DSL auf dem Land - warum so teuer zu verlegen?

  • Hallo,


    möchte hier mal eine kleine Grundsatzdiskussion starten bzw. hoffe darauf, dass mich jemand aufklärt.


    Es geht um folgendes:
    Habe erst eben wieder im Radio davon gehört, dass (in Bayern) kleiner ländliche Gemeinden (immer noch) nicht ans Internet mit Breitband angeschlossen seien und es so furchtbar teuer wäre, dies nachzuholen.


    Einmal abgesehen davon, dass viele dieser Gemeinden - sowohl die politisch Verantwortlichen als auch im Zweifel die Bürgerinnen und Bürger - unbegründet Angst vor Funklösungen haben und deshalb unbedingt aufs Kabel setzen - wobei wohl 75% zu Hause dann ein dauerstrahlendes DECT-Telefon stehen haben, würde mich mal interessieren, was so teuer an der DSL-Anbindung ist?


    Sind es die Kosten für die notwendigen besseren Kabel, die in die Gemeinde verlegt werden müssen, also Materialkosten?
    Sind es die dafür notwendigen Arbeiten, ggf. Erdaushub?
    Ist es die Vermittlungstechnik, die ggf. neu angeschaff/aufgebaut werden muss?


    Irgendwie kann ich aber nicht so recht glauben, dass all diese Posten wirklich so ins Gewicht fallen...


    Wäre es nicht möglich, eine Glasfaserleitung entlang vorhandener Masten (z.B. Strommasten, die im ländlichen Bereich durchaus die Gemeinden anbinden) über der Erde zu verlegen, ggf. auch mit Umwegen, was bei Glasfaser ja nicht das Problem sein dürfte, und dann im Ortskern der ja meist kleineren Gemeinden so einen Outdoor DSLAM aufzustellen. Da die Dinger ja mittlerweile überall (in den Städten) stehen, dürften deren Kosten aufgrund der Massenfertigung auch überschaubar sein.


    Damit dürften die Kosten doch vergleichsweise klein bleiben, es sei denn der Eigentümer der Strommasten verlangt horende Mieten...
    Und bestünde in dieser Anbindung nicht eine Möglichkeit für die alternativen Anbieter, wenn die Telekom schon nicht will?


    Oder denke ich da einfach zu simpel?


    Danke...

  • du denkst sogar noch lange nicht simpel genug: die bisherige anschlußtechnik will erst einmal abgeschrieben sein. dazu kommt, daß für die dsl-anschlüsse zusätzliche technik angeschafft werden müßte, die sich für eine handvoll teilnehmer nicht rentiert. finden sich hundert kunden oder mehr zusammen, geht im prinzip manches mehr. die rede ist allerdings von kunden, die dem netzbetreiber auch bleiben. da viele mit dsl-anschlüssen aber auch ein anbieter-hopping betreiben und nach jeder mindestvertragslaufzeit wieder wechseln, braucht es für hundert kunden die dem anschlußnetzbetreiber bleiben etwa fünfhundert kunden, die überhaupt dsl nachfragen. und die bekommt man eben in der prärie schwer zusammen.


    das wird übrigens nicht nur noch lange so bleiben, sondern sich sogar noch verschärfen: je härter der preiswettbewerb und damit je geringer die margen, desto mehr müssen sich die anbieter auf´s rosinenpicken konzentrieren. fuchs und has´ haben da eben das nachsehen. da geht auf dem lande das licht aus.


    was ich nur nicht verstehe: warum regt das die menschen so auf, wenn ihr dorf kein dsl hat oder die zahl der briefkästen reduziert wird - aber gegen konzentrationstendenzen von schulen und krankenhäusern ist der aufschrei kaum zu hören ?

    meine Einschätzungen zu VIP-SIM-Nummern und vielen anderen TK-Themen (mit dem Schwerpunkt Beschaffung von TK-Anlagen) gab es seit November 2012 auch auf http://www.telthies.de - wegen Implementierung der DSGVO pausiert dieses Angebot

  • Das teure am Breitband in ländlichen Gegenden ist das Aufreißen der Straßen/Felder/XYZ zum Kabel verlegen.


    Es ist ja - irgendwie ...ich bin da kein Fachmann - Vorschrift das bei jedem Aufreißen gleich Leerrohre verlegt werden müssen. Aber trotzdem ist wohl die LeerRohrQuote im ländlichen Gebiet sehr gering, in der Stadt dagegen sehr hoch, so dass man dort leicht neue Leitungen für DSL ziehen kann, ohne irgendwas groß aufzureißen.


