Bewusst falsche Titelangabe im Beruf

  • Zitat

    Original geschrieben von Goyale


    Und wie ich auch an einem Beispiel belegt habe: Der Firmenchef ist sehr oft nicht derjenige mit dem höchsten Bildungsabschluss! Im Durchschnitt rechnet sich mehr Bildung nach meiner Erfahrung aber immer.


    Naja, in der Privatwirtschaft ist das ja verständlich zumal kein Gesetz einen Doktor-Titel für die Führung eines Unternehmens einfordert. Der gute Mann hätte ja die Firma nur von seinem Vater geerbt haben können oder bloß als GF ernannt worden sein. In größeren Unternehmen auf der mittleren/höheren Ebene, im Öffentlichen Dienst, Wissenschaft, Forschung etc. wäre das sicherlich nicht möglich. Da hat man genau so viele gute Doktoranden zur Auswahl, als dass man jemand "nur" mit Diplom nehmen würde.


    Zitat

    Original geschrieben von Goyale
    Was aber gar nicht geht (Thema dieses Threads), dass sich Techniker auf der Visitenkarte als Ingenieur bezeichnen, und ein Firmenchef, der diesen strafrechtlich relevanten Unsinn nicht unterbindet.


    Schuld sind aber nicht nur die Möchtegerningenieurs und die Chefs, sondern das (Bildungs) System welches sowas überhaupt erlaubt. Für meine Begriffe sollte ein "Diplom" nur den Universitäten vorenthalten sein und anderweitige Bildungseinrichtungen sollten Abschlüsse nach einer vorher verabschiedeten DIN-Norm führen wo man auch einheitlich die erlangte Berufsbezeichnung regelt und festhält (im Zeugnis). Im Übrigen ist es nicht nur bei den Ingenieursberufen so, sondern vermehrt auch in der IT-Branche wo solche Ausbildungen u.a. von jeder selbsternannten "Akademie" mit Förderung vom Arbeitsamt angeboten werden. Danach ist irgendwie "jeder" ein Betriebsinformatiker o.ä.

  • Zitat

    Original geschrieben von scaleon
    [...] In größeren Unternehmen auf der mittleren/höheren Ebene, im Öffentlichen Dienst, Wissenschaft, Forschung etc. wäre das sicherlich nicht möglich. Da hat man genau so viele gute Doktoranden zur Auswahl, als dass man jemand "nur" mit Diplom nehmen würde. [...]


    Schau dir mal an, wie es bei VW aussieht http://www.volkswagenag.com/co…up/senior_management.html
    Herr Müller hat sogar "nur" ein FH-Diplom.


    Zitat

    Original geschrieben von scaleon
    [...] Für meine Begriffe sollte ein "Diplom" nur den Universitäten vorenthalten sein [...]


    Das hat sich ja mit Bachelor/Master nun erledigt. Aber deine Denkweise... :rolleyes:

  • Etwas off Topic aber es passt in die Diskussion :


    Bis in die 80er Jahre haben Fachhochschule "Dipl.-Ing" ohne FH Zusatz vergeben !


    Hab das bei einem Chef erlebt - der sich Dipl.-Ing. nannte obwohl er an der gleichen FH studiert hat wie
    ich. Da wäre es peinlich geworden, wenn man mit da den Finger in die vermeintliche Wunde gelegt hätte.


    Der Kollege mit dem "Ingenieurstitel" erzählt auch gern, dass er studiert hätte.
    Bei einer Diskussion, wer den welchen Abschluss habe hat er sich mit seinem Technikerabschluss "gewunden". Er habe studiert sagt er - und das stimmt sogar !
    Halt ohne Abschluss.


    Wirf sojemandem mal vor, dass er bescheißt. Am Ende steht man selber noch da weil - das blose
    Erwecken des Eindrucks, einen akademischen Grad zu haben, ist nicht strafbar.


    Sollte das mal zufälligerweise bei mir anstehen werde ich in Zukunft sagen, dass ich einen Studienabschluss als Elektroingenieur habe.

  • Zitat

    Original geschrieben von Goyale
    Schade dass sich das Dir nicht erschließt. Denn die Promotion bescheinigt dem Titelinhaber, _selbstständig wissenschaftlich arbeiten zu können_.
    ...


    Genau das ist der Punkt!


    Nur:
    Wie viele Doktoranden beabsichtigen schon während ihrer Promotion, im Rahmen ihrer Berufsausübung niemals wissenschaftlich tätig werden zu wollen?


