Hat mein Freund die Chance auf finanzielle Unterstützung?

  • Moin,
    ich sehe auch nur den Weg mit den Gläubigern zu vereinbaren, dass Raten gezahlt werden. Und einige Gläubiger müssen dann eben warten. Wichtig ist, dass bei seinem Gehalt noch soviel bleibt, dass er auch "vernünftig" leben kann und nicht weitere Verbindlichkeiten auflaufen (z.B. dass er zumindest die Summe der Pfändungsfreigrenze für sich einbehält). Er sollte sich an eine Schuldnerberatung wenden. Aber bitte an keine, die in der Zeitung mit windigen Anzeigen inseriert und als erstes Cash von ihm sehen möchte. Die meisten großen Player im Sozialwesen (kirchliche und nichtkirchliche) bieten so etwas an. Kost nix und kann eine wirkliche Hilfe sein. Selbst wenn er das alles selber formulieren könnte, signalisiert das den Gläubigern das er sich wirklich drum bemüht, es kurz vor knapp ist und es wirkt halt etwas "offizieller". Außerdem sind Menschen die sich täglich damit beschäftigen auch i.d.R. auf aktuellem Rechtsstand, oder lassen es ggf. prüfen wenn etwas unklar ist. Ich habe schon Menschen in solchen Situationen unterstützt, und habe mit dem direkten Kontakt häufig auch ganz gute Erfahrungen mit den Gläubigern gehabt. Manchmal auch kompletten Forderungsverzicht. Gläubiger warten, bevor sie alles verlieren. Wichtig ist, Kontakt zu halten und den Zahlungswillen zu bekunden. Und das man erst zahlen kann, wenn man zahlen kann, leuchtet vielen Menschen auch ein ;).
    Evtl. kann ihm sein Arbeitgeber auch ein günstiges Darlehen gewähren?


    greetz


    Edit:@ Frank Es kann auch ein Forderungsverzicht und Teilzahlung ausgehandelt werden. Wenn man die Wahl als Gläubiger zwischen nix und ein bischen hat, ist man evtl. kompromissbereit. Kommt immer drauf an. Vieleicht lässt sich auch eine Summe X z.B. vom AG leihen und anteilig auf die Gläubiger verteilen. Das kommt aber immer auf die Art der Gläubiger, der Anzahl der Gläubiger und die Höhe der Schulden an.


    Edit2: Aber :top: an Achim, dass Du Deinen Kumpel unterstützt. Es ist wichtig, dass er in so einer Situation nicht den Kopf in den Sand steckt, und in eine Ohnmacht fällt. Das kommt schneller als man denkt, genau so wie die Gedanken, wozu mache ich das noch und wieso arbeite ich dann übehraut noch.. . Ein stabiles Umfeld ist in solch Extremsituationen sehr hilfreich! In einer Schuldnerberatung würde man ggf. auch einen Haushaltsplan etc. aufstellen. Das kann Mensch auch selber machen, und brachte schon so manchem die Erleuchtung. Also sich alle Kosten die man im Leben hat aufschreiben (jährliche, monatliche, tägliche) und kritisch hinterfragen. Wenn man wenig Patte hat lohnt es sich evtl. so manchen Vertrag zu kündigen oder zu stunden oder z.B. einen Bausparer erst einmal nicht zu bedienen etc.. Auch so manche Versicherung findet man evtl., die Mensch mal kündigen könnte. Und ggf. tauchen schon besparte Sachen auf, die man nocht mehr so im Kopf hatte.
    Zusätzlich kann man den eigenen Kram im Keller nochma anschauen, und evtl. ist ein Schätzchen dabei, dass man noch versilbern könnte. Das liest sich sicher trivial, aber so manchem hat das in solcher Situation geholfen.
    Edit3: Eine gute Schuldnerberatung würde übrigends auch Fragen wie Zuschüsse oder Anspruch aufWohngeld etc. klären.

  • Zitat

    Original geschrieben von autares
    Privatinsolvenz anmelden?


    100% Zustimmung.


