Größtes deutsches Bahnprojekt aller Zeiten beschlossen: Stuttgart 21

  • Spiegel online schreibt heute mal wieder was nettes zum Thema Kosten und Transparenz. Wenn ich das so lese, ist es eigentlich kein Wunder, dass man sich irgendwo verschaukelt vorkommt.



    Das heisst also auf gut deutsch: man hat geplant, sich schöngerechnet, das aber weder verifizieren noch genehmigen lassen, was man da an Einsparungen geplant hat. Ist doch kein Wunder, dass man sich dann gerade an solchen Stellen angreifbar macht.

    Auch ein Traumjob berechtigt nicht zum Schlaf am Arbeitsplatz.

  • Passt ganz gut dazu:


    Unabhängig ob man jetzt für oder gegen das Projekt ist, wie sich die amtierende Landeregierung gerade zu selbst demontiert ist ja echt köstlich! :D Viel Spaß bei der kommenden Landtagswahl... :rolleyes:


    Und das sage ich, als eher ein Wähler der bestehenden Regierung! Nächstes mal bekommt ein anderer meine Stimme! Nur wer? Die SPD war genauso dafür, versucht jetzt nur Stimme aus dem Desaster zu gewinnen, und die Grünen als Regierungspartei im Ländle...? Hmm, ich weiß ja auch nicht... Alternativen seh ich (aber) keine! :(

    Die Handy-History gehört nicht in die Signatur!

  • Vor allen Dingen verstehe ich nicht, warum hier alle unisono auf den von den Grünen vorgeschlagenen Weg eindreschen. Aus Grüner Sicht stelle mir folgendes (ziemlich realistisches) Szenario vor:


    Zu Beginn der Proteste führt "Grün" die von den Gegnern geforderte Volksbefragung durch - und zwar bevor die Emonionen Gelegenheit haben, aufzukochen.


    Die Mehrheit der zu dieser Zeit noch besonnenen Bürger stimmt für das Projekt.


    Den wenigen Demonstranten fehlt die Hauptlegitimation ihres Protests. Den begründen sie in erster Linie ja damit, dass "die Politik über die Köpfe der Bürger hinwegentscheidet".


    Diese wenigen Demonstranten ohne Rückhalt von weiten Teilen der Bevölkerung hält man ohne besonderen Aufwand problemlos in Schach und die wegen des fehlenden Massenprotests freibleibenden Kapazitäten nutzt man dazu, den verbliebenen Bedenken der Bürgerschaft noch so weit als möglich Rechnung zu tragen.


    So funktioniert intelligente Politik.


    Im krassen Gegensatz dazu sehe ich die "Hau-Drauf"-Masche der CDU unter Zuhilfenahme der Polizei. Diese Art der Politik halte ich für ebenso zeitgemäß wie den streitbefangenen Kopfbahnhof. ;)


    Frankie



    Erg.:
    Natürlich hätte es vielleicht auch anders kommen können. Zumindest hat man aber eine reelle und im meinen Augen sogar höchstwahrscheinliche Chance vertan, dasselbe Ergebnis mit einer zufriedenen Bevölkerung zu erreichen. Und was wäre daran so falsch gewesen?

  • Weil es unglaubwürdg und populistisch ist, wenn die Grünen da eine Volksbefragung fordern. Als die in Berlin mit an der Regierung waren, haben die etliche Dinge mitbeschlossen, die die Bürger mehrheitlich nicht wollten. Ich habe damals nichts von den Grünen gehört, das sie etwa eine Volksbefragung zu "Harz IV gefordert hätten oder zumindest Rücksicht auf die Bürgermeinung genommen hätten, indem sie die Zustimmung zu Harz IV verweigert hätten. Da war dann die Macht wichtiger als die Meinung der Bürger.

