U-Bahn-Schläger bekommen Bewährung

  • Wenn wir das gesamte Handeln des Staates nur nach Umfragen ausrichten würden, hätten wir in der Tat bald wieder die Todesstrafe, Kastration für Sexualstraftäter, Abschiebung aller Ausländer und eine Einkommenssteuer von 20%. Ich bin ganz froh, dass an den wichtigen Stellen Menschen sitzen, die das gelernt haben und nicht solche, die meinen nach 2 Bier alles besser machen zu können.


    Wie sieht denn Schritt 2 der 57% aus, die unsere Justiz als zu milde empfinden? Glauben diese, dass sich durch harte Strafen irgendwelche Straftaten verhindern ließen? Vergleiche mit Ländern, in denen selbst auf Kaugummispucken 10 Jahre Knast stehen und Kinder wegen Schuleschwänzen mit Handschellen vorgeführt werden, sprechen dagegen. Auch sagen alle Studien, dass ein Gefängnisaufenthalt die Menschen nicht besser macht. Im Gegenteil, die Rückfallquote ist extrem hoch und oft werden aus Kleinkriminellen nach einem Gefängnisaufenthalt Schwerkriminelle, weil sie aus ihrem Beruf und sozialen Umfeld raus sind, und nach der Entlassung vor dem Nichts stehen. Zudem haben sie die entsprechenden "Freunde" im Gefängnis erst kennengelernt und können dann Dank neuer Connections erst so richtig loslegen. Tolle Sache!


    Man muss nicht bei der Strafe ansetzen, sondern schon viel früher. Aber um das zu verstehen muss man eben auch mal andere Sachen lesen als die aktuelle Bild-Umfrage. :rolleyes:

  • Zitat

    Original geschrieben von Jimmythebob Vergleiche mit Ländern, in denen selbst auf Kaugummispucken 10 Jahre Knast stehen und Kinder wegen Schuleschwänzen mit Handschellen vorgeführt werden, sprechen dagegen.


    Ach ja? Wenn man mal Zahlen von Singapur und Deutschland gegenüberstellt, sieht das anders aus:


    Singapur:
    Morde
    (2001) 0,8 pro 100.000 Einwohner Quelle: INTERPOL
    Vergewaltigungen
    (2001) 3 pro 100.000 Einwohner Quelle: INTERPOL
    Diebstähle
    (2001) 416 pro 100.000 Einwohner Quelle: INTERPOL


    Deutschland:
    Morde
    (2002) 1 pro 100.000 Einwohner Quelle: UNODC
    Vergewaltigungen
    (2002) 10 pro 100.000 Einwohner Quelle: INTERPOL
    Diebstähle
    (2002) 3.817 pro 100.000 Einwohner Quelle: UNODC




    Ich denke die Zahlen sprechen für sich.


    Ein sehr schöner Artikel in diesem Zusammenhang:


    http://www.faz.net/aktuell/ber…-die-besten-12098335.html


    Dazu ein treffender Kommentar:


    "die haben Deutschland längst abgehängt...


    und wir holen uns Roma ins Land und gewähren ihnen Sozialhilfe. In Singapur zahlt man Strafe, wenn man eine Zigarette wegwirft und Deutschland stiftet jugendlichen Intensivtätern einen Segeltörn in der Karibik."

    Ihr wundert euch wirklich, warum Eure Eigentumswohnung 400.000 €* 650.000 €** kostet, wenn der Bauherr Ferrari F430 & 458, Porsche Carrera GT & 911 fährt?
    * 2013, ** 2015

  • Zitat

    Original geschrieben von Jimmythebob
    Ich bin ganz froh, dass an den wichtigen Stellen Menschen sitzen, die das gelernt haben


    Aha, und das beziehst du etwa auf unsere Politker, welche Gesetzte verabschieden?

  • Zitat

    Original geschrieben von thomasGr
    Das heißt in der Folge, man kann jemanden aus dem 15. Stock eines Hochhauses stumpen. Gestorben ist er dann nicht aufgrund meines "Stumpens", denn ihn habe ich ja dann nur zum "fliegen" gebracht, nein gestorben ist er durch den Aufprall, und damit habe ich nichts zu tun.

    Nein, dass heißt es natürlich nicht.