    Der Freund hat auch nach Privatinsolvenz- Anmeldung ein nicht pfändbares Einkommen von mindestens 1050€ (http://de.wikipedia.org/wiki/Pf%C3%A4ndungstabelle). Die Gläubiger erhalten aus den ersten 1050€ Nettoeinkommen keinen Cent.


    Weil das die Gläubiger auch wissen, ist die Verhandlungsposition gegenüber den Gläubigern recht gut: Wie angedeutet könnte der Freund am besten über den Anwalt ein Vergleichsangebot machen (z.B. 20% oder Insolvenz).


    Wenn der Fragesteller seinem Freund etwas gutes tun möchte, kann er eine Erstberatung bei einem auf Insolvenzrecht spezialisierten Anwalt bezahlen.


    Also: Die ersten 1050€ kann der Freund auf jeden Fall für sich selber ausgeben, wenn er sich kümmert. Falls das derzeit nicht so ist (er also weniger als 1050€ monatlich hat) dann kann er etwas daran ändern.
    Mit Privatinsolvenz wäre immerhin der Zeitraum der nur 1050€ gedeckelt. Nach der Privatinsolvenz wäre er ein "freier Mann". Ich kann nur raten, diese Option zu prüfen. Lebenslang Schulden abzuzahlen bringt nichts.

  • Um welchen Betrag geht es überhaupt, 10k 100k 1000k ? Privatinsolvenz lohnt sich doch erst ab 30.000 oder so, zumindestens würde ich es darunter nicht in Erwägung ziehen

  • Re: Hat mein Freund die Chance auf finanzielle Unterstützung?


    Moinsen,


    ich gehe die Fragestellung mal etwas grundsätzlicher an.


    Wer von 05.00-19.30 Uhr unterwegs ist, mit einer alten Karre 120 km zur Arbeit und zurück fährt, gerade so vom Existenzminimum leben kann solange nichts schiefgeht und die Schulden der Ex abbezahlt, hat 2 Probleme: zum einen rein praktisch (ohne Moos nix los) aber zum anderen mit dem psychisch-physischen Raubbau an sich selbst.
    Dein Freund muss erkennen, dass er momentan sowohl finanziell wie auch vom Lebenswandel her im Grenzbereich ist und es wird ihn früher oder später aus der Kurve hauen. Wo hat er denn mal einen ruhigen Lebensbereich, einen Rückzugsort, wo muss er sich keine Sorgen machen? Welchen Sinn hat ein Leben, in dem man nur schuftet um nicht unterzugehen, aber wo positive Dinge und Freunden kaum noch stattfinden?


    Deine Initiative ist lobenswert und der Ansatz, sich nach Hilfen zu erkundigen, sehr gut. Erkennen, dass die aktuelle Lebenssituation nicht von Dauer sein kann, muss er aber selber, er wird sein Leben selber verändern müssen, das kann ihm keiner abnehmen. Das altruistische Verhalten, der Raubbau an sich selbst, schadet auf Dauer.


    Rein praktisch kann man es schnell abfrühstücken:
    - täglich 120 km mit einem alten Auto zur Arbeit zu fahren ist Irrsinn. Also: Wohnung im Radius von wenigen Kilometern um den Arbeitsort suchen und im Sommer mit dem Rad zur Arbeit fahren oder zu Fuß gehen; ggf. ÖPNV nutzen. Heißt: erheblich Benzinkosten sparen, die Umwelt schonen, länger schlafen, früher zuhause sein, weniger Sorge vor Ausfällen des Fahrzeugs oder dem TÜV. Mehr Bewegung, Kälte, Wärme, Sonne, Licht und Regen spüren, mehr Zeit zur Erholung, räumliche Veränderung und "Neuanfang" an einem anderen Ort um sich zu sortieren und in einem neuen Umfeld nochmal unbelastet zu starten - wobei er alte Freunde ja nicht vergessen muss, aber die schlechten Dinge zurücklassen kann.


    - bei der örtlichen Tafel melden und Lebensmittel zu vergünstigten Konditionen erhalten; nebenbei sozialer Kontakt zu Menschen in vergleichbarer Lage mit Informationsaustausch und dem entlastenden Gefühl, nicht alleine zu sein sondern sich mit verständigen Gleichgesinnten austauschen zu können (nicht alle Leute werden ihm liegen, aber vielleicht ist jemand dabei...). Hier hat er nicht den Stempel des Gescheiterten auf der Stirn, sondern alle haben das gleiche Schicksal. Es mag da auch Assis geben, die ihm nicht liegen, aber vielleicht auch Menschen, mir denen er eine Wellenlänge hat.