    Es werden wohl die allermeisten sein. Selbst unter den Naturwissenschaftlern in meinem Bekanntenkreis, bei denen eine Promotion obligatorisch ist (oder zu meiner Zeit zumindest war), gibt es nur einen einzigen, der wirklich wissenschaftlich (in der Forschung) tätig war. Der Rest arbeitet(e) von Beginn an produktiv in der Freien Wirtschaft, um irgendwann in deren Verwaltung zu verschwinden.


    Mein Hinweis auf Luthers Zeiten diente dazu, den (ursprünglichen) Zusammenhang des Doktortitels zu Forschung und Lehre aufzuzeigen. Aber ich kann damit leben, wenn Du meinen Standpunkt, dass der Doktortitel in der Freien Wirtschaft in allererster Linie ein Statussymbol ist, nicht teilst. ;)



    Zitat

    Original geschrieben von Goyale
    ...
    Die Lehrbefugnis heißt heute "Habilitation"
    ...


    Ob der Doktortitel zu Luthers Zeiten tatsächlich nur eine Lehrbefähigung i.S. einer Habilitation war, mag ich ohne weitere Recherchen nicht so einfach bestätigen wollen. Meiner Erinnerung nach (die allerdings auch täuschen kann) beinhaltete der Doktorgrad seinerzeit auch die Lehrbefugnis/-berechtigung. Allerdings interessiert mich das jetzt nicht so sehr, dass ich dem unbedingt nachgehen müsste. :)


    Rein vorsorglich kaufe ich ein "A" ... für Ablassbrief. :p



    Zitat

    Original geschrieben von Goyale
    ...
    Ein Professorentitel bedeutet lediglich, dass der Titelinhaber ein Inhaber eines Lehrstuhles ist.
    ...


    Bei dieser rein formalen Betrachtungsweise verstehe ich nicht, warum Du diesen


    Zitat

    Original geschrieben von Goyale
    ...
    Das ist im Falle eines Hochschul-Profs immer ein habilitierter Dr.
    Für FH-Profs bestehen aus meiner Sicht keine Bildungsanforderungen, so dass viele FH-Profs lediglich z.B. Master/Ingenieure sind. Auch das zeigt überdeutlich den geringeren Wert eines FH-Abschlusses im Vergleich zum Hochschul-Abschluss.
    ...


    Unterschied machst.


    Praktisch halte ich ihn tatsächlich für bedeutsam, was im juristischen Bereich etwa dazu geführt hatte, dass Fachhochschulprofs schon nach §138 StPO a.F. (die noch nicht an eine Befähigung zum Richteramt anknüpfte) nicht als "Rechtslehrer an deutschen Hochschulen" galten.


    Betrachtet man Professoren dagegen rein formal als Lehrstuhlinhaber, dürfte das für Profs an Fachhochschulen keinen Unterschied machen.



    Aber gut ... wollen wir nicht zu tief in ein Gebiet einsteigen, welches meiner Einschätzung zufolge ohnehin heillos überbewertet wird. Der Teil des Bologna-Prozederes, der nach internationalem Vorbild viele Grade und Titel dem bürgerlichen Namen hintanstellt, gefällt mir durchaus gut.


    Entsprechendes wäre m.E. auch für den Doktorgrad (entsprechend dem angelsächsischen "MD") denkbar. Damit würde ein aus meiner Sicht entbehrliches Standesdünkel (auf das auch immer weniger promovierte Dres. Wert legen) gesellschaftlich an Bedeutung verlieren.

  • Zitat

    Original geschrieben von cem_kara34
    Etwas off Topic aber es passt in die Diskussion :


    Bis in die 80er Jahre haben Fachhochschule "Dipl.-Ing" ohne FH Zusatz vergeben !


    Hab das bei einem Chef erlebt - der sich Dipl.-Ing. nannte obwohl er an der gleichen FH studiert hat wie
    ich. ...

    Handelt es sich zufällig dabei um die jetzige FH Zittau/Görlitz?

    Zitat

    Insbesondere durch die postgraduale Weiterbildung (bis zur Promotion) und das Modell der praxisorientierten Hochschulzugangsberechtigung erhielt die Ingenieurhochschule Zittau im Jahr 1988 den Status einer Technischen Hochschule. Absolventen mit einer besonderen Sachkunde erhielten die Möglichkeit der Promotion (Doktor) und Habilitation.

