Aktueller Fall: Olympiastar Oscar Pistorius

  • Zitat

    Original geschrieben von frank_aus_wedau
    Wäre dem so, geriete Pistorius in akute Erklärungsnot ...


    Der Wahrheitsgehalt solcher Berichterstattung ist natürlich schlecht zu verifizieren.


    Das Thema ist doch schon längst vom Tisch, laut des Autopsieberichtes hätten sich über die Schussverletzungen hinaus aber keine Anzeichen von körperlicher Gewalt am Körper des Opfers befunden.

  • Zitat

    Original geschrieben von autares
    IIRC war das damals bei OJ aber erstaunlich ähnlich: der berühmte und beliebte Sportler, ...


    Ein Problem auch für die deutsche Justiz ... potenziell sogar für den größten Teil demokratisch und rechtsstaatlich organisierter Systeme.


    Auf der einen Seite stehen rechtliche Regeln, die Vertreter des Volkes weitgehend rational festgelegt haben, auf der anderen eine aktuelle und emotionsgesteuerte öffentliche "Stimmungslage". Auch, wenn es niemand so recht wahrhaben will: Die sich aus der Berichterstattung ergebenden "Forderungen" des Volkes üben unterschwellig einen nicht unerheblichen Druck auf Gerichte aus, die günstigstenfalls nur nach Recht und Gesetz (und Gewissen) urteilen sollen.


    Ein Dilemma, das nur zu lösen wäre, würde man das gesamte Gericht entsprechend einer Papstwahl in Konklave halten. Hier dürfte aber jedem einleuchten, dass das nicht möglich ist ... obwohl solches Vorgehen die Verfahrensdauer in vielen Fällen nicht unerheblich verkürzen dürfte. ;)


    Frankie



    Edit:

    Zitat

    Original geschrieben von ChickenHawk
    Das Thema ist doch schon längst vom Tisch, laut des Autopsieberichtes hätten sich über die Schussverletzungen hinaus aber keine Anzeichen von körperlicher Gewalt am Körper des Opfers befunden.


    Steht das endlich fest, verdichtet sich die Faktenlage. Soweit die ermittelten Fakten von Seiten Pistorius unbestritten sind, wird man sich an deren Würdigung begeben können.


    Wenn - wie ich allerdings nur vermute - das Südafrikanische Rechtssystem dem anglo-amerikanischen angenähert ist und dem Gericht in der Folge - anders als hierzulande - keine inquisitorischen Mittel zur Verfügung stehen, mag man nicht in der Haut eines der berufenen Richter stecken.

  • Zitat

    Original geschrieben von frank_aus_wedau
    . Auch, wenn es niemand so recht wahrhaben will: Die sich aus der Berichterstattung ergebenden "Forderungen" des Volkes üben unterschwellig einen nicht unerheblichen Druck auf Gerichte aus


    Deine Erfahrung als Richter sagt Dir das?

  • Sehen wir mich doch einfach als gewöhnliches Mitglied dieses Forums, das hier - wie es anderen auch zugestanden wird - seine persönliche Sicht der Dinge äußert. Was ist daran so schwer?


    Wenn sachliche Einwendungen dem von mir geschriebenen entgegestehen, bin ich gern bereit, mich mit ihnen auseinanderzusetzen. Kritik betrachte ich als sehr hilfreiches Mittel, eigene Standpunkte überprüfen zu können (und aus meiner persönlichen Sicht auch zu müssen).


    Auf der anderen Seite mag ich mich nicht mit reinen Animositäten meiner Person gegenüber auseinandersetzen. Im TT habe ich es immer genossen, dass sachlich über Themen diskutiert wird ... wobei sich - anders als im wahren Leben - alle Teilnehmer auf Augenhöhe befinden.


    Seit aber immer mehr Mitglieder wie unser Dauerposter/Booner dem Forum fernbleiben, wird das zusehends schwieriger. Schade eigentlich ...


    Frankie



    Ergänzung:
    Wenn ich hier im Forum persönliche Angaben vermeide, liegt das daran, dass ich den TT immer als Ort angesehen habe, an dem ich meine eigene Meinung vertreten kann ... ohne vorher eine Abwägung treffen zu müssen, ob es nicht vorteilhafter wäre, etwas anderes zu schreiben, das mich "günstiger" dastehen lässt.


    Gerade zur heutigen Zeit halte ich einen solchen Ort für wichtiger denn je - einer Zeit, in der Personen selbst nach zwanzig Jahren noch vorgehalten wird, was sie vielleicht als Schüler auf irgendeiner Plattform - möglicherweise aus einer Laune heraus - verlautbart haben.

  • Medienberichterstattung & Urteilsfindung


    Das südafrikanische Rechtssystem dürfte sich von dem US-amerikanischen deutlich unterscheiden, so daß ein Vergleich Pistorius mit O.J. Simpson falsch sein dürfte. Die Bekanntheit der Personen ist unterschiedlich, zudem ist Pistorius kein Schwarzer, der beschuldigt wird, für den Tod einer weißen Frau verantwortlich zu sein! Zudem war der Prozeß gegen O.J. Simpson (meiner Meinung nach) ein absoluter Ausnahmefall. Zehn Jahre später wäre er lebenslänglich abgewandert.

