ZitatAch, und das rechtfertigt Gewaltanwendung, wenn man nichts anderes gelernt hat und/oder nicht dazu bereit ist, sich selbst weiter zu entwickeln?
Nein. Nichts rechtfertigt Gewaltanwendung. Ein Arbeitskampf innerhalb des rechtlich gewährleisteten Rahmens ist aber auch keine Gewaltanwendung. Warum das so sein soll, hast du noch nicht erklärt, du setzt es nur immer wieder in deiner Argumentation voraus. Wenn du der Ansicht bist, der GDL-Streik sprenge den gesetzlichen Rahmen, steht dir natürlich der Rechtsweg frei. Ich bitte dann aber auch darum, diesen konsequent zu beschreiten. Davor hat aber selbst die DB AG nach juristischer Beratung zurückgeschreckt.
ZitatNiemand hat denjenigen gezwungen, Lokführer zu werden. Es war seine freie Entscheidung. Welche Karrieremöglichkeiten man in diesem Beruf hat, sollte auch lange bekannt sein. Besonders vor dem Hintergrund, dass es diesen Beruf schon seit über 100 Jahren gibt.
Soll man sich also seinen Beruf nicht nach eigenen Interessen und Fähigkeiten, sondern ausschließlich nach Karrieremöglichkeiten aussuchen? Das steigert die Qualität der jeweiligen Dienstleistung aber auch nicht, wenn Leute nur ihren Job machen, weil es marktwirtschaftlich gerade notwendig ist.
Und was macht man, wenn man sich fehlentscheidet und die Entscheidung nicht mehr reversibel ist? Wenn man bereits älter ist, sodass man auf dem Arbeitsmarkt kaum noch einen Job findet und eine Umschulung auch wenig Sinn macht? Soll man dann stillschweigend in Überstundenbergen versinken und schlechte Arbeitsbedingungen akzeptieren? Wieso soll man nicht streiken dürfen, wenn man seinen Job im Allgemeinen mag und es nur an den Rahmenbedingungen liegt?
ZitatDieser Weg dorthin steht jedem frei. Es gibt auch zahlreiche andere Berufe ohne Studium, in denen man mit Kusshand genommen wird. Das setzt jedoch voraus, dass man sich eben ein bisschen bemüht.
Ich bezweifle, dass jeder studieren und zur hoch qualifizierten Fachkraft werden kann. Das schließt schon die Definition selbst aus. Wäre jeder hoch qualifiziert (nur mal hypothetisch), entsteht doch wieder nur ein neuer Durchschnitt und das Verhältnis von Angebot und Nachfrage passt nicht. Ich freue mich für dich, dass du offensichtlich auf Anhieb deinen richtigen Beruf gefunden hast und in der Position bist, aus einer Vielzahl an Arbeitgebern wählen zu können. Statistiken zeigen, dass dies jedoch längst nicht auf alle zutrifft.
ZitatAlles anzeigenEs gibt kein explizites Streik-Gesetz oder Streik-Grundrecht. Wie oft denn noch?
Es gibt ein Grundrecht darauf, sich zusammenzuschließen und gemeinsam für bestimmte Arbeitsbedingungen ohne Staatliche Intervention zu kämpfen zu dürfen. Das ist das Recht, das jeder Angestellte hat.
Wie er dieses Recht wahrnimmt, bleibt ganz allein ihm überlassen.
Arbeitsniederlegungen sind eine von vielen gerichtlich und gesetzlich legitimierten Möglichkeiten – aber eben nur eine.
Siehe oben - jeder, der meint, der rechtliche Rahmen sei hier überschritten, kann natürlich den Rechtsweg beschreiten. Ein direktes Streikrecht geht aus dem GG nicht hervor, d'accord. Dass aber gerade die Bestreikten vor einer gerichtlichen Auseinandersetzung zurückschrecken, dürfte vermuten lassen, wie ein Gericht in diesem Fall entscheiden dürfte. Es gibt ferner auch hinreichend viele Präzedenzfälle, sodass man durchaus von einer legitimen Arbeitskampfmaßnahme sprechen kann.
ZitatGlaubst du etwa, dass all die Menschen, denen der "kleine Mann" so sehr nach dem Geld neidet, es so weit geschafft haben, weil sie ihre Arbeitgeber erpresst haben? Nein. Sie sind durch Leistung so weit gekommen. Leistung kannst du nur durch eines ersetzen: Mehr Leistung.
Glaubst du denn, dass all die Menschen in den Führungsabteilungen da wären, wo sie heute sind, wenn es die arbeitende Masse nicht gegeben hätte? Das ganze bedingt sich gegenseitig und dementsprechend sollte auch gegenseitiger Respekt geboten sein. Den haben die Lokführer m.E. nicht erhalten - seit Jahren weisen sie auf bestehende Probleme (z.B. Überstundenberge) hin und werden vom Vorstand nicht ernst genommen.
Nebenbei sind wir von einer Chancengleichheit auch sehr weit entfernt, insofern ist die strikte Durchsetzung eines Leistungsprinzip zumindest fragwürdig.
ZitatSchlechtes Beispiel, denn im Gegensatz zum Streikrecht sind die Presse- und Meinungsfreiheit direkt im Grundgesetz verankert. Es gibt keine Alternative dazu.
Dann nimm einen beliebigen Artikel aus dem BGB, z.B. § 309 Nr. 9a, der regelt, dass übliche Waren- und Dienstleistungsverträge eine maximale Laufzeit von zwei Jahren haben dürfen. Sagst du jemandem, der nach zwei Jahren nicht aus einem Vertrag gelassen wird, er "müsse" ja nicht klagen, schließlich habe ihn niemand gezwungen mit Vertragspartner xy einen Vertrag einzugehen? Diese irrsinnige Argumentation ist und bleibt dieselbe. Rechte sind dafür da, wahrgenommen zu werden, im Zweifel so lange, bis ein Gericht einen ggf. daran hindert, wenn Rechtsgüter abgewogen werden müssen. Das ist beim Bahn-Streik nicht passiert.