Schweizer Volksabstimmung über Zuwanderung

  • Zitat

    Original geschrieben von saintsimon
    Hast Du überhaupt gelesen, was ich bereits geschrieben habe? es geht nicht um Armutsszuwanderung, weil diese kaum eine Rolle spielt. Es geht um die Einwanderung von Gutverdienern, denen die Verstopfung der Strassen, das Zbauen der Landschaft ...


    Ich hatte wohl verkannt, dass in der Schweiz die wahren Gründe für die Zuzugsbeschränkungen offengelegt werden.


    Aus Deutschland bin ich es halt gewohnt, dass jegliche Gründe nicht-monetärer Natur in der Regel nur vorgeschobene sind. Hier geht es halt immer nur darum, den hiesigen Wohlstand nicht mit zuwandernden "Schnorrern" teilen zu müssen.


    Dass in der Schweiz überaus edle Motive Grund für das Abstimmungsergebnis sind, hatte ich leider verkannt ... und den Schweizern damit wohl Unrecht getan. :(

  • Ich bin Grenzgänger, halte mich somit viel in der Schweiz auf und finde es schon spannend, dass jetzt quasi alle Argumente in einen Topf geworfen werden. Ich glaube kaum, dass sich die Einwanderungsquote der Schweiz mit der in Deutschland direkt vergleichen lässt. Auch geht es in kleinster Wiese darum, die direkte Mitbestimmung im Schweizer Politiksystem zu diskreditieren. Das machen die da schon ziemlich lange ziemlich erfolgreich. Wenn es Kritik am Ergebnis gibt, so hat das erstmal nichts damit zutun, dass die Art des Zustandekommens nicht korrekt ist. Die Schweiz ist ein souveräner Staat und Politik per Volksentscheid erstmal grundsätzlich legitim. Das Ergebnis des Entscheids und der Weg dahin jedoch ist zu kritisieren. Dort wurde in den letzten Wochen und Monate fast schon Propaganda betrieben, dass sich die Balken bogen. Würde ich manche SVP-Auftritte und Interviews mal auf unsere Situation in Deutschland übertragen, hätten wir mehr als nur einen Skandal dabeigehabt. Dabei ist die zum Teil ebenfalls populistische Stimmungsmache unserer AfD-Spezis noch harmlos.


    Die Frage ist doch, welche Auswirkungen dieser Entscheid für die Schweiz mittel- und langfristig hat. Ich behaupte ferner, dass die Komplexität dieser ökonomischen Implikationen kaum einer vollumfänglich nachvollziehen kann, mich eingeschlossen. Fakt ist aber auch, dass viele hochqualifizierte Einwanderer in die Schweiz kommen. Ich kenne große Unternehmen im Kanton Zürich, die heute schon Probleme haben, Ihren Fachkräftebedarf zu decken. Und dabei geht es nicht darum, dass Deutsche den Schweizern die Arbeitsplätze wegnehmen. Im Gegenteil: Es können im Moment gar nicht so viele Universitäts- und ETH-Absolventen produziert werden, wie es Bedarf an diesen qualifizierten Leuten gibt. Das hängt auch an der im Vergleich zu Deutschland viel niedrigeren Matura-Quote zusammen. Ergo: Mal von außenpolitischen, zollrechtlichen und bilateralen Nachteilen ausgenommen geht eine Verknappung der Einwanderung erstmal zunächst auf die Akquisition von qualifizierten Arbeitnehmern. Und diese Verknappung führt langfristig zu Produktivitätsrückgängen.


    Die Schweiz hat die Bewilligung von Aufenthaltsgenehmigungen schon ziemlich erfolgreich an Arbeitsplätze etc. geknüpft. Eine Armutseinwanderung im klassischen Sinne, über die wir im Zuge von Rumänien und Bulgarien diskutieren, findet dort nicht primär statt. Und wenn wir mal bei der populistischen Panikmache sind: Ein Verkehrsinfarkt aufgrund der Einwanderung ist vielleicht ein wenig kurzfristig gedacht. Jedenfalls schüttle ich mit dem Kopf, solange hier darüber diskutiert wird, dass man eine zweite Gotthard Röhre bauen will, aber möglicherweise nur aus Sicherheitsgründen, damit sich der Verkehr nicht begegnet in der Röhre. Man könne dann eine der beiden Fahrbahnen in jede Richtung sperren, da es genug Initiativen gibt, die einen direkten Zusammenhang zwischen Ausbau der Verkehrsinfrastruktur (die dringend notwendig ist, siehe auch FABI-Initiative) und Anziehung von noch mehr Verkehr sehen.


