Bundestagswahl 2013

  • Man muß sich doch die Frage stellen, warum stellt sich denn heute überhaupt das Thema Mindestlohn? Vor 20 Jahren war dies überhaupt kein Thema. DasProblem wurde doch im wesentlichen durch die "Agenda 2010"-Reformen geschaffen. Da hat man doch mit Einführung von 1 Euro Jobs, Leiharbeit, Ausweitung von Minijobs usw., diesen Niedriglohn-Sektor gerade zu geschaffen. Schlecht bezahlte Jobs gab es zwar auch schon vorher, aber ein Massenproblem war das vor den Agenda-Reformen jedenfalls nicht. Deshalb gab es auch keine Forderung nach Mindestllöhnen. Diejenigen Politiker die dieses Problem im wesentlichen herbeigeführt haben, schreien jetzt am lautesten nach Mindestlöhnen. Kommt mir so vor als wenn Brandstifter nach der Feuerwehr rufen. Ein Mindestlohn löst deshalb diese Probleme nicht an der Wurzel. An die Ursachen muß man rangehen, wenn man das einigermaßen in den Griff bekommen will.

    Oberfranken ist meine Heimatliebe, die mir am Herzen liegt Bernhard

  • Als politisch/wirtschaftliche Entscheidung war die Agenda 2010 schon richtig. Die CDU profitiert seit dem ja auch deutlich davon oder was glaubst du wo die niedrigen Arbeitslosenquoten herkommen? Die SPD wurde seiner Zeit dafür bei der Wahl abgestraft, obwohl die nur das durchgezogen haben was schwarz/gelb davor verpennt hat.
    Die Frage nach Mindestlöhnen hat sich vor 20 Jahren aber auch aus anderen Gründen nicht gestellt. Viele Unternehmen sind seitdem aus den Tarifverträgen ausgetreten, beschäftigen in großen Maße Leiharbeiter, gerinfügig Beschäftigte oder Leute mit Werksverträgen. Sicher ist das in Teilen auch der Agenda2010 geschuldet, aber seit 8 Jahren kommt CDU/CSU nicht auf die Idee (wie von dir angesprochen) hier gegenzusteuern.



    Gruß Kai

  • Hinzu kommt, dass durch das Anwachsen des Dienstleistungssektors seit der Privatisierung von Staatsunternehmen wie der Post und der Liberalisierung der entsprechenden Märkte solche Jobs zum Teil erst überhaupt entstanden sind.


    Das beste Beispiel für diese miesen Beschäftigungsverhältnisse ist m.E. das Logistikgewerbe. Wenn ich mir vorstelle, unter welchen Bedingungen hier Menschen einen zum Teil knochenharten Job ausüben müssen und wie mies sie dafür bezahlt werden, könnte ich wirklich - es tut mir leid - kotzen. Aber mit jeder Bestellung bei einem Versandhandel und dem Pochen auf kostenlose und superschnelle Lieferung machen wir mit.

  • Zitat

    Original geschrieben von bernbayer
    DasProblem wurde doch im wesentlichen durch die "Agenda 2010"-Reformen geschaffen. Da hat man doch mit Einführung von 1 Euro Jobs, Leiharbeit, Ausweitung von Minijobs usw., diesen Niedriglohn-Sektor gerade zu geschaffen. Schlecht bezahlte Jobs gab es zwar auch schon vorher, aber ein Massenproblem war das vor den Agenda-Reformen jedenfalls nicht. Deshalb gab es auch keine Forderung nach Mindestllöhnen. Diejenigen Politiker die dieses Problem im wesentlichen herbeigeführt haben, schreien jetzt am lautesten nach Mindestlöhnen. Kommt mir so vor als wenn Brandstifter nach der Feuerwehr rufen. Ein Mindestlohn löst deshalb diese Probleme nicht an der Wurzel. An die Ursachen muß man rangehen, wenn man das einigermaßen in den Griff bekommen will.


