Der Baader-Meinhof-Komplex (Pontos Witwe gibt Bundesverdienstkreuz zurück)

  • Der Baader-Meinhof-Komplex läuft ja schon seit Ende September in den Kinos und wurde auch schon als Kanditat für einen Oskar beworben. Ich habe, bevor ich mir den Film im Kino angeschaut habe, das Buch von dem ehemaligen Spiegelredakteur Stefan Aust gelesen und mich auch sonst mit der Thematik der RAF befasst. Mein erster Eindruck von dem Film war, dass es besser ist, wenn man die Geschichte der RAF bereits kennt, weil man sonst als Zuschauer die Zusammenhänge nicht richtig versteht. Den Film für 12 jährige freizugeben, halte ich für falsch. Man sollte meiner Meinung nach schon 16 Jahre sein, um diesen Film sehen zu dürfen. Insgesamt fand ich den Film aber als gelungen


    Die Tochter von Ulrike Meinhof (Bettina Röhl) hat den Film bereits kurz nach seinem Erscheinen heftig kritisiert:


    "Der Film ist gefährlich"


    Nun hat Röhl ein Interview mit der Tochter von Jürgen Ponto Corinna Ponto geführt. Darin beklagt die Tochter, dass die Opferseite zuwenig dargestellt wird, womit sie zwar nicht unrecht hat, aber meiner Meinung nach auch nicht das Anliegen des Films war. Der Bader-Meinhof-Komplex hat ja schon Überlänge und es gibt ja mit Black Box BRD schon einen sehr guten Film, der beide Seiten beleuchtet. Die Reaktion von der Ehefrau Pontos das Bundesverdienstkreuz wieder abzugeben, finde ich übertrieben und auch unpassend, weil die Verleihung ursprünglich überhaupt nichts mit dem Tod von Jürgen Ponto zu tun hatte und die BRD ja nichts mit dem Kinofilm zu tun hat. Ich finde das Interview von Röhl auch sehr suggestiv:


    Der RAF-Film verletzt die Menschenwürde


    Was mir am Kinofilm aufgefallen ist, dass nicht thematisiert wurde wann und wie Baader & Co. in Stammheim vom BKA abgehört wurden. Soweit ich mich entsinne wurde nur dargestellt, dass sich die RAF dort über eine selbstgebaute Gegensprechanlage unterhalten haben.

  • Re: Der Baader-Meinhof-Komplex (Pontos Witwe gibt Bundesverdienstkreuz zurück)


    Zitat

    Original geschrieben von Buchungszeichen
    Die Reaktion von der Ehefrau Pontos das Bundesverdienstkreuz wieder abzugeben, finde ich übertrieben und auch unpassend, weil die Verleihung ursprünglich überhaupt nichts mit dem Tod von Jürgen Ponto zu tun hatte und die BRD ja nichts mit dem Kinofilm zu tun hat.

    Naja....die BRD hat den Film (quasi "hintenrum") mit Fördermitteln unterstützt. Daher ihre echauffierung.

    Nachdem die meisten User, die unter supranasaler Oligosynapsie (und auch Morbus Bahlsen) leiden, hier endlich gesperrt worden sind, wage ich mal wieder den einen oder anderen Besuch hier...

  • Ich habe den Film am Wochenende gesehen und muss sagen:
    spannender, unterhaltsamer Film :top:


    ABER: Als aufklärungsfilm total ungeeignet :flop:


    Das liegt einfach daran, dass der Film die Täter und deren Motive beleuchtet. Damit muss fast zwangsläufig das Bild der Glorifizierung entstehen, was letzten Endes für alle, die Opfer der RAF sind wie ein Schlag in die Fr*sse wirkt.


    Gefördert wird dies im Film natürlich noch dadurch, dass für die Verbrecher sehr charismatische und coole Schauspieler gewählt wurden, während die bürgerliche Seite in vielen Szenen oftmals wie Deppen wirkten.


    Daher mein Fazit: Ähnlich unterhaltsam wie James Bond, aber zur Meinungsbildung genauso gut geeignet wie die Bild.

