Wer macht denn dann z.B. die Fahrplanabstimmung, Öffentlichkeitsarbeit, u.v.m?
Wir haben über einhundert(!) Verkehrsverbünde. Das ist viel zu viel. So feingranulierte regionale Besonderheiten brauchen nicht berücksichtigt zu werden. Genau das sorgt für sehr viel Reibereien an den VV-Grenzen, für dutzende verschiedener Tarifsysteme, dazu kommen noch die Übergangstarifsysteme für genau die Sonderfälle, wo man von einem VV in den nächsten fährt usw.
Ich benutze das Deutschlandticket nicht (nur) deswegen, weil es mir etwas Geld spart – tut es in Bremen als Single eigentlich kaum. Ich benutze es, damit ich einfach einsteigen und fahren kann. Damit ich im Urlaub kein Diplom in Tarifologie benötige. Damit ich nicht nur in Bremen, auch in Hamburg, Hannover, Wuppertal, Nürnberg und München einfach rein und fahren kann. Damit ich in München vom Flughafen auch in die Stadt komme, ohne nochmal 14 Euro(!) pro Fahrt zu zahlen, obwohl ein Flughafen zur Stadt gehören sollte. In Bremen ist der Flughafen nur 10 Minuten (Straßenbahn) von der Innenstadt entfernt, das geht mit einem normalen Einzelfahrschein für 3,20€. Hier wird Stoibers Vision tatsächlich gelebt! ![]()
Zu den Verkehrsverbünden, das sind zuviele. Die Anzahl könnte prima auf ungefähr Bundeslandebene eingestampft werden. Das würde auch ne Menge Verwaltungsstrukturen einsparen. Sagen wir 12–25 Verbünde würden doch alles gut abdecken. Klappt doch auch bspw. in Berlin-Brandenburg, das sind sogar zwei Bundesländer mit einem Verbund. Baden-Württemberg hat auf vergleichbarer Fläche 19.
Hier ein Beispiel für bescheuerte Tarifzonen:
Ich wollte vor Zeiten des Deutschlandtickets von Bremen Hbf nach Bad Münder (südwestlich von Hannover). Die Strecke führt etwas zickzack über Hannover, man muss dort den Zug wechseln. Insgesamt befahre ich vier(!) Verkehrsverbünde: der RE von Bremen nach Hannover startet im VBN, kreuzt kurz den VLN und endet im GVH in Hannover. Die S-Bahn fährt dann von Hannover aus südwestlich und endet im VLS in Bad Münder.
So, wie sieht das tickettechnisch aus? Ich hatte damals ein Jahresticket und durfte VBN komplett befahren am Wochenende. D.h. ich komme bis Eystrup und brauchte erst ab da ein Ticket. Nehmen wir also die Strecke Eystrup–Bad Münder. Für VV-übergreifende Tickets gilt der Niedersachsentarif, der aber an gefahrene Kilometer gekoppelt ist, nicht an die Luftlinie. Da man zickzack über Hannover fährt, wird das teuer, aktuell 27,20 Euro wenn ich ab Eystrup buche.
Nun hat der Niedersachsentarif aber Sparangebote zwischen ausgewählten Städten für 7 Euro. Und zusätzlich kann man im GVH (Hannover) das komplette riesige Gebiet für 5,50€ befahren, was viel günstiger ist als der kilometergebundene Niedersachsentarif. Man kann also dieselbe Strecke befahren mit dieser Kombination: Eystrup–Nienburg (NDS-Sparticket), Nienburg–Springe über Hannover Hbf mit Umsteigen (im GVH) und Springe–Bad Münder für 3,20€ im Niedersachsentarif. Macht 7+5,50+3,20 = 15,70€ statt 27,20€. Dieselbe Strecke, dieselben zwei Züge. Der Unterschied ist nur, dass man drei Fahrkarten braucht statt einer. [In meinem Fall vier Karten, da ich ja von Bremen nach Eystrup noch meine Jahreskarte hatte.] Und die Fahrkarte ab Nienburg ist eine regionale Verkehrsverbundkarte, die man nicht für eine bestimmte Zeit oder Ort vorher buchen kann, sondern „live“ kauft über die App, und ab dann ist sie 2h gültig … also das war schon leicht stressig.
Es hat funktioniert. Fand ich geil, das Tarifsystem so „umgangen“ zu haben, aber eigentlich ist das doch ein Zeichen dafür, dass diese Verkehrsverbundpolitik mit ihren ganzen Sondertarifen Mist ist. Sie haben zwar einen übergreifenden Tarif, der aber für dieselbe Strecke bald doppelt so teuer ist.