    Auch wenn es vermutlich wenig Sinn hat, der hier vorherrschenden Stammtischpolemik Sachlichkeit entgegen zu setzen, versuche ich es dennoch nochmal.


    Wenn du jemanden aus dem 15. Stock eines Hochhauses stößt ist es grundsätzlich zunächst das gleiche, als wenn du jemanden auf dem Gehweg stehend einen leichten Schubs gibts, dieser dann aus dem Gleichgewicht kommt, unglücklich mit dem Kopf aufschlägt und an dadurch hervorgerufenen Hirnblutungen stirbt. In beiden Fällen hast du den Tot kausal verursacht, und dies ist dir auch zurechenbar. Im Hochhausfall hast du darüber hinaus hinsichtlich der Tötung auch vorsätzlich gehandelt, denn du musstest mit Sicherheit davon ausgehen, dass das Opfer den Sturz nicht überleben wird. Im zweiten Fall hattest du aber keinerlei Tötungsabsicht. Daher wirst du im ersten Fall wegen Totschlag oder Mord verurteilt, im zweiten nur wegen Körperverletzung mit Todesfolge (Mindeststrafe auch immerhin drei Jahre bzw. ein Jahr in minder schweren Fällen). Und es sollte wohl auch jedem einleuchten, dass es richtig ist, diese beiden Fälle nicht gleich zu bestrafen.


    In unserem Fall hier gilt jetzt das Gleiche: Während man noch diskutieren kann, ob bei Tritten gegen den Kopf eine Tötungsabsicht "automatisch" angenommen werden kann, ist jedenfalls klar, dass dies nicht gilt, wenn jemand infolge eines Angriffs (z.B. eines Faustschlags) stürzt und sich dabei eine Verletzung zuzieht, die später tödlich ist.


    Aber diese Details fand die WELT wohl nicht so wichtig, weil sie nicht so schön ins Bild der brutalen türkischen Totschläger passte.

  • @ thomasGr:


    Hier vergleichst du Äpfel mit Birnen. In einem Flächenstaat wie Deutschland herrschen komplett andere soziale, kulturelle und gesellschaftliche Voraussetzungen als im Stadtstaat Singapur, der zu 80% aus wohlhabenden Expats besteht.
    Meine Bemerkung bezog sich darauf, dass hohe Strafandrohungen keinerlei generalpräventive Wirkung haben. Wenn also in Singapur eine niedrigere Kriminalität herrscht, dann liegt das an den anderen Voraussetzungen (s.o.) und nicht an den Strafen für Kaugummispucken (was wohl im übrigen eh eine Urban Legend ist).


    Dass das so ist, kannst du in zig seriösen Studien nachlesen. Beispielhaft hier mal ein Dokument von Prof. Dr. Heinz, der sich seit Jahren mit den Ursachen für Kriminalität, Strafvollzug und Kriminalitätsprävention beschäftigt: http://www.uni-konstanz.de/rtf…lassischen_Sanktionen.pdf Auf seiner Seite findest du noch mehr seiner Studien: http://www.jura.uni-konstanz.de/heinz/


    Daraus kannst du zum Beispiel folgende Aussage entnehmen:


    "Hinsichtlich der generalpräventiven Wirkung von Strafandrohung, Strafverhängung und Strafvollstreckung wird von Teilen der Politik in Deutschland die Erwartung geäußert, durch eine Verschärfung eine höhere Präventionswirkung erzielen zu können. Für die Richtigkeit dieser Erwartungen gibt es indes keinerlei empirisch gestützte Anhaltspunkte."


    Für diese Aussage werden wiederum zahlreiche Quellen zu Studien und Publikationen angegeben. Wenn du anders lautende Studien kennst, können wir gerne darüber diskutieren. Ansonsten sehe ich die Aussage "Harte Strafen = weniger Straftaten" hiermit als widerlegt an.


    Noch etwas zu dem von dir zitierten "Kommentar": Ich finde es wenig hilfreich, sich auf anonyme Kommentare im Internet zu beziehen; die nicht vorhandene Qualität solcher Kommentare sollte mit einem Blick auf die Kommentarfunktion der gängigen Nachrichtenseiten jedermann bekannt sein. Natürlich gibt es auch hier Ausnahmen, die Aussage: "Wir holen uns Roma ins Land", als wenn es sich dabei um eine tödliche Krankheit handelt, die man sich "holt", ist allerdings fast schon ekelhaft. Der dumme Stammtischansatz ala "Segeltörn für Intensivstraftäter" macht es ebenfalls nicht besser.