    Und so lange so argumentiert wird, wundert mich auch ein knappes Ja nicht.

    -I-

  • Zitat

    Original geschrieben von frank_aus_wedau
    Der Schweiz könnte schon damit geholfen werden, wenn auch in Europa die Steuerpflicht endlich (auch) an die Staatsangehörigkeit gekoppelt würde. So könnte die EU den Schweizern praktische Hilfestellung leisten und ihnen etliche Ausländer vom Halse halten.



    Und wie stellst du dir das vor?
    Ausländer die z.B. in Deutschland leben sollen 2 mal Steuern zahlen?
    Sollen sie nur Steuern in ihrem Herkunftsland zahlen?


    Seien wir doch mal ehrlich, die Schweizer haben so entschieden wie es wahrscheinlich 90% der restlichen Europäer auch täten. Nur traut sich keiner das so zu sagen.

    .:Gate 13:.
    Vor die Wahl gestellt zwischen Unordnung und Unrecht, entscheidet sich der Deutsche für das Unrecht.
    Johann Wolfgang von Goethe

  • Zitat

    Original geschrieben von CK-187
    Und wie stellst du dir das vor?
    Ausländer die z.B. in Deutschland leben sollen 2 mal Steuern zahlen?
    ...


    Selbstverständlich! Und auch umgekehrt.


    Das ist überhaupt nichts unübliches. Durch Doppelbesteuerungsabkommen würde dann geregelt, dass insgesamt keine höhere Steuer als in Deutschland (oder ggf. der Schweiz) anfällt.


    Wäre die Steuerschuld in D höher als in CH, hätte das zur Folge, dass die in CH gezahlte Steuer des dort wohnhaften deutschen Staatsbürgers voll auf die Steuerschuld in Deutschland angerechnet werden würde und der deutsche Fiskus den Differenzbetrag vereinnahmen könnte.


    Im Ergebnis müssten also im Ausland gemeldete Deutsche (vorbehaltlich höherer Steuern des Wohnsitzlandes) zumindest Steuern in Höhe der nach deutschem Recht anfallenden Beträge zahlen.


    So würde auch "cleveren" juristischen Personen wie Apple und Amazon die Möglichkeit (letztlich kaum zu rechtfertigender) Steuervermeidung genommen. Gerade die international unterschiedlichen Steuersysteme (Staatsangehörigkeit, Wohnsitz pp.) eröffnen erst die Möglichkeit, Standorte so zu wählen, dass trotz riesiger Gewinne keine Steuern anfallen.


    Aber das will die Bundesregierung nicht ... denn für internationale Konzerne will Deutschland ein "Steuerparadies" (was es zweifellos ist) bleiben, damit sie hier investieren. Denn Deutschland spielt in diesem "Steuervermeidungskarussel auf Kosten anderer" eine nicht unwesentliche Rolle - vergleichbar mit der Rolle der Schweiz im Finanzsektor. Nur eben völlig legal.



    Edit: Noch Fragen?


    Ein Beispiel: Steueroase Deutschland


    Zitat daraus:
    Bericht über die "Schattenfinanzzentren" der Welt (Tax Justice Network, TJN)


    "Auf dieser schwarzen Liste liegt Deutschland auf Rang acht - und damit teils weit vor klassischen Steuerparadiesen wie Jersey, den Marshall-Inseln oder den Bahamas. Hauptübeltäter ist die Schweiz, gefolgt von Luxemburg, Hongkong und den Kaimaninseln. Auch die USA (Platz sechs) und Japan (Platz zehn) belegen vordere Plätze."