    Das ist der Hauptgrund :)

    Meilensteine der Handygeschichte: Nokia 3210 - Siemens SL45 - Nokia 3650 - SE K750i - Nokia N95 - Apple iPhone

  • Auf der Soll Seite stehen:


    - Kosten für Anträge, Verwaltung, etc.
    - Kosten für Baumaßnahmen
    - Aufstellen von Verteilern auf der Strasse
    - Teilweise Austausch von alten Leitungen
    - Aufrüsten Infrastruktur, bzw. Neubau (Vermittlungsstellen)
    - etc., etc., pp.


    Dagegen stehen dann auf der Haben Seite:


    - Einige wenige Kunden, die nicht bereit sind, mehr als 20,- EUR im Monat zu bezahlen



    Diese Kunden müssten quasi 200 Jahre Verträge abschliessen, damit sich die Kosten decken lassen.


    In der Stadt ist es einfacher. Nicht nur das dort die Leitungswege oftmals schon kurz genug sind, man kann pro ausgegebenen Euro deutlich mehr Kunden anschliessen (und damit Kostendeckend arbeiten), als auf dem Land.


    Und da es keine Staatspost mehr gibt, die ggf. das nicht wegen dem Geld macht, ist das halt alles nicht so einfach. Das sind eben die Nachteile der Privatisierung.


    Zusätzlich kommen so kleine Schweinereien, dass die Telekom zwar brav auf eigenes Risiko und Kosten alles schön ausbauen soll, und dann die Kunden zu den absoluten Billigheimern wechseln (Der Kunde ist ja nicht mehr bereit für Leistung zu bezahlen).

    "Ein Volk sollte keine Angst vor seiner Regierung haben, eine Regierung sollte Angst vor ihrem Volk haben."

  • Hallo,


    les mal die neue c´t, da steht ein Artikel drin, da ein Neubaugebiet in Remagen nicht mal als Telekom-Netz angeschlossen wurde, weil die T-Com einen Investitionsstop ausgesprochen hat.


    Zu deutsch, die Leute bkommen dort noch nicht mal Telefon.


    Erst du massiven Einsatz von Stadt un Co. werden jetzt einige Leute ans Netz angeshclossen, aber mit DSL ist da erst mal nicht zu rechnen.


    Da fragst du, warum auf dem Land erst mal nichts geht - es ist zu teuer und das investierte Geld wird nie wieder reinkommen. Auch die T-com muss heute wirtschaftlich denken.

  • Ich glaube, daß es letztenendlich um Rosinenpickerei seitens der Anbieter geht... ;)



    Das ist eine Art maximaler Gewinn mit minimalen Aufwand. Niemand redet über die Margen der Anbieter in Großstädten, wo man ganze Straßenzügen mit Kabel verlegt und danach 100.000-de anschließt. Niemand redet über Knebelverträge, die in der heutigen mobilen Welt Existenzen zerstören, Menschen in den finanziellen Ruin treiben oder vertraglich Kunden bevormunden, wie die nächsten 2 Jahren zu planen sind.

  • Erst mal danke für die Rückmeldungen...



    Kosten für Anträge etc. dürften gering ausfallen, schließlich hat die Gemeinde ja ein Interesse daran, dass die Leitung verlegt wird, ggf. könnte es da höchstens Probleme mit der EU in Hinblick aufs Wetbewerebsrecht geben, wa sich aber sicher ausräumen ließe, zumal die EU selbst den Breitbandausbau forcieren will.


    Die Kosten für die Baumaßnhamen selbst bleiben natürlich, es sei denn, man verzichtet auf den unterirdischen Ausbau und nutzt vorhandene oberirdische Infrastruktur mit...


    Bleiben also die Verteiler auf der Straße, die natürlich eine gewisse Investition benötigen.


    Alte Leitungen: Auch hier muss man ja nicht unbedingt auf VDSL50 ausbauen, den meisten würde wohl schon DSL3000 reichen, was doch auch mit älteren Leitungen gehen dürfte, zumal der Outdorr DSLAM dann ja relativ nah an den Endnutzern stünde


    Vielleicht auch noch zur Ergänzung: Mir geht es nicht um Einsiedlerhöfe mit einer Handvoll Einwohnern sondern um Gemeinden mit einer Einwohnerzahl jenseits der 1000, was auf ca. 300-400 Wohneinheiten kommen dürfte, denn auch solche sind z.T. nicht versorgt.