    Zitat

    Original geschrieben von frank_aus_wedau
    Ein Problem auch (...) potenziell sogar für den größten Teil demokratisch und rechtsstaatlich organisierter Systeme: (...) Die sich aus der Berichterstattung ergebenden "Forderungen" des Volkes üben unterschwellig einen nicht unerheblichen Druck auf Gerichte aus, (...)


    Ein Dilemma, das nur zu lösen wäre, würde man das gesamte Gericht entsprechend einer Papstwahl in Konklave halten. Hier dürfte aber jedem einleuchten, dass das nicht möglich ist (...)


    Im US-amerikanischen Rechtssystem reduziert sich das Problem auf die Auswahl der Geschworenen und auf die Reduktion von Medien-Einflüssen auf die Urteilskraft der Geschworenen. Bei Strafprozessen ist es in den Bundesstaaten möglich, die 12 Geschworenen (nebst Ersatzleuten) abzuschotten.


    Das nennt sich "sequestered jury" und kann vom Richter angeordnet werden, wenn das Medieninteresse außerordentlich war. Die ausgesuchten Geschworenen wohnen im Hotel (samt Wachpersonal). Sie werden vom Richter belehrt, keine Zeitung zu lesen, keine TV-Berichte anzuschauen. Sie werden belehrt, nur die dargebrachten Fakten beider Parteien zu gewichten, wenn es um den Schuldspruch geht. Bei Mordprozessen müssen die 12 Geschworenen in allen Bundesstaaten einstimmig urteilen. Enthält sich jemand, wird solange beraten, bis es eine einstimmige Entscheidung gibt.


    Die "sequestration" bleibt also so lange bestehen, wie der Richter den Fortgang der Beratungen anordnet. Einigen sich die Jury-Mitglieder nicht, nennt man das "hung jury": Der Strafprozeß ist geplatzt und muß neu angesetzt werden.


    Inclusive neuer Juryauswahl, neuer Abschottung, neuer Kosten ...


    Die gesamten Regularien differieren von Einzelstaat zu Einzelstaat. Sie beruhen aber allesamt auf dem historischen Prinzip, den Angeklagten vor "Seinesgleichen" (a jury of peers ) mit den gesammelten Beweise zu konfrontieren und im Parteienstreit Staatsanwalt/ Verteidiger die Beweise möglichst objektiv und unvoreingenommen gewichten zu lassen.


    Der Grundgedanke eines fairen Prozesses führt z.B. zu zahlreichen Ausschlußgründen. Geschworene können vom Richter ausgeschlossen werden, wenn sie zuviele Medienberichte des Falles rezipiert haben und wenn sie angeben, sie hätten sich vor der Einbestellung als Geschworener selbstständig über den Fall informiert.


    Wenn ein Geschworener während der Verhandlung z.B. eigene Nachforschungen anstellt, muß der Prozeß neu aufgerollt werden (wenn es bekannt wird). Bestimmte Kontakte sind einer separierten Jury untersagt.


    Es gibt also durchaus Bemühungen im anglo-amerikanischen Rechtssystem, das Grundrecht auf einen fairen Prozeß zu wahren. Es gibt dazu auch unzählige Urteile des U.S. Supreme Court in Washington, D.C.


    So long,
    skater.

  • Re: Medienberichterstattung & Urteilsfindung


    Zitat

    Original geschrieben von skater
    ...
    Es gibt also durchaus Bemühungen im anglo-amerikanischen Rechtssystem, das Grundrecht auf einen fairen Prozeß zu wahren. ...


    Diese Bemühungen wird es (auf zum Teil sehr unterschiedlichen Wegen) wohl in jedem Rechtsstaat geben - wie auch den Umstand, dass sämtliche mediale Schmutzwäsche bereits vor Prozessbeginn schon mehrfach öffentlichkeitswirksam durchgewaschen worden sein dürfte. Bevor die in den USA praktizierte Abschottung beginnen kann, ist das Kind m.E. längst in den Brunnen gefallen. Man denke nur an die im Fall Kachelmann von den Medien bereits im Vorfeld hochgepushten "Weibergeschichten" pp.


    Vielleicht werde ich am WE (je nach Wetterlage) mal in den Grundfesten des aktuellen südafrikanischen Rechtssystems stöbern - sofern das ohne größeren Aufwand möglich ist. Eine Bildunglücke, deren Schließung - wenigstens in ganz groben Zügen - sicher nicht von Nachteil ist.


    Meiner Erinnerung nach war die südafrikanische Justiz hierzulande vor ziemlich genau zehn Jahren das letzte mal ein Thema von öffentlichem Interesse. Damals war es der bundesdeutschen Justiz nach jahrelangem Ringen endlich gelungen, die Auslieferung des "Millionenbetrügers" Jürgen Harksen zu erreichen - eines Täters, in dem sogar ein "Schläule" wie Dieter Bohlen seinen Meister gefunden hatte.


    Frankie

  • Weitere Hintergründe zur Freilassung auf Kaution schreibt z.B. der ARD-Korrespondent aus Südafrika auf tagesschau.de Der des Mordes bezichtigte Pistorius mußte u.a. seine Pässe abgeben und darf keinen Alkohol trinken.


    Auf die Kaution von (umgerechnet) 85 000 € mußte er nur eine Anzahlung leisten ...

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