    - Beratungen ausfindig machen, sowohl was das Finanzielle angeht - MUSS er für die Ex zahlen? Wieviel? Zahlt er vielleicht schon zuviel oder sinnlos (nur Zinsen und null Tilgung?) - als auch für die persönliche Situation, je nachdem ob er unter der Trennung mit der persönlichen Enttäuschung und Liebeskummer leidet oder seine Lebenssituation als sinnlos empfindet. Wichtig ist ja, dass er am Ende ein glücklicher Mensch mit einer Perspektive ist - nicht einer, der sich nur verlassen, verarscht, ausgenutzt und finanziell ruiniert fühlt.


    - gebt ihm immer das Gefühl, dass Geld keinerlei Rolle in eurem persönlichen Verhältnis spielt. Lade ihn z. B. öfter mal zum Quatschen und dabei Essen ein, du besorgst z. B. Schnitzel und Bier, er den Salat und die Tüte Holzkohle für 2,99 EUR, die fast die ganze WM über reicht (naja, die ersten paar Spiele ;-) ). Aber so trägt jeder etwas bei und er wird nicht als der Almosenempfänger definiert. Das hat etwas mit Würde zu tun, er ist nicht der untergeordnete, weniger leistungsfähige Part, der arme Schlucker, den alle wehleidig als Loser betrachten, sondern er hat vollwertig mitgewirkt, wenngleich er doch subtil Unterstützung erfährt weil du "zufällig" die teuren Sachen beschaffst...


    - Sorge für Entlastung und andere Gedanken! Das ist immens (!) wichtig weil die Scheißsache mit der Ex und die permanenten Geldsorgen in seinem Leben sehr präsent sein werden. Geht wandern, radfahren, geht während der WM zum Public viewing oder unternehmt sonstwas Kostenloses/Preiswertes, er er braucht einen entspannenden Gegenpol zu dem Druck von Geld, verlorener Frau und zeitlichem Eingespannt-Sein. Gerade beim Fuppes ist man Teil der Fangemeinde und taucht ein, da vergisst man die Alltagsprobleme für ein paar Stunden, die WM kommt wie gerufen. Selbst wenn er kein ausgemachter Fussballfan ist - unter Leuten zu sein, dabei zu sein, wird ihm gut tun.


    - Er braucht ein (neues) soziales Umfeld, z. B. einen Sportverein oder irgendein Hobby, wo er unter Leute und auf andere Gedanken kommt, wo Engagement gedankt wird und er nicht nur der Ausgenutzte der Lebenssituation ist. Oft verliert man mit der Frau den gemeinsamen oder mit ihr verbundenen Freundeskreis. Dafür muss Ersatz geschaffen werden.


    Schwieriger dürfte sein, ihn ggf. mit sanftem Druck dahin zu bringen, nicht pausenlos (vielleicht sogar sinnlos) zu ackern bis zum Umfallen, sondern sich aus der Tretmühle zu befreien. Er muss nach vorne sehen und nicht mehr immer an die Ex und ihr schlimmes Erbe denken, nicht so lange und weit zur Arbeit fahren, sich nicht immer aufreiben. Stattdessen: arbeiten gehen und danach, wenn auch in bescheidenen, so aber doch sicheren Umständen leben und abschalten können. Manche Leute müssen sowas erst lernen... Es wird Kraft und Mühe kosten, sich aufzuraffen, das Leben zu verändern ist schwer. Muss aber jetzt sein!

    Ich dachte immer es sei technisch unmöglich mit jemandem Sex zu haben, der Dörte heißt...