    Bliebe noch die Problematik, dass einer die Leitungen verlegt, ein anderer diese aber nutzt: Zum einen geschieht das ja dann gegen Miete, zum anderen betrifft das doch nur die Telekom - wenn ich mich nicht irre. Es könnte also doch z.B. Vodafone oder Telefonica oder einer der lokalen Anbieter hergehen und solche kleineren Gemeinden oder Ortsteile auf diese Weise anbinden... und dann wären sie Platzhirsch. Außerdem dürften die dortigen Kunden durchaus bereit sein, einen höheren Preis zu zaheln, als in der Stadt. Erstens wird es auf dem land weniger Wettbewrb geben und zweitens dürfte ihnen der DSL-Anschluss auch einiges Wert sein, v.a. wenn man bedenkt, dass solche Kunden z.T. horende Rechnungen für ISDN-Internet haben...


    Zitat

    Zu deutsch, die Leute bkommen dort noch nicht mal Telefon


    Da würde mich mal interessieren, wie sich das mit dem Grundversorgungsauftrag der Telekom verträgt...


    Zitat

    Das teure am Breitband in ländlichen Gegenden ist das Aufreißen der Straßen/Felder/XYZ zum Kabel verlegen.


    Eben, das denke ich auch. Aber muss es denn immer unterirdisch sein?!
    Meines Wissens nach besteht die Problematik bei DSL auf dem Land doch darin, dass die Endkunden für DSL zu weit von der Vermittlungsstelle wegwohnen, sprich die Dämpfung auf den Kupferkabeln zu hoch wird. Das gleiche Problem besteht doch auch in der Stadt, wenn man hohe Geschwindigkeiten (8000 bis 50000 erreichen will). Die Lösung: Man muss "näher" an die Kunden ran, was in der Stadt mit den Outddor-DSLAMs und Glasfaser passiert.


    Warum sollte das auf dem Land nicht gehen? Dann ist die Glasfaserleitung eben ein wenig (oder ein wenig mehr) länger, was doch aber bei Glasfasertechnik und einigen Kilometern kein Problem sein dürfte.
    Und auch in der Stadt versorgt so ein DSLAM nicht gleich tausend Kunden, dafür stehen die auch in weniger dicht besiedelten Stadtteilen viel zu dich (z.T. ja alle 250 Meter).


    In meinen Augen bleibt also als einziger Unterschied zwischen Land und Stadt die Länge der Glasfaserleitung und deren Verlegung - die aber in meinen Augen nicht zwingend unterirdisch sein müsste...

  • Zitat

    Original geschrieben von ChrSchn


    Alte Leitungen: Auch hier muss man ja nicht unbedingt auf VDSL50 ausbauen, den meisten würde wohl schon DSL3000 reichen, was doch auch mit älteren Leitungen gehen dürfte, zumal der Outdorr DSLAM dann ja relativ nah an den Endnutzern stünde



    ... ich wohne in DO, bekomme "nur" eine DSL2000er Leitung seit 2003. Nur mal so zum Vergleich Stadt - Land.


    Und mal ganz erlich, wenn ich auf einem Land lebe, dann rechne ich damit, dass:


    - ich höhere Kosten für Benzinverbrauch habe aufgrund der weiteren Strecken
    - kein Zugang zum ÖPNV habe (zumindest regelmäßig)
    - der Lebensmittelladen evtl 10 km weiter weg liegt
    - Am WE kein Alkohol trinken kann, weil ein Taxi womöglich auch unbezahlbar ist oder sogar keine Disko/Kneipe in der Nähe ist


    und und und


    Deswegen verstehe ich die Unternehmen, die DSL im ländlichen Raum, nicht ausbauen, da es stets teuer ist. Außerdem gibt es doch eine Alternative ... SkyDSL ?!?!!!!

  • Nur mal so zur Erklärung:
    ich wohne auch in der Stadt und habe DSL6000, bin also nicht betroffen von dem Problem.
    Auf der anderen Seite kann ich aber das gejammere über den ach so teuren Ausbau nicht ganz nachvollziehen und denke eher, dass die Telkos da einen Weg zu finden versuchen, den Ausbau auf dem land durch stattluiches Geld finanziert zu bekommen und dann die Umsätze selbst abzugreifen... und das find eich nicht in Ordnung.


