Ein neues Wirtschaftsszenario

  • Auf Wunsch aus folgendem Tread


    http://www.telefon-treff.de/sh…6&perpage=15&pagenumber=9


    und der Diskussion von Hadraniel mache ich jetzt mal diesen Tread auf. Ich denke der Bundestagswahltread ist für dieses Thema zu überladen. Falls jemand der Mods eine anderer Meinung hat dann bitte an das passende Thema dranhängen.


    Es geht um folgendes Interwiew:


    http://www.telefontreff.de/sho…&highlight=DM#post1554045


    Anfangs habe ich mich von diesem Wirtschaftszenario distanziert. Doch je länger ich darüber nachdenke, oder auch im Freundeskreis darüber diskutiere, desto mehr könnte ich mich damit anfreunden. Wie auch der DM Chef sagt zahlt eigentlich ein Unternehmen fakto keine Steuern. Diese Steuern werden auf das Produkt erhoben, welches durch den Konsument erworben wird, und somit zahlt dieser. Aus eigener Erfahrung kann ich das bestätigen, möchte aber nicht näher darauf eingehen. Da der Konsument auch noch eine MwSt zahlt, zahlt dieser doppelt. Warum also nicht die Steuern der Unternehmen einfach abschaffen. Ebenso, durch Wegfall der weiteren Steuern, die MwSt hochsetzen.


    Genauso gebe ich dem DM Chef recht, daß es unserer Wirtschaft sehr gut geht. Sie kann alles was wir benötigen produzieren und liefern. Und hierzu wird immer weniger eine menschliche Arbeitskraft benötigt. Sprich: die Effizients unserer Wirtschaft ist sehr gut ! Und eben darum, soll dieses beschriebene Bürgergeld eingesetzt werden.

  • Der Punkt mit den Steuern ist so schon richtig. Wenn auch vielleicht etwas Milchmädchenhaft gerechnet. Ich denke nämlich nicht, daß man allein mit 25% Mwst. und wegfall aller übrigen Steuern den Staatshaushalt in den Griff bekommt.


    Da müsste die Mwst schon viel höher steigen.


    Außerdem dienen Steuern ja nur zum Teil dazu den Staat zu finanzieren. Ein anderer Punkt ist es ein bestimmtes verhalten zu fördern, oder zu bremsen.
    So soll mit Alkohol und Tabaksteuern versucht werden, den Konsum dieser Produkte einzuschränken, bzw. Jugendliche (die allgemein weniger Geld haben) vom Kauf solcher Produkte abzuhalten.
    Auch die Öko und Mineralölsteuer dient ja auch dazu, die Autofahrer dazu zu bringen, weniger zu fahren, und so die Umwelt zu entlasten.


    Solche Steuern, die ein bestimmtes Konsumverhalten beschränken sollen (oder in Form von Steuervergünstigungen verstärken sollen), sollten auf jeden Fall bleiben.


    Der andere Punkt, mit dem ich absolut nicht einverstanden bin, ist der des Bürgergeldes.
    Jedem Bürger pauschal einen bestimmten Betrag zu überweisen, zu dem er sich dann wenn er will, noch etwas dazuverdienen kann, halte ich für sehr "faulheitsfördernd". Und außerdem für verdammt teuer für den Staat. Von den 25% Mwst. kann der das bestimmt nicht finanzieren.


    Rechnen wir das doch einmal nach: Ein Mensch kauft ein. 25% von dem Geld, daß er ausgibt, gehen an den Staat. Davon bezahlt der Staat seine verpflichtungen, dann den Rest an seine Bürger. Auch an den, der eingekauft hat. der damit wieder einkauft.


    Wenn wir einen Stapel aus zehn Münzel basteln, und diesen Stapel im Kreis unter Freunden weiterreichen, und jeder nimmt eine Münze runter, dann kann der Stapel nicht unendlich weitergereicht werden. Ich denke die Logik leuchtet ein.


    Der Vorschlag stellt also einen kreislauf dar, aus dem ständig etwas entnommen wird, aber an keiner Stelle etwas dazu kommt. Und selbst wenn, dann reicht das nicht aus, um des Entnommene auszugleichen.


    Daher mein Fazit: Es klingt schön, muß aber zwangsläufig scheitern.

    **** Commodore 64 Basic V2 ****
    64K RAM System 38911 Basic Bytes Free
    READY.


  • Die MwSt soll auf 48 Prozent steigen, so sieht es das Szenario des DM Chefs vor. Der Staat braucht auch weniger Behörden um das jetzige System zu verwalten, folglich fällt hier eine große Ausgabequelle weg


    Was das Bürgergeld angeht denke ich nicht daß sich die Anzahl der „fauhlheitliebenden Menschen“ erhöhen wird. Ich gehe dabei von mir und einem Teil meines Bekanntenkreises aus. Der Mensch braucht eine Arbeit bzw. eine sinnvolle Beschäftigung. Die jetzigen ALG Empfänger sind lediglich frustriert weil Sie nichts mehr zu arbeiten bekommen. Sicher gibt es auch einen Teil davon wo wirklich Faul sind. Es kann gut sein daß dann ein ALG Empfänger endlich für ein paar Euro die Stunde „seinen gewollten Job“ machen kann und durch das Bürgergeld hat er auch genug Geld selbst übrig.


    Um es mit den Worten eines anderen Forumteilnehmers zu erläutern (Ich habe den Namen nicht zur Hand und finde den Beitrag nicht): Damit dieses System funktioniert bedarf es eines Urknalls des jetzigen Systems. Lediglich vor dem Knall habe ich Angst !