    Oberfranken ist meine Heimatliebe, die mir am Herzen liegt Bernhard

  • Zitat

    Original geschrieben von frank_aus_wedau
    Vor allen Dingen verstehe ich nicht, warum hier alle unisono auf den von den Grünen vorgeschlagenen Weg eindreschen.


    ich antworte mal mit 2 zitaten aus der faz udn 1 aus dem fokus:
    http://www.faz.net/s/Rub7FC5BF…Tpl~Ecommon~Sspezial.html
    "Die Idee eines Durchgangsbahnhofs als Ersatz für den Stuttgarter Kopfbahnhof wurde vor mehr als zwei Jahrzehnten geboren. Sechs Jahre später, im Jahr 1994, stellten das eigentliche Projekt Persönlichkeiten vor, die inzwischen Geschichte sind: der Ministerpräsident von Baden-Württemberg hieß Teufel, der Stuttgarter Oberbürgermeister Rommel, Verkehrsminister war Matthias Wissmann, Bahnchef Heinz Dürr. 1997 wurde der Architektenwettbewerb entschieden, 2001 begann das Planfeststellungsverfahren, 2005 wurde die Baugenehmigung erteilt, 2009 wurden die Finanzierungsverträge unterschrieben.


    Auf diesem langen Weg gab es die notwendigen Entscheidungen demokratisch legitimierter Instanzen: vom Gemeinderat über den Landtag bis zum Bundestag. Im Planfeststellungsverfahren wurden mehr als elftausend Einsprüche behandelt; 2006 wies das oberste Verwaltungsgericht Baden-Württembergs drei Klagen gegen den Umbau des Bahnhofs ab. Alle Regeln des Rechtsstaats wurden eingehalten, der Verfahrensweg wurde ausgeschöpft – nicht einmal die Gegner von „Stuttgart 21“ behaupten, dass ihnen der Rechtsweg verkürzt oder gar abgeschnitten worden sei..."



    eine volksbefragung am ende eines jahrelangen prozesses ist scheinheilig und dient in dem fall nur der stimmungsmache - funktioniert aber gut...



    http://www.faz.net/s/Rub7FC5BF…Tpl~Ecommon~Scontent.html
    "Nur, wie könnte eine Einigung auf eine nicht nur kosmetische Neuplanung tatsächlich zustande kommen? Per Volksentscheid gewiss nicht. Denn dazu müsste jemand einen kompletten Entwurf ausarbeiten, den das Volk dann genehmigen oder verwerfen könnte. Doch nach welchen Eckpunkten könnte so ein Entwurf entstehen? Gäbe es darüber nicht ebenso Streit wie jetzt über den alten Entwurf? Wer hätte überhaupt das Recht, Wünsche zu äußern, nur ein Stuttgarter oder jeder Deutsche mit Bahncard? Wer dürfte die Wünsche gewichten und die Widersprüche auflösen? Ein nach Parteienproporz besetzter runder Tisch, oder dürften auch Parteilose - wenn ja, nach welchem Schlüssel und in wessen Auftrag - mitbestimmen? Wäre das Ergebnis gerichtlich zu überprüfen, oder soll es der Rechtsstaatlichkeit entzogen werden? Und wer haftet für die Fehler, die sich so in das Bauwerk einschleichen könnten? Nicht zuletzt: Woher käme die Zuversicht, dass ein basisdemokratisch entstandener Entwurf einige Jahre später, wenn die Ausführungsplanungen fertig sind, nicht wiederum auf Widerstand stieße?..."



    wie es besser geht hatte ich auch schon verlinkt:
    http://www.focus.de/politik/de…cht-nicht_aid_560750.html
    "Römmele: Ein Beteiligungsverfahren. Was man in Stuttgart jetzt braucht, ist ein so genanntes „joint fact finding“. Gegner und Befürworter müssen sich zusammensetzen und zu einer gemeinsamen Interpretation der Fakten kommen. Erst dann kann man ausloten, wie viel Verhandlungsspielraum besteht. Das ist die erste Phase. Dann muss es einen ständigen Dialog geben, um das Konfliktpotential einzubinden und die Vielfalt der Stimmen für die Verbesserung des Projekts zu nutzen. So wie in Frankfurt.


    FOCUS Online: ... beim Bau der neuen Landebahn Nordwest am Frankfurter Flughafen...


    Römmele: Frankfurt hatte sein Waterloo schon. Der Bau der Startbahn West hatte in den 1970er- und 80er-Jahren zu heftigen Protesten und gewalttätigen Demonstrationen mit Toten geführt. Als dann Ende der 90er-Jahre der Bau einer neuen Landebahn anstand, hat die Landesregierung von Anfang an das Gespräch mit den Gegnern gesucht. 1998 initiierte die rot-grüne Landesregierung unter Hans Eichel ein Mediationsverfahren und Roland Koch hat das später fortgeführt. Zwei Jahre lang wurde diskutiert, am Ende stand ein von allen fast allen Parteien anerkanntes Mediationspaket, der Anti-Lärm-Pakt. Auch danach wurde weiter miteinander geredet, bis heute begleitet ein regionales Dialogforum den Ausbau und die Umsetzung der Vereinbarungen.