    Es war seinerzeit in der Tat die SPD, die die Agenda 2010 beschlossen hat, aber die CDU hatte damals ein noch viel weitergehendes Konzept für den Sozialabbau am Start, nur wurde das nicht realisiert weil die CDU in der Opposition war. Ich würde also an deiner Stelle den Ball flach halten.

    Ich dachte immer es sei technisch unmöglich mit jemandem Sex zu haben, der Dörte heißt...

  • Zitat

    Original geschrieben von 7650w
    Insbesondere Lebensmittel sind gestiegen aber immer noch viel billiger als in anderen Ländern.
    Problematisch ist Energie und Nebenkosten bei der Miete.


    1. Die Relation zu anderen Ländern ist völlig irrelevant, denn der Verbraucher muss hier mit seinem Lohn leben. Wem nützt es denn zu wissen, dass ein Hartz 4-Bezieher ein Vielfaches eines nordkoreanischen Bauern verdient??? Niemandem, den weder der H4-Bezieher noch der nordkoreanische Bauer müssen in der Lebenswelt des anderen bestehen.


    2. Gerade die Nebenkosten der Miete sind sehr hohe Kosten. Wir reden nicht von Kleinbeträgen, sondern das sind immer ziemlich heftige Summen, das haut viel mehr rein als wenn die Milch 5 Cent teurer wird. Deswegen liegt hier auch das eigentliche Problem. Die Kosten - insbesondere auch die großen Posten wie die Nebenkosten - steigen, die Löhne nicht.


    Zitat

    Original geschrieben von 7650w
    Dann müsstest Du mehr als 10€ Mindestlohn festlegen.


    Genau, genau das muss man!


    Es ist doch eh Augenwischerei und Selbstbetrug - wessen Gehalt zu niedrig ist, der muss aufstocken, also zahlt der Staat die Differenz für Unternehmen, die ihrerseits keine ausreichenden Löhne bezahlen. Und wer ist der Staat? WIR! Wir alle zahlen für Unternehmen, die Gewinne auf dem Rücken der Mitarbeiter realisieren. Das kann es nicht sein...


    Wenn wir uns in der Marktwirtschaft bewegen heißt das, dass ein Unternehmen wirtschaftlich sein muss - oder es hat keine Daseinsberechtigung. Da "Angebot und Nachfrage" bei Arbeitsplätzen aber nicht funktionieren muss der Staat nachhelfen, indem er einen flächendeckenden Mindestlohn gesetzlich regelt. Ein Unternehmen, welches den nicht zahlen kann, muss eben verschwinden.


    Zitat

    Original geschrieben von 7650w
    Die ganze Diskussion ist natürlich auch schwierig, weil man hier über Menschen diskutiert, die nicht viel haben und gerade so über die Runden kommen.
    Keiner gönnt den Leuten im Osten oder Westen nicht den Mindestlohn.
    Leider kann man das auch nicht sachlich diskutieren, da Betroffene das natürlich anders sehen und das ist auch die Klientel der Linken.


    Nee, das Ganze ist eine Prinzipiendiskussion! Wer nicht arbeitet braucht eine Überlebenshilfe, wer arbeitet muss entsprechend mehr bekommen, und dieses "Mehr" sollte je nach Verantwortung, Ausbildung, Effektivität, Leistung etc. gestaffe lt werden.


    Wenn aber Leute, die eine Leistung bringen, nicht mehr bekommen als die mit der Grundsicherung, ist am System etwas falsch. Dann bekommen nicht die einen zuviel (denn es ist ja nur eine Grundsicherung), sondern die anderen zu wenig.


    Und diese Struktur hat man durch Ausweitung der Leiharbeit und Druck auf Arbeitnehmer, gerade gering Qualifizierte, zerstört. Am oberen Ende der Gehaltsskala werden Summen bezahlt, die in keinem nachvollziehbaren Verhältnis mehr zur Arbeitsleistung eines Menschen stehen, am unteren Ende wird viel zu wenig bezahlt.


