edit: Bilder hinzugefügt - Links am Ende des Beitrags.
Es steht wieder einmal eine neue Gerätegeneration aus der DECT-Familie von Siemens vor der Tür, und interessanterweise ist es dieses Mal AFAIR erstmals das ISDN-Modell, welches zuerst verfügbar ist. Eine IMHO durchaus begrüßenswerte Sache, die man beibehalten könnte... ![]()
Ob das neue Siemens die freudigen Erwartungen, die viele DECT-Fans hier an das Gerät haben werden, erfüllen kann, sollen die folgenden Zeilen klären.
(SPOILER: Hardcore-Siemens-Fans sollten vielleicht lieber nicht weiterlesen...
)
1. Der Verpackungsinhalt
Nach dem Öffnen der jetzt in orange/weiß gehaltenen Verpackung findet man das Mobilteil SL74, die passende Ladeschale, den Akku (Standard-Akku aus der Siemens-Handy-Welt), die Basisstation SLX740isdn, Netzteil, ISDN-Kabel und ein Handbuch. Das Mobilteil ist silberfarben mit grauen Griffleisten an den Seiten. Was die Designer geritten hat, als sie auch die Ladeschale des Mobilteils sowie die Basisstation in einem ausgesprochen hässlichen Grauton lackierten, wissen sie wahrsch. nur selbst. So jedenfalls passt sich das Ganze in kaum ein Interieur halbwegs unauffällig ein. Weiß, silber oder schlicht und ergreifend schwarz wären deutlich bessere Wahlen gewesen.
2. Das Mobilteil SL74
Die wichtigste Neuerung ist natürlich das neue Mobilteil Gigaset SL74, welches in identischer Art und Weise auch beim Analogmodel SL740 beiliegen als auch einzeln erhältlich sein wird. Das SL74 gefällt zunächst durch seine klare Form und die optimale Größe. Waren die bisherigen Siemens-DECT-Mobilteile entweder zu groß und zu dick (u.a. wg. der verwendeten AA-Akkus) oder - wie das SL1 - als Festnetzgerät fast schon wieder ein wenig zu klein, so hat man beim SL74 IMHO ein optimales Maß gefunden. Das Gerät ist weder zu groß noch zu klein, weder zu dick noch zu dünn, und auch das Gewicht stimmt. Das Mobilteil liegt nicht zuletzt wegen der seitlichen geriffelten Leisten so gut in der Hand wie bisher kein anderes DECT-Mobilteil von Siemens.
Ebenfalls überzeugend ist die Tastatur. Manche werden bei einer solchen flächigen Tastatur möglicherweise ein wenig die Blindbedienbarkeit vermissen, aber optisch ist das auf jeden Fall ein Hingucker. Erinnert (auch vom Material her) stark an die Tastatur des Motorola v600. Die orangefarbene Tastaturbeleuchtung könnte ein wenig gleichmäßiger sein, ist jedoch ausreichend.
Bedauerlicherweise ist an dieser Stelle dann allerdings schon Schluss mit den Pro's...
Der erste üble Schnitzer ist das verwendete Material. Der bisher verwendete, etwas angerauhte Kunststoff bisheriger Mobilteile ist einem weichen, glatten Etwas gewichen, welches Assoziationen mit Triums und ähnlichen Handys weckt. Auch der Akkudeckel, der unsinnigerweise aus der kompletten Rückseite des Gerätes besteht und nicht wirklich den Eindruck macht, als liesse er sich mehr als einige wenige Male schadlos entfernen, wirkt nicht wirklich vertrauenerweckend.
Den angenehm designten grauen Seitenteilen und der gelungene Formgebung des Gerätes steht also eine schlechte Materialanmutung sowie ein unintelligent designter Akkudeckel gegenüber. Muß jeder selbst entscheiden, wie er das gewichtet...
2.1 Das Farbdisplay
Spätestens hier gewinnt das SL74 nun überhaupt keinen Blumentopf mehr. Einmal mehr wurde das aus diversen Siemens-Handys bekannte 4096-Farben-Display verbaut - mit den üblichen Schwächen: Geringe Auflösung, schlechter Farbkontrast. Die SW-Entwickler müssen sich dann wohl sinngemäß gedacht haben, dass wenn das Display selbst schon nach nix aussieht, es sich auch nicht lohnt, ein wenigstens halbwegs ansprechendes Menü zu entwerfen. Herausgekommen ist dies: Die obere Menübene besteht nun, dem allgemeinen Trend folgend, aus 9 großen Icons, die zwar animiert, aber farblos sind. Diese Tristesse wird nur noch von der Tatsache übertroffen, dass sich die Icons vor einem simplen weißen Hintergrund befinden.
Den traurigen Höhepunkt der Freudlosigkeit markiert dann schließlich das Menü unterhalb der oberen Ebene. Die Anzeige wechselt hier auf die bekannte Textanzeige der früheren Mobilteile - allerdings hätte man hier wirklich etwas mehr erwarten können. Der Hintergrund bleibt weiterhin weiß, und was vor allem unverständlich ist (und auch wirklich sch**** aussieht): Zwischen jedem Menüpunkt ist eine Leerzeile. Völliger Blödsinn, zerklüftet das Menü nur sinnlos. Dass es keinen seitlichen Scrollbalken gibt, spielt dann eigentlich auch keine Rolle mehr...
