Ukraine / Krimkrise

  • Noch kurz zum Völkerstrafrecht:


    Zur Erläuterung des Gehalts von § 7 VStGB kann ich folgenden frei verfügbaren Link anbieten:


    Verbrechen gegen die Menschlichkeit - ZIS 08/2007


    Zitat aus den Ausführungen zu §7 Abs. 1 Nr. 2 VStGB (Seite 326, rechte Spalte):


    "bb) Zerstörung einer Bevölkerung − § 7 I Nr. 2 VStGB/Aus-
    rottung, Art. 7 Abs. 1 lit. b IStGH-Statut


    Eine Ausrottung liegt bei der vorsätzlichen Auferlegung von
    Lebensbedingungen vor, die geeignet sind, die Vernichtung
    zumindest eines Teils der Bevölkerung herbeizuführen, Art. 7
    Abs. 2 lit. b IStGH-Statut. Hinsichtlich der Lebensbedingun-
    gen wird exemplarisch das Vorenthalten von Lebensmitteln
    oder Medikamenten genannt. ...


    Selbst wenn man im Ergebnis nicht zu einer Strafbarkeit der Handelnden nach dieser Vorschrift gelangt, ist man nicht weit davon entfernt. Selbst Handeln im Grenzbereich zu dieser Vorschrift, ist nichts, das Regierungen rechtsstaatlicher Demokratien (zu denen ich die Staaten der EU zähle) auch nur im Ansatz unterstützen dürfen.


    Denn nur ein Blinder kann übersehen, welche Folgen der systematische und absichtliche Entzug von Lebensmitteln und/oder Medikamenten in Krisengebieten haben muss.

  • Zitat

    Original geschrieben von Gallium
    Zunächst sei der Hinweis gestattet, dass die 'Empfehlungen' des amazon-shopssystems genauso personalisiert sind, wie die Such-Treffer bei google. [...] Wenn Du heute den Kopp-Verlag als Verschwörungszentrum bezeichnest, wirst Du entgegengehalten bekommen, dass das die Ex-Leitmedien doch genauso tun... was nun leider ein berechtigter Einwand ist.

    Wo demonstriert denn der deutsche Mittelstand? Im geschlossenen Kämmerlein oder aber in der fernen Zukunft? Natürlich beklagen sich Einzelne, wenn man sie explizit fragt. Die Landwirtschaft ist ja bekannt dafür und auch die Kammern werden sich schon aus Eigennutz nie zufrieden zeigen mit den Randbedingungen. Genauso selbstverständlich ist die nicht allzu hohe Zahl an Unternehmen mit hohem Russlandanteil im Sanktionsbereich durchaus betroffen - angesichts der nach wie vor hohen Technikschwäche in Russland gehört dein Unternehmensbereich wohl eher dazu. Demonstration jedenfalls bräuchte Öffentlichtkeit, alles anderes ist höchstens Lobbyismus und Geschacher.


    Und Geheimpläne sind die, die wir eben noch nicht kennen. Es wird ja niemand annehmen, daß aktuelle Regierungs- und Regime-Pläne in einem Buch veröffentlicht werden. Der eine Berater will das eine, der andere das andere. Und selbst, wenn zum Beispiel die amerikanische Regierung diese seine Absicht als Zielsetzung auch aktuell verfolgen sollte, so hieße das noch lange nicht, daß alle dazu passenden Ereignisse tatsächlich damit zusammenhängen. Ist aber sogar egal. Wenn nach dem sowjetischen Regierungssystem irgendwann auch noch die russischen, chinesischen und artverwandten Systeme aus irgendeinem Grund verschwinden würden, so würde ich das für keinen Verlust halten. Die zeichnen sich ja allesamt durch Unfreiheit, Despotismus, Korruption, Rechtsmissbrauch, Ausbeutung, Innovationsarmut und Zukunftsschwäche aus. Das ist ja auch einer der Gründe, warum Völker wie die Ukrainer weniger mit Russland und mehr mit Resteuropa zu tun haben wollen. Man müsste mal überlegen, ob es in Europa auch nur ein einziges Gegenbeispiel gibt, nämlich hin zu Russland. Einzelne Kleinststaaten mit korrumpiertem Geschäftsmodell wie Zypern wollen durch Anbiederung an Russland natürlich ihre geschäftliche Zukunft sichern, aber für Russland auf Resteuropa verzichten wollen sie dann genauso natürlich doch nicht.