    Eine Smith & Wesson übertrumpft vier Asse

  • Re: Der Baader-Meinhof-Komplex (Pontos Witwe gibt Bundesverdienstkreuz zurück)


    Zitat

    Original geschrieben von Buchungszeichen

    Was mir am Kinofilm aufgefallen ist, dass nicht thematisiert wurde wann und wie Baader & Co. in Stammheim vom BKA abgehört wurden. Soweit ich mich entsinne wurde nur dargestellt, dass sich die RAF dort über eine selbstgebaute Gegensprechanlage unterhalten haben.


    Man wollte sich ausschließlich an die Fakten halten, sagte Bernd Eichinger diesbezüglich im Sterninterview.

    Ich habe dem Teufel meine Seele verkauft und jetzt sind wir beide ein wenig aufgeregt...!

  • die Gegensprechanlagen wurden u.a. aus Plattenspielern und Lautsprechern gebaut. Strom kam z. B. über die anstaltseigene Schwachstromleitung für Trockenrasierer. Ebenso wurden die Plattenspieler mit kleinen UKW-Empfängern, welche in Handmappen eingeschmuggelt wurden, modifiziert. Raspe hatte hier wohl sehr großes Geschick. Anfangs, bis zur Schleyer-Entführung, waren ja Radios teilweise erlaubt.


    Ansonsten schließe ich mich den bisherigen Meinungen an: spannender Film, allerdings in keinster Weise lehrreich, da elementare Stellen zugunsten Actionkino weggelassen wurden.


    Schmunzeln musste ich übrigens bei Mohnhaupts Satz am Schluss "hört auf etwas in den Stammheimern zu sehen, was sie nicht waren!" - da kam richtig schön raus, dass der Satz als Entschärfung und zur Vorbeugung von Heroisierung dient.

  • Ich habe den Film vergangene Woche gesehen und wäre am liebsten aus dem Kino gegangen. Offensichtlich wollte der Regisseur erreichen, dass die Zuschauer sich mit den Terroristen identifizieren; wie sonst hätte er sie so positiv darstellen können. An der einen Stelle, an der genau dies interessant gewesen wäre, hat er leider total versagt - wie aus jungen Menschen aus dem konservativen Bildungsbürgertum solche Leute werden konnten; welche Motive sie hatten, wird im Film leider nicht gezeigt.
    Stattdessen eine Abrechnung mit dem Staat, der seine Pflicht getan und seine Bürger geschützt hat, aber als freiheitsberaubend dargestellt wird. Anschläge, die Menschenleben kosteten, werden positiv dargestellt und dabei nicht der Opfer gedacht.


    Insofern kann ich Ignes Ponto gut verstehen - dem Andenken an ihren Mann und den anderen Opfern wird der Film nicht gerecht.

  • Zitat

    Original geschrieben von Percy
    An der einen Stelle, an der genau dies interessant gewesen wäre, hat er leider total versagt - wie aus jungen Menschen aus dem konservativen Bildungsbürgertum solche Leute werden konnten; welche Motive sie hatten, wird im Film leider nicht gezeigt.


    Das ist genau der Punkt. Den Film hätte man auch drehen können, wenn man sich einen Tag die Themen in der Wikipedia zur RAF duchliest. Eichinger hat es m.E. eher geschafft, Sympathiegefühle für die Terroristen zu erzeugen. Speziell die Szene im Gericht ging so in Richtung "coole Rebellen gegen spießiges Richter-Establishment".


    Allerdings hat es der Film nicht verdient, dass solch ein Rummel daraus gemacht wird; dafür war er einfach nicht tiefgründig genug. Den hätte man auch gut um 22.15 in der ARD zeigen können.

  • Zitat

    Original geschrieben von Sunny forgot pw
    Das ist genau der Punkt. Den Film hätte man auch drehen können, wenn man sich einen Tag die Themen in der Wikipedia zur RAF duchliest.


    Ich glaube, dass man dies im Hinblick auf Wiki nicht sagen kann. In Wiki stehen beide Versionen von Pontos Mord drin:


    Wikipedia zu Jürgen Ponto

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!