    Das ist ein generelles Problem, es ist nur sekundär eine Frage, ob man 8,50 EUR oder 10 EUR zum leben braucht.


    Zitat

    Original geschrieben von 7650w
    Btw: Was sagt eigentlich der Schlosser mit Lehre im Osten dazu, wenn sein Nachbar mit Brett vorm Kopf nun die annährend gleiche Entlohnung bekommt?


    Der sagt, wenn er es verstanden hat, dass er viel zu wenig bekommt weil der Abstand zu Leuten mit Grundsicherung nicht passt, denn wer eine qualifizierte Arbeit leistet muss mehr in der Tasche haben als das deutsche Existenzminimum.

    Ich dachte immer es sei technisch unmöglich mit jemandem Sex zu haben, der Dörte heißt...

  • Nein, die Union hätte eine Reform wie die "Agenda 2010" niemals in Angriff genommen, weil sie das niemals hätte durchsetzen können und die Partei nahe an den Abgrund getrieben hätte.Der Aufschrei und Widerstand der Gewerkschaften und der Sozis wäre doch da so rießengroß gewesen, das dies für die Union fast einen Selbstmord bedeutet hätte.

    Oberfranken ist meine Heimatliebe, die mir am Herzen liegt Bernhard

  • Zitat

    Original geschrieben von bernbayer
    Nein, die Union hätte eine Reform wie die "Agenda 2010" niemals in Angriff genommen, weil sie das niemals hätte durchsetzen können und die Partei nahe an den Abgrund getrieben hätte.Der Aufschrei und Widerstand der Gewerkschaften und der Sozis wäre doch da so rießengroß gewesen, das dies für die Union fast einen Selbstmord bedeutet hätte.

    Dann sähe es heute aber nochmal bedeutend schlechter aus. Insofern können wir fast schon froh sein, dass damals die SPD in der Regierungsverantwortung stand.

  • Printus:


    Zitat

    Es ist doch eh Augenwischerei und Selbstbetrug - wessen Gehalt zu niedrig ist, der muss aufstocken, also zahlt der Staat die Differenz für Unternehmen, die ihrerseits keine ausreichenden Löhne bezahlen. Und wer ist der Staat? WIR! Wir alle zahlen für Unternehmen, die Gewinne auf dem Rücken der Mitarbeiter realisieren. Das kann es nicht sein...


    Eben. Aber dass scheinen manche immer noch nicht verstanden zu haben.


    Aber es schon immer eine Maxime: Gewinne kapitalisieren, Verluste sozialisieren, siehe bestes Beispiel: Treuhandgeschäfte ab der Ära "Breuel"


    Zitat

    Nein, die Union hätte eine Reform wie die "Agenda 2010" niemals in Angriff genommen, weil sie das niemals hätte durchsetzen können und die Partei nahe an den Abgrund getrieben hätte.Der Aufschrei und Widerstand der Gewerkschaften und der Sozis wäre doch da so rießengroß gewesen, das dies für die Union fast einen Selbstmord bedeutet hätte.


    Ach, kuck an. Und das ist der Grund, es der SPD vorzuhalten?


    Ich finde es eher merkwürdig, das Reformen nicht angegangen werden, da es für eine (andere) Partei (!) schädlich sein könnte bei den kommenden Wahlergebnissen......


    Der Aufschrei der "Sozis" (alleine die Wortwahl!) wäre gerechtfertigt gewesen, wenn die Reformen der CDU/CSU/FDP noch weiter gegangen wären, wie die Agenda 2010.

    Suche: aktuell nichts


    30 positiv in der "neuen" Vertrauensliste, ??x mal positiv in der "Alten"..:-)


    Insider: Die Plaaaaaattttttttforrrrrrrrmmmmmmmmmm brennt nicht mehr, sie ist abgesoffen.....!