    Und selbstverständlich nennt Amazon auch dann Kaufempfehlungen, wenn es den Nutzer garnicht kennt. Und - welch Überraschung - sind das derzeit genau die genannten Titel. Kann ja jeder über eine andere Verbindung und ein nie für Amazon genutztes Gerät leicht nachvollziehen. Warum man sich zusätzlich zu tatsächlichen Fragen denn auch noch für Verschwörungstheorien interessieren, wobei zu jedem großen Thema gleich mehrere miteinander konkurrieren. Höchstens als soziales, gesellschaftliches und psychologisches Phänomen ist das von Belang. Persönlich reicht mir schon der Einblick in ähnlich hanebüchene, wenn auch unverschwörerische Geschäftsfelder. Und genau das ist das eine, wie auch das andere, nämlich eine Möglichkeit zum wirtschaftlichen Erfolg - ob man als Autor nun tatsächlich selbst daran glaubt oder man nur die wirtschaftlichen Möglichkeiten darin betrachtet. Und wenn man auch selbst daran glaubt, dann ist man von der wirklichen Welt in die wirrkliche Welt übergewechselt. Im stillen Kämmerlein und unter sich macht das nichts, das Umfeld und ein kleine Welt wie TT tun sich damit schon schwer, jenseits dessen und in die tatsächliche Öffentlichkeit begibt man sich damit besser nicht.


    Wie doch die vermeintliche Gegenöffentlichkeit den schon fast vergilbten Beitrag der "Anstalt" hochhält! Das ist eine Satiresendung. Die kratzt an allem, was sich finden lässt. Natürlich ist's nur allzu verständlich, daß die Anstaltspropheten kein Wort darüber verlieren, daß Russlands Politik und Handeln gleichermaßen und häufig(er) karrikiert wird. Und der besagte Rundfunkrat ist auch erst durch die seitdem immer wieder angeführten Zeilen an die Oberfläche gespült worden. Ist ja nicht so, daß die Putinversteher ihn sowieso als wichtiges und aussagekräftiges Organ betrachtet hätten. Aber man muss eben mitnehmen an Zustimmung, was man überhaupt kriegen kann. Wäre Putinismus konsensfähig bis einvernehmlich, dann hätten sich typische Umfaller wie unsere Oberregierenden in Bund und Ländern dem längst angeschlossen.


    Ich halte "euch" in der Mehrheit keineswegs für dumm. Vielmehr frage ich mich, wie ihr auf dieses dünne Brett geraten seid. Wenn man persönlich unter den Sanktionen leidet, dann kann ich's ja noch nachvollziehen. Verachtung für Deutschland, Europa, EU, USA und den Westen ist schon fragwürdig, denn es wird ja niemand gehindert an der Ausreise in bessere Weltgegenden. Die westlichen Vorteile kann man dahin natürlich nicht mitnehmen, aber angesichts der Ablehnungsvehemenz können die ja so wichtig auch nicht sein. Oder einigt euch einfach auf eine demnächst zu wählende und vielleicht noch erst zu gründende Partei und beseitigt mit eurer gefühlten Mehrheit das miese System hier.


    Hätte ich nicht für möglich gehalten, daß ich mal in solche Kreise hineingerate. Schade um meine und eure Lebenszeit. In der Zwischenzeit hätten wir Besseres leisten können und sollen.

    Je suis Charlie

  • Zitat

    Original geschrieben von drueckerdruecker
    ... Ich halte "euch" in der Mehrheit keineswegs für dumm. ... Verachtung für Deutschland, Europa, EU, USA und den Westen ist schon fragwürdig, ...


    Schön, dass du "uns" teilweise nicht für dumm hältst.
    Woraus liest du Verachtung gegenüber Deutschland, Europa, EU, USA und den Westen heraus?
    Ist Kritik an vermeintlichen Unzulänglichkeiten Verachtung?

  • Hmm ... Botschafter der USA ...