  • Das Doppelbesteuerungsabkommen vermeidet ja gerade das was ich angesprochen habe. Ich rede auch nicht von Menschen die in mehreren Ländern arbeiten sondern als Ausländer in einem Land leben, arbeiten und auch dort ihre Steuern zahlen. Sorry aber wenn ich als deutscher Staatsbürger in Timbuktu lebe und arbeite dann bekommt der deutsche Staat genau das von mir was ihm zusteht. Nämlich nix. ;)

    .:Gate 13:.
    Vor die Wahl gestellt zwischen Unordnung und Unrecht, entscheidet sich der Deutsche für das Unrecht.
    Johann Wolfgang von Goethe

  • Zitat

    Original geschrieben von CK-187
    Das Doppelbesteuerungsabkommen vermeidet ja gerade das was ich angesprochen habe. Ich rede auch nicht von Menschen die in mehreren Ländern arbeiten sondern als Ausländer in einem Land leben, arbeiten und auch dort ihre Steuern zahlen. Sorry aber wenn ich als deutscher Staatsbürger in Timbuktu lebe und arbeite dann bekommt der deutsche Staat genau das von mir was ihm zusteht. Nämlich nix. ;)


    Ja, aber in den USA (z.B. bei Managergehältern das große Vorbild) ist das anders. Ein US-Staatsbürger muss seine Einkünfte,egal wo er wohnt oder wo er das Einkommen erzielt, dem US-Finanzamt angeben.

  • Zitat

    Original geschrieben von CK-187
    Das Doppelbesteuerungsabkommen vermeidet ja gerade das was ich angesprochen habe. Ich rede auch nicht von Menschen die in mehreren Ländern arbeiten sondern als Ausländer in einem Land leben, arbeiten und auch dort ihre Steuern zahlen. Sorry aber wenn ich als deutscher Staatsbürger in Timbuktu lebe und arbeite dann bekommt der deutsche Staat genau das von mir was ihm zusteht. Nämlich nix. ;)


    Solltest du in Timbuktu entführt werden, erwarte ich vom Auswärtigen Amt, dass es genau das tut, was dir zusteht, nämlich nix. Es darf kein Krisenstab eingerichtet oder gar die GSG 9 entsandt werden. Soll sich doch die malinesische Regierung um dich kümmern. ;)

    Meine Beiträge können Spuren von Zynismus und Sarkasmus enthalten.

  • Das Staatsangehörigkeitsprinzip (wie etwa in den USA) ist aber die effektivste Möglichkeit, die vermögende Elite im Land zu behalten.


    Denn Auswandern (möglicherweise nur eine Wohnsitzverlegung zu steuerlichen Zwecken) lohnt sich dann nicht mehr. Denn:


    Was der Auswanderer in seinem Steuerniedrigparadies spart, muss er ersatzweise an den Fiskus im Heimatland abführen. Ob dieses "Nullsummenspiels" können Elite samt Vermögen auch gleich in den USA bleiben ... was sie dann zumeist auch tun. ;)




    Edit - zum Verständnis:
    Wandert der US-Amerikaner in ein Land mit höherem Steuersatz aus (etwa Deutschland), muss er mangels Spareffekts m.W. auch nichts an den amerikanischen Fiskus abführen. Auf jeden Fall zahlt niemand doppelt, wie das hier schon anklang - das ist nicht das Ziel.


    Global eingeführt, gehörte die "legale Steuerflucht" in weiten Teilen schon bald der Vergangenheit an. Nur wie ich schon schrieb - insbesondere Deutschland hat daran keinerlei Interesse. Entgegenstehende Aussagen wären nichts als Lippenbekenntnisse.


    Müsste etwa Amazon in Deutschland erzielte Gewinne versteuern, zögen sie umgehend in ein anderes Land. Daher bleibt es in D bei der bestehenden Ausnahmeregelung für die Logistikbranche (die für den Handel im Übrigen nicht gilt!).

  • Zitat

    Original geschrieben von archie83
    Solltest du in Timbuktu entführt werden, erwarte ich vom Auswärtigen Amt, dass es genau das tut, was dir zusteht, nämlich nix. Es darf kein Krisenstab eingerichtet oder gar die GSG 9 entsandt werden. Soll sich doch die malinesische Regierung um dich kümmern. ;)


    Weil das auch jeden Tag passiert.


    Manche machen echt den Eindruck als wäre der Staat ihr größtes Heiligtum und sie fühlen sich privlegiert wenn sie Steuern zahlen.
    Als würden sie nur leben um Arbeiten zu dürfen damit sie den Staat finanzieren.

    .:Gate 13:.
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    Johann Wolfgang von Goethe

  • Das passiert häufiger als Du denkst. Die Bundesregierung zahlt jährlich viele Millionen Euro, um entführte Bundesbürger aus den Händen von Rebellen etc. auszulösen.


    Nur ... verständlicherweise ... wird diese Bereitschaft nicht öffentlich beworben. ;)

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