Ein weiterer Nachteil besteht darin, dass sich das Display - wie bei Handys - nach einigen Sekunden abschaltet (außer das Gerät steht auf der Ladeschale). Ohne das Gerät in die Hand zu nehmen, sieht man also nicht, was angezeigt wird.
Wenigstens lässt sich im Standby-Betrieb ein Hintergrundbild aktivieren. Mitgeliefert wird genau eines ("Sky"). Nicht wirklich schön, und auch nicht wirklich selten, aber immerhin... Ansonsten hätte man "out-of-the-box" rein gar nichts vom Farbdisplay.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das SL74 in der Summe aller Pro's und Con's eher eine Enttäuschung ist. Zwar liegt das Teil aufgrund seiner Form ausgezeichnet in der Hand und sieht auf den ersten Blick auch wirklich klasse aus. Trotzdem vergeht die Freude dann doch relativ schnell ob der nicht sonderlich hochwertig wirkenden Materialien und vor allem wegen des enttäuschenden Displays. Man hat es bei Siemens leider immer noch nicht begriffen, dass einer der Gründe für ein Farbdisplay schlicht und ergreifend der ist, dass die Verwendung, die Bedienung des Gerätes Spaß machen soll. Und dieser kommt hier ganz und gar nicht auf - eher im Gegenteil.
Da war doch noch was... Achja, die Kamera. Man möge mir nachsehen, dass ich da nicht weiter drauf eingehe, da ich diese - an einem Festnetzgerät noch mehr als an einem Handy - für absolut überflüssig halte und mir deren Funktionalität daher relativ egal ist. Ein Blick ins Kameramenü verrät, dass sie zwei verschiedene Qualitätsstufen und Einstellungen für den Weißabgleich kennt. Zumindest eines lässt sich aufgrund der Kamera allerdings relativ deutlich erkennen: Es ging Siemens hier offensichtlich nie darum ein wirklich neues Produkt auf den Markt zu werfen. Vielmehr war der Hauptantriebsgrund wohl der, ein Gerät auf den Markt zu bringen, welches eine neue Möglichkeit für T-Com auftut, mit überflüssigen Diensten (und dazu gehört MMS im Festnetz IMHO auf jeden Fall) Kasse zu machen. Es dürfte relativ schnell gehen, dass das entsprechende "Sinus"-Pendant bei der Telekom direkt erhältlich ist.
3. Features/Bedienung/Sonstiges
Hier gibt es kaum Neues zu vermelden. Das SLX740isdn beherrscht alle Einstellmöglichkeiten, die von vergangenen Siemens DECT ISDN-Anlagen bekannt sind; mir sind bislang weder Neuigkeiten aufgefallen, noch dass irgendwas nicht mehr gehen würde. Was unverständlicherweise fehlt, ist eine LED an der Basis, welche z.B. eine Anmeldebereitschaft signalisieren könnte.
Was - leider - ebenfalls gleich geblieben ist, ist die langsame Menügeschwindigkeit, wenn man sich im Basisstationsmenü befindet. Ich weiß nicht, warum die das bei Siemens nicht gebacken bekommen. Sobald man im Anlagenmenü ist, reagiert das Ganze praktisch genauso träge wie anno dazumals bei der ersten ISDN-Gigaset 1054. Bei anderen Herstellern tritt dieser Effekt komischerweise nicht auf - und das auch nicht erst seit gestern...
Auch hinsichtlich Sprachqualität und Reichweite liegt das System auf dem sehr hohen Niveau seiner Vorgänger. Hier hat Siemens nach wie vor die Nase vorn. Ist halt schade, dass man sich offensichtlich auf diesen Lorbeeren ausruht...
Fazit
Beim SLX740isdn bzw. beim Mobilteil SL74 kann man weder von einer Evolution und erst recht nicht von einer Revolution sprechen. Das lieblos integrierte Farbdisplay lässt keinerlei Freude aufkommen und bringt dadurch, dass es sich naturgemäß abschaltet und dann nicht ablesbar ist, eher Nach- als Vorteile mit sich. Wirklich zu schätzen wissen werden es wohl nur Leute, die die Kamera benutzen wollen. An der Ausstattungsfront hat sich de facto nichts getan, und die alte Gigaset-Krankheit "langsame Geschwindigkeit im Basisstationsmenü" ist unverändert vorhanden. Zwar hatten die Designer zumindest bei der äußerlichen Formgebung des SL74 ein gutes Händchen, aber im Grunde wars das dann auch. Und dies allein wiegt die Enttäuschung, die das Gerät ansonsten hinterlässt, IMHO nicht auf. Wirklich glücklich werden mit dem Gerät IMHO nur die werden, die tatsächlich auf ein MMS-fähiges Festnetzgerät mit Kamera gewartet haben. Ich persönlich denke, dass wir das erste Festnetztelefon mit Farbdisplay, von dem ein wirklicher Fun-Faktor und ein "Behalten Wollen" - Effekt ausgeht, nicht von Siemens sehen werden... ![]()
Hier die versprochenen Bilder (1024x768, ca. 100kB):
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