    In diesem Zusammenhang erinnere ich mich an ein Wikileaks-Dokument (meiner Erinnerung nach eines amerikanischen Botschafters) aus dem hervorgeht, dass zumindest seit 2006 ein Pjotr Petroschenko als "informeller Mitarbeiter" in Diensten der USA stand. Das Dokument enthielt meiner Erinnerung nach Notizen über Unterredungen zwischen dem Botschafter und Poroschenko, in denen letzterer Ausführungen über die politische Gesinnung von Julia Timoschenko und eines "Oleksandr" XYZ machte. Wenn ich das noch einmal rekapituliere, könnte es sich bei diesem Oleksandr um Aleksander Turtschinow (diesen Übergangspräsidenten) gehandelt haben.


    Dass schon damals dieselben "Big-Player" der diesjährigen (übergangs-) Regierung in intensivem Kontakt zu den USA standen, passte zu dem verlinkten Gesprächsausschnitt wie die Faust auf's Auge (wie man zu sagen pflegt). Leider ist das schon eine Weile her, so dass ich den Inhalt nicht mehr konkret erinnere und vor allem den Zusammenhang nicht mehr im Sinn habe.


    Kennt dieses Dokument noch jemand und hat vielleicht einen Link?


    Wenn nicht, schaue ich mal, ob ich es bei Wikileaks wiederfinde - was aber nicht ganz einfach sein dürfte.



    Edit: Tatsache ... es gab da was.




    drueckerdruecker:


    Im übrigen ...


    1. lasse ich die mir in der letzten Zeit begegneten Umfragen in Deutschland, Großbritannien und Frankreich zur Ukraine-Frage Revue passieren, liegt die "Fuck the Ukraine"-Fraktion bei weit über der Hälfte, oft gar bei zwei Dritteln. Wanderten alle so denkenden aus (wohin überhaupt?), wären diese drei großen Länder fast entvölkert - aus volkswirtschaftlicher Sicht ein vollkommener Unsinn.


    Mögen sich doch lieber die Maidan-Groupies nach Kiew absetzen ... dann passt es wieder. :p


    2. Echtes politisches Engagement durch Demonstrationen oder gar die Gründung einer zusätzlichen Partei würde dieser Affäre zu viel Beachtung verschaffen. Kein Dämmerschlaf dauert ewig, so dass es nur eine Frage der Zeit sein kann, bis unsere politisch Verantwortlichen schweißgebadet aus ihrem Albtraum erwachen und sich fragen werden, was zu der gegenwärtigen geistigen Umnachtung geführt hat.


    Wir können also bleiben und müssen einfach nur geduldig sein mit denen, die nicht zu den Schnellmarkern gehören. Das war's dann aber auch, was es sich unsererseits aktiv zu unternehmen lohnt. :)


    3. Sollte wirklich alle Vernunft den Bach herunter gehen, dürfen wir noch getrost auf die Raffkes vertrauen, die den Geldhahn in Richtung Ukraine zusperren werden, wenn es teuer wird. Würde der Dämmer- zum Dornröschenschlaf, wären die finanziellen Folgen ganz sicher nicht mehr zu kaschieren.


    Wie Du siehst, sollte es nur eine Frage der Zeit sein, bis sich unser Problem von ganz allein in Luft auflösen wird.

  • Also doch die (stillschweigende) Akzeptanz einer Sezession?


    Das gegenwärtige Handeln der Regierung in Kiew (Gewährung finanzieller und zum Teil auch territorialer Eigenständigkeit u.a. durch Entkopplung vom Staatshaushalt der Ukraine etc.) läuft ihren erklärten Zielen jedenfalls erkennbar zuwider. Die Regierung scheint ihr Heil momentan im Stiften von Verwirrung unter den Beobachtern zu suchen.


    Worauf will sie denn nun hinaus?


    Was soll mit den ukrainischen Bürgern im Osten des Landes, denen die Kiewer Regierung ihre Bürgerrechte (wie etwa auf Unterstützung bei Mittellosigkeit/im Krankheitsfall) aberkennt, nun passieren? Oder bestehen ihre Bürgerrechte fort und die Regierung verweigert lediglich die Erfüllung dem Grunde nach fortbestehender Verpflichtungen?


    Nach Putin sprechen m.E. jetzt auch Jazeniuk & Co in Rätseln ... :confused:


    Besteht die Regierung weiterhin auf die territoriale Einheit der Ukraine, steht sie jedenfalls auch den Bürgern im Osten gegenüber in der Pflicht.

  • Zitat

    Original geschrieben von drueckerdruecker
    Verachtung für Deutschland, Europa, EU, USA und den Westen ist schon fragwürdig, denn es wird ja niemand gehindert an der Ausreise in bessere Weltgegenden.