    Deshalb ja auch men Anliegen hie rim Forum: Wodurch werden die -angeblich- höheren Kosten für den DSL-Ausbau auf dem Land gegenüber der Stadt wirklich verursacht. Und Land heißt hier nicht, dass es wenige Einwohner auf großem gebiet gibt, sondern dass durchaus größere Siedlungen und Gemeinden keine Beritbandversorgung bekommen, weil sie von den größeren Ballungsgebieten ein Stück entfernt liegen, gemessen an der Bevölkerungsdichte im Ort aber durchaus mit Städten bzw. bestimmten Stadtteilen mithalten können.


    Bislang habe ich aber nur Baukosten bedingt durch das unterirdische Verlegen von Kabeln als echten Grund vernommen und stelle deren Notwendigkeit in Frage.
    Z.B. liegen doch zahlreiche kleinere Ortschaften an Bahnstrecken oder werden durch Überland-Stromleitungen versorgt. Wäre es zu viel verlangt, dass sich Telkos und die Eigentümer dieser Infrastruktur einigen und die Telkos ihre Leitungen dort überirdisch mit anbringen?
    Kostet ein Outdoor-DSLAM gemessen an den zu versorgenden Haushalten wirklich in der Stadt so viel weniger, als auf dem Land? Ich glaube nicht, denn auch in der Stadt versorgt so ein Kasten doch eine sehr begrenzte Zahl von Haushalten, sonst bräuchte man ja nicht alle paar hundert Meter einen hinzustellen...

  • Zitat

    Original geschrieben von ChrSchn
    Kostet ein Outdoor-DSLAM gemessen an den zu versorgenden Haushalten wirklich in der Stadt so viel weniger, als auf dem Land? Ich glaube nicht, denn auch in der Stadt versorgt so ein Kasten doch eine sehr begrenzte Zahl von Haushalten, sonst bräuchte man ja nicht alle paar hundert Meter einen hinzustellen...


    Er kostet deutlich weniger.


    Das man alle paar Hundert Meter einen aufstellt, liegt eben an der begrenzten Reichweite von VDSL, und nur dort wird (mit ganz ganz weniger Ausnahmen) Outdoor-DSLAMs aufgestellt.


    Die Dichte ist einfach auf dem Land zu gering. Dazu kommt noch, das auf dem Land die Menge an Leuten, die gar kein Internet wollen, deutlich höher ist, als in der Stadt.


    Es nützt ja nichts für hunderttausende Euros einen Outdoor-DSLAM auf dem Land aufzustellen, und dann 10 Kunden zu gewinnen, während in der Stadt direkt 30 oder 40 gewonnen werden können.


    Die Telekom macht das nicht, um uns einen Gefallen zu tun, sondern um harte Währung einzutreiben.


    Und selbst in der Stadt werden viele Gebiete nur noch marginal versorgt, oder teilweise auch nicht. Es gibt hier Regionen mit hunderttausend Einwohner, die haben etliche weisse Flecken auf der Landkarte. Einfach weil die Telekom ein Geld Problem hat.


    Und was heisst hier Telkos? Ich wüsste derzeit keinen anderen Telko, der wirklich noch einen Ausbau betreibt (also nicht die ganzen Schmarotzer, die die Technik und Leerrohre der Telekom nutzen).


    Du musst einfach mal sehen, das es ja nicht damit getan ist, einmal viel Geld in die Hand zu nehmen. Das Zeug muß auch noch gewartet werden. Und das ist einfach mit den lächerlichen Beträgen, welcher ein DSL Anschluss halt kostet, nicht mehr deckbar. Das geht nur mit der Masse, also wenn quasi die Vermittlungsstellen, bzw. die Ports darin so gut wie voll belegt sind.


    Und das lohnt halt nicht für 10.000 Einwohner, wo vielleicht dann 500 DSL nehmen.


    Man darf nicht von uns Technikverrückten auf die Masse schliessen. Gerade auf dem Land vermissen die wenigsten DSL. Und für die wenigen, lohnt es eben nicht.


    Und das wird die nächsten Jahre noch schlimmer werden. In der c't ist gerade ein interessanter Bericht, wo in einer (fast schon Groß-)-Stadt ein ganzes Neubaugebiet froh wäre, zumindest Telefon zu bekommen.

    "Ein Volk sollte keine Angst vor seiner Regierung haben, eine Regierung sollte Angst vor ihrem Volk haben."

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