  • Zitat

    Was das Bürgergeld angeht denke ich nicht daß sich die Anzahl der „fauhlheitliebenden Menschen“ erhöhen wird. Ich gehe dabei von mir und einem Teil meines Bekanntenkreises aus. Der Mensch braucht eine Arbeit bzw. eine sinnvolle Beschäftigung


    Wer sagt, das spazieren gehen oder TV glotzen keine sinnvolle Beschäftigung ist. Ich weiß klingt provokant, aber schätze mal nicht zu optimistisch.


    Außerdem, durch die Entschlackung des Staates, werden wieder jede Menge Leute auf die Straße gesetzt, die also potentiell weniger Geld haben um zu konsumieren.

  • Ich finde den hier diskutierten Ansatz hochinteressant.


    Es ist befremdend, dass sich die Politik in Deutschland für das Schaffen von Arbeitsplätzen direkt verantwortlich gemacht hat. Rahmenbedingungen kann sie schaffen, ja, aber die Arbeitsplatzrhetorik dient in meinen Augen zum Machterhalt der politischen Parteien und zur Zementierung der Daseinsberechtigung derselben.


    Aus diesem Grund wäre die Umsetzung so eines Systems gegen die Interessen der Volksvertreter, sie ist darum unwahrscheinlich.


    Auch wird sich, solange Politiker mit Arbeitsplätzen Wahlkampf machen, die sozialen Situation der Arbeitslosen auch bei steigenden Arbeitslosenzahlen kaum verbessern. "Wer nicht arbeitet soll auch nicht essen" ist hier wirklich die Parole, mit deren Hilfe Arbeit weiterhin zu einer Frage der Existenz gemacht wird, obwohl das heute gar nicht mehr so sein müßte.


    Das charmante an dem vorgeschlagenen Modell ist seine empirische Überprüfbarkeit. Ich würde das wirklich gerne erleben, wie z.B. Deutschland auf die Einführung eines relativ niedrigen Bürgergeldes reagieren würde.
    Ich bin mir relativ sicher, dass die meisten Menschen trotzdem arbeiten würden, alleine schon, um sich kleinere Annehmlichkeiten und auch Luxus zu leisten. Außerdem teile ich das Menschenbild des DM-Chefs wenn er sagt, dass der Mensch nicht zwingend faul, sondern eher an der falschen Stelle gefordert ist.


    Zu diskutieren wäre auch noch, ob sich ein Land eine derart hohe Mehrwertsteuer leisten kann, wenn das restliche Europa meist viel niedrigere Mehrwertsteuern hat. Andererseits gibt es solche Beispiele im Norden.

    “The ideas of economists and political philosophers, both when they are right and when they are wrong, are more powerful than is commonly understood. Indeed the world is ruled by little else. Practical men, who believe themselves to be quite exempt from any intellectual influence, are usually the slaves of some defunct economist.” (Keynes)

  • Zitat

    Original geschrieben von Brainstorm
    Rechnen wir das doch einmal nach: Ein Mensch kauft ein. 25% von dem Geld, daß er ausgibt, gehen an den Staat.


    Wenn die MwSt. bei 25% liegt, heisst das nicht, daß 25% von dem Geld, daß er ausgibt an den Staat geht:


    Einkauf 100,00 Euro brutto
    -> dann beträgt die MwSt. bei einem Satz von 25%: 20,00 Euro


    Und 20,00 Euro sind nicht 25% von 100,00 ;)


    D.h. von dem Nettopreis bekommt der Staat 25%, aber nicht von dem was der Kunde ausgibt. Ein großer Unterschied ;)

    Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.
    Der RAY.

  • Ich finde diesen Ansatz auch vom Grundsatz her sehr interessant.
    Wir hatten eine solche Diskussion in einer der letzten VWL Vorlesungen.
    Allerdings scheitert jegliche Diskussion zu diesem Thema schon daran, das der Ansatz so extrem ist. Wenn du das jemanden einfach mal so erzählst winkt der ab und sagt nur "Studentenspinner" :mad:


    @<registered>: Du sprichst eine sehr hohe MWst im Norden Europas an. Was genau meinst du damit?

  • Ich wollte darauf hinaus, dass es in Schweden und in Dänemark auch keine größeren Probleme gibt, obwohl gerade der Mehrwertsteuerunterschied zwischen Dänemark und Deutschland (momentan noch?) recht groß ist.

    “The ideas of economists and political philosophers, both when they are right and when they are wrong, are more powerful than is commonly understood. Indeed the world is ruled by little else. Practical men, who believe themselves to be quite exempt from any intellectual influence, are usually the slaves of some defunct economist.” (Keynes)

  • @<registered>: Jetzt hab ich kapiert was du meinst .... allerdings ist der momentane Unterschied wohl kaum so hoch wie der "angestrebte"

  • das Problem der Mwst wird sein, dass alle die in näherer Grenznähe wohnen ihr Bürgergeld einsacken und fein im Ausland einkaufen...so wie jetzt auch schon zum Teil...aber das würde noch extremer.


    Zitat

    Ich wollte darauf hinaus, dass es in Schweden und in Dänemark auch keine größeren Probleme gibt, obwohl gerade der Mehrwertsteuerunterschied zwischen Dänemark und Deutschland (momentan noch?) recht groß ist.


    ich denke, dass der Unterschied zu den angesprochenen 48 (?) % dann doch zu gewaltig ist :rolleyes:

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