    FOCUS Online: Warum wurden diese Erfahrungen nicht auch für das Großprojekt Stuttgart 21 genutzt?


    Römmele: Das ist mir schleierhaft. Die Schwaben haben da nicht über den eigenen Tellerrand hinausgeschaut. Allerdings muss man zugestehen, dass die Pläne zu Stuttgart 21 zunächst auch von der Bevölkerung positiv aufgenommen wurden. Das hat möglicherweise den Blick auf potenzielle Risiken verstellt...."

  • Was ich an der ganzen Geschichte noch immer vermisse, sind eben Statements, die die Aussagen der S21-Gegner widerlegen. Nur: Da kommt seit Wochen und Monaten nichts, gar nichts. Schon komisch.


    Einige der Argumente der S21-Gegner, die ich gerne seitens der Bauleitung widerlegt sehen würde, sind unter anderem (alle ohne Anspruch auf Vollständigkeit oder Korrektheit, ebenso kann ich spontan keine Quellen nennen, da das eine Art Gedächtnisprotokoll ist):

    • bei S21 wurde der Tunneldurchmesser aus Kostengründen derart vermindert, dass bestehende Sicherheitsmerkmale für Tunnelstrecken per Sondererlass des Verkehrsministers Ramsauer genehmigt werden mussten. So sollen z.B. die vorgeschriebenenen Fluchtstrecken so angelegt werden, dass diese sich mit den Fahrstrecken überschneiden.
    • Zudem sollen die Intervalle für Notausgänge ebenso per Sondergenehmigung von 500 m auf 1000 m ausgedehnt worden sein, um Geld zu sparen, während gleichzeitig die potentiellen Rettungskräfte im Notfall (sprich: die Stuttgarter Feuerwehr) personell noch weiter ausgedünnt werden soll, dass sich diese nicht in der Lage sieht, bei einem Notfall schnell und umfassend Hilfe zu leisten.
    • Im Bereich des Flughafens soll der ICE dasselbe einspurige Gleis nutzen wie die dortige S-Bahn. Sprich: Im Zweifelsfall kriecht der schnelle ICE brav hinter der S-Bahn her. Und sollte es in diesem Bereich mal zu einem Ausfall oder einer Panne im S-Bahn-Bereich kommen, ist unweigerlich der ICE-Verkehr in Stuttgart und damit im gesamten (?) süddeutschen Raum gestört.
    • Der Ausbau der ICE-Verbindung Stuttgart HBF - Flughafen mag mit einer Fahrtzeit von 8 Minuten ein riesiger Gewinn sein im Vergleich zum jetzigen Status, wo man mit der S-Bahn etwa 28 Minuten benötigt. Aber lassen wir doch die Kirche im Dorf: Der Flughafen Stuttgart ist im Vergleich mit Frankfurt, München und Düsseldorf ein Provinzflughafen. Und wer von hier in die Ferien fliegt, wird sicherlich nicht mit einem teuren ICE-Ticket vom HBF zum Flughafen fahren, um 20 Minuten einzusparen, sondern weiterhin auf die sehr viel günstigere S-Bahn setzen.
    • Die Argumentation der S21-Befürworter, ein Kopfbahnhof wäre nicht leistungsfähig, und der Stuttgarter Kopfbahnhof soll deswegen nicht auf dem Stand der Zeit sein, mag im letzten Jahrhundert bzw. Jahrtausend noch richtig gewesen sein. Inzwischen gibt es kaum noch richtungsgebunde Züge, vielmehr sind nahezu noch nur richtungsungebundene Züge mit Triebköpfen am Start. Ich kann mich noch daran erinnern, dass vor 25-30 Jahren im Stuttgarter Hauptbahnhof bei nahezu jedem Zug vorne die Lok abgekoppelt und hinten eine neue angekoppelt werden musste. Aber das ist lange her. Und in der Kopfbahnhöfen Frankfurt, München, Leipzig usw. funktioniert das doch auch.


