Arbeitsrechtliche Frage

  • Hallo,


    ich stelle hiermit im Namen eines Freundes eine Frage an Euch alle, da er einen guten Rat gebrauchen kann (auch wenn er sich einen Anwalt nehmen wird):


    Er hat bis vor kurzem in einem Bauunternehmen gearbeitet, wurde dort auch ausgebildet und arbeitete also insgesamt ca. 4-5 Jahre dort (inklusive Ausbildungszeit). Genauer gesagt, handelt es sich um eine Verputzerfirma. Er hat vor Kurzem bei einer Verputzerarbeit einen kleinen Fehler gemacht, worauf sein Arbeitgeber meinte, dass dies ausgebessert werden müsse und dies Kosten von ca. 600 Euro verursachen würde (was wohl SEHR unrealistisch zu sein scheint, da es keine große Sache war, die ein Kollege von ihm bereits fast schon ausgebessert hat). Doch zudem drohte der Arbeitgeber mit einer dauerhaften Gehaltskürzung und wollte diesen Betrag auch noch vom Lohn abziehen. Er hat daraufhin gekündigt, da dies nicht die erste "Unverschähmtheit" von seinem Chef war, die er hat hinnehmen müssen.


    Nun fordert der Chef Geld von ihm, zum einen für die vermeintliche Ausbesserung, zum anderen, da er ihm angeblich beim letzten Mal "zuviel Lohn überwiesen habe". Außerdem weigert er sich, die nötigen Papiere herauszugeben, die wohl notwendig sind, um sich arbeitslos zu melden (bis das Geld bezahlt sei). Der Chef meinte auch, dass er verlangen könnte, dass er noch 4 Wochen bei ihm arbeite. Dazu sei noch zu sagen, dass er keinen schriftlichen Arbeitsvertrag besitzt.


    Tja, mein Kumpel hätte nun gerne, bevor er sich einen Anwalt nimmt, einen guten Rat, und da dachte ich mir, auf TT bekommt man den doch meistens :)


    Ist das Vorgehen des Chefs nun rechtens oder nicht?



    Gruß

  • Ich bin zwar kein Jurist aber ein bisschen mit der Materie musste ich mich auch beschäftigen, nachdem ich auch ne Zeitlang arbeitslos war.


    AFAIK:
    Der AG kann vom AN nur Schadensersatz verlangen, wenn grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz vorliegt - das ist hier aber wohl nicht der Fall

    \/\/olfgangS

  • Re: Arbeitsrechtliche Frage


    Hi,



    - (wie schon in der vorherigen Antwort geschrieben) Ein Angestellter haftet nur bei Vorsatz und grob fahrlaessiger Handlung. Was der Scheff hier veranstaltet ist Abzocke.


    - zuviel gezahltes Gehalt kann man nicht im nachhinein zurueckfordern, allerdings kann es mit Gehaltszahlungen, die nach Beendigung des Arbeitsverhaeltnisses noch ausstehen verrechnet werden (natuerlich nur, wenn es wirklich zuviel gezahlt wurde). Alles was nach Zahlung des letzten Gehalts "entdeckt" wird, geht zu lasten des (Ex)Arbeitgebers.


    - AFAIK (ich musste mich bisher nie selbst arbeitslos melden, hab das nur bei einer Freundin mitbekommen) kann man am Arbeitsamt die Papiere nachliefern, bekommt vielleicht nicht sofort Unterstuetzung (was ja eh fraglich ist, nachdem er von sich aus gekuendigt hat), aber wenn die Dokumente nachgereicht sind, wird wird eben nachgezahlt.


    - Einen Anwalt sollte Dein Kumpel sich nehmen, ja.


    cu
    XlF

  • Re: Arbeitsrechtliche Frage



    Nein, ist es nicht. Dein Kumpel sollte sich schnellstens von einem Anwalt beraten lassen. Hat er eine Rechtschutzversicherung, die Berufsrechtschutz einschliesst, oder ist er in der Gewerkschaft? Die Gewerkschaften bieten ja auch Rechtschutz an.


    Für den Fehler beim Verputzen gibt es ja auch die gewerbliche Haftpflichtversicherung, die der Unternehmer haben müsste.

  • Er sollte sich sofort arbeitslos melden, wenn er nicht mehr angestellt ist, dann hat er überhaupt keinen Versicherungsschutz mehr (Krankenkasse usw.). Sämtliche Papiere kann er später nachreichen.


    Sollte er eine Rechtschutzversicherung haben, dann empfiehlt sich der direkte Gang zum Anwalt.
    Alternativ ist das Arbeitsamt auch eine gute Anlaufstelle bei Problemen mit dem Arbeitgeber/ausstehenden Lohnzahlungen usw. Wahrscheinlich wird er dort an das Arbeitsgericht verwiesen, die setzen sich dann mit dem Arbeitgeber in Verbindung und versuchen die Sache zu klären.

    mfg supersiggi

  • Re: Re: Arbeitsrechtliche Frage


    Zitat

    Original geschrieben von XlF42
    - zuviel gezahltes Gehalt kann man nicht im nachhinein zurueckfordern, allerdings kann es mit Gehaltszahlungen, die nach Beendigung des Arbeitsverhaeltnisses noch ausstehen verrechnet werden (natuerlich nur, wenn es wirklich zuviel gezahlt wurde). Alles was nach Zahlung des letzten Gehalts "entdeckt" wird, geht zu lasten des (Ex)Arbeitgebers.