  • +1 ;)

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  • Eigentlich fehlt ja eine entscheidende, grundlegende Information, nämlich um die Höhe dessen, was er abzuzahlen hat. Schließlich sind das ganz unterschiedliche Dimensionen, ob's um ein paar tausend, ein paar zigtausend, hunderttausend oder sonstwas geht. Vorher würde ich das Thema Privatinsolvenz garnicht erst in den Mund nehmen. Schon solche Aussagen, daß sich jahrelanges Schuldenbezahlen nicht lohne finde ich übel. Das hieße ja, daß man nur dann das Schuldenbezahlen in Erwägung ziehen sollte, falls man ansonsten selbst etwas materielles wie Auto, Wohnung oder Haus einbüßen würde. Wo kämen wir denn dann hin?

    Je suis Charlie

  • Genau das ist aber der Sinn einer Privatinsolvenz: Schulden abbauen und Leben aufbauen. Zudem bekommen die Gläubiger in einer Inso meist mehr, als wenn sie jahrelang gar kein Geld bekommen.


    Ich kann es nur wiederholen: Je höher das Risiko ist, dass die Bank (oder wer auch immer) ihren Einsatz verliert, umso genau wird sie in der Zukunft schauen müssen, wem sie Geld leiht... Kann nur im Interesse aller sein. Und Banken verdienen gutes Geld mit den Zinsen (leihen bei der EZB zum Nulltarif und verzinsen mit +x).


    Von daher ist eine vereinfachte Insolvenz (auch) eine Bereinigung des Marktes. Ist im übrigen nicht nur bei Privatleuten der Fall, sondern auch bei Unternehmen und Staaten. Stört es dich da auch so?

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  • Ja, stimmt schon, vielleicht hat mich die Realität da schon überholt, spätestens aber ab dem 1. Juli mit nur noch 3 Jahren Wohlverhalten und 35 Prozent Tilgung. Die seit 1999 geltenden 6 Jahre bis zur möglichen Restschuldbefreiung waren ja doppelt so lang. Und, ja, ich stimme dir zu, daß Schulden abbauen und Leben aufbauen erstrebenswert ist und die Privatinsolvenz ist da ganz entscheidend. Würde man ansonsten nie mit dem Schuldenabbau fertig werden, weil die Schulden astronomisch hoch sind, weil das Einkommen niedrig oder nicht vorhanden ist oder weil aus dem laufenden Einkommen nichtmal die laufenden Zinsen bezahlt werden könnten, dann gäbe es außer der Privatinsolvenz wohl keine positive Lösungsmöglichkeit.


    Klar sollten die Banken bei Kreditvergabe genau(er) hingucken, aber im Zweifelsfall werden sie wohl eher höhere Zinsen nehmen, um die Ausfallquote hereinzuholen und trotzdem ihren eigenen Renditeanspruch zu befriedigen.


    Bei anhaltender Mittellosigkeit gibt's ja für die Gläubiger auch tatsächlich nichts zu holen. Daß wie hier das Existenzminimum freibleibt und der Rest in die Tilgung geht halte ich aber nicht für verwerflich. Die Randbedingungen (Entfernung, Zeitaufwand, Stress,...) fallen ja auch ohne die Kreditschulden an. Wenn man möchte und es für notwenig hält und wenn der Kreis der Gläubiger überschaubar ist kann man ja durchaus dahingehend verhandeln, daß mehr als das Existenzminimum frei bliebe, im Gegenzug für die kontinuierliche Abtragung der Schulden. Aber die Abtragung mit den Mitteln oberhalb des Existenzminimuns sollte man meines Erachtens nicht auch schon für unzumutbar halten. Klar, im nachhinein hätte er nicht für das Geschäft seiner Exfrau mit unterschreiben sollen, aber er hat das ja aus freien Stücken getan und war sich der Bedeutung sicher bewusst.


    Wäre schon sinnvoll, um wieviel es geht oder wie lange der jetzige Zustand bis zum Ende seiner Abzahlung anhalten würde. Er hat zwar nun nichts von dem Geschäftskredit seiner Frau, aber der auf Kredit gekaufte, präsentable Neuwagen ist ja auch nur ein Resultat der eigenen Wünsche und man zahlt dafür auch von vornherein jahrelang den Kredit ab. Auch hier war ja keine Rede von Hoffnungslosigkeit oder Jahrzehnten. Vielleicht aber hat diese Information auch nur gefehlt.

    Je suis Charlie

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