich, dass ihr dem Argument so viel abgewinnen könnt.


    Die Titelhuberei halte ich auch für beklagenswert. Aber das liegt zu einem großen Teil an Zuständen im Ausland, denen man sich glaubte anpassen zu müssen.

    “The ideas of economists and political philosophers, both when they are right and when they are wrong, are more powerful than is commonly understood. Indeed the world is ruled by little else. Practical men, who believe themselves to be quite exempt from any intellectual influence, are usually the slaves of some defunct economist.” (Keynes)

  • Ich sage ja nicht, dass wir eine Akademikerquote von 80% brauchen. Meiner Meinung nach, muss das Bildungsniveau allgemein angehoben werden. Kraftfahrer und Bäcker sind nun einmal Jobs, die mit der Globalisierung günstig wegrationalisiert bzw ausgelagert werden können. Bildung dagegen verschafft einen kompetetiven Vorteil.


    Und um die Ausgangsfrage mal wieder aufzugreifen: ich würde es viel lieber sehen, dass Rentner weitere Nullrunden hinnehmen müssen und dafür Bildung und Jugend gefördert wird.

  • Ich bin nicht der Meinung das Bildung das Problem löst.
    Im Kern ist das Problem die Umlagefinanzierung an sich, im Besonderen das Gehalt als Bemessungsgrundlage für SV-Abgaben ohne Bezug zur Produktivität.
    Wenn konstant die Produktivität der Leute steigt, fallen Arbeitsplätze weg bei gleich hohem Absatzmarkt. Vereinfacht gesagt: früher haben 10 Mann auf dem Acker gearbeitet, heute 2 mit Landmaschinen. Früher gab es 10 Beitragszahler, heute nur noch 2. Wenn nun die restlichen 8 Leute woanders unterkommen ist es kein Problem. Woanders steigt dummerweise aber auch die Produktivität. Das ist ja auch der Grund, warum Wachstum und Export für Deutschland so wichtig sind. Kommen diese Parameter aus dem Tritt kommen wir dahin, wo wir sind. Effiziente Fertigung, aber keine insgesamt wachsenden Absatzmärkte. Wächst die eine Branche, geht die andere ein. Das Spiel geht so lange gut, wie die Summe aller Gehälter inflationsbereinigt mindestens konstant bleibt und entsprechend Rentenbeiträge gezahlt werden können. Auf die Dauer kann es aber nicht funktionieren. Es gibt weder unbegrenzt neue Arbeitsplätze noch kann man die Gehälter 1:1 an das Wachstum anpassen. Es wird immer ein kleines Delta zum Produktivitätswachstum geben - und das bedeutet, dass entweder die Bemessungsgrundlage korrigiert werden sollte oder/und Unternehmen ihren SV-Anteil erhöhen und immer mehr zahlen als beim Anteil des Arbeitnehmers.

    Das Experiment erfordert, dass Sie weitermachen!

  • Zitat

    Original geschrieben von autares
    Ich sage ja nicht, dass wir eine Akademikerquote von 80% brauchen. Meiner Meinung nach, muss das Bildungsniveau allgemein angehoben werden. Kraftfahrer und Bäcker sind nun einmal Jobs, die mit der Globalisierung günstig wegrationalisiert bzw ausgelagert werden können. Bildung dagegen verschafft einen kompetetiven Vorteil.


    Und um die Ausgangsfrage mal wieder aufzugreifen: ich würde es viel lieber sehen, dass Rentner weitere Nullrunden hinnehmen müssen und dafür Bildung und Jugend gefördert wird.


    Du wirfst hier einiges durcheinander. Renten sind keine Almosen (Sozialleistung) des Staates, sondern werden durch die Beiträge von Arbeitnehmern und Arbeitgebern finnanziert. Das Geld der Rentenversicherung steht deshalb auch nicht dem Staat zur Finanzierung anderer Ausgaben zur Verfügung. Die gesetzliche Rentenversicherung bekommt zwar jährlich einen Zuschuß des Staates, der ist aber lediglich ein Ausgleich für versicherungsfremde Leistungen, welche die Rentenversicherung erbringen muß, weil es der Gesetzgeber so will. Die Rentenerhöhungen richten sich deshalb nach den Lohnerhöhungen des letzten Jahres, abzüglich von Dämpfungs- und Nachhaltigkeitsfaktoren, die ich jetzt hier nicht näher erläutern kann. Unterbliebene Null- und Minusrunden werden den Rentern auch nicht geschenkt, sondern mit zukünftigen Rentenerhöhungen verrechnet.


    Wenn manche der Jüngern jammern, daß sie einmal viel weniger Rente bekommen werden als die heutige Rentner-Generation, dann sind daran zum Teil selber schuld, weil sie nicht genügend Nachwuchs in die Welt setzen. Das war bei der Kriegs- und Nachkriegsgeneration anders, die haben ihr Soll in dieser Hinsicht erfüllt und deshalb auch noch ein höheres Rentenniveau.

    Oberfranken ist meine Heimatliebe, die mir am Herzen liegt Bernhard

  • Zitat

    Original geschrieben von bernbayer
    ...
    Wenn manche der Jüngern jammern, daß sie einmal viel weniger Rente bekommen werden als die heutige Rentner-Generation, dann sind daran zum Teil selber schuld, weil sie nicht genügend Nachwuchs in die Welt setzen. ...


    Dieses Argument lasse ich nicht gelten. Unter Berücksichtigung des in vielen Ländern noch guten Rufs der BR Deutschland ließe sich dieses Problem durch gesteuerte Zuwanderung recht einfach lösen. Und das noch mit Zusatzeffekt: Unter den in Frage kommenden jungen Zuwandererungs-Bewerbern dürften auch etliche sein, die schon über eine ausreichende Qualifikation verfügen, was den deutschen Bildungsetat nicht unerheblich entlasten dürfte.


    Fehlte es also tatsächlich an jungen Erwerbsfähigen, wäre das kein echtes Problem - allerdings ausreichend, um es dem dummen Wahlvolk als solches zu verkaufen. Warum werden also die Zuwanderungsschleusen nicht geöffnet?


    Richtig: Weil es weder für solche Zuwanderer noch für den (fehlenden) eigenen Nachwuchs freie Stellen gibt!


    Aber weil dieses Argument so schön logisch klingt, blasen gleich alle politischen Stömungen in dieses Horn. Und weil fest alle das tun, liegt es Nahe, dieser Aussage Glauben zu schenken, ohne sie zu hinterfragen. ;)


    Frankie



    Ergänzung:
    Der günstigste Weg wäre, arbeitswillige Erwerbsfähige so zu qualifizieren, dass sie die zur Verfügung stehenden freien Stellen besetzen können. Und zwar nicht durch obskure Bildungsangebote freier Anbieter, deren Hauptziel es ist, die eigenen Taschen zu füllen. Echte Ausbildungsplätze müssen her und als Vorstufe eine Schulform, die interessierte Schüler auf eine solche Tätigkeit vorbereitet und nicht nur auf den Erwerb einer Hochschulqualifikation zielt.


    Das wäre meine Vorstellung ... aber was ist Realität?


    Arbeitsagenturen versuchen stattdessen mit all ihnen zur Verfügung stehenden Ressourcen, nicht Arbeitswillige zu vermitteln, anstatt erst einmal wirklich Arbeitsuchende unterzubringen. Diese Gruppe überlässt man weitgehend sich selbst. :rolleyes:

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