Hallo zusammen,
auf dem Markt werden heutzutage unterschiedliche Geschäftsmodelle mit dem Schlagwort "MVNO" versehen, die mit dem "eigentlichen" MVNO-Ansatz (eigenes Core-Netzwerk) oft eher weniger zu tun haben. Es haben sich ja inzwischen auch verschiedene "Geschmacksrichtungen" dieses Begriffes gebildet, wie "Branded reseller", "MVNO light", "Full MVNO", etc.
Insgesamt gesehen ist Drillisch nach eigenen Angaben schon seit Jahren als MVNO tätig.
Siehe hierzu z.B. den Bericht zum 1. Quartal 2012, vgl. http://imagepool.drillisch.de/…d/berichte/Q1_2012_xx.pdf
Dort heißt es auf S. 16:
"Mit dem sehr guten Geschäftsergebnis des ersten Quartals 2012 beweist Drillisch, dass die Strategie des Wandels vom ehemals klassischen Service-Provider zum MVNO (Mobile Virtual Network Operator) die strategisch richtige Entscheidung war und setzt diesen Weg in 2012 konsequent fort. Von den Mobilfunk-Netzanbietern Telefónica O2 Germany GmbH & Co. OHG („O2“) und Vodafone D2 GmbH („Vodafone“) bezieht Drillisch standardisierte, entbündelte Vorleistungen und hat so auf der Produkt- und der Vertriebsseite einen deutlich erhöhten Handlungsspielraum. Dies ermöglicht es, unabhängig von den Verkaufstarifen der Netzbetreiber eigene autarke Tarife und Optionen zu gestalten und diese flexibel miteinander zu kombinieren. Da Provisionen der Netzbetreiber, die wesentlicher Bestandteil eines Serviceprovider- Einkaufsmodells sind, nicht mehr anfallen, wird die Neukundengewinnung vollständig aus eigenen Mitteln finanziert. Diese unabhängige Steuerung des Neu- und Bestandskundengeschäfts führt für Drillisch letztlich zu einer wesentlichen Verbesserung der langfristigen Planungssicherheit."
Von eigener Technik ist hier nirgends die Rede, sondern mehr davon, daß man mit dem MVNO-Modell mehr Freiheiten bei der Produkt- und Preisgestaltung hat. Das sieht nach einem ähnlichen Ansatz wie z.B. bei Simyo oder Klarmobil aus, die auch gerne mal mit dem Begriff MVNO in Verbindung gebracht werden, aber kein "echter" Netzbetreiber sind.
Der Schwenk vom Service-Provider-Modell zum MVNO-Modell muß bei Drillisch ab 2011 begonnen haben und schwerpunktmäßig bis 2013 erfolgt sein, siehe hierzu den 9-Monatsbericht 2012 (S. 2 unten) und die Unternehmenspräsentation 2013 (S. 8 links), vgl.
http://imagepool.drillisch.de/…d/berichte/Q3_2012_xx.pdf und
http://imagepool.drillisch.de/…tation_FY2013_deutsch.pdf
Zu den verschiedenen Vorleistungsmodellen ist auch noch der 9-Monatsbericht 2014 interessant, vgl.
http://imagepool.drillisch.de/…lisch_Q3-2014_deutsch.pdf
Dort heißt es auf S. 8:
"Auf Basis von bestehenden Serviceprovider-Verträgen in den Netzen der Telekom Deutschland GmbH ("Telekom") und der E-Plus Mobilfunk GmbH ("E-Plus") werden nach wie vor Bestandskunden betreut. In diesem weniger profitablen Bereich geht die Zahl der Kunden planmäßig zurück."
und
"Die MS Mobile hat nach Maßgabe der abgeschlossenen Vereinbarung zusätzlich die Option erhalten, (1) ein sogenannter Full MVNO auf der Mobilfunknetz von Telefonica zu werden, das heißt, ein Anbieter von Mobilfunkleistungen, der sein eigenes vollständiges Core Netzwerk betreibt und lediglich das Access Netzwerk von Telefonica nutzt ("Full MVNO") und/oder (2) ein lizenzierter Mobilfunknetzbetreiber ("MNO") zu werden."
Dieses letzte Zitat legt nahe, daß Drillisch zumindest zu Beginn eben nicht als Full-MVNO mit eigenem Kernnetz tätig sein wird.
Laut BNetzA-Liste verfügt Drillisch bislang über keine eigene Portierungskennung und auch über keinen eigenen Bereich für Mobilfunknummern (es ist auch keine "Untervermietung" eines Telefonica-RNBs über eine Netznutzungsvereinbarung zu erkennen).
Beides wäre für einen echten Full-MVNO aber wichtig, um technisch wirklich unabhängig agieren zu können.
Ich gehe davon aus, daß das bisherige MVNO- sowie das neue MBA-MVNO-Modell erstmal mehr eine kaufmännische Sache ist. Ein paar Dinge kann man eventuell auch selbst machen, wie man das z.B. von Mobilcom-Debitel und deren eigenen SMS-Zentralen ja schon seit jeher kennt. Bei GTCom redet man auch immer von MVNO/MVNE, dort hat man aber auch keinen eigene Nummernraum, keine eigene Portierungskennung, ... was ist dort wirklich eigene Technik?
Eine so weitgehende technische Eigenständigkeit wie man sie von Vistream, Callax/Ring, Lycamobile, Truphone und Sipgate kannte bzw. kennt, dürfte wohl eher eine längerfristige Perspektive für Drillisch sein, wenn überhaupt.
cu talk2chris