  • Ich gebe hier meine persönliche Meinung wieder, und nicht unbedingt das was die Union oder eine andere Partei für richtig oder falsch hält. Was die "Agenda 2010" angeht sehe ich nicht daß die so wie sie beschlossen wurde insgesamt richtig und notwendig war. Sie war zum großen Teil falsch, auch wenn einiges durchaus richtig war. Würde jetzt zu weit führen dies hier alles komplett abzuarbeiten. Einiges was ich für falsch halte, habe ich ja auch bereits angeführt.
    Timba69
    Bevor Du andere angehst, solltest Du erst mal Deine eindeutig falsche Behauptung über die Nicht-Erhöhung der Beamten-Pensionen in den letzten 10 Jahren richtig stellen.

    Oberfranken ist meine Heimatliebe, die mir am Herzen liegt Bernhard

  • Zitat

    Die Relation zu anderen Ländern ist völlig irrelevant,


    Ich denke schon, dass Du meinen Bezug zu den Lebensmittelpreisen zu unseren direkten Nachbarn verstanden hast.
    Dass wir uns nicht mit Nordkorea vergleichen sollten, versteht sich von selbst.
    Dennoch müssen wir uns aber bei den Lohnstückkosten mit den Chinesen messen. Thema Globalisierung.


    Zitat

    Gerade die Nebenkosten der Miete sind sehr hohe Kosten. Wir reden nicht von Kleinbeträgen


    100% richtig, schrieb ich ja auch.



    Zitat

    Wenn aber Leute, die eine Leistung bringen, nicht mehr bekommen als die mit der Grundsicherung, ist am System etwas falsch. Dann bekommen nicht die einen zuviel (denn es ist ja nur eine Grundsicherung), sondern die anderen zu wenig.


    Da bin ich grundsätzlich bei Dir.
    Allerdings vereinfachst Du das Ganze ala Linke ("Genug gelabert...")



    Zitat

    Und diese Struktur hat man durch Ausweitung der Leiharbeit und Druck auf Arbeitnehmer, gerade gering Qualifizierte, zerstört. Am oberen Ende der Gehaltsskala werden Summen bezahlt, die in keinem nachvollziehbaren Verhältnis mehr zur Arbeitsleistung eines Menschen stehen, am unteren Ende wird viel zu wenig bezahlt. Das ist ein generelles Problem, es ist nur sekundär eine Frage, ob man 8,50 EUR oder 10 EUR zum leben braucht.


    Wenn Du auf Gewinnmaximierung abzielst, bin ich bei Dir.
    Es gibt aber eben Branchen und Tätigkeiten, die nicht genug Ertrag abwerfen bei einfachen Tätigkeiten. Um diese Jobs geht es und diese Jobs würden dann abwandern in andere Länder.
    Beim Dienstleistungssektor sind eher wir Kunden das Problem, da wir nicht bereit sind mehr zu zahlen.


    Zitat

    Der sagt, wenn er es verstanden hat, dass er viel zu wenig bekommt weil der Abstand zu Leuten mit Grundsicherung nicht passt, denn wer eine qualifizierte Arbeit leistet muss mehr in der Tasche haben als das deutsche Existenzminimum.


    Und dann haben wir die Lohnpreisspirale.


    Es ist leider so, dass die paar Manager mit ihren überhöhten unanständigen Gehältern nicht ins Gewicht fallen, die Masse sehr wohl.
    Bei den Steuereinsammlern ist es ja ähnlich. Oder warum glaubst Du, wollen die so weit in die Mittelschicht abgreifen?
    Viele x wenig ist halt mehr als sehr wenige x viel.


    Zitat

    Am oberen Ende der Gehaltsskala werden Summen bezahlt, die in keinem nachvollziehbaren Verhältnis mehr zur Arbeitsleistung eines Menschen stehen, am unteren Ende wird viel zu wenig bezahlt.


    Nur zur Definition: Wo beginnt bei Dir das obere Ende mit zu viel Bezahlung in Relation zur Leistung?
    Wie definierst Du Existenzminimum?
    Danke schonmal, auch für die sachliche Diskussion bei diesen Themen, ist nicht selbstverständlich. ;)

    Beste Grüße
    W.

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