Als Ostdeutscher empfinde ich Sätze wie diesen: "Die Politik müsse den Strukturwandel durch eine zielgerichtete Industrie- und Beschäftigungspolitik flankieren." eher als Drohung. Exakt diese Art von Zielrichtung wurde im Osten nach 1990 umgesetzt. Dadurch brach dann die Industrieproduktion um > 60 % ein, während andere Ostblockländer Einbrüche von maximal 30 % zu ertragen hatten.
Man muss aber auch das Positive sehen, naemlich das bei allen Problemen wie der Massenarbeitslosigkeit, welche die Strukturwandel mit sich gebracht hat, die neuen Bundeslaender sehr viel schneller und hoeher beim Lebensstandard aufgestiegen sind als viele osteuropaeischen Laender.
Denke einfach mal zuerueck wie es so 1995 in Dresden und wie es 1995 in Wrocław ausgesehen hat. Selbst einem arbeitslosen Sachsen ging es besser als einem vollbeschäftigten Polen.
In der Geschichte hat es sehr selten Entwicklungen gegeben, die sich an Linearitäten halten. Eher läuft das als Exponentialfunktion, die nach anfänglicher Unbemerktheit plötzlich durch die Decke geht. So ist es übrigens auch beim Mobilfunk und dem Internet gelaufen. Als etwa 12-15 % der Leute Mobilfunk oder Internet nutzten, rief die breite Masse plötzlich "Will auch haben!" und es ging binnen kürzester Zeit durch die Decke. Beim Smartphone hat der Dammbruch letztlich nur noch Monate gedauert. Bei WhatsApp vs. SMS auch. Bei Facebook vs. MySpace auch.
Da hast du zwar durchaus Recht, fairerweise muss man aber sagen das diese Beispiele eher Dinge waren, die keine oder kaum Einstiegskosten mit sich brachten.
Bei einem Auto geht es um fünfstellige Summen, da agieren die Leute dann schon wesentlich konservativer.
Und schwupp, hatte es seinerzeit die Kutschen binnen ca. 10 Jahren von der Straße geworfen.
So schnell ging es nicht, die Massenmotorisierung der Durchschnittsbuerger in Europa war erst in den 1960er und 1970er Jahren. Vorher waren Autos für viele Jahrzehnte ein Luxusgut von dem man nur träumen konnte.
Warum sollte das beim Elektroauto langsamer gehen? Wegen irgendwelcher Bedenken?
Naja, bislang wäre ein Elektroauto eben in jeder Hinsicht (Flexibilität, Reichweite, Geschwindigkeit) ein Rückschritt gegenüber einem Auto mit Verbrennungsmotor.
Und zu den Kosten: Momentan lohnt es sich meistens wegen dem sehr hohen Anschaffungspreis nicht. Und werden Elektroautos in ein paar Jahren günstiger und verbreiten sich stärker, dann werden die Stromkosten spürbar steigen, so das es fraglich ist wie es da dann mit der Rentabilität aussieht.
Mein Steuerberater hat beispielsweise ein KI-System zur Belegerfassung und -verbuchung angeschafft. Start war der 01.01.2018. Resultat zum 30.06.2018 ist nun, dass er 3 von 8 Steuerfachgehilfen über hat. Das war bis vor wenigen Jahren ein als sicher empfundener und entsprechend begehrter Lehrberuf, der um Osten zu weit mehr als 2/3 von Abiturienten besetzt wurde. Heute ist dieser Beruf offenbar zerlegbar in Software + "qualifiziertere Restarbeiten". Spannender finde ich, dass mein Berater einschätzt, dass seine Kanzlei keine 5 Jahre mehr so sein wird, wie sie ist, da man bei breiter Einführung von KI locker noch 3 "Erfassen" = Routinearbeiter = Fachgehilfen übrig hätte. Und dann? Was macht dann die Mittelschicht???
Ich glaub nicht das viele Menschen das Bedürfnis haben wirklich 40 Wochenstunden arbeiten zu müssen und glücklich zu sein, sondern man muss es gezwungenermasen machen, und genug Einkommen für einen halbwegs vernünftigen Lebensstandard zu erwirtschaften. Sondern die meisten Menschen wären mit 25 Wochenstunden deutlich glücklicher wenn man davon vernünftig legen können.
Also müsste man nur die Unternehmensgewinne (und damit Maschienen- und Softwarearbeit) hoeher besteuern und dafuer die Lohnnebenkosten senken, so das man auch nit 25 Wochenstunden vernünftig leben kann.
Und man muss bedenken das so 8-9 Stunden pro Tag nur machbar sind wenn man nicht ständig hochkomplexe Tätigkeiten machen muss, sondern zwischendrin auch wieder ein paar einfachere Tätigkeiten hat. Deshalb kann man die menschliche Produktivität nicht unbegrenzt erhöhen.