Landung mit defektem Bugfahrwerk

  • Frage an die Piloten hier im Forum:


    Laut einem Zeitungsbericht ist vor einigen Tagen eine Lufthansa-Maschine (genauer gesagt: Augsburg Airways im Auftrag der LH) wegen einem defekten Bugfahrwerk kurz vor Florenz umgedreht und am Ausgangsflughafen München notgelandet. Angeblich war mit diesem Defekt eine Notlandung in Italien nicht möglich.
    Das kann doch eigentlich nicht sein, oder was machen denn italienische Piloten bei so einem Defekt? Zumindest der Großflughafen Mailand-Malpensa dürfte doch technisch sicher nicht schlechter ausgerüstet sein als München (Landebahnlänge?).


    Oder war es einfach nur billiger, den Defekt am Heimatflughafen zu reparieren?


    Für die Passagiere ist sowas ja ziemlich ärgerlich, zum unvermeidbaren Schrecken kommt noch der (vielleicht vermeidbare) Zeitverlust.

  • Re: Landung mit defektem Bugfahrwerk


    Zitat

    Original geschrieben von fantomas
    Für die Passagiere ist sowas ja ziemlich ärgerlich, zum unvermeidbaren Schrecken kommt noch der (vielleicht vermeidbare) Zeitverlust.


    Als Passagier wäre ich eher froh gleich wieder gelandet zu sein als erstmal damit hunderte Kilometer durch die Luft zu fliegen :rolleyes:


    Defektes Bugfahrwerk ist jetzt auch nicht sehr aussagekräftig ;)

    "Wer denkt, er kommt morgen mit seinem Wissen von heute weiter, ist übermorgen schon von gestern."

  • Sicher ist es immer günstiger die defekte Maschine zum Heimatstützpunkt zu fliegen, sofern möglich. Und das nicht nur weil die eigene Technik dort sitzt.


    Sollte es bei der Landung nämlich doch zu Personenschaden kommen, so geht man bei den Luftfahrtgesellschaften davon aus, dass die mehrheitliche Anzahl der Paxe nämlich aus deren Heimatland kommt. Sprich es werden bei medizinischen Maßnahmen Sprachprobleme minimiert, die wahrscheinlichkeit dass sich Angehörige schneller einfinden ist höher. Der ADAC braucht keine Medi-Shuttle, die auch bezahlt werden müßten, einzusetzen. Und auch Frachtraum wird nicht in Beschlag genommen, ich hoffe es ist klar was ich damit ausdrücken will.


    Eine Landung am Heimatstützpunkt hat somit neben der Technik für die Airline viele andere Vorteile. Auch wenn diese einige dieser Punkte niemals öffentlich benennen würde.

  • Ich denke es könnte auch so gewesen sein, das die italenischen Flughäfen das Flugzeug nicht angenommen haben.


    Denn es war vielleicht nicht klar, ober das Flugzeug ohne Bugrad landen kann oder vielleicht ohne Räder auf einem Schaumteppich landen muss.


    Bis man dann so ein Flugzeug von der Star-/Landebahn hat, und den Schaum wieder weg hat, kann man die Bahn dann nicht benutzten ... und das gefällt den Flughafenbetreibern dann nicht wirklich.


    Deswegen denke ich das die das Flugzeug, solange es kein Notfall war, einfach nicht angenommen haben.

  • Re: Re: Landung mit defektem Bugfahrwerk


    Zitat

    Original geschrieben von diego206
    Als Passagier wäre ich eher froh gleich wieder gelandet zu sein als erstmal damit hunderte Kilometer durch die Luft zu fliegen :rolleyes:


    naja, gleich wieder...


    die sind von München nach Italien und haben dort vor der Landung (zumindest schon in Italien) entschieden zur Notlandung nach München zurück zu fliegen - also nochmal ein paar Hundert Kilometer retour.


    Ich glaube die haben den Italiener das ganze im Problemfall einfach nicht zugetraut.

    Dieser Eintrag wurde 624 mal editiert, zum letzten mal um 11:24 Uhr

  • Re: Re: Re: Landung mit defektem Bugfahrwerk


    Zitat

    Original geschrieben von polli
    naja, gleich wieder...


    die sind von München nach Italien und haben dort vor der Landung (zumindest schon in Italien) entschieden zur Notlandung nach München zurück zu fliegen - also nochmal ein paar Hundert Kilometer retour.


    Ups da hatte ich wohl einen :apaul:

    "Wer denkt, er kommt morgen mit seinem Wissen von heute weiter, ist übermorgen schon von gestern."