    Was auf jeden Fall mehr als überfällig ist: Die NBS S-Ulm. Ich bin erst heute wieder mit dem Hochgeschwindigkeitszug ICE mit Tempo 70 in Richtung München gerumpelt, Spaß macht das keinen. Und ohne die NBS ist auch S21 an sich eigentlich hinfällig.


    Ich sehe den Diskurs entgegen wohl vielen anderen hier im Forum nicht als parteipolitisches Geplänkel, sondern das Problem liegt nach wie vor in schlechter PR und Kommunikation seitens der DB.

  • Carsten, wie soll da Widersprochen werden, wenn es entspechende Ausnahmeregelungen gibt?
    ---
    Edit:
    In einer Diskussionsrunde sagte ein DB-Mitarbeiter, dass der Abstand der Notausgänge von 1000 m auf 750 m verringert werden soll, was jedoch höhere Baukosten zur Folge haben wird. Ebenso wie eine Verbreiterung der Bahnsteige.

  • Die von Carsten aufgeführten Punkte sind ja nur eine Teilmenge der insgesamt offenen Fragen.


    Wie schon hier im Thread angeklungen ist, beruht der Grund der Desinformation nicht nur auf dem Vorliegen konkreter Ausnahmegenehmigungen (wobei selbst deren Existenz zum Teil lediglich auf Mutmaßungen beruht).


    Nein ... wie sich diesem Thread unzweifelhaft entnehmen läßt, ist die Desinformation Folge einer Arroganz der Verantwortlichen, die sich zu einer Information der Öffentlichkeit nicht berufen sehen.


    Wie auch etliche Teilnehmer dieses Threads gebetsmühlenartig vortragen, sei es Aufgabe des Bürgers, den Nachweis zu erbringen, dass den Bauarbeiten Hindernisse entgegenstünden. Die boße Behauptung der Verwaltung, "alles sei rechtmäßig", sei so lange verbindlich, bis der Bürger das Gegenteil bewiesen habe.


    Und wenn ich dieser Darstellung bisher entgegengetreten bin, habe ich regelmäßig Prügel bezogen ... nicht zuletzt von Carsten ... wenn es mir erlaubt sei, insoweit Regentenschelte zu betreiben.


    Ich hoffe inständigst, dass die Vermittlungsarbeit von Herrn Dr. Geissler schnellstmöglich zur Auflösung des Informationsdefizits beiträgt. Erst dadurch wird der "mündige Bürger" überhaupt in die Lage versetzt, sich ein eigenes Urteil bilden zu können. Und solange sich der in der Tat mündige Bürger nicht als solcher behandelt fühlt, kann ich sein Misstrauen vollumfänglich nachvollziehen.


    Wer erinnert sich nicht an seine Kindheit, wenn "Papa" gesagt hat, "das ist eben so und warum das so ist, musst Du nicht wissen". Das Gefühl, nicht Ernst genommen zu werden, ist kein sonderlich befriedigendes. Und anders als das Kind rechthaberischer Eltern hat der Bürger einen Rechtsanspruch auf Information - auch, wenn mancher hier das nicht wahrhaben will.


    Und jetzt dürft Ihr wieder draufhauen ....


    Gut's Nächtle


    Frankie

  • Zitat

    Original geschrieben von Carsten
    [*]Zudem sollen die Intervalle für Notausgänge ebenso per Sondergenehmigung von 500 m auf 1000 m ausgedehnt worden sein, um Geld zu sparen, während gleichzeitig die potentiellen Rettungskräfte im Notfall (sprich: die Stuttgarter Feuerwehr) personell noch weiter ausgedünnt werden soll, dass sich diese nicht in der Lage sieht, bei einem Notfall schnell und umfassend Hilfe zu leisten.


    Zumindest hier spielt laut SPON das EBA nicht komplett mit:


    "Dass das Eisenbahnbundesamt der technischen Abrüstung von Stuttgart 21 einen Persilschein ausstellt, ist nicht zu erwarten. Bei einem Teilstück, dem knapp zehn Kilometer langen Fildertunnel, forderte das Amt die Bahn bereits zu teuren Nachbesserungen auf. Demnach muss der Bauherr nun alle 500 Meter Rettungsstollen zwischen den Tunnelröhren anlegen - statt wie geplant alle 1000 Meter."

    Auch ein Traumjob berechtigt nicht zum Schlaf am Arbeitsplatz.

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