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Original geschrieben von Carsten
Das mag sicherlich auf einige zutreffen, aber ganz bestimmt nicht auf alle. Zumindest haben sich alle, mit denen ich in letzter Zeit über das Thema gesprochen habe, auch ernsthaft darüber informiert und sind eben nicht nur dagegen, weil es grade "in" ist.
Das mag sicherlich so sein, ich denke aber nicht dass man dies auf die Mehrzahl der Demonstranten projizieren kann. Die "Grundpfeiler" des Protestes haben sich sicherlich ausgiebig informiert und haben auch mit Sicherheit weitaus mehr Detailkenntnis als ich, aber wenn ich mir so die Schlagworte der Demonstranten oder auch einige Videos und Reportagen ansehe in welchen Demonstranten zu Wort kommen dann zweifel ich schon ob die überhaupt eine Ahnung worum es geht. Sie wissen sicherlich "warum" sie auf der Straße stehen, aber ihre Motive sind nicht unbedingt konform mit der Faktenlage.
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Original geschrieben von Carsten
Ich weiß nicht, ob Du aus S oder Umgebung kommst. Falls nicht: Die Stimmung hier in Stuttgart ist eine andere als das, was in den Medien seit Wochen breitgetreten wird. Man ist nicht dagegen, um "die Demokratie zu stürzen" oder was sonst noch an Bullshit geschrieben wurde. Man ist überwiegend gegen das Projekt an sich, unabhängig von parteipolitischen Farben.
Ich bin zwar gebürtiger Schwabe, inzwischen aber im Exil in Franken und hab somit natürlich nur über Bekannte und eben Medien "Zugriff" auf die Stimmung in (und um) Stuttgart. Ist "man" wirklich gegen das Projekt? Bzw. kann "man" wirklich gegen ein Projekt sein, welches man nicht (komplett) versteht? Ich habe den Eindruck, dass viele Personen(gruppen) hier aus unterschiedlichsten Gründen (ob diese rational sind, sei mal dahingestellt) auf einer Protestwelle mitschwimmen und kaum einer die ganzen Zusammenhänge versteht. Dem einen sind die Kosten zu hoch, hat sich aber vermutlich nicht wirklich mit Alternativen beschäftigt, den anderen stören die gefällten Bäume, sieht aber nicht dass mehrere hundert neue gepflanzt werden. Andere wollen das Geld in Bildung investiert haben, ohne zu wissen dass es zweckgebunden ist. Weitere fühlen sich "verarscht" weil Bahn und Politik nicht mit offenen Karten gespielt haben (als wäre das schon jemals anders gewesen), und so weiter und so fort.
Die ganzen "Fakten", oder eben auch "nicht Fakten" waren doch schon länger bekannt, aber inzwischen hat sich alles hochgeschaukelt und es geht kaum noch um Fakten, sondern Emotionen. Das hilft keinem, am wenigstem der Bevölkerung.
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Original geschrieben von Carsten
Die Grünen haben vermutlich grade am meisten Angst vor der Stimmung in Stuttgart, weil sie IMHO selbst nach einem Wahlsieg S21 nicht mehr aufhalten werden können, und dann könnte es mal richtig Zunder geben. Denn rein formaljuristisch scheint S21 ja durchaus ordentlich legitimiert zu sein, nur hilft das hinterher weder den Befürwörtern noch den Gegnern.
Das kann schon sein. Die Frage ist aber auch, woher nimmt man sich das Recht einen Konzern oder eine Regierung "anzugreifen" wenn formaljuristisch alles korrekt ist. Ich bin auch dagegen, dass ich jeden Monat an die 40% meines Gehaltes abgeben muss (auch wenn es formaljuristisch korrekt ist), aber wenn ich deswegen mein Finanzamt belagere werd ich eingesperrt...
Man kann gerne für eine Sache sein, und seine Meinung durch Demonstrationen kund tun, dieses Recht will ich keinem streitig machen, aber hat schon einen faden Beigeschmack dass in all den Jahren der Planung kaum etwas von S21 zu hören ist und jetzt, wo es eigentlich zu spät ist, kommen alle medienwirksam "aus ihren Löchern". Wenn man etwas hätte ändern wollen, wäre der richtige Zeitpunkt in den letzten Jahren gewesen, aber da hat sich kaum jemand damit auseinandergesetzt und jetzt kochen die Emotionen hoch. Das ist genau der Grund wieso ich strikt gegen Volksentscheide oder die direkte Demokratie bin. Die Mehrheit hat doch überhaupt keinen Bock sich mit etwas (wichtigem) zu beschäftigen und kommt erst in die Gänge sobald es einen persönlich betrifft oder akut wird - und dann wird meist nicht mehr rational sondern emotional gehandelt.