  • Servus,
    ich gebe nicht viel auf akademische Titel, für mich zählt was der Mensch in der Birne hat. Sich natürlich fälschlich mit Titeln zu schmücken finde ich ehrlich gesagt etwas armselig.

  • Es ist nicht wirklich schön zu sehen, wie hier teilweise auf die "unterklassigen" Abschlüsse geschimpft wird. :mad:


    Da wird mir als staatl. gep. Techniker mit 13 Jahren Berufserfahrung und parallelem Fernstudium ja richtig ärmlich und ich sollte mich anscheinend freuen, wenn ich irgendwo zum Mindestlohn arbeiten kommen darf. :rolleyes:


    Sollte nicht die zu besetzende Stelle den Ausschlag geben?
    Mein AG (Sondermaschinenbau) hat zwei Leute wieder gehen lassen, da sie an der Uni studierten und nicht wirklich einen Praxisbezug hatten. Da hat man mit einer Spezialisierung in seiner Branche deutlich mehr Chancen und wird lieber gesehen. Zudem lässt sich auch mit den MA "an der Basis" deutlich anders kommunizieren, als wenn da [Klischeemodus]so ein fertiger Student mit Anfang 20 ohne echte Ahnung daher kommt, der noch nie Werkzeug in der Hand hatte.[/Klischeemodus]
    Leider selber schon oft genug in der Praxis erlebt. Solche Menschen haben ihre Stärken eben auf ganz anderen Gebieten, das habe ich auch nicht vergessen und möchte hier etwa jemanden schlecht reden!


    Aber mit einer Taucherbrille und Pressluftflasche geht man eben nicht auf Rucksacktour durch die Sahara, obwohl beides sicherlich tolle Erfindungen sind. ;)

  • >>> Fachhochschule Darmstadt - mittlerweile Hochschule Darmstadt ...
    Hat aber auch FH Frankfurt so gemacht mit der Vergabe eines Dipl.-Ing.



    Für mich bestätigt sich mal wieder was so meine Erfahrung nach 10 Jahren Berufsleben ist.


    90 Prozent der Techniker haben Komplexe und sind insgeheim sauer, dass sie es "nur" zum Techniker
    gebracht haben und der Zug zum Studienabschluss endgültig abgefahren ist.


    Tia, da kann ich aber nur dagegenhalten ....


    - hättet ihr Euch mal früher auf den Hosenboden gesetzt
    - wärt Ihr mal das Risiko eingegangen, nach 7 bestandenen Prüfungsleistungen
    mit der 8 Leistung nach Fehlerversuch an keiner deutschen Hochschule mehr in diesem Fachbereich
    studieren zu können. Jahrelanges Studium wäre dann für die Katz gewesen.
    - auch mit den finanziellen Entbehrungen eines Studentenlebens fertig zu werden.


    Mir war klar, dass sich an meinem letzten Abschluss noch ein wahrscheinlich jahrzehntelanges Berufsleben anschließt und mir hat der Techniker nicht gereicht.

  • cem_kara34:


    Sollte ich dich etwa in meinem Beitrag angesprochen haben, dann tut mir das wirklich Leid. Ich wollte niemanden diskreditieren!
    Mir sind die Strapazen eines Studiums durchaus bewusst. Und natürlich auch die Möglichkeiten danach.


    Aber ich habe für mich persönlich einen erstrebenswerten Titel erworben und bin mit der Firma, dem Gehalt und der Arbeit an sich mehr als zufrieden. Dies in Kombination mit einem Job in der Heimat und einer täglichen Pendelstrecke von 10km macht mich zufrieden. Zudem komme ich auch regelmäßig aus dem Büro raus und fahre zu Kunden.
    Jeder verfolgt seine eigenen Ziele.

  • Zitat

    Original geschrieben von cem_kara34
    ...
    Bis in die 80er Jahre haben Fachhochschule "Dipl.-Ing" ohne FH Zusatz vergeben !
    ...


    Im Wesentlichen betrafen Dipl.-Grade der Fachhochschulen ohne FH-Zusatz m.W. Studiengänge, die ausschließlich an Fachhochschulen (und nicht an Universitäten) angeboten wurden, wodurch eine Verwechslungsgefahr mit einem universitären Abschluss ausschied. Allerdings gab es bei dieser Praxis schon damals länderspezifische Unterschiede.


    In NRW gab es solche Praxis (damals) jedenfalls. Diese Titel dürfen auch heute noch so geführt werden, wie sie vergeben wurden - also ohne den Zusatz.

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