  • Es gibt für Problemfälle das sog. FORDEC-Modell, das innerhalb des Crew Ressource Managements bei der Entscheidungsfindung helfen soll. Die Abkürzung steht für


    * Facts – Was ist Sache? Situationsanalyse, Sammlung von Fakten zur Lage.
    * Options – Welche Möglichkeiten gibt es? Sammlung von Handlungsmöglichkeiten.
    * Risks – Was spricht wofür? Abschätzung der Risiken und Erfolgsaussichten.
    * Decision – Auswahl der Option mit dem geringsten Risiko und größten Erfolgsaussichten, Re-Check der Situationsanalyse.
    * Execution – Wer macht wann was und wie? Konkrete Durchführung der Option.
    * Check – Ist alles noch richtig? Vergleich der tatsächlichen mit den erwarteten Wirkungen, ggf. Rückkehr zu Facts.


    Wenn man nach dem Start feststellt dass das Fahrwerk INOP ist (F) stellt sich die Frage ob das Flugzeug sofort wieder runter muß (z. B. bei Hydraulikproblemen etc.) oder ob man erstmal sicher fliegt.


    Ist das der Fall kann man "in Ruhe" weiterdenken, unter anderem auch darüber zu welchem Airport man am besten fliegt und warum der eine womöglich besser ist als der andere (O, R).


    Für die Rückkehr nach MUC sprach dann sicherlich dass es an einem Großflughafen einen umfangreicheren Rettungsdienst gibt als im vergleichsweise kleinen Florenz, dass es in MUC eine Technik gibt um den Flieger später wieder fit zu machen und auch eine bessere Logistik und Struktur um den Notfall im eigenen Land und unter eigener Infrastruktur abwicken zu können. Das dürfte dann zu der Entscheidung geführt haben (D) wieder in MUC zu landen, nachdem dort alle Vorbereitungen erfolgt waren.


    Und dann eben Landung in MUC (E) und im Nachhinein wird sicher auch (C) eine Manöverkritik erfolgen ob das alles gut gelaufen ist und was man für ein eventuell nächstes Mal daraus lernen kann.

    Ich dachte immer es sei technisch unmöglich mit jemandem Sex zu haben, der Dörte heißt...

  • Ich glaube eher nicht dass man nach Florenz geflogen ist und dann einfach wieder umgekehrt ist weil man lieber in München landet. Es kann zwar sein dass faktisch diese Route geflogen wurde, aber dann nur weil man sowieso "in Ruhe" kreisen mußte bis entschieden und vorbereitet wurde bevor die Landung erfolgt.


    Ein Flugzeug "nicht annehmen" iss nich. Auch wenn de facto die Lotsen den Luftraum strukturieren sind sie Helfer der Piloten und verstehen sich auch so. Im Zweifel fliegt der Pilot wohin er will und der Lotse sorgt dafür dass der Weg frei ist. Die Lotsen werden aber auch freiwillig alles tun um einem Flugzeug in Schwierigkeiten zu helfen, also ihm Priorität einräumen, Lufträume blocken, mit Wind- und Wetterdaten helfen, .... um den Workload im Cockpit zu minimieren.


    Also die Meinung dass man Piloten von außen beeinflusse ist falsch. Das denken viele Leute weil das 1977 bei der Landshut-Entführung so war, da wollte sich der Jemen (?) das politisch heikle Problem eines entführten Flugzeugs vom Hals halten und hat die Landung verboten und die Runway blockiert. Das ist aber eher ein politisches Vorgehen gewesen, keineswegs aber die Realität in der Luftfahrt.


    Ein Video, wo ein Notfall perfekt abgearbeitet wurde, findet man hier: http://www.youtube.com/watch?v=9KhZwsYtNDE

    Ich dachte immer es sei technisch unmöglich mit jemandem Sex zu haben, der Dörte heißt...

  • Bei dem Flugzeug mit dem feuerschlagenden Triebwerk war aber imho die Hauptgefahr das dieses Triebwerk während des Starts ausfällt und das Flugzeug nicht richtig hoch kommt und dann beim Start abstürtzt.


    Und bei der Entscheidung die Landung abzubrechen und möglicherweise über die Landebahn hinauszuschiessen oder den Start durchzuziehen und möglicherweise abzustürtzen hab man wohl eh nicht genug Zeit um rationell zu handeln.


    Als das Flugzeug erstmal in der Luft war, war die Gefahrensituation eh vorbei. Falls das Triebwerk dann ausgefallen oder gar explodiert wäre ... weiterfliegen und landen geht ja mit einem Triebwerk auch.

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