    Wenn ich mich recht erinnere, war Demokratie das Ding, das davon lebt, dass möglichst viele mitmachen und nicht abhauen. Mit Verachtung begegne ich nur diesen 'selbsternannte Eliten' die das mit Autokratie verwechseln :rolleyes:

    Zitat

    Wo demonstriert denn der deutsche Mittelstand? Im geschlossenen Kämmerlein oder aber in der fernen Zukunft?
    ....Demonstration jedenfalls bräuchte Öffentlichtkeit, alles anderes ist höchstens Lobbyismus und Geschacher.

    Du willst uns doch jetzt nicht Glauben machen, Du würdest mit einem Plakat bewaffnet auf Deinen örtlichen Marktplatz ziehen :apaul:
    Das riecht mir doch aber sehr nach Revolutions-Pharisäer :p :D

    Zitat

    Wenn nach dem sowjetischen Regierungssystem irgendwann auch noch die russischen, chinesischen und artverwandten Systeme aus irgendeinem Grund verschwinden würden, so würde ich das für keinen Verlust halten. Die zeichnen sich ja allesamt durch Unfreiheit, Despotismus, Korruption, Rechtsmissbrauch, Ausbeutung, Innovationsarmut und Zukunftsschwäche aus.

    Ok, es war schon spät als Du das geschrieben hast :eek: Ich lasse das einfach mal stehen - vllt siehst Du den Widerspruch, wenn Du ausgeschlafen hast ;)

    Zitat

    Man müsste mal überlegen, ob es ... auch nur ein einziges Gegenbeispiel gibt, nämlich hin zu Russland.

    *überleg* BRICS :cool:


    BTT:
    Ich beziehe zahlreiche Komponenten aus China, die in letzter Zeit immer den Seeweg genommen hatten. Jetzt habe ich erstmals seit langem wieder eine Lieferung über den Landweg bekommen... und im Trackingsystem taucht wieder, wie früher, die Ukraine als Transitland auf.
    Ob man das jetzt für ein Indiz zurück zur Normalisierung halten soll :confused:
    Mit der Passkontrolle ist ja ebenfalls eine Art zivilisatorisches Moment hinzugekommen.

  • China? Ist das nicht die Vorzeigedemokratie, zu der sich die Bundesregierung wegen (teilweisen) Ausfalls der bösen Russen verstärkt hinwendet? Eine Regierung, die sogar von der Bundeskanzlerin nach allen Regeln der Kunst hofiert wird?


    Wie kann man unsere chinesischen Freunde mit den Russen auf ein Stufe stellen???




    Ach ja:
    Ich selbst habe mal über den Seeweg Himalaya-Granit aus dem chinesischen Tibet eingeführt. Böse Zungen behaupten, diese Region gehöre ebenso wenig zu China, wie die Krim zu Russland. Aber das sind wirklich nur böse Zungen ... dass Tibet zu China gehört, ist selbst für die Bundesregierung sonnenklar. Das äußert sich auch dadurch, dass Bundesaußenminister Steinmeier sich beharrlich weigert, den regelmäßig Deutschland bereisenden Dalai Lama überhaupt zu empfangen. Schließlich könnten unsere chinesischen Freunde vergrätzt reagieren. In solchen Fragen müssen die demokratischen Kräfte auf globaler Ebene einfach zusammenhalten.


    Bei drueckerdrueckers abfälligen Bemerkungen über unsere chinesischen Freunde muss es wirklich sehr spät gewesen sein ... wenn er nicht einmal mehr Freund und Feind auseinanderhalten kann. Nicht, dass er nachher noch auswandert, weil er mit der Regierungslinie nicht übereinstimmt. :)



    Edit:
    Wahrscheinlich wird es hier niemanden wundern, wenn ich im Gegensatz zu anderen auch für die Separatisten (so die offizielle Sichtweise der Bundesregierung) aus dem Tibet ein gewisses Maß an Verständnis aufbringe. Aber die können so viel abstimmen, wie sie wollen, ohne Gefahr zu laufen, das internationale Staatengefüge durcheinander bringen zu können. Die Gefahr einer Tibet-Krise mit Sanktionen gegen den Dalai Lama und mögliche Helfer aus dem Ausland müssen wir also nicht fürchten. Der Tibet bleibt ganz sicher da, wo er hingehört.

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