  • Zitat

    Original geschrieben von Jimmythebob
    ...
    Wie sieht denn Schritt 2 der 57% aus, die unsere Justiz als zu milde empfinden? Glauben diese, dass sich durch harte Strafen irgendwelche Straftaten verhindern ließen?...


    Selbstverständlich liessen sich damit Straftaten verhindern!
    Kinder und Jugendliche lernen schnell. Und was bringt "man" ihnen bei, wenn sie was anstellen? Man kann tun und lassen was man will, es passiert nichts. Nach der x-ten Ermahnung folgt dann vielleicht eine Verurteilung auf Bewährung. Hier müßte angesetzt werden, nicht unbedingt in der Höhe der Strafe sonder bei der Schnelligkeit der Verurteilung und der tatsächlich stattfindenden Bestrafung. Davon einmal abgesehen, welchen negativen Einflüssen sollen die jugendlichen Serientäter denn im Jugendknast unterliegen, vor denen man sie schützen sollte?
    Eins ist auf jeden Fall klar, solange ein Räuber, Erpresser, Gewalttäter im Knast sitzt, kann er niemanden überfallen. Und da ist es auch egal wo jemand her kommt, ob er grüne, gelbe oder violette Hautfarbe hat. Die allermeisten Opfer der jugendlichen Gewalttäter sind Kinder und Jugendliche! Und unser Staat hat die Pflicht, diese zu schützen. Manchmal muss man den Eindruck gewinnen, das aus Sicht der Justiz ein Schutzbedürfnis erst entsteht, wenn man zum Starftäter wird.


    Gruß
    Pitter

  • Zitat

    Original geschrieben von Jimmythebob
    ..."Hinsichtlich der generalpräventiven Wirkung von Strafandrohung, Strafverhängung und Strafvollstreckung wird von Teilen der Politik in Deutschland die Erwartung geäußert, durch eine Verschärfung eine höhere Präventionswirkung erzielen zu können. Für die Richtigkeit dieser Erwartungen gibt es indes keinerlei empirisch gestützte Anhaltspunkte." ...


    Und für sowas werden auch noch Steuergelder verbraten. ;)
    Da brauchst du keine großen Studien zu erstellen, um festzustellen, dass der gute Herr Professor, wahrscheinlich wie viele seiner Kollegen auch, jenseits der Realität forscht.


    Stell dich doch einfach mal an eine Ampelanlage mit Fußgänger- und Autoregelung. Du wirst schnell feststellen können, dass jede Menge Fußgänger das Rotsignal mißachten und trotzdem die Straße überqueren. Gleichzeitig wirst du feststellen, dass die meisten, oder gar alle Autofahrer bei Rot halten und erst bei Grün fahren. Aber dass hat natürlich nichts mit Strafandrohung, Strafverhängung und Strafvollstreckung zu tun. ;) Sicher sind Autofahrer per se viel einsichtiger und gesetzestreuer als Fußgänger, oder?


    Gruß
    Pitter

  • Zitat

    Original geschrieben von Jimmythebob
    @ thomasGr:
    Meine Bemerkung bezog sich darauf, dass hohe Strafandrohungen keinerlei generalpräventive Wirkung haben.


    Und was meinst du hat es für eine Wirkung auf aggressive Serienstraftäter in Berlin, wenn deren Kollegen auf dem Alex' einen jungen Mann töten können und z.T. nicht mal in U-Haft kommen bzw. einfach das Land ungestraft verlassen können?

    Ihr wundert euch wirklich, warum Eure Eigentumswohnung 400.000 €* 650.000 €** kostet, wenn der Bauherr Ferrari F430 & 458, Porsche Carrera GT & 911 fährt?
    * 2013, ** 2015

  • Wir drehen uns hier im Kreis. Wenn Studien schlicht ignoriert werden "neben der Realität, wie immer", können wir die Diskussion gleich einstellen. Es lebt sich halt einfach in eurer Welt voll Vorurteilen und schlichten Lösungen, andere halten sich eher an die Ergebnisse von Wissenschaft und Forschung. Jeder wie er mag. :)

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