    Das ist natürlich Blödsinn. Auch einem Arbeitgeber kann mal ein Fehler passieren, und natürlich hat ein AG ein Rückforderungsrecht, falls er einem Mitarbeiter versehentlich zuviel Geld überweist. Streng genommen hat übrigens auch der Arbeitnehmer eine Mitwirkungspflicht, d.h. wenn er merkt, daß er zuviel bekommen hat, muß er es eigentlich auch von sich aus proaktiv erstatten bzw. den AG auf den Fehler hinweisen.


    Grundlage ist im einfachsten Falle zunächst mal §812 BGB:


    (1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.


    Unter bestimmten Umständen (z.B. dann, wenn die Überzahlung relativ gering war, der AN sie nicht bemerken mußte und das Geld nachweislich bereits für Ausgaben des täglichen Bedarfs ausgegeben hat) kann man um eine Rückzahlung "herumkommen", allgemein gilt dies jedoch nicht. Was auch richtig so ist.

    Ist das eine von den Kirchen, wo man so kleine Cracker kriegt? Ich habe Hunger!

  • Zuviel gezahlter Lohn (Re: Re: Re: Arbeitsrechtliche Frage)


    Hi,


    oops!



    Ich glaubte mich eben an ein (zugegebenermassen schon sehr betagtes) Gerichtsurteil mit ebenmeiner Aussage erinnern zu koennen, deswegen mein dbzgl. Absatz.


    cu
    XlF

  • Re: Re: Re: Arbeitsrechtliche Frage



    XIF42 stützt sich bei seiner Behauptung wahrscheinlich auf Folgendes:

    Zitat

    Die Beiträge, die der Arbeitgeber nicht mehr vom Lohn des Arbeitnehmers einbehalten kann, sind von ihm selbst zu zahlen. Der Arbeitgeber schuldet den gesamten Sozialversicherungsbeitrag, nicht nur die Arbeitgeberanteile (§ 28e Abs. 1 SGB IV).


    Qelle: Haufe Steuer Office, Themelexikon "Lohnabrechnung"


    Dabei geht es allerdings nur um unterlassene oder zu niedrige Abzüge für die Sozialversicherung. Ansonsten gilt:


    Zitat

    Zu berücksichtigen ist, dass die Lohnabrechnung regelmäßig als Schuldanerkenntnis anzusehen ist. Dies bedeutet, dass dem Arbeitgeber regelmäßig nach Stellung der Monatsabrechnung und nach Überweisung des Arbeitsentgelts Einwendungen hinsichtlich der Qualität der Arbeit, die zum Zeitpunkt der Lohnabrechnung schon bekannt waren, abgeschnitten sind. Insoweit ist die Lohnabrechnung als Gegenteil der Ausgleichsquittung zu betrachten, mit der die Parteien des Arbeitsvertrages sich in regelmäßigen - allerdings nicht notwendigerweise monatlichen - Abständen gegenseitig bestätigen, dass die bis zu diesem Zeitpunkt angefallenen, gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis abgegolten sind.


    Quelle: dito

    Bunt ist das Dasein und granatenstark! Volle Kanne, Hoschi.


    PS: CLK sind meine Initialen, haben auch nichts mit dem Auto zu tun. Gruß, Christian!

  • Zitat

    Für den Fehler beim Verputzen gibt es ja auch die gewerbliche Haftpflichtversicherung, die der Unternehmer haben müsste.


    Genauso ist es . Ich habe in der Firma in der ich Beschäftigt bin auch schon einen Schaden verursacht,das hat dann die Haftpflichtvers. meines Arbeitgebers übernommen.


    Zitat

    Der Chef meinte auch, dass er verlangen könnte, dass er noch 4 Wochen bei ihm arbeite. Dazu sei noch zu sagen, dass er keinen schriftlichen Arbeitsvertrag besitzt.


    Je nachdem wie gekündigt wurde ........Fristlos oder Fristgerecht.
    Mündliche Arbeitsverträge sind wirksam wie Schriftliche.Und da würde dann das Kündigungsschutzgesetz greifen.


    MFG CHris

    Life is too short to be small.

  • Zitat

    Dazu sei noch zu sagen, dass er keinen schriftlichen Arbeitsvertrag besitzt.


    Ohne allzu viel von der Materie zu verstehen: So ganz ohne Arbeitsvertrag dürfte es deinem Kumpel ziemlich schwer fallen, irgendwas durchzusetzen. Ohne irgendwas unterstellen zu wollen, kam mir dennoch spontan der Gedanke an Schwarzarbeit.
    Umgekehrt dürfte auch der Chef kein gesteigertes Interesse haben, als Arbeitgeber aufzufallen, der keine Arbeitsverträge ausgibt bzw. Schwarzarbeiter beschäftigt.

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